Archiv der Kategorie: Boschers Schreibe

Leseproben aus den eBooks und Taschenbüchern von Ralf Boscher. Einblicke in die Texte, an denen Boscher zur Zeit arbeitet.

Buchvorstellung: Best of… und andere schaurige Kurzgeschichten von Monstern und Kindern

Best of... und andere schaurige Geschichten von Monstern und Kindern

Best of… und andere schaurige Geschichten von Monstern und Kindern

Sie lachte laut auf. Auch der Spiegel lachte. Das hatte ihm gefallen. Das war doch mal Einsatz! In diesem Moment schlug Alex das erste Mal mit der Axt gegen die Tür: „Ich komm Zoe!“, schrie sie, und holte mit der Axt wieder aus, während Zoe sich mit der Nagelschere erneut eine Haarsträhne abschnitt…

„Diese drei Kurzgeschichten haben es wirklich in sich und greifen dabei auch noch aktuelle Themen wie den Schönheitswahn der Kinder und Jugendlichen auf… Jede Story für sich ist spannend und regt, anders als viele andere Horrorgeschichten, zum Nachdenken an. Gesellschaftliche Probleme in eine Horrorgeschichte gepackt; eigentlich traurig, dass die Storys so viel Wahrheit enthalten. … Wer auf Horrorgeschichten steht, der wird nicht enttäuscht sein. Der Autor schafft es ein schillerndes Kopfkino zu erzeugen…“ (Kathrin Bolte, Rezension auf Amazon).

„Was haben ein Spiegel, ein Stück Holz und ein totes Haustier gemeinsam? Sie alle sind die Hauptdarsteller in Ralf Boschers neuen Kurzgeschichten. Alltägliche Dinge und Begebenheiten werden hier in Horrorszenarien verpackt, die den Leser länger beschäftigen als vielleicht gedacht…“ (Kubine, Rezension auf Lovelybooks)

Best of… und andere schaurige Kurzgeschichten von Monstern und Kindern

Das Böse begegnet uns auf vielfältige Weise. Wir treffen es auf einem Flohmarkt, es lauert in einem Holzstoß hinter dem Haus, es kommt zu uns auf leisen Pfoten. Und oft ist es zunächst nicht schrecklich. Nein, das Böse kann so reizend sein. Es lächelt und ist nett und höflich. Es verspricht uns etwas, wonach wir uns sehnen. Schönheit zum Beispiel. So laden wir es mit offenen Armen in unser Leben ein. Und wenn wir merken, dass wir einen schrecklichen Fehler begangen haben, ist es zu spät. Unter dem Lächeln bricht die Fratze des Grauens hervor. Was als Verheißung begann, wird zu einem fürchterlichen Alptraum aus Angst, Schmerz und Blut. Wird zum Stoff für schaurige Geschichten, zupackend, düster, vielfältig.

Das eBook bietet Horror-Kurzgeschichten von Ralf Boscher (Länge: über 86000 Zeichen).

Das eBook ist bei Amazon erhältlich.

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Die Seite 99 aus „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“

Ralf Boscher - Engel
Die Idee bei einem unbekannten Roman die Seite 99 zu lesen, um sich von der Qualität zu überzeugen, geht auf den britischen Autor Ford Maddox Ford (u.a. „Keine Paraden mehr“) zurück. Gefällt einem diese Seite, will man erfahren, was auf den 98 Seiten zuvor geschah, wird man neugierig auf das, was noch folgen mag. Das erste Mal von dieser Idee von Maddox habe bei Béla Bolten gelesen. Auf der Internetplattform Seite 99 findet Ihr viele entsprechende Leseproben.

Und hier nun die Seite 99 meines ersten Romans „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“:

„Das Geschirr ließ Hartmut auf dem Tisch stehen. Er pustete die Kerze aus, und zufrieden gestimmt durch das gute Essen blieb er eine Weile im Dunkeln sitzen. Dann ging er auf die Toilette.

Er zog den Seidenmantel aus. Nackt setzte er sich auf die kalte Klobrille, stützte seine Hände auf seine Oberschenkel und betrachtete sich in dieser Pose lange in dem Spiegel, den er vor geraumer Zeit direkt davor an die Wand geschraubt hatte. Stolz tastete er mit den Augen seinen flachen, muskulösen Bauch ab, dem man das gerade verzehrte üppige Mahl nicht ansah. Dann spannte er seine Brustmuskulatur ein wenig an, und darüber vergaß er fast seinen Stuhlgang. Aber auch nur fast. Schließlich ließ Hartmut von seinen Betrachtungen ab und konzentrierte sich auf die Kontraktion der Enddarmmuskulatur und die Erschlaffung seines Schließmuskels bei gleichzeitiger Betätigung der Bauchpresse.

Körpergefühl war ihm enorm wichtig, und wie Zahnpflege, Muskeltraining und ab und zu Sex gehörte auch ausgiebiger Stuhlgang zu einem gelungenen Tag. Zu spüren, wie der Körper und dass er gut funktionierte, war für ihn eine Form von Glück. Und in diesem Sinne lag Hartmut dann wenig später mit dem Rücken und nackt auf der Hantelbank, stemmte wieder und wieder das Gewicht über den Kopf.

Wie immer, wenn er seine Übungen durchzog, dachte er an das Mädchen, dachte er an diesen düstersten Punkt seiner Vergangenheit. Er riss die Hantel hoch und sah ihre Augen, die ihn erst voller Hoffnung angeblickt hatten und dann nur noch tot gewesen waren. Er saugte neue Luft in seinen Brustkorb hinein und stemmte das Gewicht: die Jungen hatten ihn auf den Boden geschmissen, unfähig und schwach, wie er damals gewesen war. Langsam senkte er die Hantel herab… Hartmut lag wieder auf dem Mädchen, Wange an Wange, sah in ihre toten Augen, fühlte sich schuldig, ihr nicht geholfen zu haben… und stemmte die Hantel wieder hoch… unfähig und schwach war er… Sein Schweiß tropfte auf den Boden, er kämpfte gegen das Gewicht an… und dann kamen die Tritte, und er, unfähig und schwach, ließ sie geschehen. Und wieder Tritte. Und Blut tropfte auf den Boden und… die Hantel hoch, sein Schweiß rann durch die Haare auf seiner Brust und die Hantel wieder hoch und wieder… Tritte und schwach, SCHWACH lag er mit dem Kopf in ihrem Blut und… Schweiß tropfte von seiner Stirn und sein Körper glänzte“

