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Boschers Roman über Liebe, Tod und Teufel: Engel spucken nicht in Büsche. 2. bearbeitete Auflage

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel - Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel – Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

Sein Glaube ist ihr Tod…
Der Tod ist in die Stadt gekommen, und er ist auf einer Mission. „Abtreibungskiller“ nennt ihn schon bald die Presse. Der Polizei gelingt es nicht, den heimtückischen Frauenmörder zu stoppen.

Ein Roman über Liebe, Tod und Teufel…
„Engel spucken nicht in Büsche“ ist ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld, über Fanatismus, Leid und Lust. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein zupackendes Buch.

„Ein Gesellschaftskrimi – ein Gesellschaftsroman um die Irrungen und Wirrungen der Seele – und einen gnadenlosen Mörder“ (Quelle)

ENGEL SPUCKEN NICHT IN BÜSCHE: ROMAN ÜBER LIEBE, TOD UND TEUFEL von Ralf Boscher – das eBook. 2. bearbeitete Auflage.

Für das eBook hat Ralf Boscher seinen ersten Roman „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“ überarbeitet (das eBook finden Sie hier bei Amazon…)

LeserInnen-Meinungen:

„Ein überzeugend komponierter Roman, der seine Leser einer außergewöhnlich breiten Palette an Emotionen aussetzt. Ein guter Unterhaltungsroman!“ (Hermann Kinder über meinen ersten Roman „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“).

„Dies ist kein gewöhnlicher Krimi oder Thriller. Wer erwartet, dass es sich hier hauptsächlich beispielsweise um ein Ermittlerteam und dessen Aufklärungsarbeit um ein Verbrechen dreht, wird dann wohl eher enttäuscht. Wer sich aber in eine Abfolge durchgehend spannender Ereignisse stürzen möchte, Einblicke in die Seele der Protagonisten riskieren möchte, wird begeistert sein.“ (Jayzed, Rezension auf „Das lesende Pony“).

„Viele Szenen werde ich so schnell nicht vergessen. Der Moment, als der Mörder zu einem ebensolchen wird. Oder was dem Krankenpfleger Hartmut als Kind im Heim zustößt. Oder Helens Rückkehr. … Aber was mir neben der spannenden Krimihandlung noch mehr gefallen hat: Das Buch berührt. Denn die Figuren und ihre Schicksale sind lebendig gezeichnet. Mit einigen, vor allem den weiblichen Hauptfiguren, konnte ich mich identifizieren.“ (Marmaid, Rezension auf „Lovelybooks“).

„Nicht nur ein Krimi… Wer den Abschnitt ‘Zu diesem Buch’ und die ersten Seiten liest, der könnte zu der Annahme gelangen, dass dieser Roman ein reiner Krimi ist. Doch da die Geschichte weit mehr beinhaltet, fand ich den Untertitel ‘Roman über Liebe, Tod und Teufel’ sehr passend. Eine gute Mischung aus Krimi und Gesellschaftsroman, mit dem besonderen Etwas. Spannend, abwechslungsreich, kurzweilig und daher sehr flüssig zu lesen.“ (T. Geyer, lesen und mehr, Rezension auf Amazon).

Boschers erster Roman als eBook, 2. bearbeitete Auflage:

Hier geht es zum eBook bei Amazon…

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Am Bodensee – Leseprobe aus „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“

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„Gemütliche Spaziergänge am Ufer entlang, auf einer Bank am See sitzen und Schwäne und Enten und Blesshühner beobachten und in der Sonne ihren Lauten und der Melodie meiner Aufzeichnungen lauschen, das wäre es gewesen. Dann ein Bummel durch die Altstadt. Ein Guten-Abend-Bier in einem der vielen Biergärten in milder Abenddämmerung. Oder geruhsame Abstecher mit dem gereinigten und wohlriechenden Auto ins Hinterland. In Gaienhofen vor Hesses Haus sitzen und eine Zigarette rauchen. Wie die Mönche vor langer Zeit im Kräutergarten auf der Reichenau die Gedanken gerade so gehen lassen, wie sie kommen. Oder mit dem Schiff stromabwärts und bei Schaffhausen den Rheinfall bestaunen. Gischt wie ein Lächeln im Gesicht und die Gewissheit im Herzen, dass es immer so sein wird. Das Leben ein ruhiger langer Fluss, und wenn etwas rasend den Bach runtergeht, dann ist es keine Tragödie, sondern ein Naturschauspiel, ein Postkartenmotiv.

