Monatsarchive: Oktober 2014

Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftstellerin Nadja Losbohm

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

Nadja_Losbohm
Heute zu Gast auf Boschers Blog: Nadja Losbohm

Hallo Nadja, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf!

Ich danke dir, dass du mich eingeladen hast!

Um gleich einzusteigen: Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

Ich glaube, drei Teile einer zusammenhängenden Buchreihe zu schreiben, bei der der Leser auch noch nach dem ersten Buch wissen möchte, wie es weitergeht, kann man als schriftstellerischen Erfolg bezeichnen. Dann weiß ich, dass ich irgendetwas richtig gemacht haben muss. Und wenn mir jemand sagt, dass er beim Lesen zu Tränen gerührt war, die gewählten Worte bei ihm wahre Emotionen entlockt haben – auch das ist für mich ein schriftstellerischer Erfolg.

Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?

Losbohm_Jaegerin_1
Das ist schwer zu sagen. Irgendwie sind sie mir alle ans Herz gewachsen. Man verbringt so viel Zeit mit ihnen, lebt mit ihnen und lernt sich kennen. Jede hat Eigenschaften, die ich bewundere und vielleicht auch gerne selbst hätte.

Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

Eindeutig „Faramir“ aus „Der Herr der Ringe“. Mit ihm konnte ich von Anfang mitfühlen.

Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

Es ist nicht der erste Satz, aber einer oder auch mehrere, von denen ich denke, dass sie gut gelungen sind und die ich persönlich mit am schönsten finde: „In jeder seiner Berührungen lag so viel Bewunderung und Liebe, wie ich es noch nie zuvor gespürt hatte. Ich war es nicht gewöhnt, dass mich jemand so sehr liebte. Es war neu für mich. Schon immer gewesen.“ (aus „Die Jägerin – Blutrausch“, Teil 2)

Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?

Vermutlich Rockmusik. Das ist absolut meine Musikrichtung.

Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

Ich würde sagen, das Schreiben selbst. Wenn man gelesen wird, macht das einen zu einem erfolgreichen Schriftsteller. 😉

Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit der schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

Da dieses Geschäft doch recht unbeständig ist, ist es besser, wenn man einem „normalen“ Beruf nachgeht und das Schreiben in die Freizeit legt. Man kann auch produktiv sein und sich tolle Geschichten ausdenken, wenn man einen Brotberuf ausübt.

Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerade Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

Ich habe eine etwas sehr chaotische Arbeitsweise: einfach drauflos schreiben. Ich lege mir vorher kein Konzept an und weiß auch nicht, wo mich eine Geschichte hinführt. Es gibt zunächst eine Grundidee, dann fange ich an und sehe einfach weiter, wie sich das Ganze entwickelt. Manch einer schlägt jetzt die Hände über dem Kopf zusammen, aber bisher bin ich damit sehr gut zurechtgekommen.

Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

Kampfszenen. Alles, was mit Action zu tun hat. Da brauche ich lange für, bis ich zufrieden bin.

Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

Alles am Schreiben gefällt mir! Ich denke mir gerne neue Welten aus, spiele gern mit Worten. Ich möchte, dass die Leser bei meinen Geschichten mitfühlen, mitlachen und mitleiden.

Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

Auf den warte ich noch. 😉

Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

Ich arbeite mit beidem. Zuhause schreibe ich viel am Rechner. Aber wenn mich plötzlich beim Fernsehen die Muse küsst und der PC aus ist, dann kommt Papier zum Einsatz. Auf dem Arbeitsweg dann auch schon mal das Handy, wo ich kurze Gedanken abspeichere.

Welches Schreibprogramm nutzt Du?

Ich verwende Word. Anfangs habe ich noch mit Works gearbeitet und mir fiel die Umstellung schwer, aber nun mag ich Word sehr gerne und komme gut damit klar.

Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

Ich schreibe gerne morgens, wenn es im Haus noch ruhig ist. Aber eine feste Schreibzeit habe ich nicht wirklich. Ich nehme mir auch nie vor, eine bestimmte Anzahl an Wörtern zu schreiben. Ich schreibe so, wie ich inspiriert bin und nicht unter Druck.

Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

Teilweise gehen dafür schon ein oder zwei Stunden am Tag drauf. Aber ich mache das nicht jeden Tag. Sonst würde ich wohl bald mit meinem PC verwachsen sein. 😉 Hauptsächlich verwende ich dafür Social Media Netzwerke, sprich Twitter und Facebook. Mit „herkömmlichen“ Methoden habe ich es auch schon versucht (Flyer, Postkarten etc.). Aber meiner Erfahrung nach bringt das nur sehr wenig.

Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

Definitv! Ich finde Ebooks großartig, auch wenn ich weiterhin „richtige“ Bücher lese und kaufe und selbst auch beide Möglichkeiten anbiete. Selfpublishing ist eine tolle Gelegenheit für alle, die schreiben und davon träumen, ihr eigenes Buch zu veröffentlichen und ihre Geschichten einfach mit anderen teilen wollen. Ich bin jedenfalls sehr dankbar für diese Chance!

Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

Wenn ich weiß, dass ich am Samstagmorgen schreiben möchte, dann wird alles verrammelt und verriegelt und abgestellt, was abzustellen geht: Handy, Telefon, Türklingel. Unterbrechungen dürfen nicht sein! Sonst vergesse ich ja meine genialen Ideen. 😉

Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

Ganz bestimmt nicht! Da ich ohnehin nur wenig und selten trinke, stellt sich bei mir diese Frage auch gar nicht. Ich setze da lieber auf Cappuccino.

Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

Auf jeden Fall! Ich bin eine (Nach-)Denkerin, und wenn ich so etwas nicht sofort aufschreibe, kreist es mir die ganze Nacht im Kopf herum, und ich kann dann sowieso nicht einschlafen. Also lieber gleich aufspringen und alles notieren, auch wenn es bedeutet, dass ich zwei oder drei weitere Stunden wachbleibe.

Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

Das kommt darauf an. Mit „Alaspis“ konnte ich abschließen, weil es ein definitives Ende hat. Da gibt es keine Möglichkeit mehr, dass die Geschichte weitergehen könnte. Mit „Die Jägerin“ habe ich und kann ich derzeit noch nicht abschließen, weil es nach den ersten drei Teilen ja noch weitergeht. Teil 4. Teil 5. Vielleicht Teil 6…

Vielen Dank Nadja, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Ich danke dir, Ralf, für die Einladung und die tollen Fragen!

Losbohm_Jaegerin_4
Die 1982 in Hennigsdorf geborene Autorin fand dank ihrer Eltern schon früh ihre Heimat in Berlin. Von dort aus geht sie noch heute auf die Jagd nach spannenden Geschichten.

Ihren ersten schriftstellerischen Stoff fand sie im Alter von 19 Jahren, das Ergebnis „Alaspis – Die Suche nach der Ewigkeit“. 2012 erschien die märchenhafte Saga im novum Verlag (Quelle).

Dann ging es Schlag auf Schlag: Es entstand der erste Band der mehrteiligen Buchreihe ,,Die Jägerin – Die Anfänge“, eine Mischung aus Sci-Fi und Fantasy-Romance mit einem Spritzer Humor. Es folgten ,,Die Jägerin – Blutrausch“ (Teil 2) und ,,Die Jägerin – Vergangenheit und Gegenwart“ (Teil 3), wie Teil 1 ebenfalls als Ebook und Taschenbuch erhältlich. Und jetzt (17. Oktober 2014) ist der vierte Teil der Fantasy-Romance-Buchreihe „Die Jägerin 4 – Unter der Erde“ erschienen.

Amazon-Autorenprofil von Nadja Losbohm
Facebook-Profil der Schriftstellerin zu ihren Jägerin-Romanen
Twitter-Account von Nadja Losbohm
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    Das Jojo-Herz – Leseprobe aus Boschers Roman über Liebe, Tod und Teufel


    Leseprobe aus dem Roman „Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel“ von Ralf Boscher (aus dem Kapitel „Das Jojo-Herz“).

     

    Das Jojo-Herz

    I.

     

    Etwa zur selben Zeit, da Krish schreiend erwachte, wurde Tanja beerdigt. Der Pfarrer, der sie getauft hatte, bei dem sie die erste heilige Kommunion empfangen und der sie zur Firmung begleitet hatte, begrub sie auch.

    Den Sonntag zuvor hatte er aus gegebenem Anlass über ein, bei vielen seiner Schäfchen seiner Meinung nach in Vergessenheit geratenes Jesuswort gepredigt: Wer ohne Sünde sei, werfe den ersten Stein! Denn es war bekannt geworden, was mit der kleinen Stewens geschehen war, und vor allem unter welchen Umständen. Daraufhin waren einige Gemeindemitglieder an den Pfarrer herangetreten und hatten es als seine Pflicht bezeichnet, hier eindeutig und unmissverständlich, unmissverständlich! Stellung gegen Abtreibung zu beziehen. Es sei geradezu eine moralische Notwendigkeit, der kleinen Stewens das kirchliche Begräbnis zu verweigern, habe sich ihre Familie auch noch so verdient um die Gemeinde gemacht, und sei das alles auch noch so tragisch, denn solcherlei Frauen seien wegen ihrer sündigen Tat unweigerlich, unweigerlich! aus dem Schoß der Kirche zu entfernen.