Zum Roman:

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel, von Ralf Boscher

Der Tod ist in die Stadt gekommen, und er ist auf einer Mission. „Abtreibungskiller“ nennt ihn schon bald die Presse. Der Polizei gelingt es nicht, den heimtückischen Frauenmörder zu stoppen. Gelingt dies Hartmut, dem Krankenpfleger mit einer ausgeprägten Vorliebe für Prostituierte? Der Tod ist in die Stadt gekommen, und düstere Visionen quälen den aufstrebenden Künstler Krish. “Kann es sein, dass ich nicht nur male, was war, sondern auch, was sein wird?” Wo ist seine große Liebe Helen? Ist ihr etwas zugestoßen? Nein. Ja. Aber sie lebt. Noch. Denn nun ist der Mörder auf dem Weg zu ihr.

“Engel spucken nicht in Büsche” – eine packende Geschichte. Lebendige Figuren, die Sie nicht vergessen werden. Starke Frauen. Ein teuflischer Mörder. Männer zwischen Sehnsucht und Furcht, getrieben. Ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld. Erotisch. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein spannendes Buch über Hoffnung und Schmerz, über Liebe, Leid und Lust.

Erhältlich Taschenbuch in allen Buchhandlungen

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Ein Schriftsteller beim „Perfekten Dinner“ – Boscher zum Casting eingeladen

Perfektes_Dinner
Mich erreichte eine sehr nett formulierte E-Mail, Betreff „Anfrage für Das perfekte Dinner am Bodensee“. Inhalt: „Bei meiner Recherche bin ich auf Sie gestoßen. Als Schriftsteller wären Sie ein spannender Kandidat für uns. Vielleicht kochen Sie ja auch gerne.“ Absender: die Produktionsfirma, welche für einen privaten Sender die Sendung „Das Perfekte Dinner“ herstellt.

Boscher beim „Perfekten Dinner“? Im TV? Warum nicht?

Ich bin natürlich geschmeichelt – „ein spannender Kandidat“… und was sich für Perspektiven ergeben… Wie viele Zuschauer hat wohl die Sendung? Wie vielen Menschen könnte ich mich als Schriftsteller präsentieren… Ich eloquent, charmant witzig am Herd werkelnd. Jeder Handgriff untermalt von literarischen Bonmots – nicht übertrieben natürlich. Eben gerade genau richtig dosiert, dass der Zuschauer neugierig wird. Ach, von diesem sympathischen und gut aussehenden Kerl möchte ich aber wirklich etwas lesen…

Und wohl dosiert würde natürlich das Menü sein, meiner Schriftsteller-Laufbahn folgend: Eine leckere Vorspeise vom Niederrhein, die mir Anlass geben würde, eine kleine Anekdote zum Besten zu geben, aus welcher Idee heraus die Niederrhein-Kapitel meines zweiten Romans entstanden sind (und die Ideen des Romans, an dem ich zur Zeit arbeite). Um dann überzuleiten zu den Bodensee-Kapiteln meines Romans und einem entsprechend für die Region typischen Gericht als Hauptspeise. Bevor letztendlich die Speisefolge mit einer bergischen Kaffeetafel gekrönt wird, die mir Anlass gibt, auf meinen ersten Roman einzugehen (und Hinweise zu den Wuppertal Kapiteln meines zweiten Romans einzustreuen).

Ja, dass klingt gut. Jedenfalls müsste ich ein typisches Bodensee-Gericht zubereiten, bei dem ich Fleisch schneiden müsste, um dann leichthin erzählen, dass ich dieses gelernt habe, weil ich mir für meine kriminalistischen Szenen fachkundige Beratung eingeholt habe – für die richtige Schnitttechnik. Es müsste etwas auf der Speisekarte stehen, bei dem ich bei großer Hitze etwas anbrate, dann mit Hochprozentigem ablösche, so dass eine Stichflamme entsteht – was mir Gelegenheit gibt, die wichtige Rolle auch heißer Erotik-Szenen für meine Schreibe zu verdeutlichen. Beim Nachtisch gäbe mir das Kneten des Teiges Gelegenheit, über die Sinnlichkeit des Schreibens ein paar Worte zu finden. Eine Sinnlichkeit, die – hier könnte ich effektvoll den Teig auf den Tisch knallen – auch in harten Horror umschlagen könnte (hier darf natürlich beim Nachtisch heiße rote Kirschsoße nicht fehlen).

Ja , so stelle ich es mir vor. Natürlich komme ich währenddessen nicht aus der Ruhe, bin eine Art gelassener, ein wenig düsterer Gourmetschreiber mit latent sinnlicher Ausstrahlung. Kurz: ich sehe einfach gut aus in der Kamera. In der Küche. In meinem (natürlich mit Unmengen an Büchern zugestellten) Arbeitszimmer, das Allerheiligste, in dem alles entsteht – eine inspirierende Mischung aus Chaos und Individualität. Schriftsteller halt. Die ganze Wohnung (also den Teil, den die geschickten Kamerafahrten zeigen): Schriftsteller halt.
Ralf Boscher - Engel
Ach, schon der Wohnungsflur so individuell – und „ist das nicht die Puppe, die auf dem Cover Ihres ersten Romans zu sehen ist?“ Und die ganzen Bilder, Gemälde an den Wänden – „Ja, alle von befreundeten Künstlern.“ Und dann erst das Esszimmer (also eigentlich das Wohnzimmer als größter Raum, in den der Esstisch hineingetragen wurde) – Bücher natürlich (auch hineingetragen), Bilder (die da wirklich hängen) – und dieser Blick durch die Tür zum Garten. Hier kehrt die Ruhe ein, wenn die Inspirationsströme durch den Schriftstellerkopf und -körper jagen… Und hier findet das Dinner statt – hier fühlen sich die vom Sender ausgewählten Gäste einfach wohl, hier fühlen diese sich (wer immer dies auch ist) quasi selbst inspiriert. Und lecker. Ja, lecker ist es auch. Darauf am Ende eine Obstler aus Meersburg.

Wer wohl die Gäste sind? Schriftsteller-Kollegen vom See? Andere Künstler aus der Gegend? Oder vielleicht wählt der Sender nach dem Gladiatorprinzip aus? Nichtleser, Bücherhasser, Brotlosekunstvertreter?