Das wäre es gewesen, das wäre genauso gewesen, wie Imperia es mir versprochen hatte: Bleib’ auf deinem Platz, und du wirst die Welt in Händen halten! Ein wenig Konstanz wird dir gut tun! Aber eigentlich hätte ich wissen können, was von den Versprechungen einer Frau zu halten ist.

Trotzdem hätte es ruhig weniger anders kommen können. Es hätte doch wirklich gereicht, dass das Wetter nicht hält, was mein erster Morgen in Konstanz versprach. Oder hab’ ich bei Nemesis an der Theke gestanden: Heute im Angebot: Heimsuchungen aller Art! Geschnitten oder am Stück? Darf es noch ein wenig mehr sein? und Ja! Ja! geschrien? Wohl kaum.“

„Am Bodensee – Konstanz“ – Leseprobe aus Boschers Roman „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“ (aus einem der Kapitel, die am Bodensee spielen).

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Das Jojo-Herz – Leseprobe aus Boschers Roman über Liebe, Tod und Teufel


Leseprobe aus dem Roman „Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel“ von Ralf Boscher (aus dem Kapitel „Das Jojo-Herz“).

 

Das Jojo-Herz

I.

 

Etwa zur selben Zeit, da Krish schreiend erwachte, wurde Tanja beerdigt. Der Pfarrer, der sie getauft hatte, bei dem sie die erste heilige Kommunion empfangen und der sie zur Firmung begleitet hatte, begrub sie auch.

Den Sonntag zuvor hatte er aus gegebenem Anlass über ein, bei vielen seiner Schäfchen seiner Meinung nach in Vergessenheit geratenes Jesuswort gepredigt: Wer ohne Sünde sei, werfe den ersten Stein! Denn es war bekannt geworden, was mit der kleinen Stewens geschehen war, und vor allem unter welchen Umständen. Daraufhin waren einige Gemeindemitglieder an den Pfarrer herangetreten und hatten es als seine Pflicht bezeichnet, hier eindeutig und unmissverständlich, unmissverständlich! Stellung gegen Abtreibung zu beziehen. Es sei geradezu eine moralische Notwendigkeit, der kleinen Stewens das kirchliche Begräbnis zu verweigern, habe sich ihre Familie auch noch so verdient um die Gemeinde gemacht, und sei das alles auch noch so tragisch, denn solcherlei Frauen seien wegen ihrer sündigen Tat unweigerlich, unweigerlich! aus dem Schoß der Kirche zu entfernen.

 

II.

 

Der Himmel lächelte blau und klar aus einem Gesicht mit zwei strahlenden Augen und atmete eisig frischen Wind, als der Pfarrer Tanja dann doch nach katholischem Ritus in geweihter Erde beerdigte. Alex kam erst, als der Leichenzug bereits am offenem Grab stand. Zu spät! Aber eigentlich hatte er sich die Beerdigung eh sparen wollen. Denn er fürchtete sich vor den Gedanken, die ein so klares und befreiendes Gefühl wie Kummer nicht aufkommen lassen, Gedanken, die lähmen, indem sie alle Gefühle mit grauen Schleiern überziehen, alles dumpf verwischen und keine Tränen aus dem Herz lösen: einen nicht weinen, nicht mehr lachen lassen und depressiv machen. Kreisende Schlussfolgerungen, Spekulationen, Zurechtweisungen, Ausflüchte. Gequält schleuderndes Innenleben um eine quälende Klarheit: Ich habe nichts davon gewusst!

Er fürchtete sich vor seinem schlechten Gewissen, und am liebsten hätte er Tanja vergessen, seinen Laden geöffnet und einfach weitergearbeitet. Aber schließlich zog er sich doch einen schwarzen Anzug an und fuhr zum Friedhof, Tanja war immerhin mal seine Freundin gewesen.