     

    II.

     

    Der Himmel lächelte blau und klar aus einem Gesicht mit zwei strahlenden Augen und atmete eisig frischen Wind, als der Pfarrer Tanja dann doch nach katholischem Ritus in geweihter Erde beerdigte. Alex kam erst, als der Leichenzug bereits am offenem Grab stand. Zu spät! Aber eigentlich hatte er sich die Beerdigung eh sparen wollen. Denn er fürchtete sich vor den Gedanken, die ein so klares und befreiendes Gefühl wie Kummer nicht aufkommen lassen, Gedanken, die lähmen, indem sie alle Gefühle mit grauen Schleiern überziehen, alles dumpf verwischen und keine Tränen aus dem Herz lösen: einen nicht weinen, nicht mehr lachen lassen und depressiv machen. Kreisende Schlussfolgerungen, Spekulationen, Zurechtweisungen, Ausflüchte. Gequält schleuderndes Innenleben um eine quälende Klarheit: Ich habe nichts davon gewusst!

    Er fürchtete sich vor seinem schlechten Gewissen, und am liebsten hätte er Tanja vergessen, seinen Laden geöffnet und einfach weitergearbeitet. Aber schließlich zog er sich doch einen schwarzen Anzug an und fuhr zum Friedhof, Tanja war immerhin mal seine Freundin gewesen.

    Alex blieb unter einem kahlen Baum abseits von den anderen stehen, aber der Wind wehte ihm die Stimme des Pfarrers an die geröteten Ohren:

    Wir haben uns hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Tanja Stewens, die so unerwartet aus unserer Mitte gerissen wurde…“

    Verabschiedet habe ich mich schon lange, dachte Alex bitter: Tschüß! habe ich gesagt, als sie beim letzten, und zum letzten Mal von mir wegging. Dann erinnerte er sich an den ersten Abend, den er bei Tanja verbracht hatte. Sie hatten in ihrer Küche gesessen inmitten von Kerzen und dem Duft von Räucherstäbchen, Gras geraucht und Tee getrunken. Sie hatten sich angeregt unterhalten und waren vom Höcksken aufs Stöcksken gekommen, und Tanja hatte das: Was kommt nach dem Tod? aufs Tapet gebracht. Sie hatte gesagt, sie glaube daran, dass es nach diesem Körper irgendwie weitergehe, und Alex hatte erwidert, ihn interessiere diese Frage nicht sonderlich:

    Was danach kommt, kommt danach!“ hatte er gesagt, und wichtiger wäre doch, jetzt zu leben und mit sich und den Menschen um einen herum in Einklang zu sein. Der Gedanke an den eigenen Tod würde in ihm auch keine besonderen Emotionen auslösen, hatte er behauptet, und genauso egal sei ihm auch, was mit seinem Leichnam geschehe:

    Wenn ich tot bin, und es existiert kein Danach, dann existiere Ich nicht mehr, dann gibt es für mich nicht MEINEN Leichnam, denn dann gibt es kein Für Mich mehr. Es gibt kein Ich mehr, nur noch auseinanderfallende Materie ohne Erinnerung, und was all die anderen mit meinen Überresten zu ihrer Erinnerung an das Alex war anstellen, wird mir dann egal sein. Und sollte doch etwas den Tod überleben, dann…“

    Tanja hatte ihn unterbrochen:

    Ist das deine Vorstellung vom Paradies?“

    Was?“

    Ja, dass dir das Alex war egal wird. Ist das dein Paradies?“

    Alex hatte daraufhin den Stuhl zurechtgerückt, Holzbeine auf PVC schleifend, Kratzer, dumpfer Laut vom energisch sich aufrecht Hinsetzenden, und:

    Paradies ist so ein christlich besetzter Begriff!“ hatte er sich ereifert, „Vor dem Paradies wacht der Richtergott, welcher alles sieht und all das Gesehene dann abwägt. Und je nachdem wie schwer deine Sünden in seinen Augen wiegen, lässt er dich ein ins Wahre Leben, oder aber er verfrachtet dich direkt in die Hölle, wo es allein in seiner Gnade liegt, ob du jemals wieder aus dem Ofen herauskommst.“

    Plötzlich war die Stimmung war sehr angespannt gewesen, Tanja hatte die erste Kostprobe von Alex‘ Kirchenfeindlichkeit bekommen.

    Paradies!“ hatte Alex noch verächtlich geschnaubt und beißend hinzugesetzt:

    Benutz’ Pille oder Kondom, und du bist abgetrieben aus dem Schoß des Herrn!“

    Aber beinahe traurig hatte es dann geklungen, als er meinte:

    Wer kann heute noch wagen, auf ein Paradies zu hoffen.“

    In die darauffolgende Stille hinein hatte Tanja gesagt, und das, was sie sagte, war das Eigentliche, woran Alex sich hier auf dem Friedhof erinnerte. Sie hatte gesagt, die Vorstellung beerdigt zu werden, löse Beklemmung, ja Angst, aber vor allem Ekel in ihr aus.

    Daran erinnerte Alex sich nun in aller Deutlichkeit, während der Pfarrer Schäufelchen voll Erde auf den Sarg poltern ließ, und ihm fielen auch genau Tanjas Worte ein:

    Auf keinen Fall ein Sarg. In massivem Holz konserviert für die langsame Verfäulnis.“

    Und dann sah er auch ihren Gesichtsausdruck, sie war angewidert gewesen, denn: auf keinen Fall ein Sarg! und: „…eingebettet in Seide noch möglichst lange lebendig aussehend der Ewigkeit entgegenstinken. Dann schon lieber direkt in die Erde eingebuddelt werden, den Würmern gleich zum Fraß.“

    AUF KEINEN FALL EIN SARG! Tanja hatte verbrannt werden wollen. Jetzt fiel es ihm wieder ein, jetzt, wo ihm der schneidende Wind das Poltern der Erde auf Tanjas Sarg zutrug, schwerer Eichensarg, Bewährte Qualität!, vier starke Männer notwendig, um Tanja, die immer so gerne gelaufen war und leicht über die Wege sprang, auf ihrem letzten Gang zum Erdloch zu schleppen. Aber Tanja wollte verbrannt werden, nicht konserviert, nicht von schwitzenden, traurigen Gestalten in Bewährter Qualität! über den Schotter geschleppt werden. Sie wollte nicht zugeschüttet unter einem Haufen Dreck langsam, sehr langsam ihren leiblichen Zusammenhalt verlieren und verfügbar bleiben für irgendwelche Ansprüche an ihren Körper. Die Materie, die sich zu Tanja zusammengefunden hatte, sollte möglichst schnell auseinanderfallen, um den Teil freizugeben, der aus der Materie herausfällt. Denn Tanja hatte einmal gehört, dass die Seele eines Toten so lange in seiner letzten Materieform gefangen bliebe, bis diese Form, der Körper, aufgehört habe, zu existieren: dann erst sei Wiedergeburt möglich. Und das hatte Tanja sich vorstellen können. Sie hatte verbrannt werden wollen, damit ihre Seele, falls es ein Danach gibt, nicht in Bewährter Qualität! konserviert und eingebuddelt würde und so gefangen bliebe. SIE WOLLTE VERBRANNT WERDEN!

    Amen!“ schallte es von den Abschied nehmenden Christen herüber, und im selben Moment tippte ihn Susanne an. Tanjas Schwester hatte ihn unter dem Baum entdeckt.

    Hallo, Alex!“ Er war so in Gedanken, dass er zusammenzuckte. Susanne lächelte, dachte, dass sie momentan wohl alle ein wenig überreizt waren. In ihren Armen schlummerte endlich ihre Tochter, die sie den ganzen Tag in Atem gehalten hatte. Nur Piep zu sagen brauchte jemand, schon flossen die Tränen. Als Anne auch während der Andacht zu weinen begann und spazieren gehen wollte, mit ihr und Tante Tanja, da konnte Susanne sie nicht mehr beruhigen, war sie doch selbst den Tränen nah, mürbe gemacht durch Alptraumnächte, in denen sie wieder und wieder aus der Krankenhaushalle zurückkam, vorsichtig, um Tanja nicht zu wecken, die Tür zu ihrem Zimmer aufmachte, und…

    Mürbe gemacht auch durch den Streit in der Gemeinde, wie denn Tanja nun beerdigt werden sollte, als Christin oder als Gottlose. Während der Andacht zitterte Susanne dermaßen am ganzen Körper, dass sie sich nicht getraute, aufzustehen und durch die kleine Kapelle nach draußen zu gehen. So ließ sie Anne weiter weinen, wiegte sie nur in ihren Armen und summte leise ein Lied, was Anne zwar nicht beruhigte, Susanne selbst aber in eine wohltuende Apathie versetzte. Köstliche Gleichgültigkeit, die sie die Andacht überstehen ließ.

