Monatsarchive: April 2014

Oh Gott, sie haben die Verpackung verändert

Damenbinden_Verpackung_geaendert
Früher oder später trifft es wahrscheinlich die meisten Männer. Das erste Mal, da ihn, sagen wir auf der Arbeit, zum Beispiel eine sms erreicht: „Schatz, bringst Du mir bitte Binden mit“ (oder Tampons oder Slipeinlagen…). Und so fährt man nach der Arbeit ahnungslos zum nächstgelegenen Drogeriemarkt, geht lächelnd wohlgemut durch die Auslagen, bis man das Regal für Frauenhygienartikel findet.

„Schatz, bringst Du mir bitte Binden mit“

Ja, aber gerne doch. Doch welche?

Erst steht man staunend vor dem Regal. Was es nicht alles gibt! Normal, Ultra dies, ultra das. Maxi. Mini. Mit Flügeln. Ohne Flügel. Ohne Duft oder mit Duft. Mit diesem oder jenem Duft. Und die ganze Auswahl wird potenziert durch die verschiedenen Anbieter. Wohin man auch blickt, Pastelltöne in betäubender Vielfalt.

Dann überkommt einen eine gewisse Panik, während man mit dem inneren Augen ins heimische Bad wandert. Wie sieht noch einmal die nun offenbar leere Packung Binden daheim aus? Waren da nicht Grüntöne? Oder doch eher ein leichter Stich ins Bläuliche? Pink? Ja, Pink. Richtig pink oder doch eher eine Nuance Altrosa? Oh Gott, und welcher Anbieter?

Man könnte nun natürlich zum Handy greifen und die fehlenden Informationen bei seiner Frau abrufen. Aber gibt man sich eine solche Blöße?

Dann doch lieber die Logik bemühen. „Normal“ kann doch nicht verkehrt sein. Aber was heißt schon normal? Wo ist denn da die Bemessungsgrundlage? Des Mannes Blick streift vom Regal weg über die anwesenden Damen. „Normal“ meint wahrscheinlich die von der durchschnittlichen Frau bevorzugte Größe. Aber: was heißt hier „durchschnittlich“? Ist diese Frau dort oder jene durchschnittlich? Kleidergrößen sind besser einzuschätzen. Ha! Hatte er nicht vor kurzem etwas über durchschnittliche Kleidergrößen deutscher Frauen gelesen? Wie war das noch? Früher 40, heute 42. Ja, so war das. Also „Mini“, schwankt doch die Kleidergröße der Dame daheim (jedenfalls in offiziellen Verlautbarungen). Man will ja nicht in ein Fettnäpfchen treten. Aber Mini mit oder ohne Flügel? Mit oder ohne Duft. Duft klingt gut. Aber ist das auch wirklich gut verträglich? Und was ist mit der Länge? Mini normal oder Mini lang?

Vielleicht einfach die Augen schließen und sich bei der Auswahl von Fortuna leiten lassen?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Fortuna in diesem Moment einfach mal in eine andere Richtung sieht, ist außerordentlich hoch. Die meisten Neulinge beim Frauenhygieneartikelkauf werden daneben greifen. Aber man ist ja lernfähig.

Erfahrene Männer haben sich nach solchen Momenten natürlich später genau die bevorzugte Marke und die genaue Beschreibung eingeprägt – oder einfach mit dem Handy ein Foto von der entsprechenden leeren Verpackung geschossen, die er in seiner Unfähigkeit mit einem falschen Produkt hatte ersetzen wollen. Und weil man logisch vorgeht – und für die Zukunft gewappnet sein will: Fotos vom Shampoo, der Spülung, vom Haarfestiger, vom… Und weil es dann, nach dem Abgleich mit dem Bild in seinem Gedächtnis (oder auf dem Handy) noch einfacher zu bewerkstelligen ist, merkt er sich genau den Ort, an dem der entsprechende Artikel im Drogeriemarkt zu finden ist. Quasi blind. Man läuft dann einfach immer die gleiche Runde, greift hier in die dritte Regal-Etage links, bückt sich dort zur Auslage hinunter gleich gegenüber dem Wasserspender.

Und so lächelt man, wenn man wieder einmal eine sms erhält. „Schatz, bringst Du mir bitte Binden mit, ach ja, und noch das Trockenshampoo“. Lächelt, bis man wieder im Drogeriemarkt steht – und merkt: Sie haben umgeräumt.

Doch die entsprechenden Regale und Auslagen sind zu finden. Zur Not fragt man eine der freundlichen Verkäuferinnen oder Verkäufer. Und somit steht man dann vor den gesuchten Artikeln. Doch in der dritten Regal-Etage links steht etwas anders. Ein leichter Anflug von erhöhtem Blutdruck macht sich bemerkbar. Der Blick streicht über die nun anders geordnete Vielfalt, gleicht das Angebot mit dem Bild vor dem inneren Auge (oder dem Foto auf dem Handy) ab – und findet nichts. Denn – oh Gott! – die bevorzugte Marke hat bei diesem Artikel die Verpackung geändert.