Aber wie auch immer, eines ist gewiss: Ich kann nicht kochen. Leckere Dinge zubereiten, ja, das schon. Aber kochen… Und noch eines ist gewiss: Auf eine gewisse Weise bin ich extrovertiert (spiele literarisch auch gerne mit meiner eigenen Person). Ich liebe auch die Live-Situation einer Lesung. Mich reizt auch der Gedanke, als Schriftsteller bekannter zu werden (natürlich). Aber: ein Kamerateam in meine Wohnung lassen? Einigen Hunderttausend (oder Millionen) Menschen Einblick in meine Wohnung geben? Den Menschen, die ich liebe und mit mir leben, dies zumuten?

Nein. Das ist nicht mein Ding. Ich habe gewiss Dinge geschrieben, die von ebenjener Produktionsfirma, die das „Perfekte Dinner“ dreht, als Spielfilm, Serienepisode etc. „verbraten“ werden könnten. Aber vor den Kameras der Firma „ganz privat“ braten? Nein – selbst wenn ich ein begnadeter Koch wäre. Auch wenn die Anfrage zum Casting ebenso nett wie schmeichelhaft war. Auch wenn mir hier vielleicht eine große Chance durch die Lappen geht.

Ich bin sehr gerne Gastgeber. Und es macht mich immer glücklich, zu spüren, dass sich unterschiedlichste Menschen bei mir einfach wohlfühlen. Aber dieses Vergnügen bleibt dann wohl privat.

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Buchvorstellung: „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“

Ralf_Boscher_Krimi_Mordsroman_Abschied

Bin ich ihm auf den Leim gegangen, indem ich seine Briefe, seine bei unserem Treffen geäußerten Drohungen ernst nahm? Indem ich hinter seinen Geschichten, seinem ganzen Gehabe, einen dunkel dräuenden, bedrohlich wahren Kern vermutete? Aber vielleicht bestand in Wahrheit nie eine wirkliche Bedrohung. Vielleicht war er nur ein wunderlicher Kauz, der einen Narren an mir gefressen hatte. Alles nur Fiktion, Teil seines Spiels. Wie auch immer. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Mir genügte es zu wissen, dass seine Hände so wenig fiktiv waren wie meine eigenen. Hände, die zupacken könnten, eine Bremsflüssigkeit ablassen, ein Feuer legen, ein Messer greifen…

„Der etwas andere Roman… Die einzelnen Charaktere sind gut herausgearbeitet und beschrieben, glaubhaft, wenn auch manchmal völlig abgedreht. Die zum Ende des Romans forcierten Elemente aus Krimi, Horror und Psychothriller münden in einem gewaltigen Finale der Haupthandlung; die Rahmenhandlung endet ebenfalls dramatisch. „Eine gute Geschichte. Eine Geschichte, die es wert war, veröffentlicht und gelesen zu werden“ – diesem Zitat aus der Nachbemerkung schließe ich mich gerne an.“ (Peka auf Amazon).

„Skurriler Krimi… Schräge Charaktere, eine “mordsmäßig spannende Story” (Leser) und dazwischen philosophisch verstiegene Gedankengänge – das liest sich gut und frisch, ist manchem Rezensenten aber dann doch “too much”. Ausprobieren!“ (Johannes Zum Winkel auf xtme).

„Eine außergewöhnliche Geschichte , spannend erzählt , am Ende vielleicht etwas dick aufgetragen. Daher vier Sterne. Ich kann das Buch empfehlen für Leser die keine Geschichte nach Standardschema lesen wollen.“ (Malika auf Amazon)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman von Ralf Boscher

Liebe, Lust und Leichen im Keller. Leben und Sterben zwischen Nietzsche, dem Niederrhein und der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal, in einer Nebenrolle: die Imperia in Konstanz außer Rand und Band.

„Abschied ist ein scharfes Schwert“ ist ein ungewöhnlich erzählter, an Ironie reicher Mordsroman über einen Schriftsteller und einen Fan, über Gewalt und Gier, Tod und Wiederauferstehung.

Oft anrührend, manchmal melodramatisch, immer wieder witzig entblättert der Ich-Erzähler der Haupthandlung sein Leben und seine Leiden. Ist er sympathisch? Ja. Ist er abstrus, sogar dubios? Oh ja. Ist er ein psychopathischer Serienmörder? Seine Erzählungen sind temporeich und farbenfroh (von blutrot bis schwarzhumorig). Eine Lebensgeschichte voller skurriler, ja grotesker Momente. Wir begegnen interessanten Charakteren (mit meist nur kurzer Lebenserwartung) und dämonischen Gestalten. Würzig abgeschmeckt wird das Ganze mit einem Hauch von Philosophie, einem satten Pfund Sex and Crime, einer guten Prise Wahnsinn und zwei Messerspitzen Horror.

„Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“ – ein Buch, das in vielen Genres wildert.

Der Roman ist als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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Amouröses an der Uni – Deleted Scene aus „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“

Ralf_Boscher_Krimi_Mordsroman_Abschied
Miriam war mir im Seminar über Phänomenologie aufgefallen. Zurück zu den Sachen! Klar, warum lange drum herumreden. Als ich sie auf einer der wöchentlich stattfindenden Asti-Diskos zusammengesunken in der Ecke sitzen sah, kam ich gleich mutig zur Sache (hatte mich zuvor nicht gerade, was den Alkohol angeht, in phänomenologischer Enthaltsamkeit geübt): „Geht es Dir nicht gut, kann ich Dir helfen?!“ Sie war einige Stunden zuvor von ihrem Freund verlassen worden, sah aber auch mit ihren verweinten Augen sehr ansprechend aus (was ich natürlich nicht nur dachte, sondern auch hervorhob). Miriam war sehr redselig in ihrem Kummer, zeichnete sich auch ansonsten durch besondere Zungenfertigkeit aus, soweit dies unter dem erheblichem Alkoholeinfluss meinerseits noch objektiv festzustellen war. Deswegen hätte ich diese Erfahrung gerne unter günstigeren Bedingungen wiederholt, wozu es aber wegen Schulterzuckens ihrerseits nicht kam. Sie wolle nichts überstürzen. Ihr Freund würde es sich sicher anders überlegen, wäre nicht das erste Mal, und würde Morgen mit Blumen vor ihrer Tür stehen. „Man sieht sich!“, meinte Miriam beim Abschied noch zu mir.