    Draußen, bei dem schönen Wetter, ging es ihr dann besser, die Sonne beruhigte auch ihre Tochter. Die Luft war klar und kalt, und tief einatmend füllte sich Susanne wieder mit Energie. Sie ging nicht mit den anderen hinter dem Sarg her, sondern setzte sich auf eine Bank und spielte mit der Kleinen Tsching Tschang Tschong, bis der Kummer Susanne plötzlich wieder überwältigte, und Anne daraufhin ihre kleinen Ärmchen um den Hals ihrer Mutter schlang, die rosige Wange an ihr tränennasses Gesicht drückend, um sie zu trösten.

    Das Wetter würde Tanja gefallen“, meinte Susanne nun zu Alex, „Meinst du nicht auch?“

    Die Beerdigung war vorbei. Ein Schlurfen von schweren Winterschuhen auf Schotter schwoll an, und die ersten Trauergäste gingen Susanne zunickend, Alex musternd vorüber. Am offenen Grab machte ein Reporter die letzten Fotos, noch einmal die Eltern in Trauer, und Herr und Frau Stewens wehrten sich nicht mehr, warfen auf des Reporters Zuruf gar noch einen letzten Blick auf das noch offene Grab, ein rührendes Bild in Bewährter Qualität!

    TANJA WOLLTE VERBRANNT WERDEN! ging derweil Alex nicht aus dem Kopf, und er war nahe daran, Susanne zu fragen, ob sie das denn nicht gewusst hätte; mehr noch, ihr vorzuwerfen: HABT IHR DAS DENN NICHT GEWUSST! Aber das verkniff er sich. Susanne sah so kaputt aus, wie er sich fühlte. Und was, wenn sie sagen würde: Nein, nichts haben wir gewusst! Nichts! Und er wäre plötzlich der Einzige, der gewusst hatte, dass Tanja… Und: WARUM HAST DU NICHTS GESAGT?

    Da sagte sich Alex, dass irgendwann Schluss sein musste mit der Auseinandersetzung.

    Wiedersehen, Susanne!“, man muss ja schließlich weiterleben, darf sich nicht von der Vergangenheit beherrschen lassen. Weitere Erinnerungen kann man sich ersparen. Helfen ja doch keinem, behindern einen nur bei dem, was wirklich wichtig zu tun ist.

    Ich hab’ jetzt keine Zeit mehr. Ich hab’ noch in meinem Laden zu tun. Ruf mich doch mal an!“ verabschiedete sich Alex von Tanjas Schwester, fuhr nach Hause und legte sich, obwohl es noch früh am Tag war, wieder schlafen…

     

    III.

     

    Sie haben Tanja begraben. Hand in Hand, schweigend, durchnässt frierend, waten Susanne und Alex nun durch den zähen Matsch des menschenleeren Gottesackers. Hinter den grauen Wolken geht die Sonne unter, und nun fasst der Wind mit noch frostigeren Fingern in die Mäntel der beiden traurigen Gestalten, die den Sonnenuntergang mehr spürten, als dass sie ihn sehen.

    Plötzlich ist es dunkel. Laut weht da das Läuten der nahen Friedhofskapelle durch die kahlen Bäume, und mit jedem Mal dröhnender, durchdringender, furchtbarer klingt diese Glocke, schlägt Bronze gegen Eisen die nächste Stunde, die Nacht herbei. Und Susanne presst die Hände auf ihre Ohren, sie sinkt in die Knie, bricht in sich zusammen und stürzt von Schmerz überwältigt in den kalten Matsch. Die Glocke verstummt.

    Tanja!“ schreit Susanne hinauf in den sternlosen Nachthimmel, streckt die eine Hand, mit welcher sie Tanjas, vom Skalpell des Mörders sauber entzwei geschnittenes, Nachthemd festhielt, verzweifelt hoch, damit der ehemals reinweiße Stoff nicht noch mehr beschmutzt wird.

    Alex sieht auf Susanne hinunter, streckt ihr schließlich seine Hände entgegen, um sie aufzuheben. Er hat sie in den Schmutz fallen sehen und sie aufschreien hören, als geschehe dies in weiter Ferne. Zu spät ist ihm eingefallen, zuzufassen und sie vor dem Sturz zu bewahren. Quälend langsam nähern sich seine Hände nun Susanne, strecken sich ihr entgegen, als wäre die Luft zähflüssig wie der Matsch, in dem sie liegt, und trotz der Dunkelheit sieht Alex deutlich, sehr deutlich!, das getrocknete Blut auf Tanjas ehemals reinweißem Nachthemd. Wie in Zeitlupe fixieren seine Augen die dunklen Flecken, und sinnlos erscheint ihm da, was für Susanne offenbar so wichtig ist: das sauber entzwei geschnittene Nachthemd aus dem Matsch herauszuhalten. Sinnlos, weil der Matsch ja doch dieselbe Farbe wie das Blut zu haben scheint. Sie stehen ja regelrecht in Tanjas Blut. Der ganze Friedhof ist durchtränkt damit, und Tanjas Blut regnet vom Himmel herab, und der Blutregen rinnt Alex durchs Haar und über die Kopfhaut ins Gesicht, in seine Augen. Er riecht es und schmeckt es und atmet Tanjas von feiger Mörderhand vergossenes Blut tröpfchenweise ein, und…

    Plötzlich sind sie in Licht getaucht. Eine große Gestalt, und das Licht geht von ihr aus, schwebt über die Gräber auf Susanne und Alex zu, die sich sofort beide wie durch ein Wunder beruhigen und gebannt das Licht erwarten. Susanne erhebt sich aus dem Dreck, und ihre Augen nicht von dem Licht nehmend, ein Engel!, Alex ist überzeugt, einen Engel vor sich zu haben, greift sie mit einer Hand nach Alex, mit der anderen presst sie Tanjas Nachthemd an ihre Brust. Alex schlägt ein Kreuzzeichen. Die Lichtgestalt kommt näher, bleibt dann wenige Meter vor Susanne und Alex schwebend stehen und blickt die beiden aus tiefnichtirdischen Augen in einem gütig, allwissend strahlenden Antlitz an. Ein weißer Bart umrahmt einen wahr und sinnvoll lächelnden Mund. Die Lichtgestalt hält Tanja, die erlöst lächelt, an der Hand. Tanja wirft mit der freien Hand verträumt ihr Herz in die Luft, um es anschließend mit einer spielerisch und anmutig, aber keinesfalls obszön wirkenden Vorwärtsbewegung ihres Beckens in der offenen Bauchhöhle aufzufangen. Die Lichtgestalt lächelt darüber, und also spricht sie mit tiefer Stimme, während Tanja weiter mit ihrem Herzen spielt:

    Nichts für ungut. Wir haben alles im Griff. Es macht schon einen Sinn, auch wenn ihr ihn nicht versteht, also grämt euch nicht zu sehr.“

    Alex spürt, wie er sich vor Aufregung in die Hose macht. Die Lichtgestalt und Tanja drehen sich um und entfernen sich langsam wieder. Alex sieht noch, dass Tanja ihr Herz, nun mit einer Arterie an einen Finger gebunden, wie ein Jojo zu Boden glitschen lässt, und als das Herz beinahe den Schlamm berührt, erinnert er sich wieder an die Gedankenkette Schlamm Regen Blut, und nun, Tanja rollt ihr Herz fröhlich lachend wieder auf, überkommt ihn der große Wunsch, sich zu übergeben. Aber bevor er dies in die Tat umsetzen, und den Gedanken, dies sei aber in Gegenwart eines Engels unpassend, zu Ende denken kann, dreht Tanja sich noch einmal um und winkt Alex zu:

    Lass es dir nicht so zu Herzen gehen! Du hast es nicht gewusst, na und! Weißt du, selbst wenn du mir zur Seite gestanden hättest, irgendwann muss jeder mal gehen, so oder so“, sind ihre letzten Worte, bevor sie und das Licht verschwinden, und…

    …und Alex aufwachte, weil die warme Nässe seiner Hose bis in sein Bewusstsein gedrungen war. Er stand auf, warf die eingenässte Hose in den Mülleimer, wechselte das Bettlaken, legte sich wieder hin und nach einigem Rumwälzen in quälenden Augenblicken und Gedanken schlief er erneut ein.

     

    […]

     

    Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel - Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

    Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel – Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage


    Zum Roman:

    Ein überzeugend komponierter Roman, der seine Leser einer außergewöhnlich breiten Palette an Emotionen aussetzt. Ein guter Unterhaltungsroman!“ (Hermann Kinder).

    Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel: Ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld. Erotisch. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein spannendes Buch über Hoffnung und Schmerz, über Liebe, Leid und Lust.

    Der Roman ist über Amazon als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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    Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftstellerin Hedy Loewe

    Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

    Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

    Ralf Boscher

    Hedy_Loewe
    Heute zu Gast auf Boschers Blog: Hedy Loewe

    Hallo Hedy, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf!

    Hallo Ralf! Ich freue mich über Dein Interesse!

    Um gleich einzusteigen: Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

    Nun, noch ist mein Werk überschaubar. Es besteht, da ich erst 2012 mit dem Schreiben begonnen habe, aus einer Spacefantasy-Serie, der ich den englischen Titel „Dignity Rising“ gegeben habe. Zwei Bände wurden bisher veröffentlicht, Band 3 und 4 sind in Vorbereitung. Es ist faszinierend, das eigene Buch in den Top 100 der Amazonranglisten zu sehen!

    Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?
    Dignity_1_Loewe
    Ich würde hier gerne ein Päärchen nennen, die die größtmöglichen Pole abbilden. Sein Name ist Hawk Windsong. Er ist nicht nur ein Bild von einem Mann – das müssen Helden schließlich sein -, sondern er strotzt auch vor Selbstbewusstsein und ist bei jeder kritischen Situation ein Fels in der Brandung. Dennoch – kratzen seine Freunde an der Oberfläche – ist er empfindsam und verletzlich. Seine Gefährtin, die schöne Botenkriegerin Hanout, ist das Gegenteil. Unsicherheit beherrscht ihr Leben, sie hält sich an anderen Charakteren fest und besteht aus Selbstzweifeln. Doch im Laufe der Geschichte schwimmt sie sich frei. Es gelingt ihr, sich selbst zu lieben, da sie die Anerkennung der anderen endlich wahr- und ernst nimmt. Sie entwickelt sich zu einer starken Persönlichkeit.

    Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

    Es gibt so viele wunderbare, witzige und tragische Charaktere! Nach einigem Nachdenken landen meine Gedanken beim römischen Dichter Petronius. Der lebte tatsächlich und einen kleinen Teil seiner Geschichte beschrieb Henrik Sienkiewicz im Roman „Quo vadis“. Petronius ist ein Lebemann. Er genießt sein Leben im Reichtum und an der Schaltzentrale der Macht. Und doch läßt er sich von dieser Macht nicht instrumentalisieren. Er ist ein Freigeist und entschließt sich zum Selbstmord, als er schließlich seine Ideale verraten sieht. Er ist für mich ein tragischer Held. Und schrieb noch dazu wunderbare Gedichte.

    Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

    Als Selfpublisher kann man besonders die E-Books ja glücklicherweise immer besser machen. So habe ich den Anfang von Band 1 schon mehrmals geändert. Doch am gelungenen finde ich die ersten Worte von Band 3, die in ein spannungsgeladenes Abenteuer führen sollen. Commander Matthews hat in allen Bänden „sozusagen“ das erste Wort. Band 3 – Gezeichnete Krieger wird beginnen mit den Worten: „Was zum Teufel ist da unten los?“.

    Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?

    Ganz klar: Rock-Balladen. Oder nein, halt! Mittelalterliche Minnelieder haben auch was! Oder der bayerische Dreigesang! Oder, oder, hach, Musik ist etwas Großartiges!

    Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

    Das Bedürfnis, seine Gedanken der Welt mitzuteilen. Das beginnt für mich damit, das Schreiben als ein Instrument zu benutzen, sich über seine eigenen Gedanken, seine persönliche Geschichte und seine Entwicklung als Mensch überhaupt klar zu werden.

    Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit der schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

    Eine gute Schreibe entsteht mit der Übung. Und nicht alles, was man übt, ist druckreif. Und nicht alles, was druckreif ist, findet viele Leser. Schreiben ist kein Brotberuf für mich. Unter Druck einfach irgendwas zu „produzieren“ wäre nichts für mich. Die Schemata wiederholen sich, man käme in das Hamsterrad wie in allen anderen Berufen. Beim Schreiben will ich frei und unabhängig sein. Deshalb muss ich mich zwangsweise im Brotberuf um andere Dinge kümmern…

    Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerade Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

    Die Grundidee ist eher eine idealisierte „Grundhaltung“, um die sich die Geschichte spinnt. Ich plotte nicht von Anfang bis Ende. Die Geschichte entwickelt eine Eigendynamik. Deshalb empfinde ich das Schreiben auch als so aufregend. Der gerade Weg – planen, plotten, niederschreiben – ist mir zu nah am Hamsterrad und führt in Versuchung, sich für den vermeintlichen Erfolg am Mainstream zu orientieren. Freiheit macht kreativ.

    Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

    Die Kampf- und Technikszenen, die im Sciencefiction zumindest ab und zu mal vorkommen, fordern mich heraus. Ich gebe zu, ich schiebe diese Szenen gerne mal…

    Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

    Helden durch eine überraschende Wendung glücklich zu machen. Und Leser, die einem manchmal unglaublich emotionale feedbacks geben. Wenn ich sehe, dass meine Geschichten in den Leuten Emotionen auslösen, Knoten öffnen, dann macht mich das glücklich.

    Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

    Sich die Sätze bei der Überarbeitung laut vorzulesen. Man hört die Fehler eher, als dass man sie sieht.

    Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

    Papier und Chinakladde begleiten mich in den Urlaub. Von Band 1 habe ich eine Menge Szenen handschriftlich. Doch am liebsten ist mir mein kleines Macbook mit der beleuchteten Tastatur. Nachts, ohne Licht, schreibe ich am liebsten.

    Welches Schreibprogramm nutzt Du?

    Derzeit noch scrivener. Doch da es die Macversion nur in englisch gibt und es hier in der Tiefe der Möglichkeiten einfach „Verständigungslücken“ gibt, liebäugle ich derzeit mit Papyrus.

    Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

    Das ist unterschiedlich. Zurzeit habe ich wieder Schlafstörungen. Die nutze ich – wie für dieses Interview – und setze mich mitten in der Nacht an den Rechner. In den Hochphasen der „Romanproduktion“ setze ich mir in der Projektstatistik Schreibziele, z.B. 2000 Wörter pro Tag. Und freu mich wie ein Schnitzel, wenn der Balken auf grün springt und ich mehr schaffe.

    Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

    Für das, was rauskommt, zuviel. (lacht) Im Moment bin ich hauptsächlich auf twitter und facebook unterwegs.

    Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

    Vorher hab ich noch nicht geschrieben…

    Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

    Der Mensch, der vor mir steht, ist mir immer noch näher und wichtiger als die Helden. Er hat die Aufmerksamkeit verdient.

    Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

    Hab ich noch nicht ausprobiert. Ich trinke kaum Alkohol.

    Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

    Klar. Deshalb sitze ich gerade hier. Beim Blick auf den Timer meines Rechners ist es gerade 04:45 Uhr.

    Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

    Dignity Rising ist eine Serien geworden. Noch spuken die Helden weiter in meinem Kopf herum. Doch ich glaube, das „Ende“ ist in Sicht.

    Vielen Dank Hedy, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

    Dignity_2_Loewe
    „Schreiben hat mir schon immer Spaß gemacht. Das Schicksal von Shay, Jon und der ganzen Crew ist fest in meinem Kopf verankert und wartet darauf, zu den Lesern zu gelangen. Ich bin gespannt, ob sie mit mir mitfiebern können! Viel Spaß mit meinen Helden!“ (Quelle)

    Die unter dem Pseudonym Hedy Loewe schreibende Schriftstellerin ist Jahrgang 1965 und studierte Betriebswirtin. Unter ihrem Geburtsnamen arbeitet sie als selbstständige Marketingspezialistin und Businesscoach, zuvor war sie 15 Jahre im Marketing und Vertrieb eines großen Versandhandels tätig.
    Sie verfasste und redigierte zahlreiche Werbe- und medizinische Texte für Presse, Werbemittel und Internet. Da diese meist trocken und sachlich sind, wurde es Zeit, Phantasie und Gefühlen in eigenen Texten einen Raum zu geben – die Romanautorin Hedy Loewe wurde geboren.

    Hedy Loewe ist glücklich verheiratet und lebt mit ihrem Mann und zwei Katzen in der Metropolregion Nürnberg (Quelle).

    Homepage von Hedy Loewe
    Amazon-Autorenprofil von Hedy Loewe
    Facebook-Profil der Schriftstellerin
    Twitterprofil der Schriftstellerin

     

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    Apropos „Ein Blick hinter die Buchstaben“: Was gibt es Neues bei den Autorinnen und Autoren, die zu Gast auf Boschers Blog waren – eine Momentaufnahme

    Neue Bestseller von Béla Bolten, Nika Lubitsch und B.C. Schiller, spannende Neuerscheinungen – Bei den Autorinnen und Autoren, die ich bisher auf meinem Blog bei „Ein Blick hinter die Buchstaben“ begrüßen durfte, gibt es interessante News zu vermelden.