Ja, oh Gott. Denn was lernt man daraus (außer sich die genauen Produktspezifikationen unabhängig von der Verpackung einzuprägen)? Wenn selbst bei Binden die Produktpräsentation wechselt, das Produktmarketing also der Ansicht ist, dass sowohl eine andere Gestaltung als auch ein anderer Verkaufsort für den Umsatz förderlich sind, dann obacht Mann!

Frauen suchen das Neue.

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Die Katze lässt das Mausen nicht

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Was für ein schöner Tag, um im Garten zu sitzen und zu lesen. Die strahlende Sonne zaubert schönstes Licht durch das Laub des Walnussbaumes, dessen Blätter im milden Wind sich leise bewegen. Ein Specht hinterlässt auf der Suche nach Futter sein klopfendes Hallo auf dem mächtigen Baumstamm. Ringsherum zwitschern Vögel in den Büschen. Ein Lächeln erreicht mich von meiner Liebsten, die neben mir auf einem Gartenstuhl sitzt und ebenfalls liest. Und unsere Katze döst im Schatten des Schmetterlingsbaumes.

Ignorieren, ausschimpfen oder loben? Um diese drei Alternativen drehen sich die Beitrage, die ich in der Sonne auf meinem Tablet lese. Ergebnisse meiner Internetrecherche „Katze Mäuse“, um zu erfahren, was wir dagegen tun könnten, dass unsere Katze ständig Mäuse in die Wohnung bringt.

Am Morgen dieses Tages hatte ich zwei tote Mäuse im Flur gefunden. Macht mit dem Spatz am Vorabend, der toten Maus nur wenig später am Abend im Bad vier tote Tiere innerhalb von 24 Stunden.

Was also tun, wenn die Katze ständig Mäuse (manchmal einen Vogel, einmal eine Fledermaus, einmal einen Frosch) bringt? Eine häufig gestellte Frage, auf die es leider keine eindeutige Antwort gibt. Erstaunlich eigentlich angesichts der langen gemeinsamen Geschichte von Mensch und Katze (oder ist dies nur der menschlichen Sehnsucht nach dem Geheimnisvollen geschuldet? Die Katze das mysteriöse Wesen…). Wie auch immer, einen Hauch von Eindeutigkeit finde ich nur in der Frage nach dem Wieso: Eine Katze bringt Mäuse, um ihren menschlichen Mitbewohnern, Futtergebern, Bei-Bedarf-Schmusern ein Geschenk zu machen.

Demnach fühlt sich unsere Katze bei uns sehr wohl, beschenkt sie uns doch sehr häufig. Ist doch auch schön, dass zu wissen! Und in diesem Wissen die getöteten Mäuse im Flur, vor den Zimmertüren, im Wohnzimmer etc. wegzuräumen, wäre ja an sich nicht so schlimm. Tote Mäuse, frei zugänglich hindrapiert, sind nicht das Problem. Bei solchen Geschenken wäre mir die Uneinigkeit der Katzen-Experten egal, und ich würde an einem solch schönen Tag nicht im Internet recherchieren, sondern einen spannenden oder interessanten Roman lesen. Kurz: Ob loben, schimpfen oder ignorieren, Hauptsache Beute tot.

Doch tot…, das ist Problem. Denn jedes mäusetote Geschenk wird flankiert von quicklebendigen Nagern, die unsere Katze zwar in die Wohnung bringt, sie dann aber laufen lässt – und die sich dann natürlich hinter Schränken, in Schränken etc. verstecken, dort abwarten, bis die Katze ihr Interesse verliert, sich dann auf die Suche nach Essbarem machen – und später, wenn das gefundene Essbare seinen natürlichen Weg geht, so manche Hinterlassenschaft hinterlassen.

Geschenke? Oder ist unsere Katze manchmal schlicht zu unerfahren, zu ungeschickt, um die Beute, die sie im Garten gefangen hat, im Haus zu töten?

Wer nur einmal unseren Exorzisten bei der Jagd beobachtet hat, gesehen hat, wie schnell unsere Katze, wenn sie denn will, ihre Beute tötet (und auch verzehrt), wird den Gedanken an Unerfahrenheit, Ungeschicktheit, nicht teilen.

Ich habe einen interessanten Beitrag zu dem Thema gefunden: „Katzen schleppen Mäuse in ihr Revier, um ihren schwächeren Freunden oder ihren Jungen Futter zu bringen. Wenn Kitten schon etwas älter sind, dann bringen die Mütter die Mäuse lebend, um so den Jagdinstinkt der Kitten zu trainieren und zu fördern. “ (Lucian, 07.06.2012, 12:33).

Also: Ich vermute, sie will uns etwas beibringen. Übernimmt vielleicht so etwas wie eine „Mutterrolle“ in unserer Gemeinschaft. Fürsorglich wäre sie demnach. Eine Überlegung, die sehr gut mit ihrem Verhalten in Einklang zu bringen ist, wenn unsere Jüngste einmal krank ist. Denn dann weicht unsere Katze nicht von ihrer Seite, kuschelt sich an sie, legt sich wie eine lebendige Wärmflasche auf ihren Bauch. Demnach bringt sie also die Mäuse hinein und lässt sie laufen, damit wir lernen, diese zu erjagen und zur Strecke zu bringen. Daher also ihre offensichtliche Freude, wenn ich neben ihr auf dem Boden herumkrieche, mit einem Stock unter dem Kleiderschrank herumfuhrwerke, um die Maus aus ihrem Versteck zu holen. Wenn ich eine Maus durchs Wohnzimmer jage. „Mauz, Mauz!“ „Fang sie, fang sie!“ Ist das Enttäuschung im Blick der Katze, da ich die Maus entwischen ließ? Soviel dazu, dass der Mensch die dominante Spezies ist.