Rahel, ebenfalls ein Gesicht, das mir aus einem Seminar vertraut war, lernte ich auch auf der Asti kennen, exzessiver Tanzstil mit großen Gesten, hat mich, der ich – wie zufällig – auf der Stelle neben ihr tanzte, glatt umgehauen. Gab ein Bier zum Trost. Anschließend war das Trösten wieder mein. Denn sie war ebenfalls von ihrem Freund verlassen worden. War Paris die Stadt der Liebe, so schien Wuppertal die Stadt der einsamen, verlassenen Herzen zu sein. Immerhin sah sie für sich und ihren Freund keine Hoffnung mehr. Was mich hoffen ließ. Auch wenn sie sich meinen Versuchen, sie zu küssen, nicht aufgeschlossen zeigte. Aber: „Nicht jetzt!“ sagte sie, was doch nur soviel heißen konnte, wie: Dann ein anderes Mal! Und dazu kam es dann einige Tage nach unserem Kennenlernen nach der Habilitationsfeier eines unserer Philosophiedozenten. Wir hatten beide ordentlich Wein getrunken, ich wohl mehr als sie, jedenfalls traute ich mich, ihr vorzuschlagen, doch mal ein paar Schritt mit mir zur Seite zu treten. Ich fände, sagte ich in einem Anflug von professoralem Pathos, dass wir lange genug die Wahrheit im Weine gesucht hätten, ich würde doch jetzt lieber die Wahrheit im Weibe suchen. Anscheinend gefiel dies ihr, denn flugs fand ich mich ganz unphilosophisch mit ihr im Aufzug und anschließend noch in einer Toilette wieder. Dieses eine Mal war aber nicht auf Wiederholung angelegt. „Erst mal genug von Männern!“, sagte sie gegen später, als ich sie durch das nächtliche Wuppertal nach Hause brachte, womit sie wohl genug von einem Mann für länger! meinte. Obwohl… vielleicht wäre es mit uns was geworden, wenn ich im Aufzug ihrem oralem Pathos nicht vollends erlegen und auf der Herrentoilette zur Wiederholung aufgelegt gewesen wäre.

Wenig später lernte ich dann Sara kennen, Grundstudium wie ich, kein Freund. Wir haben einige Male nach einem Seminar Kaffee zusammen getrunken. „Mit mir könne man so einfach über alles reden!“, sagte sie. „Klar doch!“ sagte ich. Und schließlich lud sie mich zum Schwimmen in der Bever ein, und wir fuhren zusammen mit einigen ihrer Bekannten hin. Sonne, Nacktbaden, Grillen, Bier, Lagerfeuer. Sie ging dann irgendwann für kleine Mädchen in die Büsche und kam nicht wieder. Besorgt suchte ich sie schließlich, trat ihr aber im mondlichtenen Halbdunkel fast auf die Hände, welche sie ins Gras gekrallt hatte, weil gerade einer ihrer Bekannten mir meine Sorge um sie abnahm. Bevor ich aber meinem spontanen Impuls, meine Hände auch irgendwo hinzukrallen, folgen konnte, spürte ich plötzlich sanfte Hände auf meiner Schulter. Eine Bekannte von Sara, mit der ich zuvor nur ein paar Worte gewechselt hatte, war ihrerseits mir gefolgt. Und so lag ich schließlich mit dem nacktem Rücken im Gras, während Saras Bekannte still rhythmisch auf mir saß, was sehr angenehm war, da ich so Sara hören konnte, die unweit von mir, ebenfalls rhythmisch, aber laut, das ihrige im selben Gras tat und es mir somit leicht fiel, mir vorzustellen, dass es ihre Silhouette war, die sich da über mir vor dem Mondlicht abhob und senkte und hob. Ob ich Saras Bekannte nochmals wiedergesehen habe, kann ich nicht sagen. Ich habe nur sehr verschwommene Erinnerungen an ihr Gesicht, und sie hatte mir weder in dieser Nacht ihren Namen genannt, noch sich später einmal – wenn ich Sara in der Uni oder auf der Asti mit ihren Bekannten und Freundinnen traf – als jene welche zu erkennen gegeben. Sara und ich tranken dann noch einige Male Kaffee zusammen. Einmal fuhren wir sogar Abends nur zu zweit mit einer Flasche Wein an die Bever. Wieder schien der Mond. Die Sterne strahlten. Es lief aber nichts. Auch wenn sie immer noch keinen Freund hatte. Mit mir konnte man halt gut reden.