Alex blieb unter einem kahlen Baum abseits von den anderen stehen, aber der Wind wehte ihm die Stimme des Pfarrers an die geröteten Ohren:

Wir haben uns hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Tanja Stewens, die so unerwartet aus unserer Mitte gerissen wurde…“

Verabschiedet habe ich mich schon lange, dachte Alex bitter: Tschüß! habe ich gesagt, als sie beim letzten, und zum letzten Mal von mir wegging. Dann erinnerte er sich an den ersten Abend, den er bei Tanja verbracht hatte. Sie hatten in ihrer Küche gesessen inmitten von Kerzen und dem Duft von Räucherstäbchen, Gras geraucht und Tee getrunken. Sie hatten sich angeregt unterhalten und waren vom Höcksken aufs Stöcksken gekommen, und Tanja hatte das: Was kommt nach dem Tod? aufs Tapet gebracht. Sie hatte gesagt, sie glaube daran, dass es nach diesem Körper irgendwie weitergehe, und Alex hatte erwidert, ihn interessiere diese Frage nicht sonderlich:

Was danach kommt, kommt danach!“ hatte er gesagt, und wichtiger wäre doch, jetzt zu leben und mit sich und den Menschen um einen herum in Einklang zu sein. Der Gedanke an den eigenen Tod würde in ihm auch keine besonderen Emotionen auslösen, hatte er behauptet, und genauso egal sei ihm auch, was mit seinem Leichnam geschehe:

Wenn ich tot bin, und es existiert kein Danach, dann existiere Ich nicht mehr, dann gibt es für mich nicht MEINEN Leichnam, denn dann gibt es kein Für Mich mehr. Es gibt kein Ich mehr, nur noch auseinanderfallende Materie ohne Erinnerung, und was all die anderen mit meinen Überresten zu ihrer Erinnerung an das Alex war anstellen, wird mir dann egal sein. Und sollte doch etwas den Tod überleben, dann…“

Tanja hatte ihn unterbrochen:

Ist das deine Vorstellung vom Paradies?“

Was?“

Ja, dass dir das Alex war egal wird. Ist das dein Paradies?“

Alex hatte daraufhin den Stuhl zurechtgerückt, Holzbeine auf PVC schleifend, Kratzer, dumpfer Laut vom energisch sich aufrecht Hinsetzenden, und:

Paradies ist so ein christlich besetzter Begriff!“ hatte er sich ereifert, „Vor dem Paradies wacht der Richtergott, welcher alles sieht und all das Gesehene dann abwägt. Und je nachdem wie schwer deine Sünden in seinen Augen wiegen, lässt er dich ein ins Wahre Leben, oder aber er verfrachtet dich direkt in die Hölle, wo es allein in seiner Gnade liegt, ob du jemals wieder aus dem Ofen herauskommst.“

Plötzlich war die Stimmung war sehr angespannt gewesen, Tanja hatte die erste Kostprobe von Alex‘ Kirchenfeindlichkeit bekommen.

Paradies!“ hatte Alex noch verächtlich geschnaubt und beißend hinzugesetzt:

Benutz’ Pille oder Kondom, und du bist abgetrieben aus dem Schoß des Herrn!“

Aber beinahe traurig hatte es dann geklungen, als er meinte:

Wer kann heute noch wagen, auf ein Paradies zu hoffen.“

In die darauffolgende Stille hinein hatte Tanja gesagt, und das, was sie sagte, war das Eigentliche, woran Alex sich hier auf dem Friedhof erinnerte. Sie hatte gesagt, die Vorstellung beerdigt zu werden, löse Beklemmung, ja Angst, aber vor allem Ekel in ihr aus.

Daran erinnerte Alex sich nun in aller Deutlichkeit, während der Pfarrer Schäufelchen voll Erde auf den Sarg poltern ließ, und ihm fielen auch genau Tanjas Worte ein:

Auf keinen Fall ein Sarg. In massivem Holz konserviert für die langsame Verfäulnis.“

Und dann sah er auch ihren Gesichtsausdruck, sie war angewidert gewesen, denn: auf keinen Fall ein Sarg! und: „…eingebettet in Seide noch möglichst lange lebendig aussehend der Ewigkeit entgegenstinken. Dann schon lieber direkt in die Erde eingebuddelt werden, den Würmern gleich zum Fraß.“