Während ich im Sonnenschein diesen Überlegungen nachhänge, streckt sich unsere Katze unter dem Schmetterlingsbaum, lässt bei einem herzhaften Gähnen ihre Fänge sehen. Dann erhebt sie sich und schlendert gemächlich zu dem leeren Blumentopf an der Hauswand, um aus diesem ein paar Schlücke abgestandenen Wassers zu nehmen. Ich merke, dass auch ich Durst habe. Ich frage meine Liebste, ob auch sie etwas trinken wolle. Gerne. Einen Kaffee. Also gehe ich in die Küche, um ihr einen Kaffee zu bereiten und mir ein Glas Wasser einzuschenken. Ich öffne den Schrank, in dem wir den Kaffee, Kaffeefilter und einige Gläser aufbewahren, greife hinein – und plötzlich springt eine Maus hervor, die sich – wie ich später sehe – durch den Deckel des Nutella-Glases geknabbert hat, um an die Schokolade zu kommen. Die Maus springt auf meinen Handrücken. Während eine umfassende Gänsehaut von dort aus über meinen Arm, dann über meinen Hals zum Rücken kriecht, sich über diesen bis zu meinem Steiß ausbreitet, springt die Maus mir entgegen, rutscht an meiner Brust herunter, lässt sich in Höhe meines Bauch zu Boden fallen und huscht gen Küchenbuffet davon. Eine einzige fließende Bewegung, vielleicht hatte ich mittlerweile doch von unsere Katze gelernt, da ich die Packung mit den Kaffeefiltern ergriff und diese aus dem Handgelenk heraus nach der Maus warf – und diese traf, bevor sie sich unter dem Buffet verkriechen konnte.

Da lag sie also. Vom Treffer niedergestreckt, betäubt. Ich war doch tatsächlich stolz – und keine Katze weit und breit, um diesen Erfolg zu honorieren und aufgrund dessen einzusehen: Hey, Mauz, ich brauche keine Mäuse mehr anzubringen. Jagen können sie jetzt selbst! Wobei. Um dies zu erreichen müsste ich unter den gestrengen Augen unserer Katze der Maus wohl den Kopf abbeißen. Erst dann ist der Erfolg wirklich gesichert…

Ich brachte die Maus in den Garten, zeigte sie meiner Liebsten, die mit einer deutlich sichtbaren Gänsehaut auf ihrem Arm ihre Verbundenheit demonstrierte und trug die Maus in die hinterste Ecke des Grundstücks, ließ sie, die sich mittlerweile wieder regte, ins Gebüsch entschwinden. Von unserer Katze war weit und breit nichts zu sehen. Gut. Vielleicht lernen ja auch Mäuse, und diese wandert ganz weit weg. Und ihre Nachkommen haben eine genetische Abneigung, sich unserem Grundstück zu nähern. Dann ging ich zurück Richtung Küche, wollte doch meiner Liebsten einen Kaffee machen und mir ein Glas Wasser holen.

Schon als ich vom Garten ins Haus trat, hörte ich den Radau. Mauz, Mauz! Took, took, took! Flatter, flatter, mauz. Unsere Katze hatte einen Buntsprecht, vielleicht sogar den, den ich noch nicht lange zuvor gehört hatte, gefangen, in unsere Küche gebracht und dort fliegen lassen. Interessiert beobachte sie, während sie auf der Fensterbank hockte und zur Anregung des Geschehens locker noch dem Vogel schlug, wie der prächtige Specht am Fensterglas flatterte, mit seinem Schnabel gegen das Glas hämmerte. Dann kam ich dazu. Unsere Katze legte den Kopf schräg, sah mich an. Sollte das heißen: So jetzt beweise dich!?

Ich fing den Vogel. Biss ihm nicht den Kopf ab. Ich ließ ihn draußen fliegen, während unser Exorzist missmutig Laut gab. Und ich wusste, weitere Lektionen werden folgen…

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Smaugs Einöde – wie passend. Filmkritik

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Was für ein passender Titel. Dabei habe ich ein Faible für Drachen. Und auch den „Kleinen Hobbit“ mag ich sehr. Als Buch. Als kleinen, feinen, spannenden, eng gestrickten Roman.

Aber was ist hier geschehen?

Jacksons Verfilmung des „Herr der Ringe“ fand ich sehr gelungen, weil er es meiner Meinung nach geschafft hatte, vieles von dem, was mir an Tolkiens „Herr der Ringe“ nicht gefiel, außen vor zu lassen. Dieses Langatmige, Ausgedehnte, dieses allzu ins Details gehende Beschreiben von für die Handlung unwichtigen Dingen – auch wenn sie für die zugrunde liegende Mythologie (die erschaffene Welt) vielleicht bedeutsam sind.