Rebekka nun war eine junge Angestellte in der Bibliothek. Wir sahen uns oft, aber auch nur, da ich sie ständig um Bücher anging, die laut Katalog nicht verliehen waren und dennoch nicht an ihrem Platz standen. Natürlich hatte ich sie verstellt. Lauter Bücher zur Partnerpsychologie. Was immer das heißen mag. Aber ich hatte sie einmal, als ich auf Recherche für meinen Roman unterwegs war, in einem solchen Buch lesen gesehen und hoffte nun, dass sie mich irgendwann neugierig geworden fragen würde, was ich denn mit diesen Büchern wolle. Und so kam es auch. Ich erzählte ihr dann, dass ich an einer Hausarbeit über die im Laufe einer Partnerschaft verschwindende Kommunikationsbereitschaft arbeiten würde, und besonders an der Frage interessiert sei, ob Sex in diesem Zusammenhang als Kommunikationsform zu gelten habe. Was sie sehr interessant fand, so interessant, dass sie sich lächelnd mit beiden Händen in die Haare greifen musste, um den Sitz ihrer langen Locken zu überprüfen. Und später, nachdem wir schon einige Mal freundlich geplaudert hatten, verstellte ich das Buch Joy of Sex. Dabei bräuchte ich das doch dringend, sagte ich mit niedergeschlagener Miene, das sei doch ein Buch, was gerne auch von Paaren gelesen würde, ich müsse doch schauen, ob die dargestellten Stellungen sich als rhetorische Positionen in einem Kommunikationszusammenhang deuten ließen. Sie hatte wohl schon so viele Wissenschaftler kommen und gehen gesehen, dass sie auch den größten Schwachsinn, der einen forschenden Geist umtrieb, gelassen hinnahm. Na, vielleicht mochte sie mich auch einfach und war – obwohl sie mich und meine Absichten durchschaute – so gutmütig, auf mein kleines Spiel einzugehen. Jedenfalls führte sie mich lächelnd in die hinterste Ecke des Sozialwissenschaftlichen Buchbereichs: „Das kann doch gar nicht sein“, sagte sie, und dann meinte sie noch mit diesem gewissen Lächeln in den Augen, mit dem sie auch ihre Haare geordnet hatte, „das muss doch hier sein, habe ich doch erst letztens in der Hand gehabt, weil ich selbst was nachschlagen musste!“ Was immer sie auch letztens in der Hand gehabt hatte, jetzt war ich es, den sie in die Hand nahm. „Ja, da steht er doch, der gesuchte Joy of Sex!“ meinte sie noch, rhetorisch geschickt mit den Wortbedeutungen und dem Verhältnis von res und verba und handwerklich geschickt mit meiner res spielend. Dann nahm sie mit der freien Hand ein Buch aus dem Regal – Die Prinzenrolle, wie ich auf dem Einband las – und entnahm dessen Seiten ein Kondom. Womit mir schlagartig klar wurde, dass sie nicht nur viele, von ihrem forschenden Geist umgetriebene Wissenschaftler hatte kommen sehen. Mehr als diese einmalige Einführung in ihre bibliographischen Praktiken gab es leider nicht. Gerne hätte ich ihr – wie ich ihr vorschlug – das Bücherregal bei mir Zuhause gezeigt. Aber daran hatte sie kein Interesse. Ich würde doch wohl nicht glauben, meinte sie noch, dass sie sich – bei all den Professoren, die ihr Avancen machen würden – auf einen kleinen Studenten einließe. Ich solle das doch nicht so ernst nehmen. Was ich dann auch versuchte, aber die Bemerkung, dass sie vorhin hinter’m Bücherregal mit meiner Größe wohl zufrieden gewesen sei, konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.

Szenen, die es nicht ins veröffentlichte Manuskript meines zweiten Romans geschafft haben.

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman

Liebe, Lust und Leichen im Keller. Leben und Sterben zwischen Nietzsche, dem Niederrhein und der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal, in einer Nebenrolle: die Imperia in Konstanz außer Rand und Band.

„Abschied ist ein scharfes Schwert“ ist ein ungewöhnlich erzählter, an Ironie reicher Mordsroman über einen Schriftsteller und einen Fan, über Gewalt und Gier, Tod und Wiederauferstehung. Ein Buch, das in vielen Genres wildert.

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Buchvorstellung: „Tiefer in die Dunkelheit“

Ralf Boscher - TieferDaphne schloss die Augen und lächelte. Der letzte klare Gedanke, bevor er das Vibrieren seiner Finger wieder verstärkte, war der, dass sie den Stadtwald gar nicht so groß in Erinnerung hatte. Die Fliegen, die über seinem Kopf kreisten, bemerkte sie nicht. Bemerkte nicht die Würmer, die bei jedem seiner Schritte aus dem feuchten Waldboden krochen. Die Käfer, die sich von dem dichten Farn fallen ließen. Die Spinnen, die ihre Nester und Jagdlöcher zurückließen und auf 8 Beinen ihnen folgten. All das Getier, das schließlich um sie herum kreuschte und fleuschte, bemerkte sie nicht, während der Lord sich seinem Ziel näherte.

„…Wer Fantasy, Horror, Sex in Büchern mag, kommt hier bestimmt auf seine Kosten.“ (Nach(t)lese auf Amazon).

„…Ich bin eine Liebhaberin von Horrorgeschichten, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie mit Andeutungen spielen und (zur Gänze) auf blutige oder schockierende Mittel verzichten. Ebenso verhält es sich mit erotischer Literatur. Auch dort genügen vage Hinweise, um eine knisternde Spannung zu erzeugen. Der Autor Ralf Boscher fordert den Leser bisweilen dazu heraus, fehlende Beschreibungen der Situation mit der eigenen Fantasie auszufüllen. Das gilt sowohl für die erotischen Elemente als auch für das Grauen, welches sich zunächst kaum spürbar manifestiert, um sich dann nur wenig deutlicher (aber dafür umfassend) seine Bahn zu schlagen…“ (Nephthys auf fantasy-foren.de).

„Diese Geschichten finde ich einfach nur klasse. Hier stimmt die Mischung von Thrill und Erotik…“ (Kathrin Bolte auf Mein Buchregal)

Vier Geschichten, vier Begegnungen:

  • Die Verheißungen einer Nacht („Was spricht die Mitternacht“).
  • Die verzehrende Leidenschaft eines gierigen Gemüts („Ein Liebesbrief“).
  • Dann die Sehnsucht nach Zweisamkeit, Verlangen und Liebe, die in die Fänge des brutalen Schreckens führt („So anders“).
  • Und am Ende Begehren, Lust, Gier – Horror („Lord of the Flies“).

 

PS: 2020 habe ich eine erweiterte Neuauflage meines Buches veröffentlicht …

Tiefer in die Dunkelheit. Von Frauen, Männern und Monstern

Erweiterte Neuauflage (plus 7 Geschichten) von Boschers Kurzgeschichten-Sammlung „Tiefer in die Dunkelheit“ (Erstauflage 2012).

Über 150 Seiten zwischen musikalischer Melancholie („Take The Long Way Home“) und orgiastischer Dämonik („Lord of the Flies“). Ein Geschichten-Cocktail gewürzt mit zwei Prisen Humor („Ein haariger Heiligabend“, „Leberwurst in Black“), einigen Spritzern Begehrlichkeiten („Was spricht die Mitternacht“), zwei Messerspitzen Horror („Oh Du Fröhliche“, „So anders“), abgeschmeckt mit lustvoller Kriminalistik („Plötzlich brach die Sonne“).

Tiefer in die Dunkelheit – inklusive der neuesten Geschichten aus Boschers Feder „Zug um Zug“, einer Liebesgeschichte zwischen einer Exraucherin und einem Raucher, und „Töte den Drachen“, einer Karnevals-Liebesstory, die aus dem Ruder läuft.

