Fragen an die Schriftstellerin Hanni Münzer… Ein Blick hinter die Buchstaben #2: Neue Fragen, neue Gäste auf Boschers Blog

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen.

Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen ersten 13 „Interviews“ finden Sie hier auf meinem Blog . Jetzt habe ich neue Fragen – und freue mich über neue Gäste auf meinem Blog.

Ich danke allen, die sich meinen neuen Fragen stellen und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

Hanni Münzer PortraitHeute zu Gast auf Boschers Blog: Hanni Münzer

Liebe Hanni, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:

Was war Dein glücklichster schriftstellerischer Moment im vergangenen Jahr?

Da gibt es eine Menge, ich kann mich über die kleinsten Dinge freuen und die ergeben für mich in der Summe das Glück.

Wenn Du wählen könntest zwischen „die Liebe Deines Lebens treffen“ oder „einen Bestseller schreiben“ – für was würdest Du Dich entscheiden?

Die Frage ist jetzt aber nicht ernst gemeint, oder? Typisch Mann. Da gibt es ja wohl nur eine Antwort.

Hast Du Angst, eines Tages vielleicht „leer“ zu sein? Keine Geschichte mehr in Dir zu haben, die Du erzählen könntest?

Nein, ich habe eher Angst, eines Tages durchzudrehen, weil ich so viele verschiedene Geschichten im Kopf habe, die mir alle zusummen: „Ich will raus, ich will raus, schreib mich zuerst!“

Du gehst auf eine Party… Auf die Auskunft, Du seist Autorin, hörst Du die Antwort „Ich wollte auch immer mal einen Roman schreiben“, „Ich habe da auch eine Idee zu einem Roman“… Was antwortest Du?

Nur zu, ran an die Tasten. Nicht drüber reden, schreiben! Man kann nicht schwanger werden, ohne den Rock zu heben…

Wer kennt diese Filmszenen nicht: Nach langer, quälender (meist aufgrund emotionaler Blockiertheit) ideenloser Zeit, gerät eine Schriftstellerin / ein Schriftsteller (nach überwundener emotionaler Blockade) in einen Schreibrausch (z.B. Diane Keaton in „Was das Herz begehrt“). Die Ideen sprudeln nur so… Die geschriebenen Seiten stapeln sich auf dem Schreibtisch… Hattest Du schon einmal einen Schreibrausch? Und wenn ja: War das Geschriebene wirklich brauchbar?

Blockiert war ich bisher noch nie, toi toi toi, und im Schreibrausch bin ich ständig. Ich kann ihn bloß nicht in voller Ekstase ausleben. Mich unterbricht rechtzeitig mein Mann und verlangt nach einer warmen Mahlzeit.
Hanni_Muenzer_Seelenfischer
Warum veröffentlichst Du unter Deinem Geburtsnamen und nicht wie so viele andere unter Pseudonym?

Das frage ich mich heute auch. Ich habe tatsächlich nicht über die Möglichkeit des Erfolgs nachgedacht. „Die Seelenfischer“ hochzuladen, war ursprünglich nicht mehr als ein Experiment. Ich ging davon aus, schon an der technischen Umsetzung zu scheitern. Ich bin ein Technikschaf.

Lieber ein Schreibtisch-Schriftsteller („einfach Schreiben und Bücher veröffentlichen“) oder im Rampenlicht stehen (Interviews gebend, im Feuilleton besprochen, zu Fernsehinterviews eingeladen werden)?

Schreibtisch!

Herr der Ringe, Harry Potter, Twilight, Shades of Grey? Welche dieser Bestseller-Serien sollten Schriftstellerinnen und Schriftsteller gelesen haben?
Hanni_Muenzer_Akte_Rosenthal_Finale_Tetralogie
Ich bin ganz klar ein J.R.R. Tolkien-Fan. Mit meiner Seelenfischer-Tetralogie erweise ich seinem Genie meine Referenz und nehme in jedem der vier Bände Bezug auf ihn. In der Nachbemerkung von Band 4 gebe ich meine Lieblingsstelle wieder: Frodo und Samweis wandern durch Osgiliath und Frodo, erschöpft und niedergeschlagen, fragt Samweis Gamdschie: „Woran sollen wir glauben, Sam?“ Und Sam antwortet: „Es gibt etwas Gutes auf der Welt, Herr Frodo, und dafür lohnt es sich zu kämpfen.“

Die „Psycho-Spielchen-Frage“ – charakterisiere bitte Deinen Schreibstil:

Mamma mia, mich auf eine Sache festlegen zu lassen, das behagt mir gar nicht. Da fallen mir spontan tausend Antworten dazu ein. Die Schönheit, die wir mit unseren Sinnen aufnehmen, ob Sehen, Hören oder Schmecken, ist etwas Einzigartiges und doch empfindet sie jeder anders. Das ist ja das Wunderbare daran, diese Vielfalt und Buntheit der Welt. Es ist für jedes Individuum etwas dabei. Aber weil ich Dir nichts abschlagen kann, Ralf, ein Versuch:
Wenn Dein Schreibstil eine Speise wäre, wäre er… Schokolade mit Erdbeeren und Chili.
Wenn er ein Film wäre, wäre er „Ghost – Nachricht von Sam“.
Wenn er eine CD wäre, wäre er… die Musik aus „Dirty Dancing“.