Und bei seiner Verfilmung von „Der kleine Hobbit“?

Hier ging Jackson den umgekehrten Weg: Er hat den „Kleinen Hobbit“ auf „Herr der Ringe“-Niveau aufgeblasen. Ringdisiert.

Dies empfand ich so beim ersten Teil – und trotz des angehobenen Actionlevels empfinde ich es auch beim zweiten Teil der Hobbit-Verfilmung.

Dabei hatte ich mich so auf den zweiten Teil gefreut – hey Smaug, neben Fuchur und Grisu der coolste Drache, den ich in noch jungen Jahren kennengelernt habe. 5. Klasse. Schullektüre – und „Der kleine Hobbit“ war so ziemlich die einzige Schullektüre, die ich mit Begeisterung gelesen habe.

Und jetzt? Was ist Smaug doch für ein Schwätzer. War das schon damals so? Trübt mich jetzt meine Erinnerung an mein erstes Leseerlebnis des Hobbits? Wie auch immer: In der Verfilmung smaugt er rum und smaugt er her, rasselt mit Wortzähnen und Feuersätzen, diskutiert mit Bilbo auf Beutlin-komm-raus. Wie lange? Eine gefühlte halbe Stunde. Natürlich: Seine Optik haben sie gut hinbekommen. Und das Drachenbad in geschmolzenem Gold ist eindrucksvoll. Aber dennoch: Manchmal sind weniger Worte mehr Bedeutung.

Smaugs Einöde – leider ein passender Titel. Denn obwohl zweite Teil von Jacksons Hobbit rasanter war als der erste Teil, hat er mich auf eine gewisse Weise angeödet. Weil er mich emotional nicht berührte. Weil er alles, was an der Romanvorlage bemerkenswert war, in die Breite gewalzt hat. Weder Zwerge, noch Bilbo, noch Gandalf – und schon gar nicht Smaug haben mich mitgerissen. Ihr Schicksal ließ mich unberührt. Der Zauber, der mich damals die Schullektüre verschlingen ließ, war geschwunden.

Schade. Bezeichnend für mein Filmerlebnis: Ich habe Smaug seine letzten Worte nicht abgenommen: Ich bin das Feuer. Ich bin der Tod. Sein ganzes vorheriges Geschwätze hat ihm die apokalyptische Wucht genommen.

Wie wird wohl der dritte Teil beginnen? Bilbo mit großen Augen in die Ferne blickend. Monolog: Oh, was haben wir nur getan. Wie konnten wir nur? Den Drachen wecken. Verderben. Verdammnis. Feuer. Tod. Dann Aufblenden. Die Kamera schwenkt, damit wir sehen, was Bilbo mit großen, schreckensweiten Augen sieht: Den Drachen im Anflug auf die Stadt. Eindrucksvolles Bild. Der schwarze Schatten. Schnitt in die Stadt. Schreiende Menschen. Panisch umherlaufende Menschen. Schnitt. Smaug Nahaufnahme. „Oh ja, lauft, lauft. Hier kommt Smaug. Das Feuer. Der Tod.“ Smaug dreht eine Runde. Seine Stimme aus dem Off. „Unheil. Hier kommt es. Meine Klauen sind Speere. Meine Flammen die Hölle. Lauft ruhig. Lauft. Ihr könnt euch nicht verstecken. Ich bin das Feuer. Ich bin der Tod.“ Schnitt. Schreiende Menschen. Panischer Blick gen Himmel, wo Smaug noch eine Runde dreht. Stimme aus dem Off: „Ihr seid Futter für mein Feuer. Gleich komme ich über euch, eure Heimsuchung, Nemesis, Plage. Von Zwergen geweckt. Ach die Narren. Und ihr müsst es büßen. Merkt es euch: Ich bin Smaug. König unter dem Berge. Ich bin das Feuer. Bin der Tod.“ Schnitt. Bilbo blickt dramatisch. Ein Zwerg legt ihm eine Hand auf die Schulter. Menschen schreien. Smaug dreht noch eine Runde, Stimme aus dem Off… „Ich bin…“

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Das wollte ich doch einmal gesagt haben

Ralf_Sommer
Einsam und traurig ist des Dichters Herz,
Denn zu wahrer Dichtung gerinnt nur Schmerz.
Und wenn er einmal glücklich ist,
Er den Schmerz schon bald vermisst…

Glücklicherweise ist dem nicht so – oder anders gesagt, stammen diese Worte auch von mir, so fühle ich mich als Schriftsteller nicht einsam. Und dafür möchte ich Danke! sagen.

Meiner Liebsten.
Meinen Freunden.
Meiner Familie.
Meinen Leserinnen und Lesern.

Den Damen und Herren in den Printmedien, die sich bisher für meine Arbeit interessierten und mich zu Interviews einluden.

Den Damen und Herren des Literaturbetriebs, die in der Vergangenheit Geschichten und Gedichte von mir in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht haben.

Den Menschen in der großen weiten Webwelt, die mich, seitdem ich mich hinaus gewagt habe, unterstützen. Mit ihren Klicks, mit ihrem „Gefällt mir“, ihrem „Teilen“, ihrer Kritik, ihren Ratschlägen und Anregungen (danke Johannes!). Mit den mir angebotenen Chancen, mehr Leserinnen und Leser zu erreichen.