Boscher schreibt von den beglückenden und erschreckenden Möglichkeiten, was Frauen und Männern sich antun können. Aus Liebe. Vor Begehren. Wenn sie einsam sind. Wenn sie enttäuscht werden. Oder wenn sie Monster sind …

(Länge: 157 Seiten)

Als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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Futter für die Bestie – Zweiter Teil der Geschichte

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Zweiter Teil der ungekürzten Kurzgeschichte “Futter für die Bestie” aus der dann ebenso benannten Gruselgeschichten-Anthologie des Schreiblust-Verlages. Den ersten Teil findet Ihr hier…

Futter für die Bestie

II.

Mary bleibt am Rand der Lichtung stehen. Ihr ist nicht wohl in der Haut, nervös tritt sie von einem Bein auf das andere. Meine Güte, denkt sie beim Anblick der Skelette, im ersten Moment mehr erstaunt, als erschrocken, bin ich hier etwa auf einem Tierfriedhof gelandet, oder was? Sie beginnt, zu frieren. An diesem herrlichen Spätsommertag. Blauer Himmel, die Sonne scheint, Vögel zwitschern in den Bäumen. Aber sie hat sich den ganzen Weg über schon nicht gut gefühlt. Warum mußte Arko auch ausbüxen! Und wie das hier riecht. Eine Gänsehaut läuft ihr über den Armrücken. Und nun ist sie nicht mehr nur nervös, jetzt ist ihr unheimlich zu Mute. Plötzlich weiß sie, daß sie hier weg muß. Hier stimmt etwas nicht! Um das zu wissen, mußte ihr niemand von den Spaziergängern erzählen. Aber Arko macht noch immer keine Anstalten, zu ihr zu kommen. Und um keinen Preis auf der Welt will sie auf die Lichtung hinaus. Mary weiß sich nicht anders zu helfen, als ihn anzuschreien:

„Arko! Komm sofort her!“

Sie hat ihn noch nie angeschrien. Arko sieht sie denn auch – wie Mary findet – aus großen Augen beleidigt an. Und sofort schämt sie sich. Aber anscheinend hat es geholfen, lauter zu werden. Denn endlich erhebt sich Arko. Mary atmet erleichtert auf. Aber anstatt zu ihr zu kommen, macht Arko einige Schritte rückwärts, und in diesem Moment hört Mary die Stille. Die Vögel schweigen. Und plötzlich spürt Mary den Drang, ihm zu folgen. Im ersten Augenblick ist es wie eine leise Stimme, die heiser flüstert: Hey, komm! Dann ist es wie eine Art Sog, der bei jedem der Schritte des Bernhardiners stärker wird. Dem sie kaum widerstehen kann. Die Erleichterung schlägt um in Furcht. Es ist, als würde eine unsichtbare Hand nach ihr greifen. Koommm! Das Flüstern wird zu einem langgestreckten Ton, der in ihren Kopf kriecht, eine Wortschlange, die sich zischend und züngelnd um ihr Hirn legt: Kooooommm! Mir! Zu mir! Sie spürt, wie sie sich gegen ihren Willen in Bewegung setzte. Aus der Furcht wird Angst.

„Komm sofort her! Du blöder Hund!“, schreit Mary, plötzlich einer Panik nahe. Mary setzt einen Fuß auf die Lichtung. Dann macht sie noch einen Schritt. Die Stimme in ihrem Kopf schwillt zu einem tosenden Hmmm, jaaaa! an. Mary hält sich die Ohren zu. Aber das hilft nicht. Die Stimme ist in ihr. Jetzt ist ihr nicht mehr nur kalt, sondern eisig. Die blonden Härchen an ihren Armen richten sich auf. Ihr wird schwindelig. Sie schwankt. Wie durch einen Schleier sieht sie, daß sich Arko auf den Rücken legt und seine vier Beine von sich streckt, wie er es oft macht, damit Mary ihn kraulen kann. Aber Mary ist nicht nach Streicheleinheiten. Ganz und gar nicht. Obwohl. Warum sich nicht ein wenig hinlegen. Und ausruhen. Den Kopf auf Arkos Bauch legen, und die Augen schließen. Hey, das wär‘ doch was! Die Stimme ist zu einem fürsorglichen Streicheln geworden. Und Mary ist wirklich sehr erschöpft. Kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Und warum auch? Ihre eigenen Gedanken sind neben dieser Stimme kaum mehr zu hören. Nur noch ein verwehtes Ich mach‘ besser, daß ich hier verschwinde! Dann fällt sie auf die Knie, eine ihrer Hände landet in etwas Weichem. Eh, wohl auch etwas müde gewesen, was? Mary kann nicht mehr unterscheiden, was ihre Gedanken sind, was die Stimme ist. Jedenfalls lächelt sie beim Anblick des Eichhörnchens, dessen matschige Überreste sie in der Hand hält. Lächelt, als sie schwerfällig aufsteht und – das Eichhörnchen an sich pressend – zu Arko geht. Hey, Du Rabauke! Arko antwortet nicht, liegt nur da, die Läufe in die Luft gestreckt. Mary plumpst neben ihm zu Boden und fährt gedankenverloren mit ihrer freien Hand durch das weiche Fell seines Bauches. Wie durch Nebel registriert sie, daß Arko sich anders als sonst anfühlt. Wie ein Fellsack gefüllt mit Fleischabfällen. Aber dies findet sie nicht unangenehm. Auch nicht den Geruch. Im Gegenteil. Ihr ist eigentlich ganz behaglich zu Mute. Sie bettet ihren Kopf auf Arkos Bauch, der unter ihrem Gewicht prompt herrlich anschmiegsam nachgibt. Wie in Mutters Schoß. Warm und weich und feucht. Und irgendwie auch lecker. Mary merkt, wie hungrig sie ist. Das Wasser läuft ihr im Mund zusammen. Was sind wir doch hungrig! Die Hand, in der sie das Eichhörnchen hält, hebt sich auf Höhe ihres Gesichts. Mary schnüffelt am Kadaver. Hmm, ja! Leckt sich die Lippen. Was Feines. Dann beginnt sie, genüßlich schmatzend zu fressen.

III.

Kurz nach Sonnenuntergang. Jan lehnt sein Fahrrad an das Geländer der Autobahnbrücke, welche die A40 nahe des Stendener Bruchs überspannt. Jan ist gerne hier. Und oft. Er liebt diese Gegend. Die Wege vorbei an Kartoffeläckern und Getreidefeldern. Vorbei an Weideflächen mit Schwarz-Bunten drauf. Dann durch den Wald. Dort kann man Eichhörnchen sehen. Und manchmal, wenn man lange ganz still gewesen ist, ein Reh. Mäusebussarde, die über Tannenschonungen kreisen. Einmal hat er nach Einbruch der Dunkelheit eine Eule gesehen.