AUF KEINEN FALL EIN SARG! Tanja hatte verbrannt werden wollen. Jetzt fiel es ihm wieder ein, jetzt, wo ihm der schneidende Wind das Poltern der Erde auf Tanjas Sarg zutrug, schwerer Eichensarg, Bewährte Qualität!, vier starke Männer notwendig, um Tanja, die immer so gerne gelaufen war und leicht über die Wege sprang, auf ihrem letzten Gang zum Erdloch zu schleppen. Aber Tanja wollte verbrannt werden, nicht konserviert, nicht von schwitzenden, traurigen Gestalten in Bewährter Qualität! über den Schotter geschleppt werden. Sie wollte nicht zugeschüttet unter einem Haufen Dreck langsam, sehr langsam ihren leiblichen Zusammenhalt verlieren und verfügbar bleiben für irgendwelche Ansprüche an ihren Körper. Die Materie, die sich zu Tanja zusammengefunden hatte, sollte möglichst schnell auseinanderfallen, um den Teil freizugeben, der aus der Materie herausfällt. Denn Tanja hatte einmal gehört, dass die Seele eines Toten so lange in seiner letzten Materieform gefangen bliebe, bis diese Form, der Körper, aufgehört habe, zu existieren: dann erst sei Wiedergeburt möglich. Und das hatte Tanja sich vorstellen können. Sie hatte verbrannt werden wollen, damit ihre Seele, falls es ein Danach gibt, nicht in Bewährter Qualität! konserviert und eingebuddelt würde und so gefangen bliebe. SIE WOLLTE VERBRANNT WERDEN!

Amen!“ schallte es von den Abschied nehmenden Christen herüber, und im selben Moment tippte ihn Susanne an. Tanjas Schwester hatte ihn unter dem Baum entdeckt.

Hallo, Alex!“ Er war so in Gedanken, dass er zusammenzuckte. Susanne lächelte, dachte, dass sie momentan wohl alle ein wenig überreizt waren. In ihren Armen schlummerte endlich ihre Tochter, die sie den ganzen Tag in Atem gehalten hatte. Nur Piep zu sagen brauchte jemand, schon flossen die Tränen. Als Anne auch während der Andacht zu weinen begann und spazieren gehen wollte, mit ihr und Tante Tanja, da konnte Susanne sie nicht mehr beruhigen, war sie doch selbst den Tränen nah, mürbe gemacht durch Alptraumnächte, in denen sie wieder und wieder aus der Krankenhaushalle zurückkam, vorsichtig, um Tanja nicht zu wecken, die Tür zu ihrem Zimmer aufmachte, und…

Mürbe gemacht auch durch den Streit in der Gemeinde, wie denn Tanja nun beerdigt werden sollte, als Christin oder als Gottlose. Während der Andacht zitterte Susanne dermaßen am ganzen Körper, dass sie sich nicht getraute, aufzustehen und durch die kleine Kapelle nach draußen zu gehen. So ließ sie Anne weiter weinen, wiegte sie nur in ihren Armen und summte leise ein Lied, was Anne zwar nicht beruhigte, Susanne selbst aber in eine wohltuende Apathie versetzte. Köstliche Gleichgültigkeit, die sie die Andacht überstehen ließ.

Draußen, bei dem schönen Wetter, ging es ihr dann besser, die Sonne beruhigte auch ihre Tochter. Die Luft war klar und kalt, und tief einatmend füllte sich Susanne wieder mit Energie. Sie ging nicht mit den anderen hinter dem Sarg her, sondern setzte sich auf eine Bank und spielte mit der Kleinen Tsching Tschang Tschong, bis der Kummer Susanne plötzlich wieder überwältigte, und Anne daraufhin ihre kleinen Ärmchen um den Hals ihrer Mutter schlang, die rosige Wange an ihr tränennasses Gesicht drückend, um sie zu trösten.

Das Wetter würde Tanja gefallen“, meinte Susanne nun zu Alex, „Meinst du nicht auch?“

Die Beerdigung war vorbei. Ein Schlurfen von schweren Winterschuhen auf Schotter schwoll an, und die ersten Trauergäste gingen Susanne zunickend, Alex musternd vorüber. Am offenen Grab machte ein Reporter die letzten Fotos, noch einmal die Eltern in Trauer, und Herr und Frau Stewens wehrten sich nicht mehr, warfen auf des Reporters Zuruf gar noch einen letzten Blick auf das noch offene Grab, ein rührendes Bild in Bewährter Qualität!