Besonders bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang bei Jenny, Tanja, Kathrin und vor allem Katharina, deren Sicht auf meine Schreibe und ihr Interesse an meiner Arbeit, mich sehr froh gemacht haben und machen.

Bedanken möchte ich mich auch bei Autorenkollegen, deren Unterstützung mir viel bedeutet und deren Art zu schreiben und mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, mich anregt (namentlich Jürgen und Lutz).

Was damals mit einer kleinen Geschichte in einer Niederrhein-Anthologie begann (danke nochmals Jürgen!), meiner ersten Veröffentlichung in einem richtigen Buch, hat schließlich durch die Möglichkeiten vor allem des eBooks weitere Kreise gezogen – und ich hoffe natürlich, meine Geschichten ziehen noch größere Kreise.

Ein steter Fall so’n Dichter Leben,
So ist das eben.

Oder eben nicht.

Danke dafür! Das wollte ich doch einmal gesagt haben.

Euer Ralf

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Was ich an Frauenzeitschriften nicht leiden kann

Frauenzeitschriften
Um es gleich festzustellen: Ich lese gerne Frauenzeitschriften. Nicht nur beim Arzt. Habe ich immer schon getan. Es gibt eine Menge Nützliches zu erfahren. Über Frauen. Und über Allerlei. Interessante Geschichten, spannende Lebensläufe – da blättere ich gerne hinein.

Aber was ich überhaupt nicht leiden kann: All diese eingeklebten Pröbchen, Duft-Appetizer, die Nase-Neugierig-Macher. Puh. In ihrer Mischung manchmal schwer zu ertragen. Was da für Dämpfe zwischen den Seiten aufsteigen. Appretur, Lackfarben-Ausdünstungen sind nichts dagegen. Olfaktorischer Overkill. Und mit tränenden Augen liest sich schlecht. Zudem: Wie soll man denn da einfach mal durchblättern, wenn die Zeitschrift immer zur nächsten eingeklebten Probe springt? Wenn immer diese Doppelseiten aufklappen, wo auf der einen Seite Werbung mit einem geruchsintensiven Lesezeichen prangt…

Man nimmt ein Heftchen zur Hand und fast automatisch landet man bei einer dieser Doppelseiten – und je dicker die eingeklebte Probe ist, umso zwangsläufiger. Und ich habe nicht den Eindruck, dass die Artikel daneben die je interessantesten des Heftchens sind. Vielleicht alleine schon deswegen nicht, weil nichts von der Werbung ablenken soll…

Das empfinde ich als penetrant. Ob es nur mir als Mann so geht? Eine repräsentative Umfrage der Frauen im Haus hat ergeben: Nein. 100% Zustimmung.

Da lobe ich mir doch meine Heavy Metal-Postillen: Dort finden sich die Proben geballt auf einer Seite. 10, 14, 18 Proben auf einer CD. Und ansonsten kann man ungestört blättern. Es könnte ja auch jede Plattenfirma ihre eigene CD mit einem Song pressen lassen und dann finden sich diese Proben verteilt im Heft… Frauenzeitschriften-Prinzip.

Warum tun sich die Kosmetikkonzerne nicht zusammen – und produzieren zusammen eine Pröbchenseite (vor allem da es ja eh nur wenige Konzerne sind, die nur in der Werbung so tun, als würden sie voneinander völlig unabhängige Produkte vertreiben – ach die Vielfalt). Also 4, 6, 8 kleine Proben auf einer Plastikseite, ins Heft eingeklebt, jede Probe von der anderen mit einer Perforation getrennt. Jedes einzelne Pröbchen könnte sogar individuell gestaltet werden – und ist diese Seite einmal herausgetrennt, dann steht nichts mehr dem Frauenzeitschriften-Lesevergnügen im Weg. Man kann hinblättern, wohin man will…

Wobei, ich bin nicht die Zielgruppe. Was weiß ich schon von Frauen-Marketing. Ich blättere ja nur mal hinein… Und wahrscheinlich ist das der Trick dabei, dass auch Frauen nur hineinblättern – und mittels Proben an die wichtigen Stellen gelotst werden. Kann das denn sein? Size matters? Je dicker die Probe… Scheint so. Aber was weiß ein Mann schon davon.

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Ein Schriftsteller beim „Perfekten Dinner“ – Boscher zum Casting eingeladen

Perfektes_Dinner
Mich erreichte eine sehr nett formulierte E-Mail, Betreff „Anfrage für Das perfekte Dinner am Bodensee“. Inhalt: „Bei meiner Recherche bin ich auf Sie gestoßen. Als Schriftsteller wären Sie ein spannender Kandidat für uns. Vielleicht kochen Sie ja auch gerne.“ Absender: die Produktionsfirma, welche für einen privaten Sender die Sendung „Das Perfekte Dinner“ herstellt.

Boscher beim „Perfekten Dinner“? Im TV? Warum nicht?