Seine Großmutter, Oma Hyskens, warnt ihn zwar ständig davor, sich nach Sonnenuntergang im Bruch aufzuhalten. Und es ist wirklich gruselig, wenn sie mit leiser, eindringlicher Stimme von der alten Hinrichtungsstelle erzählt. Von den zu Tode Verurteilten, die an der Galgenrahm geköpft oder gehenkt wurden. Dort ist es nicht geheuer!, gibt sie ihrem Enkel mit. Weil man ihre Leichname nicht beerdigt, sondern einfach im Sumpf versenkt hat. Aber Jan glaubt nicht an Geister. Da könnte er ja auch wieder an den Weihnachtsmann glauben. Trotzdem gelingt es seiner Oma manchmal, ihm eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Sie hat so eine gewisse Art, zu erzählen. Einmal rückte sie plötzlich an ihn heran und packte ihn mit einer ihrer kleinen, aber erstaunlich kräftigen Hände am Arm. Dann, so leise als befürchtete sie, daß jemand anderes (oder etwas anderes) ihre Worte hört, flüsterte sie ihm einen Namen ins Ohr. Spulmans. „Meine Urgroßmutter kannte noch jemanden, der ihn gekannt hat“, whisperte Oma Hyskens. Spulmans. Als sie diesen Namen nochmals aussprach, senkte sie ihre Stimme so weit, daß Jan sie kaum mehr verstehen konnte, „Er hat Menschen ermordet und aufgegessen. Und noch meine Oma, Gott habe sie gnädig, glaubte…“, Oma Hyskens sah sich plötzlich um, als stünde jemand hinter ihr, was für Jan das Unheimlichste an der ganzen Geschichte war, „Meine Oma glaubte daran, daß er eines Tages zurückkommen würde!“ Aber so lieb Jan seine Oma auch hat, dies hält er denn doch für Altweibergewäsch. Denn natürlich würde diese Bestie nicht erwachen. Man hat ihn gefaßt, und nach den Sitten der alten Zeit gevierteilt, geköpft und anschließend die Überreste dem Sumpf übergeben. Damit basta. Das Gefährlichste, das Jan manchmal im Bruch begegnet, ist Bauer Brandt. Vor ihm hatte er sich einmal auf den Acker flüchten müssen, als Brandt ihm auf seinem alten Trekker besoffen und ohne Licht entgegen kam.

Jan schaut auf die Straße und die dahin brausenden Autos hinab. Träumt davon, in knapp zwei Jahren selbst hier entlang zu rasen. Er spuckt hinunter. „Treffer, schon wieder einen Holländer abgeschossen!“, meint er triumphierend zu sich selbst. Plötzlich spürt er, daß er nicht mehr alleine ist. Am anderen Ende der Brücke steht eine Gestalt. Im ersten Moment kann er sie nur undeutlich erkennen. Das Licht der Autoscheinwerfer, in das er geblickt hat, flimmert noch vor seinen Augen. Dann klärt sich sein Blick. Mary. Ihm stockt der Atem. Sofort bekommt er feuchte Handflächen. Schon seit Jahren schwärmt er für sie, ohne sich jemals getraut zu haben, sie auch nur nach der Uhrzeit zu fragen. Das hübscheste Mädchen aus dem Dorf. Alle Jungs sind hinter ihr her. Und jetzt steht sie dort. Und Jan meint doch tatsächlich, zu hören, daß sie seinen Namen ruft. Merkwürdigerweise hört er dies nicht mit seinen Ohren, sondern in seinem Kopf. Das ist ein wenig unheimlich. Kommt aber bestimmt nur von der Aufregung. Wie oft hat er sich dies gewünscht. Schön, Dich hier zu treffen. So ein netter Zufall. Und jetzt kommt sie auf ihn zu. Zwei Schritte nur, sie bleibt im Schatten stehen, den die Lichter der Autos werfen. Aber immerhin. Gefalle ich Dir?, hört Jan sie fragen. Er bringt kein Wort heraus. Mary bleibt stehen. Gefalle ich Dir?, wiederholt sie. Jetzt bringt Jan ein zittriges „Ja“ zustande. Gut!, antwortet Mary. Komm‘ zu mir! Jan setzt sich in Bewegung. Mary ebenfalls. Sie geht rückwärts, von der Brücke herunter, in die Dunkelheit hinein. Du gefällst mir auch!, hört Jan sie sagen. Hast Du schon immer getan! Er kann sein Glück kaum fassen. Dort wartet sie auf ihn. Nur noch wenige Schritte trennen ihn von ihr. Und Mary hebt doch tatsächlich ihre Arme. Als wolle sie ihn umarmen. Hey, komm!

Ende

„Boschers Bestie
Aldekerk. ‚Aldekerk im Rücken‘ heißt die vor rund anderthalb Jahren in der Anthologie ‚Dichter Nebel am Niederrhein‘ veröffentlichte Kurzgeschichte von Ralf Boscher. Jetzt ist der gebürtige Aldekerker, der in Konstanz lebt, literarisch wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt mit ‚Futter für die Bestie‘. Die Erzählung findet sich in der gleichnamigen Grusel-Geschichten-Sammlung des Schreiblust-Verlags Andreas Schröter. 9,90 Euro kostet das 248-seitige Taschenbuch mit 24 Beiträgen.“
(Rheinische Post, Ausgabe Gelderland, Nr. 110, Dienstag, 11. Mai 2004)

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Futter für die Bestie – Erster Teil der Geschichte

Futter_Bestie_Cover
Erster Teil der ungekürzten Kurzgeschichte „Futter für die Bestie“ aus der dann ebenso benannten Gruselgeschichten-Anthologie des Schreiblust-Verlages.