Die „Hör mal wer da hämmert-Frage“: Selbst ist die Frau oder Auftrag vergeben? Wie hältst Du es mit Korrekturlesen, Covergestaltung…?

Man kann nicht immer alles selber machen. Für das Handwerk wie Lektorat/Korrektorat und Cover habe ich tolle Profis an meiner Seite.

Die „Kristallkugel-Frage“: Du kannst in die Zukunft schauen. Ein renommierter Verlag bemüht sich um Dich und möchte Dich unter Vertrag nehmen und Deinen nächsten Roman veröffentlichen. Doch der Blick in die Kristallkugel zeigt: Wählst Du diesen Weg, dann wirst Du weniger Bücher verkaufen, als wenn Du den Roman als Self-Publisher herausbringst. Was also tust Du?

Zeig mir erst diese Kristallkugel! Aha! Dachte ich es mir doch. Du hast keine. So oder so, würde ich meinem Instinkt folgen. Und der orientiert sich weniger am Wirtschaftlichen, sondern vielmehr am freiheitlichen Gedanken. Unabhängigkeit ist ein hohes Gut.

Die Frage nach der Unsterblichkeit: Für viele Menschen hat der Glaube an ein Leben nach dem Tode etwas sehr Tröstliches. Viele Menschen erfreuen sich an dem Gedanken, dass sie in ihren Kindern und Kindeskindern fortleben. Es heißt, Ruhm führe zur Unsterblichkeit. Und auch manche Künstler haben sich, wie man so sagt, mit ihren Werken unsterblich gemacht. Als wie vergänglich schätzt Du Deine Literatur ein? Oder anders gefragt: Kennst Du die Hoffnung, mit Deiner Schreibe etwas Bleibendes zu erschaffen? Ein Werk zu hinterlassen, dass Deine Lebenszeit überdauert?
Hanni_Muenzer_Honigtot_Piper
So vermessen bin ich nicht. Meine Bücher, und besonders „Honigtot“, sind ein Plädoyer für den Frieden. Das ist eine universelle Botschaft. Ich habe keinen Glauben und an Religion glaube ich schon gar nicht. Zu viele beanspruchen die einzige wahre Wahrheit für sich – und schlagen sich dafür immer noch die Köpfe ein. Vielleicht sollten wir zur Abwechslung mal alle an den Frieden glauben?

Vielen Dank Hanni, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Zur Autorin:

„Hanni Münzers Roman “Honigtot” hat es (nach einigen Hundert Tagen in den Amazon-Kindle-Top 10) als Piper-Taschenbuch nun auch in die vom Buchreport erstellte SPIEGEL-Bestsellerliste geschafft, und zwar von 0 auf Platz 22 (Quelle, 22. April 2015)

Hanni Münzer wurde im bayrischen Wolfratshausen geboren. Die „Selfpublishing-Königin… und quirlige Endvierzigerin“ (Quelle) lebt heute nach Stationen in Seattle, Stuttgart und Rom mit Mann und Hund in Oberbayern (Quelle).

„Hanni Münzer hatte schon immer eine lebhafte Phantasie (zum Leidwesen von Eltern und Lehrern) und verschlang bereits als Sechsjährige jedes Buch.“ (Quelle) Als Autorin trat sie im Januar 2013 an die Öffentlichkeit: Sie brachte in Eigenregie ihren Debütroman „Die Seelenfischer“ als ersten Band einer geplanten Trilogie (die sich letztendlich zu einer Tetralogie auswuchs, Quelle) als E-Book heraus – und landete gleich einen Bestseller.
Hanni_Muenzer_Maedchen_Maske
Seitdem ist Hanni Münzer aus den Amazon-Charts nicht mehr wegzudenken und erobert (s.o.) nun auch mit ihrem am 13. April 2015 bei Piper (Quelle) als broschiertes Buch erschienenen Roman „Honigtot“ die Bestsellerlisten.

Neu erschienen ist vor kurzem ihr Roman „Das Mädchen hinter der Maske“.

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