TANJA WOLLTE VERBRANNT WERDEN! ging derweil Alex nicht aus dem Kopf, und er war nahe daran, Susanne zu fragen, ob sie das denn nicht gewusst hätte; mehr noch, ihr vorzuwerfen: HABT IHR DAS DENN NICHT GEWUSST! Aber das verkniff er sich. Susanne sah so kaputt aus, wie er sich fühlte. Und was, wenn sie sagen würde: Nein, nichts haben wir gewusst! Nichts! Und er wäre plötzlich der Einzige, der gewusst hatte, dass Tanja… Und: WARUM HAST DU NICHTS GESAGT?

Da sagte sich Alex, dass irgendwann Schluss sein musste mit der Auseinandersetzung.

Wiedersehen, Susanne!“, man muss ja schließlich weiterleben, darf sich nicht von der Vergangenheit beherrschen lassen. Weitere Erinnerungen kann man sich ersparen. Helfen ja doch keinem, behindern einen nur bei dem, was wirklich wichtig zu tun ist.

Ich hab’ jetzt keine Zeit mehr. Ich hab’ noch in meinem Laden zu tun. Ruf mich doch mal an!“ verabschiedete sich Alex von Tanjas Schwester, fuhr nach Hause und legte sich, obwohl es noch früh am Tag war, wieder schlafen…

 

III.

 

Sie haben Tanja begraben. Hand in Hand, schweigend, durchnässt frierend, waten Susanne und Alex nun durch den zähen Matsch des menschenleeren Gottesackers. Hinter den grauen Wolken geht die Sonne unter, und nun fasst der Wind mit noch frostigeren Fingern in die Mäntel der beiden traurigen Gestalten, die den Sonnenuntergang mehr spürten, als dass sie ihn sehen.

Plötzlich ist es dunkel. Laut weht da das Läuten der nahen Friedhofskapelle durch die kahlen Bäume, und mit jedem Mal dröhnender, durchdringender, furchtbarer klingt diese Glocke, schlägt Bronze gegen Eisen die nächste Stunde, die Nacht herbei. Und Susanne presst die Hände auf ihre Ohren, sie sinkt in die Knie, bricht in sich zusammen und stürzt von Schmerz überwältigt in den kalten Matsch. Die Glocke verstummt.

Tanja!“ schreit Susanne hinauf in den sternlosen Nachthimmel, streckt die eine Hand, mit welcher sie Tanjas, vom Skalpell des Mörders sauber entzwei geschnittenes, Nachthemd festhielt, verzweifelt hoch, damit der ehemals reinweiße Stoff nicht noch mehr beschmutzt wird.

Alex sieht auf Susanne hinunter, streckt ihr schließlich seine Hände entgegen, um sie aufzuheben. Er hat sie in den Schmutz fallen sehen und sie aufschreien hören, als geschehe dies in weiter Ferne. Zu spät ist ihm eingefallen, zuzufassen und sie vor dem Sturz zu bewahren. Quälend langsam nähern sich seine Hände nun Susanne, strecken sich ihr entgegen, als wäre die Luft zähflüssig wie der Matsch, in dem sie liegt, und trotz der Dunkelheit sieht Alex deutlich, sehr deutlich!, das getrocknete Blut auf Tanjas ehemals reinweißem Nachthemd. Wie in Zeitlupe fixieren seine Augen die dunklen Flecken, und sinnlos erscheint ihm da, was für Susanne offenbar so wichtig ist: das sauber entzwei geschnittene Nachthemd aus dem Matsch herauszuhalten. Sinnlos, weil der Matsch ja doch dieselbe Farbe wie das Blut zu haben scheint. Sie stehen ja regelrecht in Tanjas Blut. Der ganze Friedhof ist durchtränkt damit, und Tanjas Blut regnet vom Himmel herab, und der Blutregen rinnt Alex durchs Haar und über die Kopfhaut ins Gesicht, in seine Augen. Er riecht es und schmeckt es und atmet Tanjas von feiger Mörderhand vergossenes Blut tröpfchenweise ein, und…