Futter für die Bestie

Zur Mittagszeit kamen einige Spaziergänger aus dem Bruch zurück und redeten sich in der Gastwirtschaft bei Schnaps und Alt den Schrecken von der Seele. Niemand nahm sie wirklich ernst. Der Wind kann schon tückisch sein! hieß es. Da kann man schon mal das Gefühl haben, daß plötzlich jemand hinter einem steht und einem kalt in den Nacken atmet! Und nach einigen Korn waren die Spaziergänger ebenfalls so weit, das unheimliche Gefühl, von etwas beobachtet zu werden, was man nicht selbst sehen kann, als Einbildung abzutun. Keiner glaubte, daß etwas dran sein könnte an den alten Geschichten, die sich früher um das Tote Rahm und das Galgenrahm rankten. Damals. Bevor Männer aus den umliegenden Dörfern die Sümpfe am Rande der Aldekerker Platte trocken legten, um Ackerland zu schaffen. Als es im Bruch weder Straßen noch Brücken gab, und es in Nächten ohne Elektrizität leicht fiel an Dämonen und Geisterstimmen zu glauben, die unvorsichtige Seelen von den schmalen Pfaden weg in die Sümpfe locken.

I.

Unweit der Stelle, an der es den Spaziergängern nicht geheuer gewesen war, befindet sich ein Waldstück, und darin eine Lichtung. Ein Platz, wie geschaffen für Verliebte, verborgen zwischen den Bäumen, so nah am Weg, daß die Decke und der Korb mit dem Wein nicht schwer werden, und doch genügend abseits des Weges gelegen, daß niemand zufällig das romantische Picknick stört. Nach einem kürzlich abgehaltenen Picknick sieht es auf der Lichtung auch aus. Allerdings nach einem der weniger romantischen Sorte. Der von der Nachmittagssonne beschienene Boden ist übersät mit ausgedorrten Insektenkörpern. Bienen und Schmetterlinge, Fliegen, Bremsen und einige Hummeln. Chitinleichen, wie ausgesaugt. Daneben ein Hasenskelett. Die Überreste einiger Vögel. Der verwesende Kadaver einer streunenden Katze, die sich von einem sterbenden Vogel auf die Lichtung hatte locken lassen, und dann selbst zur Beute geworden war.

Der Lichtung nähert sich nun ein Eichhörnchen. Es springt im angrenzenden Wald von Baum zu Baum. Mit schnellen Sprüngen folgt ihm laut bellend ein Hund auf dem Fuße. Ein junger Bernhardiner, der spielerisch der flinken Beute nachjagt. Doch kaum, daß beide die Lichtung erreichen, verliert er das Interesse an dem Eichhörnchen. Voller Neugier springt er einer summenden und brummenden Hummel nach, die in der Sonne torkelt. Dann, er hat die Hummel ausgebellt und schnüffelt gerade an einigen ausgebleichten Knochen, scheint er etwas zu spüren, daß ihn unruhig macht. Der Bernhardiner legt die Ohren an. Seine Nackenhaare richten sich auf. Er knurrt und bleckt die Zähne, weicht schließlich zum Wald zurück. Schritt für Schritt. Plötzlich geht er winselnd in die Knie, als hätte ihn eine Faust brutal am Halsband gepackt und zu Boden gezogen. Der Hund schüttelt seinen Kopf, reibt ihn an der Erde, genauso wie er es macht, wenn er ein lästiges Insekt abstreifen will. Was ihn gepackt hat, läßt sich aber nicht abschütteln. Das junge Tier springt auf. Jaulend läuft es im Kreis, rammt dabei einige Male seinen Kopf auf den Boden. Plötzlich verstummt es. Seine Bewegungen werden langsam und von einer gewissen drolligen Unbeholfenheit, als könne es sich nicht mehr recht daran erinnern, was es mit seinen Beine anfangen soll. Es bellt noch zweimal, wie um sein Frauchen zu rufen, daß es ihn hier abholen könne. Dann legt es sich am Rande der Lichtung in die Sonne und blickt aus trüben Augen in den Wald hinein. Wartet, während mitten auf der Lichtung das Eichhörnchen tot am Boden liegt und bereits seine Körperfestigkeit verliert.

Einige Minuten später tritt ein Mädchen in Blue-Jeans zwischen den Bäumen hervor.

„Da bist Du ja endlich!“, schimpft das Mädchen mit dem schönen niederrheinischen Namen Mary van Eyll,
„Unartiger Hund!“, und holt die Leine aus ihrer Jackentasche hervor.
„Das hast Du jetzt davon, Arko! Komm‘ her!“ Arko aber bleibt in der Sonne liegen, sieht Mary lediglich mit einem undefinierbaren Blick aus seinen braunen Augen an. Dann legt er seinen Kopf quer, als horche er auf etwas, und schnüffelt am Waldboden.

[…]

Hier geht es zur Fortsetzung: „Futter für die Bestie“ – Zweiter Teil der Geschichte

„Boschers Bestie
Aldekerk. ‚Aldekerk im Rücken‘ heißt die vor rund anderthalb Jahren in der Anthologie ‚Dichter Nebel am Niederrhein‘ veröffentlichte Kurzgeschichte von Ralf Boscher. Jetzt ist der gebürtige Aldekerker, der in Konstanz lebt, literarisch wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt mit ‚Futter für die Bestie‘. Die Erzählung findet sich in der gleichnamigen Grusel-Geschichten-Sammlung des Schreiblust-Verlags Andreas Schröter. 9,90 Euro kostet das 248-seitige Taschenbuch mit 24 Beiträgen.“
(Rheinische Post, Ausgabe Gelderland, Nr. 110, Dienstag, 11. Mai 2004)

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Buch-Cover – Ralf Boschers eBook- und Taschenbuch-Titel

„Wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen“, war ein beliebter Ausspruch in Jugendtagen. Der erste Eindruck zählt. Ein Blick genügt, heißt es. Entweder wird zugegriffen oder aber weitere Eindrücke interessieren uns nicht.

Buchcover.

Gefällt uns ein Buchcover, so nehmen wir das Buch zur Hand, lesen den Klappentext, blättern im Buch, lesen es an. Gefällt uns das Cover eines eBooks, so lesen wir die Beschreibung, die Leseprobe.

Hier sind nun die Buchcover meiner eBooks und Taschenbücher. Der erste Eindruck zählt, heißt es. Ich hoffe, sie machen einen guten Eindruck.

Ralf Boscher - Best of Cover_Abschied_Boscher_klein

Ralf Boscher - Engel Ralf Boscher -Pommes

Ralf Boscher - Haariger Ralf Boscher - Tiefer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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