    Ein Blick hinter die Buchstaben: Was gibt es Neues bei den Autorinnen und Autoren, die zu Gast auf Boschers Blog waren – eine Momentaufnahme

    Tote_Mädchen_Bolten
    Béla Boltens neuer Thriller „Tote Mädchen weinen nicht“ stürmte in die Amazon-Charts (aktuell Platz 36 Bezahlt in Kindle-Shop, Nr. 1 in Bücher > Horror und in Kindle-Shop > eBooks > Horror).
    „Mehrere Mädchen verschwanden in den letzten Monaten spurlos aus Konstanz. Als die grausam zugerichtete Leiche der fünfzehnjährigen Annika Wilms aufgefunden wird, beginnt für die Kommissare Bettina Berg und Alexander Thal eine fieberhafte Ermittlung. Eine Profilerin bringt sie auf die Fährte eines internationalen Drogen- und Menschenhändlerrings.
    Während die beiden Polizisten eine Spur nach Amsterdam verfolgen, macht Annikas Mutter eine verstörende Entdeckung.

    Nach den Bestsellern »Leahs Vermächtnis«, »Sünders Fall«, »Bankers Tod« und »Claras Schatten« ist »Tote Mädchen weinen nicht« der fünfte Fall für das Ermittlerduo vom Bodensee.“

    Sommernachtsmord_Lubitsch
    Auch Nika Lubitschs neuer Roman „Sommernachtsmord: Ein Kudamm 216-Krimi“ findet sich kurz nach Veröffentlichung auf den vorderen Rängen wieder (derzeit Nr. 332 Bezahlt in Kindle-Shop)
    Ein heikler Auftrag für „Lady Kaa“ und ihr Team vom Kudamm 216. In Berlin Wannsee werden zwei Leichen gefunden. Die Ermordeten hatten sich 1968 während einer Klassenfahrt abgesetzt, angeblich in das Heiratsparadies Gretna Green. Seitdem fehlte von ihnen jede Spur. Jetzt steht Konstantin von Kaldenberg unter Mordverdacht, denn die Ermordeten waren seine Geliebte und sein bester Freund. Kaldenberg gerät in Panik und bittet seine Exfrau, die Krimiautorin Alice, um Hilfe. Die Suche nach dem wahren Täter führt Alice und ihre Mitarbeiter nicht nur zurück in den „Sommer der Liebe“, sondern auch in eine geheimnisvolle und lebensgefährliche Welt aus Tausendundeinem Albtraum.“

    Vampire_Practice_Guide
    Auf den vorderen Rängen der Vampir-Romane tummelt sich Kay Noas neuer Teil der Vampire Guides: Vampire Practice Guide: Auf den Werwolf gekommen – Urban Fantasy (The Vampire Guides 2)
    „Er machte sie zu einem Vampir. Er ist tot. Aber nun erheben sich Kräfte, die noch weit gefährlicher sind.
    Ein Roman aus der SCHATTENWELT Nachdem der mörderische Vampir, der sie gegen ihren Willen verwandelt hat, endlich bezwungen ist, möchte Lexa ihr neues Leben an Daves Seite genießen. Doch der Antrittsbesuch bei seiner Familie gerät zur Katastrophe. Daves einflussreiche Großmutter ist entsetzt von der Partnerwahl ihres Enkels und hat nichts Eiligeres zu tun, als öffentlich seine Verlobung mit einer bekannten Moderatorin zu verkünden. Lexa ist außer sich, doch sie ahnt nicht, dass Eifersucht bald ihr geringstes Problem sein wird! Etwas hat begonnen, das die Schattenwelt Münchens auf den Kopf stellen wird.“

    Ein Kalenderthriller, eine Reiseerzählung, eine Familiengeschichte, Neues von Lord Magnus Seymour, ein Self-Publishing Ratgeber, eine Neuauflage und Erotica – weitere interessante Neuigkeiten:

    Leise_lauert_Böckli
    Birgit Böckli: Leise lauert der Tod: Kalender-Thriller: Oktober
    „Eigentlich sollte der 18. Oktober, der Geburtstag des Vaters, ein Tag der Freude für Melanie und ihre Familie sein. Doch er ist zu einem Datum des Schreckens geworden: Seit vor drei Jahren Melanies Schwester spurlos verschwand, sind in den darauffolgenden Jahren Melanies Mutter und dann ihre Schwägerin gestorben. Ein dummer Zufall, dass es immer an diesem Tag geschah? Ein Fluch? Oder hat es jemand auf die Frauen der Familie abgesehen und will sie eine nach der anderen, Jahr für Jahr ausschalten? Für Melanie, die letzte der noch lebenden Frauen, beginnt ein furchtbarer Countdown, denn schon naht er wieder, der 18. Oktober …

    »Leise lauert der Tod« ist eine Geschichte aus der großen Serie »Kalender-Thriller« von Knaur, bei der einem im Monat Oktober der Atem stockt.“

    Stürmers_Reise_Schmidt
    Jürgen Schmidt: Stürmers Reise nach Euskirchen
    „Nach 25 Jahren kehrt Robert Sturm für ein Wochenende in seine Heimatstadt Euskirchen zurück, um an einem Klassentreffen teilzunehmen. In dieser Stadt lagen die Anfänge seiner nicht geplanten Karriere als Autor und Schriftsteller. Einige Literaturzeitschriften begannen schon damals ihn den „Stürmer“ zu nennen. Den Namen behielt er, sein Erfolg wuchs mit den Jahren. Dabei hatte der einst so unscheinbare Schüler nur für Sonja aus dem benachbarten Arloff mit dem Schreiben angefangen.

    Eine kurzweilige Erzählung – zum Beispiel für eine Bahnfahrt von Köln nach Euskirchen.“

    Kleiner_Bär_Rieger
    Elsa Rieger: Nur ein kleiner Bär
    „Eine vergnügliche Familiengeschichte. Wie reagiert die Familie, wenn der Vater, ein Professor der Astronomie plötzlich von einem Lottogewinn spricht? Lassen Sie sich überraschen.“

    Chinesische_Mysterium_Gerdom
    Susanne: Gerdom: Das Chinesische Mysterium: Clockwork Cologne (Magnus 2)
    „Lord Magnus Seymour, vorläufig dem Blauen Tod entkommen, muss der nächsten Herausforderung ins Auge sehen. Sein diabolischer Bruder, Linus St. Maur, entführt ihn und Ji Hang in seinem Luftschiff.
    Unterdessen flieht die Magistra Paulina Rosenzweig vor den Kopfgeldjägern der Kraken-Gesellschaft in den Untergrund. Tief unter den Fundamenten des Cölner Doms verbirgt sich der geheimnisvolle Orden Lux e Tenebris. Hier findet sie Zuflucht und begegnet einem Mann, der von der ganzen Welt gehasst wird.
    Ihre Schwester Strix verstrickt sich unwissentlich in die Netze eines gesuchten Verbrechers – des berüchtigten Luftpiraten und Kapitäns des »Schwarzen Zyklopen«.
    Magnus begibt sich auf die Suche nach den verschwundenen Schwestern.“

    Digital_Publishing_Czarnetzki
    Matthias Czarnetzki: Digital Publishing: Der „KEINE PANIK“ Leitfaden für Selfpublisher und alle, die es werden wollen.: Vom Manuskript zum Leser – ohne Verlag
    ENDE – Mit diesem Wort unter dem Manuskript endet für einen Autor im besten Fall die Arbeit. Die Arbeit eines Selfpublishers fängt an diesem Punkt erst an.

    Ein Selfpublisher ist Autor und Verleger in einem – und muss über ein paar Dinge mehr Bescheid wissen: Überarbeitung, Lektorat, Coverdesign, Print- und eBook-Konvertierung, Preisgestaltung, Buchmarketing online und offline, Networking, Kontaktpflege, Organisation und die Sache mit dem Finanzamt.

    Wenn du also mit deinem Manuskript den Schritt wagen und es in Eigenregie an den Leser bringen willst, dann liegt eine Menge Arbeit vor dir. Aber keine Angst. Diese Arbeit ist nicht schwer und sie macht unglaublich viel Spaß.

