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Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftstellerin Birgit Böckli

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

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Heute zu Gast auf Boschers Blog: Birgit Böckli

Hallo Birgit, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:

Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

Hallo Ralf, vielen Dank für die Einladung zum Interview. Mein bislang größter Erfolg war ganz klar der Verlagsvertrag für meinen Krimi Friesensturm. Ich hatte eine Leseprobe auf der Online-Plattform Neobooks eingestellt, wo Autoren ihre Texte vorstellen können und mit etwas Glück von den Mitarbeitern des Lektorats wahrgenommen werden. Schon nach kurzer Zeit wurde mein Buch von den Lesern auf einen der vorderen Ränge geschickt, und da der Roman thematisch genau ins Programm passte, erhielt ich als erster Neobooks-Autor nicht nur einen Ebook- sondern auch einen Taschenbuchvertrag im Knaur Verlagsprogramm. Das war damals sehr aufregend.

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Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?

Das ist Lore Badowski, die chaotische, aber liebenswerte Hauptfigur aus meinem heiteren Frauenroman Lore macht Urlaub. Lore ist eine Figur, die polarisiert. Mit ihrer schrägen, lauten Art geht sie manchen Lesern wohl ziemlich auf die Nerven, andere hingegen lieben ihre lebensfrohe Art und die oftmals naiven Versuche, ihr Leben zu meistern.

Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

Das ist Beverly Marsh aus Stephen Kings ES. Ich finde es toll, wie dieses kleine Mädchen mit den Misshandlungen und der Angst umgeht, die ihr Leben bestimmen, und sich trotzdem ganz selbstverständlich für Gerechtigkeit einsetzt und ihre Freunde verteidigt.

Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

„Für Frau Hahn gab es nur eine Sache, die noch unangenehmer hätte sein können als unerträgliche Mieter, und das war die Vorstellung, beim Schnüffeln erwischt zu werden.“ Aus Lore macht Urlaub

Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?

Ich bin tatsächlich Mitglied in einem Vocalensemble und habe bereits erste Versuche gestartet, eigene Songs zu schreiben. Ich mag am liebsten klassische Popmusik oder RnB.

Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

Wer schreibt, ist zunächst einmal ein Autor. Als Schriftsteller betreibt man das Schreiben möglichst professionell und mit dem Ziel, seine Leser zu erreichen. Daher würde ich zu Antwort zwei tendieren, das „Gelesen-Werden“.

Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit seiner schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

Das hat wohl beides seine Vor- und Nachteile. Zum Schreiben und Überarbeiten der Bücher kommt ja heutzutage meist auch noch das Marketing hinzu, Kontakte müssen geknüpft und gepflegt werden, es gilt, Lesungen zu halten oder Vorträge zu organisieren. All das gemeinsam mit einem Brotberuf zeitlich unter einen Hut zu bringen, ist schon sehr anstrengend. Das liegt nicht jedem gleich gut und kann sicherlich auch zum Erschöpfen der Kreativität führen. Andererseits gibt einem das Feedback der Leser auch einen gewissen Auftrieb, der gerade bei kreativen Berufen sehr wichtig ist. Und wirklich allein vom Schreiben zu leben ist ein Traum, den sich leider nur wenige Autoren erfüllen können. Am wichtigsten, um einen guten Stil zu entwickeln, ist aber meiner Meinung nach, dass der Autor viel schreibt und auch selbst liest.

Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerader Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

Meistens bleibt der Grundgedanke erhalten, vorausgesetzt, es gab überhaupt schon einen Plot. Ich habe auch schon Geschichten mit einer einzelnen Szene oder einem bestimmten Satz begonnen, ohne zu wissen, was dabei herauskommen würde.

Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

Das sind in der Regel die eher unspektakulären Szenen, die aber dennoch für den Verlauf der Handlung unerlässlich sind. Da ist es oft schwer, die Spannung aufrechtzuerhalten.

Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

Am liebsten mag ich die Vorarbeit, die sich eigentlich nur im Kopf abspielt. Wenn sich die Handlung nach und nach entfaltet und ich weiß, dass ich demnächst loslegen kann. Und natürlich den Flow, wenn es ganz einfach läuft, ohne dass ich dabei nachdenken muss.

Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

Es klingt vielleicht seltsam, aber ich bin lange Zeit überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass man eine Geschichte kürzen und überarbeiten muss. Jahrelang war ich der Meinung, eine einmal geschriebene Geschichte sei ein Kunstwerk, das man nicht mehr verändern dürfe, bis ich zufällig in einem Schreibratgeber auf ein Kapitel über die Überarbeitung von Texten stieß.

Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

Ich arbeite immer noch gerne mit Stift und Papier. Da habe ich eine stärkere Verbindung zum Text als über die Tastatur.

Welches Schreibprogramm nutzt Du?

Ich benutze Word 2007

Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

Ich schreibe hauptsächlich vormittags und versuche dabei, eine bestimmte Seitenzahl zu erreichen, manchmal zehn, manchmal auch nur vier Seiten. Je nachdem, wie viel Zeit ich gerade habe und wie dringlich das Projekt ist.

Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

Das ist sehr unterschiedlich bei mir. Natürlich nutze ich in begrenztem Maße auch die üblichen Kanäle wie Facebook oder Twitter. Ich halte allerdings nichts davon, den Leuten mit Dauerbeschallung auf die Nerven zu fallen, daher streue ich nur hin und wieder kleinere Hinweise zu meinen Büchern ein. Einzelne Aktionen können aber schon mal viel Zeit in Anspruch nehmen. So habe ich auch schon kleinere Offline-Kampagnen gestartet und beispielsweise als Hexe verkleidet Halloween-Schokolade in der Fußgängerzone verteilt, um auf eine neue Gruselgeschichte hinzuweisen.

Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

Dass mir das Schreiben an sich dadurch mehr Freude macht, würde ich nicht sagen, aber die Möglichkeiten, die das Netz heutzutage bietet, gefallen mir persönlich sehr gut. Ich arbeite ja zum Teil mit einem Verlag zusammen, gleichzeitig veröffentliche ich aber auch Bücher als Selfpublisher. Ich finde es einfach unheimlich spannend, auszuprobieren, was funktioniert und was nicht und einen direkten Draht zu meinen Lesern zu haben.

Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann oder Freund kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

Für mein Kind bin ich grundsätzlich immer zu sprechen, ich habe sogar schon halbe Bücher geschrieben mit Kind auf dem Schoß. Das Telefon würde ich unter Umständen auch mal klingeln lassen.

Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

Nein, weder Alkohol noch andere berauschende Drogen.

Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

Morgens passiert mir das öfter, wenn ich mich an einen interessanten Traum erinnere. Den schreibe ich dann auch auf. Nachts bin ich zu faul dazu.

Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

Nicht immer. Es gibt einzelne Figuren, die mich noch lange nach Vollendung der Geschichte begleiten. Wenn jedoch die Überarbeitung an einem Text sehr anstrengend war, bin ich schon froh, wenn ich die Geschichte endlich abschließen kann.

Vielen Dank Birgit, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Friesensturm
Birgit Böckli ist Autorin von Krimis und Gruselgeschichten. (Quelle). Geboren 1972 in Mönchengladbach Rheydt, lebt sie seit Anfang der Achtziger in einer Kleinstadt in Nordbaden. Mit dem Schreiben begann sie schon in frühester Kindheit. So entstanden im Laufe der Zeit eine große Anzahl an Kurzgeschichten, in den letzten Jahren auch längere Erzählungen und erste Romane. Mit ihren Texten möchte Birgit Böckli nicht nur unterhalten, sondern auch aufrütteln und zum Nachdenken anregen. (Quelle)

Die Homepage von Birgit Böckli
Amazon-Autorenprofil
Facebook-Seite der Autorin
Autorenseite bei Droemer Knaur

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Historisches: Ralf Boscher und die Presse…

Meine erste Veröffentlichung, für mich ein historisches Highlight: Vom Höcksken aufs Stöcksken

Meine erste Veröffentlichung, für mich ein historisches Highlight: Vom Höcksken aufs Stöcksken

Ich habe mal ein wenig in meinem Archiv geblättert – und es ist nicht von der Hand zu weisen, 2004 war ein sehr aktives und auch erfolgreiches Jahr, ein für meine anschließende Arbeit bedeutendes Jahr: Denn 2004 habe ich meine erste eigene Veröffentlichung auf den Markt gebracht, meinen Kurzgeschichtenband „Vom Höcksken aufs Stöcksken. Zartes und Hartes in Geschichten und Gedichten“. Damals noch ganz klassisch als gedrucktes Buch. Ebooks waren noch in weiter Ferne. Einige hundert Exemplare des mittlerweile vergriffenen Buches wechselten in Leserhand und auch die Presse am Niederrhein und am Bodensee interessierte sich für meine Arbeit. Hier Kostproben aus Boschers Archiv:

Am 20. September 2004 wurde Ralf Boscher in den Redaktionsräumen der Rheinischen Post in Geldern von Herrn Michael Klatt interviewt. Der Artikel erschien am 22.10.2004:

Rheinische_Post-Autorenportrait_Ralf_Boscher

Am 10. September wurde Ralf Boscher von Karin Stei, Redakteurin beim Anzeiger Südwest, in Konstanz interviewt. Der Artikel erschien am 3. November 2004:

Anzeiger_Artikel_Ralf_Boscher

Auch die Konstanzer Tageszeitung Südkurier brachte am 16.07.2004 einen Artikel (hier liegt mir leider nur der Text vor):

Wenn Imperia vom Sockel steigt
Der Horror-Schriftsteller Ralf Boscher lebt und schreibt in Konstanz

Ein sonniger, warmer Tag in Konstanz. Ein Mann sitzt bei einer Tasse Kaffee auf der Marktstätte, beobachtet die Menschen, und langsam stellt sich ein Gefühl der Entspanntheit ein. Doch dann hört der Café-Gast die Melodie von ‚House of the rising sun‘ von einem Gitarrenspieler und all die schrecklichen Erlebnisse kommen wieder hoch. Die Kinder auf der Marktstätte starren ihn an, ihre Luftballone platzen, die Menschenmassen sind in Feuer gehüllt. Er wird panisch, ängstlich. Und da steigt Imperia von ihrem Sockel im Konstanzer Hafen und kommt auf ihn zu. Zwölf Meter hoch steht geballte Laszivität vor ihm. Er will flüchten…

Eine Szene aus dem Grusel-Roman ‚Abschied ist ein scharfes Schwert‘ von Ralf Boscher. Imperia und Marktstätte, die Boscher in seinen Roman einbaut, sind auch Fixpunkte in seinem täglichen Leben. Der Schriftsteller lebt in Konstanz. Und mittlerweile schreibt er an seinem dritten Roman. Vor kurzem erschien der Sammelband von Horror-Geschichten ‚Futter für die Bestie‘. Ralf Boscher schrieb die Titelgeschichte. Boscher, Jahrgang 1968, ist in Aldekerk am Niederrhein geboren. Schon als Kind las er mit Vorliebe Detektiv- und Krimi-Geschichten, wie ‚Die drei Fragezeichen‘. Auch hat er schon immer gerne Geschichten erzählt – mit Hang zur Übertreibung, Dramatik und Melancholie. Vielleicht erste Anzeichen dafür, dass er sich später als Autor dem Horror-Genre zuwenden würde? Nach Abschluss seines Grundstudiums in Wuppertal fand er in Konstanz eine neue Heimat. ‚In Wuppertal schrieb ich meinen ersten Roman, Die Heimsuchung‘, erinnert sich Boscher an seine Anfänge. Das Studium war damals Nebensache. Mit allen möglichen Jobs finanzierte er sich eine kleine Dachwohnung, in der er jede freie Minute an der Schreibmaschine saß. Nach seinem Wechsel nach Konstanz schrieb er zunächst nicht. Er konzentrierte sich auf sein Studium der Philosophie und der deutschen Literatur. Doch bald darauf entstand sein zweites Werk. Der Titel: ‚Abschied ist ein scharfes Schwert‘. Inzwischen arbeitet er an einem Lehrstuhl für Philosophie an der Konstanzer Universität. ‚Schließlich muss ich ja Geld verdienen‘, so der Schriftsteller. Mit ein wenig Disziplin bringt er sein wissenschaftliches Arbeiten mit seinem künstlerischen Schaffen unter einen Hut. Bis heute wurden zahlreiche Kurzgeschichten von Ralf Boscher in Fachzeitschriften oder in Sammelwerken veröffentlicht. Zurzeit entsteht sein dritter Roman, und vielleicht passt er ja mit diesem in die ‚Schublade‘ der Verlage. Ralf Boschers Art zu erzählen, erzeugt Bilder beim Leser. Ein wenig ist es wie ein Film. Oft beinhalten seine Grusel-Geschichten historische Bezüge. ‚Manchmal denk ich mir selbst, dass ich gar nicht gut bin zu meinen Figuren‘, überlegt der Geschichtenerzähler. Doch es gibt auch rührende Züge in den Grusel-Storys. ‚Außerdem spielen Liebe und Verlassenwerden oftmals mit‘, erzählt Boscher. Für ihn ist der Unterschied wichtig zwischen dem, was er schreibt und was er ist. Er schreibt groteske, tragische Horror-Geschichten, doch seine persönliche Welt ist nicht grau in grau. In einem Satz, den der Philosoph Friedrich Nietzsche über sich selbst sagte, fühlt Boscher seine eigene Persönlichkeit widergespiegelt: ‚Ich bin gesegnet mit fröhlichem Fatalismus.’“

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