Ich bin natürlich geschmeichelt – „ein spannender Kandidat“… und was sich für Perspektiven ergeben… Wie viele Zuschauer hat wohl die Sendung? Wie vielen Menschen könnte ich mich als Schriftsteller präsentieren… Ich eloquent, charmant witzig am Herd werkelnd. Jeder Handgriff untermalt von literarischen Bonmots – nicht übertrieben natürlich. Eben gerade genau richtig dosiert, dass der Zuschauer neugierig wird. Ach, von diesem sympathischen und gut aussehenden Kerl möchte ich aber wirklich etwas lesen…

Und wohl dosiert würde natürlich das Menü sein, meiner Schriftsteller-Laufbahn folgend: Eine leckere Vorspeise vom Niederrhein, die mir Anlass geben würde, eine kleine Anekdote zum Besten zu geben, aus welcher Idee heraus die Niederrhein-Kapitel meines zweiten Romans entstanden sind (und die Ideen des Romans, an dem ich zur Zeit arbeite). Um dann überzuleiten zu den Bodensee-Kapiteln meines Romans und einem entsprechend für die Region typischen Gericht als Hauptspeise. Bevor letztendlich die Speisefolge mit einer bergischen Kaffeetafel gekrönt wird, die mir Anlass gibt, auf meinen ersten Roman einzugehen (und Hinweise zu den Wuppertal Kapiteln meines zweiten Romans einzustreuen).

Ja, dass klingt gut. Jedenfalls müsste ich ein typisches Bodensee-Gericht zubereiten, bei dem ich Fleisch schneiden müsste, um dann leichthin erzählen, dass ich dieses gelernt habe, weil ich mir für meine kriminalistischen Szenen fachkundige Beratung eingeholt habe – für die richtige Schnitttechnik. Es müsste etwas auf der Speisekarte stehen, bei dem ich bei großer Hitze etwas anbrate, dann mit Hochprozentigem ablösche, so dass eine Stichflamme entsteht – was mir Gelegenheit gibt, die wichtige Rolle auch heißer Erotik-Szenen für meine Schreibe zu verdeutlichen. Beim Nachtisch gäbe mir das Kneten des Teiges Gelegenheit, über die Sinnlichkeit des Schreibens ein paar Worte zu finden. Eine Sinnlichkeit, die – hier könnte ich effektvoll den Teig auf den Tisch knallen – auch in harten Horror umschlagen könnte (hier darf natürlich beim Nachtisch heiße rote Kirschsoße nicht fehlen).

Ja , so stelle ich es mir vor. Natürlich komme ich währenddessen nicht aus der Ruhe, bin eine Art gelassener, ein wenig düsterer Gourmetschreiber mit latent sinnlicher Ausstrahlung. Kurz: ich sehe einfach gut aus in der Kamera. In der Küche. In meinem (natürlich mit Unmengen an Büchern zugestellten) Arbeitszimmer, das Allerheiligste, in dem alles entsteht – eine inspirierende Mischung aus Chaos und Individualität. Schriftsteller halt. Die ganze Wohnung (also den Teil, den die geschickten Kamerafahrten zeigen): Schriftsteller halt.
Ralf Boscher - Engel
Ach, schon der Wohnungsflur so individuell – und „ist das nicht die Puppe, die auf dem Cover Ihres ersten Romans zu sehen ist?“ Und die ganzen Bilder, Gemälde an den Wänden – „Ja, alle von befreundeten Künstlern.“ Und dann erst das Esszimmer (also eigentlich das Wohnzimmer als größter Raum, in den der Esstisch hineingetragen wurde) – Bücher natürlich (auch hineingetragen), Bilder (die da wirklich hängen) – und dieser Blick durch die Tür zum Garten. Hier kehrt die Ruhe ein, wenn die Inspirationsströme durch den Schriftstellerkopf und -körper jagen… Und hier findet das Dinner statt – hier fühlen sich die vom Sender ausgewählten Gäste einfach wohl, hier fühlen diese sich (wer immer dies auch ist) quasi selbst inspiriert. Und lecker. Ja, lecker ist es auch. Darauf am Ende eine Obstler aus Meersburg.

Wer wohl die Gäste sind? Schriftsteller-Kollegen vom See? Andere Künstler aus der Gegend? Oder vielleicht wählt der Sender nach dem Gladiatorprinzip aus? Nichtleser, Bücherhasser, Brotlosekunstvertreter?

Aber wie auch immer, eines ist gewiss: Ich kann nicht kochen. Leckere Dinge zubereiten, ja, das schon. Aber kochen… Und noch eines ist gewiss: Auf eine gewisse Weise bin ich extrovertiert (spiele literarisch auch gerne mit meiner eigenen Person). Ich liebe auch die Live-Situation einer Lesung. Mich reizt auch der Gedanke, als Schriftsteller bekannter zu werden (natürlich). Aber: ein Kamerateam in meine Wohnung lassen? Einigen Hunderttausend (oder Millionen) Menschen Einblick in meine Wohnung geben? Den Menschen, die ich liebe und mit mir leben, dies zumuten?

Nein. Das ist nicht mein Ding. Ich habe gewiss Dinge geschrieben, die von ebenjener Produktionsfirma, die das „Perfekte Dinner“ dreht, als Spielfilm, Serienepisode etc. „verbraten“ werden könnten. Aber vor den Kameras der Firma „ganz privat“ braten? Nein – selbst wenn ich ein begnadeter Koch wäre. Auch wenn die Anfrage zum Casting ebenso nett wie schmeichelhaft war. Auch wenn mir hier vielleicht eine große Chance durch die Lappen geht.