    Dieses Buch ist die Zusammenfassung meiner Erfahrungen aus fast zehn Jahren Selfpublishing, aller Do’s und Dont’s, der kleinen Tricks und Tipps, die man so im Lauf der Zeit aufschnappt – und die in keinem Schreibratgeber stehen.“

    Auf_einen_Schlag_Tietgen
    Florian Tietgen veröffentlicht die zweite Auflage seines Erstlings „Auf einen Schlag
    „Warum jetzt? Ich bin doch viel zu jung zum Sterben. Der 15-jährige Benjamin ist stinksauer. Gerade hat er seinen ersten Kuss bekommen, als er sich plötzlich in einen Adler verwandelt. Er soll dem gleichaltrigen Pavle helfen, sich nach einem beim Fußballspiel erlittenen Schlaganfall zurück ins Leben zu kämpfen. Gleichzeitig soll sich Benjamin um Pavles schizophrene Mutter und den überlasteten Großvater kümmern. Der Adler fühlt sich hoffnungslos überfordert.“

    Wild_Emotions_Trapp
    Sabine Trapp hat eine neue Buchreihe ins Leben gerufen – die One Moment Edition. Unter verschiedenen Namen werden Titel unterschiedlicher Genres erscheinen. Demnächst z.B. der erste Band der Serie „Wild Emotions“. Mehr dazu erfahrt Ihr hier
    „Diese Serie steht für unerwartete Sinnlichkeit, wilde und überschäumende Emotionen und kraftvolle Leidenschaft. Hier finden Charaktere zusammen, die sich rein zufällig über den Weg laufen, oder aber eine Person wird als Mittelpunkt verschiedener Szenen dargestellt und erzählt selbst über ihre wilden Momente und alles, was sie damit in Verbindung setzt. Das Umfeld wird wie üblich miteinbezogen, wechselnde Städte, Inseln oder Landschaften werden beschrieben. Trotz hochkochender und sexuell anregender Beschreibung, stehen wir auch hier für das ONE MOMENT-Motto und bleiben auf der stilvollen Seite. Freuen Sie sich auf unverhoffte, unverhohlene Momente der Wildheit und kraftvoll-emotionale Beschreibungen mit WILD EMOTIONS!“

    Dignity_3_Loewe
    Hedy Loewe teilt auf Facebook mit, dass sich der Erscheinungstermin des dritten Bandes von Dignity Rising verzögern wird. Der Grund: „Die Betaleser haben unisono behauptet, SOOOO könne ich die Geschichte nicht enden lassen…. Was bedeutet das nun? Hier kommt die Stelle zum Freuen: Es wird einen vierten Band geben. AAABER nicht zu laut jubeln, denn: Band 3 wird erst veröffentlicht, wenn Band 4 auch fertig ist, so dass ich beide Bände in einem kurzen Abstand herausbringen kann.“ (Quelle)

    Losbohm_Jaegerin_4
    Am 17. Oktober 2014 ist der vierte Teil von Nadja Losbohms Fantasy-Romance-Buchreihe “Die Jägerin 4 – Unter der Erde” erschienen. „Warum verschweigt man manche Dinge ausgerechnet vor demjenigen, dem man sein Herz geschenkt hat? Um ihn zu schützen oder sich selbst?

    Pater Michael erhält eine zweite Chance, und diese nutzt er, um sich Ada zu öffnen und endlich die Geheimnisse um sein Leben zu lüften. Doch seine Vergangenheit holt ihn und auch die Jägerin auf schmerzliche Weise ein…

    Dies ist die Geschichte eines unvorstellbaren Lebens voller Mysterien und Wunder.
    Dies ist Pater Michaels Geschichte…

    …und mehr. “

    B_C_Schiller_Schwester
    Bereits kurz nach der Veröffentlichung ganz an der Spitze der Amazoon Charts: B.C. Schillers neuer Thriller „Die Schwester. Tödliche Erinnerung“.

    „Die Anwältin Louisa Schönberg wird 30 Jahre nach dem dramatischen Tod ihrer Schwester Anna von der Vergangenheit eingeholt. Alles beginnt mit der Verteidigung des wegen Mordes angeklagten Malers Tom Berger. Was zunächst wie ein Routinefall aussieht, wird nach und nach zu einem raffinierten Psychospiel. Als die Künstlerin Betty Dee in dem Prozess auftaucht, die Louisa auf erschreckende Weise an ihre tote Schwester erinnert, muss sie sich der grausamen Wahrheit stellen: Ist Louisa schuld am Tod ihrer Schwester?

    Nach dem Nr. 1 Hit „Die Fotografin“, der neue packende Psychothriller der Bestseller-Autoren B.C. Schiller.“

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    Von Sexy Facebook, einer haarigen Tante und erotischen Mails – Mixed Pickles #6

    In den „Mixed Pickles“-Beiträgen auf Boschers Blog findet Ihr ein buntes Gemisch diverser Fundstücke aus dem Netz und aus der noch realeren Welt.

    Sexy_Facebook
    Sexy Facebook

    Seitdem ich der Facebook-Gruppe „Werbung und Verkauf von A-Z“ beigetreten bin, ist das Panorama der mich täglich erreichenden Postings noch bunter geworden.

    Da haben wir die sympathischen Selbststricker, die Kredithaie, die Gesundheitstipps-Experten, die Filzer, aktuell die Weihnachtskeksebäcker und -bäckerinnen, die „Mit dieser Idee können Sie ohne viel Aufwand viel Geld verdienen und Ihr Glück machen“-Spezialisten – und natürlich die Autoren, die ihre Bücher bewerben (und aufgrund deren Postings ich auf diese Gruppe überhaupt erst aufmerksam geworden bin).

    Sehen und Gesehen werden – Facebook. Kurz: Werbung. Werbung für dies und das, für Besonderes und Alltägliches (seht her, das habe ich gegessen…), immer aber Werben um Aufmerksamkeit. Selbst die, die nach Ganzheitlichkeit streben, erhoffen sich ein „Teilen“.

    „Ich denke, als bin ich (so die Vernunftoptimisten). Ich lenke, also bin ich (die Automobilisten). Ich fühle, also bin ich (die Innerlichsten) – ich poste, also bin ich (die Social-Medialisten)…“ (Quelle)

    „Gefällt mir“ – der Nabel der Facebook-Welt.

    Und hier sind wir beim Thema „Sexy Facebook“ angelangt: Nackte Nabel, knapp bedeckte Brüste, gereckte Pos – die Erotikbranche lässt auf Facebook Testballons steigen. Eigentlich nicht verwunderlich und auch keine Meldung wert.

    Aber dies fand ich verwunderlich: Sie tun dies bildlich vergleichsweise dezent (und bei „Werben und Verkaufen von A-Z“ auch an der richtigen Stelle).

    Dezenter jedenfalls als einen so manches andere Bild in der Timeline anspringt – Plattencover etwa (von meinen gelikten Heavy Metal-Seiten), oder z.B. das Vorschaubild jenes eine Zeitlang umlaufenden Videos, das eine Lehrstunde für Ärzte in Ausbildung am lebenden Objekt (eine junge, nackte Dame, die den jungen Ärzten ihren Po entgegenstreckt) zum Thema hat. Eine Lehrstunde die in einer rektal-fäkalen Version der berühmten Pfefferminzplättchen-Szene aus Monty Python’s „Sinn des Lebens“ endet.

    Und was ich wirklich interessant fand: Die textliche Auslobung der Sexy Facebook-Fraktion ist ebenfalls eher zurückhaltend, weniger knallig als vielmehr diskursiv auf das Umfeld der sozialen Medien bezugnehmend:

    „So ich habe mich mal getraut mich bei so einer Seite anzumelden und muss sagen es ist echt geil. In meinem neusten Beitrag geht es um Sexy Facebook für Erwachsene. Lies mehr drüber auf meinem neuen Blog: http//raphaela123456.blogdiesunddaszumir.komm Dort sind auch meine geilen Bilder, denn Facebook ist ja verklemmt, also schaut sie euch an!“

    Leider wiederholen sich die in Bezug auf „Sexy Facebook“ geposteten Texte, nur die jeweilige Dame und ihr Appetizer-Bild wird ausgetauscht – aber dies stört wahrscheinlich nur jemanden, dem Texte wichtig sind. Zudem glaube ich nicht, dass diese Art von Werbung auf Facebook eine große Zukunft haben wird. Allein schon, weil sich der eine oder andere Interessierte nicht trauen wird, auf den angepriesenen Link zu klicken, da er Angst hat, dass dieser Klick in seiner Timeline auftaucht („XY sieht sich gerade Raphaela123456 an“).

    Apropos anschauen:

    Haarige Tante

    Es ist immer wieder interessant, aufgrund welcher Suchanfragen, jemand auf meinen Blog findet und sich einen Beitrag anschaut.

    Quelle: http://www.lightlybraisedturnip.com/giant-squid-in-california/

    Quelle: http://www.lightlybraisedturnip.com/giant-squid-in-california/

    Heute zum Beispiel gehen die Suchanfragen sehr einseitig in Richtung einer meiner Rezensionen, deren Titel lautet: „Architeuthis oder der verstrahlte 48 Meter Riesentintenfisch – Rezension: „Der Rote“ von Bernhard Kegel“. Die Suchanfragen lauten: koloss kalmar,  koloss-kalmar,  koloss kalmar vs pottwal,  kalmare,  kolosskalmar.

    Immer wieder aber taucht eine Suchanfrage auf, die ich recht skurril finde. Diese Anfrage lautet „Haarige Tante“. Warum jemand auf meinem Blog mit dieser Anfrage landet, ist mir klar, ich sage nur „Haariger Heiligabend“.

    Aber aus welchen Beweggründen wird wohl nach diesem Begriffspaar gesucht? Welche Geschichten stecken hinter dieser Anfrage (bzw. Anfragen, weil eine einzelne Eingabe in eine Suchmaschine nicht in meiner Statistik auftauchen würde). Sind es Jugendtraumata (wie in meiner oben verlinkten Geschichte), sind es Anfragen aus kosmetischen Beweggründen (etwa um einer Tante bei ihrem als Problem empfundenen Haarwuchs zu helfen) oder stecken dahinter eher Motive aus dem erotischen Fetisch-Bereich?

    Apropos erotisch:

    Erotische Mails schreiben

    Erotische_Mails
    Eine andere, immer wieder auftauchende Suchanfrage, die auf meinen Blog führt, ist: erotische mail schreiben. Gefunden wird dann vor allem mein Beitrag „Erotik und Schreiben“, eher eine literarische Reflexion als eine Schreib-Anleitung. Gefunden wird auch die Kurzgeschichte „Der Liebesbrief“ – wobei der Suchende sicherlich erwartet hat, etwas anderes zu finden als eine Erotik-Psycho-Story über einen Stalker.

    Aber vielleicht kann ich hier Abhilfe schaffen. Lesen Sie hier den Leitfaden zum Thema „Erotische Mails schreiben“.

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    Sind die denn alle bekifft? Hodenkrebs, PEB etc. pp

    Hodenkrebs_Erfahrungen2
    „Ich habe nicht inhaliert!“ – ich sah meinen alten Freund förmlich vor mir, wie er breit grinsend ins Telefon sprach. Ich war nicht der Erste, der ihn Sonntagabend nach dem Münster-Tatort anrief. Dabei war es bei mir Zufall. Ich hatte den Tatort nicht gesehen, in dem Prof. Börne behauptet: „Kiffen erhöht das Hodenkrebsrisiko um 70 Prozent“. Nicht Pot, sondern Plot – das war meine Sonntagsbeschäftigung – kurz ich sah kein TV, sondern brütete an meinem Schreibtisch über der Dramaturgie meines dritten Romans. Als mein Tag- und Abendwerk beendet war, rief ich an, weil ich wissen wollte, was es Neues an der Hodenkrebs-Front gab.

    Ich war noch auf dem Stand von einigen Tagen zuvor. Bedeutet: Die Fragen, die sich ihm gestellt hatten, bevor er sich entscheidet, ob er active surveillance oder PEB Chemo wählt, waren beantwortet worden. Endlich!

    Das Warten und die Empfehlung

    Der Nachtragsbefund des Pathologen, der das Orchiektomie-Präparat untersucht hatte und bezüglich der Einordnung des Tumors unsicher gewesen war, lag als Erstes vor. Leider hatte man versäumt, meinem Freund dies mitzuteilen, obwohl er mehrmals nachgefragt hatte. „Ich habe meinen ergänzten Befund doch bereits vor einer Woche übermittelt!“, gab sich der Pathologe erstaunt, als mein Freund mit ihm persönlich telefonierte. Wie auch immer. Bezüglich der strittigen Frage, ob eine vaskuläre Invasion vorliege (und somit ein bedeutender Risikofaktor), brachte der Mediziner nun Licht ins Dunkel: Die erneute Betrachtung des Präparates hätte seine Unsicherheit beseitigt und den ursprünglichen Bericht bestätigt. Vaskuläre Invasion der Lymphbahn (L1).

    Länger dauerte es, bis die beiden Fragen „Was sagt das Zweitmeinungsprojekts der Deutschen Hodentumor Studiengruppe (GTCSG) zu seinem Fall? Und wenn Chemo: Reicht nicht auch 1 Zyklus PEB?“ beantwortet waren. Das lag zum einen daran, dass sich der Urologe eine Woche Zeit ließ, bis er den Fall dort vorstellte. Und zum anderen hatte jener den Fall nicht über die Homepage des Zweitmeinungsprojektes und die dort installierte Eingabemaske eingereicht (es wird auf der Homepage eine Zeitspanne von längstens 24 Stunden genannt, bis eine Empfehlung vorliegt), vielmehr hatte er ein Fax mit dem Befund und der Anfrage an eine an das Projekt angeschlossene Universitätsklinik geschickt. Dieses Fax war unbemerkt geblieben und unter einem Stapel verschwunden. Es dauerte rund zwei Wochen bis das Schriftstück entdeckt wurde und sich die Zweitmeinungsstelle meldete.

    Dann aber hatte das Warten ein Ende und alle Fragen waren geklärt: Der Tumor sei, so die Zweitmeinungsstelle, aufgrund der vaskulären Invasion und der Infiltration der Rete Testis als high risk non-seminom Karzinom zu werten. Auch bei einem Stadium 1B Tumor sei in diesem Fall von „wait and see“ (active surveillance) abzuraten. Da mit der adjuvanten Chemotherapie von 1 Zyklus PEB aufgrund neuerer Studien Rezidiven ebenso erfolgreich vorgebeugt werden könne wie mit stärker belastenden 2 Zyklen PEB (eine Vorgehensweise, die zwar noch nicht in die Leitlinien übernommen worden sei, aber das wäre nur eine Frage der Zeit…), laute die Empfehlung 1 Zyklus PEB.

    Und mein alter Freund war der Empfehlung gefolgt, hatte sein OK zur Chemo gegeben. Mit der Überweisung des Urologen in der Tasche war er zum vorgeschlagenen Onkologen gegangen. Hier hatte man ob seiner Bitte um einen baldigen Termin erst einmal gelächelt („Also frühestens in 3 Monaten“), dann aber nach einem gewissen freundlichen Insistieren doch einen Termin eine Woche später herausgerückt. Und dieser Termin war drei Tage vor gesagtem Tatort. Dies war mein Informationsstand, als ich ihn an besagtem Abend anrief.

    Sind die denn alle bekifft?

    „I didn’t inhale!“, begrüßte er mich mit dem alten Clinton-Spruch. Ich war beileibe nicht der Erste, der bei ihm an diesem Abend durchklingelte, wie er meinte. Er fasste den Münster-Tatort kurz zusammen. Börne hätte bewirkt, dass einige Menschen, die sich bislang nicht so getraut hatten, sich bei ihm zu melden, jetzt anriefen. Die Sprüche vom Börne zum Hodenkrebs wären wohl ein guter Aufhänger gewesen, um das schwierige Thema ein bissel locker anzugehen. Es gab zwar auch Stimmen der „Das lass mal besser!“-Fraktion, aber die kannten ihn, der selbst auf Partys, wo Cannabis in Hülle und Fülle angeboten wurde, bei seinem Bier blieb, nicht gut. Er war da wie ich. Cannabis war nicht seine Droge.

    „Aber wer weiß?“, meinte er, „Vielleicht wird sie das angesichts der Nebenwirkungen der Chemo ja noch – wobei: Bis auf den Onkologen sagen eigentlich alle: 1 Zyklus PEB wird nicht ganz so furchtbar arg.“

    Ja, der Onkologe. Ein sehr netter Mann. Das wäre dann ja alles easy, sagte der, die Urologie des Krankenhauses hätte ihn schon wegen seines Falles angerufen und ihm die Diagnose durchgegeben. Zweimal müsse er zu ihm ambulant kommen, um die Infusionen zu erhalten. Und gut.

    Und gut? Ich selbst hatte ja schon häufiger mit Ärzten zu tun, und nicht immer lief alles glatt, aber hier schien es hinsichtlich eines gewissen Kommunikationsproblems an kein Ende zu kommen. Denn nichts war gut. „Was heißt zweimal ambulant? Ich dachte der erste Teil eines Zyklus würden an 5 Tagen stationär verabreicht?“, fragte mein Freund verwirrt, „Und warum hat die Urologie des Krankenhauses wegen meines Falles angerufen? Mit denen habe ich das letzte Mal nach den OP-Tagen gesprochen.“

    Und dann stellte sich heraus, dass der Onkologe aufgrund des Anrufes aus dem Krankenhaus davon ausgegangen war, dass der erste, der stationäre Teil schon gelaufen wäre. Das war natürlich nicht der Fall. Und somit war der Onkologe nicht zuständig. Der stationäre Part einer PEB Chemo wird von der Krankenhaus-Urologie betreut. Die Überweisung durch den Urologen war ein Fehler gewesen. „Das hätte der aber wissen müssen…“ Eine Woche hatte mein Freund auf den Termin gewartet – umsonst.