Ich bin sehr gerne Gastgeber. Und es macht mich immer glücklich, zu spüren, dass sich unterschiedlichste Menschen bei mir einfach wohlfühlen. Aber dieses Vergnügen bleibt dann wohl privat.

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Das sind so die Momente… Fähre voll und meine Romanidee ist auch futsch

Faehreschnellkurs

Ich hatte so ein paar Ideen für einen Vampirroman – mehr als ein paar Ideen, einzelne Kapitel sind bereits geschrieben. Ja, und dann…

Als ich damals an meinem ersten Roman schrieb, in dem ein wichtiges Thema „Abtreibung“ ist, habe ich mich geweigert, John Irvings „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ zu lesen, obwohl er damals mein Lieblingsautor war (und auch heute noch einer meiner Alltime-Faves ist). Einige Jahre zuvor hatte er dieses wirklich tolle Buch (wie ich heute weiß, da ich es schließlich glücklicherweise sofort nach Fertigstellung meines Romans doch gelesen habe) veröffentlicht, und nachdem ich die anderen greifbaren Bücher von ihm schon verschlungen hatte, schlich ich um „Gottes Werk“ herum wie der Teufel um eine sündige Seele. Aber ich riss mich zusammen. Kaufte zwar das Taschenbuch – aber ich las es nicht. Denn bei ihm wie bei mir war ein Thema „Abtreibung“, und ich hatte einen Höllenschiss, mich zum einen von meinem Lieblingsautor beeinflussen zu lassen (ich Narr damals, glaubte ganz naiv an so etwas wie „originäre Schöpfung“, an meinen eigenen gänzlich „unbeeinflussten“ Roman), zum anderen fürchtete ich, kein eigene Zeile mehr aufs Papier zu bekommen, wenn ich gelesen hätte, wie Irving das Thema anpackt.

Heute denke ich anders. Alles ist durchtränkt von Einflüssen. Kombination ist das Stichwort. Es gibt nichts Neues unter der Sonne – aber viele Möglichkeiten, Altbekanntes in neuem Licht erscheinen zu lassen. Schöpfung ist zugleich Mythos (logisch, will doch meine romantische Idee des Kreativen nicht aufgeben) und handwerkliches Geschick im Spiel mit Zitaten und all dem, was man erfahren hat. Ein eigener Stil ist ein überraschender Cocktail aus gut gewählten Zutaten, die man aus der Schatzkiste „Kultur“ zieht.

Also ganz easy… Ich lese in einem Roman – und lese „meine Ideen“. Warum aufregen, locker bleiben! Nun, an diesem Morgen war ich nicht locker. Ehrlich gesagt, war ich die Nacht zuvor auch schon nicht locker. Ich hatte also schlecht geschlafen. Soviel zu theoretischen Erwägungen über den „Autor“, über „Topik“ als der Grundlage schöpferischer Kreation.

Obwohl: Schuld ist die Fähre Meersburg-Konstanz. Beziehungsweise deren morgens zu Pendlerstosszeiten oft zu geringe Verfügbarkeit. Denn die Fähre war voll. Und so schlecht ich geschlafen hatte, schlug mir dies an diesem Morgen aufs Gemüt. Natürlich: Ich als Rollerfahrer hätte noch auf die Fähre rollen könne, für eine 50er ist meist immer noch Platz. Aber da ich mit meiner Liebsten zusammen zur Arbeit fahren wollte, musste ich warten – und das war beileibe nicht das erste Mal (Hintergrund: Meine Liebste fährt mit dem Auto. Ich roller. Das Ende unserer Arbeitszeiten ist nicht derart, dass wir planen könnten auch den Rückweg gemeinsam anzutreten.).

Also stand ich um 7 nach 7 auf dem Meersburger Fähreplatz. Wie ich an der auf dem See gen Konstanz fahrenden Fähre sehen konnte, hatte diese pünktlich voll belegt um 5 nach 7 abgelegt. Und obwohl die 20 nach 7 Fähre beinahe voll war, warteten bereits wieder 2 Reihen PKW und einige LKW darauf, einen Platz für die Überfahrt zu finden. Darunter meine Liebste in ihrem PKW, Reihe 2, keine Chance noch auf die Fähre zu kommen. Ich schaltete also die Zündung aus. Wartete. Noch vor dem ersten Kaffee. Der Einweiser winkte mir freundlich zu. Los fahr, Du hast noch Platz. Ich winkte ab. In diesem Moment, während die Sonne hinter der Meersburger Burg emporstieg, holte mich meine schlechte Nacht ein.

Ich hatte vor dem Schlafen noch ein wenig gelesen, das Buch gefiel mir. Chick-Lit? Vielleicht. Aber egal. Gut geschrieben. Amüsant. Spannend. Ja, und dann las ich… Las von den PR-Kampagnen der Schattenwesen – und: Puh. Auf die Idee war ich auch gekommen. Twilight, der ganze Vampir-Boom – ein Marketingtrick der Vampire (bzw. in diesem Roman der Vampire, der Werwölfe, der Elfen…). Wenn mir wenigstens nicht gefallen hätte, was ich las. Aber das Buch zog mich in sich hinein, und das obwohl mein Verstand eingeschaltet war. Ich dachte, fühlte: Meine Romanidee ist futsch. Obwohl mir aufs Ganze gesehen doch etwas anderes vorschwebte – vorschwebt?

Nachfrage
Nichts Neues unter der Sonne… Auch an diesem Morgen nicht. Wieder einmal ist das Angebot an Fährekapazität nicht an der Nachfrage der Pendler ausgerichtet. Dabei machen die Fährebetreiber deutlich, dass sie sich sehr wohl einer gewissen Nachfrage bewusst sind: Wobei (ab 9 Uhr wegen erhöhter Nachfrage Schnellkurs) es hier nicht um die Pendler geht, sonst würde der Schnellkurs früher gefahren werden. Meiner Einschätzung nach ist hier mit Nachfrage die Nachfrage durch die nun im Frühling mehr und mehr eintrudelnden Touristen gemeint – die aufs Jahr gesehen wohl mehr Geld in die Kassen spülen, als all die Pendler mit ihren Jahreskarten. Und somit stand ich also, weil ich auf meine Liebste im PKW wartete, auf dem Fährevorplatz. Und sann, während die Sonne höher über die Burg stieg, über Pendler, Touristen und Vampire nach. Auch das eine Idee von mir: Den Vampiren eine Evolution zuzusprechen, so dass sie z.B. heute unempfindlicher gegenüber Sonnenstrahlen sind. Aber wie heißt es so schön: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Aber was für Pendler richtig ist, muss für Romanautoren nicht wahr sein. Sonst würde sich niemand für einen Roman wie „Eine Odyssee“ interessieren, den ich ebenfalls zur Zeit lese und der in vielen Teilen den „Ulysses“ von James Joyce thematisiert, welcher wiederum nicht ohne Grund nach der Hauptfigur aus Homers „Odyssee“ benannt ist. Und das wäre wirklich schade.

Wäre es auch schade, wenn ich meine ursprüngliche Romanidee nicht weiter verfolge? So etwas weiß man als Autor erst dann, wenn man durch die Idee hindurchgegangen ist und der Roman in Gänze vorliegt. Und das erfordert Zeit und Mut. Man läuft immer Gefahr zu spät zu kommen. Oder völlig unzeitgemäß zu sein. Und nicht jeder hat Nietzsches Mut, sich dieses Unzeitgemäße auf die Fahnen zu schreiben (wenn es denn Mut war und nicht nur ein Symptom der beginnenden Paralyse).

Als ich mit einer Schoki für sie und einem Kaffee für mich (endlich, die erste „Tasse“ des Tages) zu meiner Liebsten ins Auto stieg, die es endlich auf die Fähre geschafft hatte, waren weniger meine Autorengedanken als Überlegungen zu „Touristen und Pendlern“ das Thema. Klar, in einer Touristengegend sind diese immer ein Thema. Auch außerhalb der Saison. Ihre Anwesenheit wirkt sich genauso wie ihre Abwesenheit auf die Einheimischen aus: Versuchen Sie mal hier im Winter Abends in einem Restaurant fein essen zu gehen… Sind keine Touristen da, dann nehmen die Betreiber von Gaststätten, Restaurants, Geschäften ihren Jahresurlaub: In Meersburg zum Teil den ganzen Winter über.

Ralf_Boscher_Burg
Im Winter ist Meersburg genau das beschauliche, romantische Städtchen mit Neuem Schloss und Burg und Altstadt und See, das die Touristen so sehr anzieht, dass es ab Frühling mit der Beschaulichkeit vorbei ist. Dort arbeiten, wo andere Urlaub machen – ein immer wieder in neuen Variationen beliebter Spruch in Stellenanzeigen. Was soll das überhaupt heißen? Hebt es meine Lebensqualität als Arbeitnehmer am Bodensee, aus dem Fenster zu sehen und draußen die Urlauber urlauben zu sehen? Freue ich mich als pendelnder Arbeitnehmer, dass ich mich nach der Arbeit eine Stunde und länger an der Fähre in die Warteschleife stellen muss, um über den See heim zu kommen (und das trotz Schnellkurs), vielleicht weil ich denke: Ist doch toll, wie beliebt der Bodensee ist?

Erlebnis
Ach, ich bin ungerecht. Selbst jetzt noch in der Rückschau. Natürlich ist es schön, am Bodensee zu leben. Und der Weg zur Arbeit ist immer wieder ein Erlebnis. Es gibt nichts Neues unter der Sonne… Ja. Dennoch. Wenn ich die ewig gleiche Sonne morgens über Meersburg aufsteigen sehe, dann packt mich das doch immer wieder und auch jetzt noch nach Jahren. Wie oft habe ich dieses Bild schon gesehen (und fotografiert) und dennoch hat es immer wieder den Hauch des faszinierend Neuen. Und sollte ich an dem Vampirroman weiterschreiben, hoffe ich, dass ich selbst bekannten Ideen den faszinierenden Hauch des Neuen werde verpassen können.

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