    Na ja, nicht ganz umsonst. Denn der Onkologe nahm sich gut eine dreiviertel Stunde Zeit, um ihn über die Nebenwirkungen einer Chemo aufzuklären (was bislang so ausführlich bei ihm noch kein Arzt gemacht hatte – „einen mündigen Patienten muss man auch über den worst case aufklären“). Interessant war: Der Onkologe hatte zwar vom Urologen Unterlagen zum Fall erhalten, aber nicht den Bericht des Tumorboardes und nicht den histologischen Befund – also die wichtigsten Unterlagen. Diese hatte mein Freund dabei. Interessant war: Die Nebenwirkungen sind – laut der Einschätzung des Onkologen – nicht ohne. Und das heißt nicht nur Haarausfall und Übelkeit und Schleimhautprobleme im Mund (Nebenwirkungen, die nach Beendigung der Chemo abklingen), sondern eventuelle (gerne länger anhaltende) Probleme wie Tinnitus, Nervenschädigungen (Kribbeln oder Taubheit in den Gliedern), Lungenschädigungen – und vor allem: Bereits während des ersten Zyklus‘, ab dem Tag 10., würde erfahrungsgemäß das Immunsystem so down sein, dass man höllisch auf eine Infektion mit Irgendetwas aufpassen müsse (und das gerne länger anhaltend). Als Zugabe: Eine Chemo könne andere Tumore auslösen… Zu bedenken sei übrigens auch, dass seiner Erfahrung nach die Zahlen, die üblicherweise hinsichtlich des Wiederauftretens eines Rezidivs (30% unter active surveillance bekommen ein Rezidiv, nur 3-5% nach einer Chemo) genannt werden, seinen Erfahrungen nicht entsprechen: Er halte die Zahlen 20% unter active surveillance, etwa 10% nach einer Chemo bezüglich der Gefahr eines Rezidivs für wahrscheinlicher. „Sie sind ja, wie ich merke, nicht blöd“, sagte der Onkologe, „Und ein mündiger Patient sollte schon richtig aufgeklärt werden. Jetzt haben sie noch die Wahl.“

    Angesichts dieser Zahlen (und angesichts der beschriebenen Nebenwirkungen) erschien die Strategie active surveillance jetzt doch wieder sehr attraktiv. Vor allem: Vielleicht hatte der Urologe, dessen Überweisung an den Onkologen schon falsch gewesen war, der diesem Onkologen gerade die wichtigsten Befunde nicht übermittelt hatte, auch dem Zweitmeinungsprojekt nicht genügend Informationen übermittelt (nur ein Fax,  kein Einholen der Zweitmeinung über das standardisierte Formular… )? Vielleicht beruhte die Empfehlung von 1 Zyklus PEB auf falschen Voraussetzungen?

    Kurz: Mein Freund, der sich darauf eingestellt hatte, nun vom Onkologen betreut in Kürze den 1 Zyklus PEB zu erhalten, ging niedergeschlagen, verwirrt heim. Die Informationen, die er zuvor zur Chemo erhalten hatte, waren gewesen: „Erst bei 3, 4 Zyklen wird es schlimm“. Von eventuellen längerfristigen Folgen, gar einem erhöhten Risiko aufgrund der Chemo neue Tumore sich einzufangen, war keine Rede gewesen….

    „Vielleicht sollte ich mir jetzt doch mal einen Joint durchziehen!“, meinte er, „Vielleicht wird mir dieses ganze Hin- und Her, und Kommunikationsgalama und Prognosenzeugs ja dann egal! Ja, vielleicht hätte ich beim Vertretungsurologen meine Schnauze halten sollen, einfach nicht nachfragen, als er sagte, alles in Butter mit der OP . Einfach rausmarschieren – und weiterleben, als sei nichts geschehen, weiterleben ohne nachzudenken.“

    „Soviel kannst Du gar nicht kiffen, dass Du aufhörst, nachzudenken, Fragen zu stellen!“, gab ich ihm zurück. Und dann vertagten wir unser Gespräch auf den nächsten Tag. Der Onkologe hatte angeboten, Rücksprache mit der Urologie des Krankenhauses zu halten, um die optimale Behandlung abzuklären. Er würde sich am folgenden Tag melden. Nett der Onkologe.

    Der nette Onkologe rief tags darauf nicht an. Auch am Tag danach meldete er sich nicht. Erst am dritten Tag meldete er sich.

    „Sind die denn alle bekifft?“, erboste sich mein Freund, als er mir von dem Telefonat berichtete. „Erst überweist mich der Urologe völlig überflüssig an den Onkologen. Dann sagt der Onkologe doch glatt, dass der Anruf des Krankenhauses nicht mir gegolten hätte. Er hätte mich mit einem anderen Patienten verwechselt. Verwechselt! Somit müsse er seine Aufklärung bezüglich active surveillance oder Chemo revidieren. Er hätte sich meine Unterlagen noch einmal angesehen und rate deswegen auch zu einer Chemo…“

    Der Sprung ins Vertrauen

    Glücklicherweise – weil sein Vertrauen in die Empfehlung der Zweitmeinungsstelle wiederherstellend – hatte mein Freund zwischenzeitlich der Professorin der Zweitmeinungssstelle, die mit seinem Urologen telefoniert hatte, eine E-Mail geschrieben, in der er alle Informationen, die ihm zur Verfügung standen, aufgelistet hatte. Sie war so nett gewesen, gleich am nächsten Tag anzurufen. Sie bekräftigte am Telefon ihre Empfehlung: Kein active surveillance, er hätte zwar Stadium 1B, aber die TNM-Klassifikation pT2 cN0 cM0 L1 R0 V0 ICD-O 9070/3 und 9061/3 sei als high risk Karzinom zu werten. „Tun sie mir den Gefallen, und tun sie etwas. Warten sie nicht ab. Nehmen sie sich eine Woche Zeit, und dann ist gut!“, sagte sie (die Nebenwirkungen offensichtlich anders bewertend als der nette Onkologe).

    Und das ist also der Stand der Dinge. Mein alter Freund sagte sich: „Die macht den ganzen Tag kaum etwas anderes, als sich mit Hodenkrebs beschäftigen. Wenn er schon jemandem vertrauen soll, dann doch ihr.“ Also setzte er zum Sprung an. Trotz aller gegenteiligen Erfahrungen. Zum Sprung ins Vertrauen. Er hat entschieden. Keine Fragen mehr.

    Apropos Vertrauen: Der Krankenhaus-Urologe, der bereits vor der OP die Voruntersuchungen gemacht hatte, rief ihn dann an – ohne dass er hätte aktiv werden müssen. Der Onkologe hatte mit ihm gesprochen. „Und er würde seinen Fall jetzt in die Hand nehmen“. Eine Aussage, die sehr gut tat. Ein leises Gefühl von Hier werde ich in guten Händen sein stellte sich ein. Vor allem auch, weil der Urologe von sich aus die noch zu machenden Voruntersuchungen ansprach. Mein alter Freund musste nicht fragen, hier wurde Wichtiges für ihn geregelt.

    Dann ging es ins Krankenhaus, um die Voruntersuchungen (Bluttests, u.a. Tumormarker, Sonographie, Lungenfunktionstest, EKG, Neurokonferenz) zu absolvieren. Die Möglichkeit von Samenspenden (und anschließender Kryokonservierung meiner Fortpflanzungszellen) wurde besprochen und, weil ich keinen Kinderwunsch mehr hegte, nicht ergriffen. Alle Ärzte und Pflegekräfte waren sehr freundlich, aufmerksam, strukturiert. Ein Hörtest beim HNO-Arzt steht noch an. Kommenden Montag geht es los mit der Chemotherapie.

    Ich hoffe nur, dass nicht der Onkologe, sondern die Professorin bezüglich der Nebenwirkungen Recht behält – und mein alter Freund den Sprung ins Vertrauen nicht bereut.

    Links:

    Zusammenfassung von Spiegel online zum Thema „Tatort und Hodenkrebs und Kiffen“: Frage nach dem „Tatort“: Erhöht Cannabis das Risiko für Hodenkrebs?

    Bericht über Studien bezüglich 1 Zyklus PEB und Leitlinien: EAU-Leitlinie 2011 mit Blick in die Zukunft: maligner Hodentumor im Stadium I – weniger ist mehr!

    Informationen zur PEB-Chemotherapie:

     


     

    Nachtrag: Die ganze Geschichte in 4 Akten

    1. Patient 3. Klasse? Von der Kommunikation im Krankenhaus (rund um die OP nach Diagnose Hodenkrebs)
    2. Alles fit im Schritt? Diagnose Hodenkrebs etc. pp., OP und PEB… (histologischer Befund und die Empfehlung des Tumorboards)
    3. Sind die denn alle bekifft? Hodenkrebs, PEB etc. pp (die Entscheidungsfindung, active surveillance oder Chemo?)
    4. Friendly Poison… 1 Zyklus adjuvante PEB Chemotherapie – Hodenkrebs, Erfahrungen und Informationen (die Chemotherapie)

     

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