Plötzlich sind sie in Licht getaucht. Eine große Gestalt, und das Licht geht von ihr aus, schwebt über die Gräber auf Susanne und Alex zu, die sich sofort beide wie durch ein Wunder beruhigen und gebannt das Licht erwarten. Susanne erhebt sich aus dem Dreck, und ihre Augen nicht von dem Licht nehmend, ein Engel!, Alex ist überzeugt, einen Engel vor sich zu haben, greift sie mit einer Hand nach Alex, mit der anderen presst sie Tanjas Nachthemd an ihre Brust. Alex schlägt ein Kreuzzeichen. Die Lichtgestalt kommt näher, bleibt dann wenige Meter vor Susanne und Alex schwebend stehen und blickt die beiden aus tiefnichtirdischen Augen in einem gütig, allwissend strahlenden Antlitz an. Ein weißer Bart umrahmt einen wahr und sinnvoll lächelnden Mund. Die Lichtgestalt hält Tanja, die erlöst lächelt, an der Hand. Tanja wirft mit der freien Hand verträumt ihr Herz in die Luft, um es anschließend mit einer spielerisch und anmutig, aber keinesfalls obszön wirkenden Vorwärtsbewegung ihres Beckens in der offenen Bauchhöhle aufzufangen. Die Lichtgestalt lächelt darüber, und also spricht sie mit tiefer Stimme, während Tanja weiter mit ihrem Herzen spielt:

Nichts für ungut. Wir haben alles im Griff. Es macht schon einen Sinn, auch wenn ihr ihn nicht versteht, also grämt euch nicht zu sehr.“

Alex spürt, wie er sich vor Aufregung in die Hose macht. Die Lichtgestalt und Tanja drehen sich um und entfernen sich langsam wieder. Alex sieht noch, dass Tanja ihr Herz, nun mit einer Arterie an einen Finger gebunden, wie ein Jojo zu Boden glitschen lässt, und als das Herz beinahe den Schlamm berührt, erinnert er sich wieder an die Gedankenkette Schlamm Regen Blut, und nun, Tanja rollt ihr Herz fröhlich lachend wieder auf, überkommt ihn der große Wunsch, sich zu übergeben. Aber bevor er dies in die Tat umsetzen, und den Gedanken, dies sei aber in Gegenwart eines Engels unpassend, zu Ende denken kann, dreht Tanja sich noch einmal um und winkt Alex zu:

Lass es dir nicht so zu Herzen gehen! Du hast es nicht gewusst, na und! Weißt du, selbst wenn du mir zur Seite gestanden hättest, irgendwann muss jeder mal gehen, so oder so“, sind ihre letzten Worte, bevor sie und das Licht verschwinden, und…

…und Alex aufwachte, weil die warme Nässe seiner Hose bis in sein Bewusstsein gedrungen war. Er stand auf, warf die eingenässte Hose in den Mülleimer, wechselte das Bettlaken, legte sich wieder hin und nach einigem Rumwälzen in quälenden Augenblicken und Gedanken schlief er erneut ein.

 

[…]

 

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel - Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel – Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage


Zum Roman:

Ein überzeugend komponierter Roman, der seine Leser einer außergewöhnlich breiten Palette an Emotionen aussetzt. Ein guter Unterhaltungsroman!“ (Hermann Kinder).

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel: Ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld. Erotisch. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein spannendes Buch über Hoffnung und Schmerz, über Liebe, Leid und Lust.

Der Roman ist über Amazon als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an den Schriftsteller Matthias Czarnetzki

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

Matthias_Czarnetzki
Heute zu Gast auf Boschers Blog: Matthias Czarnetzki

Hallo Matthias, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:

Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

Jedes einzelne verkaufte/gelesene Buch ist ein Erfolg. Hätte ich darauf gewartet, dass mich irgendein Verlag veröffentlicht, würden meine Bücher immer noch in einer dunklen Schublade liegen, da mein Genre (Death Comedy, Krimi mit schwarzem Humor) wirtschaftlich nicht für eine Verlagsveröffentlichung interessant ist.

Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?
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Lutetia Stubbs aus meiner gleichnamigen Buchserie. Sie hat viele Eigenschaften, die ich auch gern hätte. Wie ich sieht Lutetia unglaublich gut aus und ist hoch intelligent, allerdings lässt sie sich in der Umsetzung dessen, was sie für richtig hält, nicht von Diplomatie und Political Correctness bremsen.

Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

Samuel Vimes (dt. Mumm) aus den Scheibenwelt-Romanen von Terry Pratchett. Die Figur hat Pratchett über eine ganze Reihe von Büchern hin entwickelt, vom desillusionierten, saufenden Fußsoldaten bis zum Chef der Wache. Es bleibt zu hoffen, dass Pratchett noch lang genug lebt, um Moist von Lipwig eine ähnliche Entwicklung zu spendieren.

Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

„Die Welt wäre heute ein besserer Ort, wenn ich meinen besten Freund Marcus damals im Sandkasten umgebracht hätte.“ – klingt gut, leider lief die Geschichte dann nicht so wie erwartet und ich hab sie bis heute nicht veröffentlicht.

Wenn Du nicht Schriftsteller, sondern Musiker wärst – welche Musik würdest Du machen?

Klassik. Ich spiele etwas Klavier, aber ich musste mich irgendwann entscheiden, wofür ich meine Zeit verwende: Schreiben oder Klavier. Schreiben hat gewonnen.

Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

Das Schreiben. Mein Lieblingsbeispiel ist van Gogh: der hat zu Lebzeiten nur ein Bild verkauft. Trotzdem zweifelt heute keiner daran, dass er ein großartiger Maler war. Genauso ist ein Schriftsteller ein Mensch, der „Schriften herstellt“ – egal ob er gelesen wird oder nicht. Ob er ein guter Schriftsteller ist – das entscheiden die Leser (hoffentlich schon zu seinen Lebzeiten).

Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit seiner schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

Aus zwei Gründen halte ich einen Brotjob für besser:
1. Wenn ich schreiben muss, dann entsteht ein Druck oder Zwang, der sich schlecht auf meine Kreativität auswirkt.
2. Schreiben ist ein ziemlich einsamer Job. Die meisten guten Ideen kommen mir aber, wenn ich mit anderen zusammen bin – vielleicht da mal ein halb hingeworfener Satz, dort eine Geste… Damit meine Geschichten lebendig werden, fülle ich sie mit Details, die ich im echten Leben beobachtet habe. Das geht natürlich nur, wenn ich mal unter Menschen komme. Und dafür ist ein Brotjob ganz nützlich.

Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerade Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

Bevor ich ein neues Buch beginne, entwickle ich einen Plot. Der muss nicht sonderlich lang sein – zwei oder drei A5-Seiten reichen – und entlang dieses Plans entwickle ich meine Geschichte. Auf dem Weg zum Ziel erforsche ich dabei auch einige Nebenstraßen und Sackgassen, die im fertigen Buch dann vielleicht wieder rausfliegen (oder später mal eigenständige Geschichten werden). Aber mit einem vorgezeichneten Ziel vor Augen passiert es mir kaum, dass ich mal in eine Schreibblockade renne.

Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

Szenen, bei denen die innere Entwicklung einer Figur gezeigt werden muss. Oder Verbindungsszenen, die Hintergrundinformationen liefern müssen, für das, was gleich passiert – aber in denen selbst nicht wirklich etwas passiert. Sowas kann schnell langweilig werden. Die Gratwanderung ist nicht leicht hinzubekommen.

Kürzlich bin ich beim Zappen über eine Daily Soap gestolpert, bei der die Hauptdarstellerin minutenlang mit bedeutungsvollem Blick dastand und ihre Stimme aus dem Off ihre Gedankengänge erzählte. Und ich dachte nur: „Wo krieg ich Schmerzensgeld für solchen Pfusch her?“ und „Hoffentlich wirst du mal nie so schlecht wie dieser Drehbuchautor-Azubi.“

Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

Wenn mir beim Schreiben eine Idee kommt, die ich vorher noch nicht hatte. Am besten, wenn sich diese Idee aus der Handlung eines Charakters heraus entwickelt – weil dann meine erdachten Figuren anfangen, selbst zu leben.

Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

Beim Erstentwurf ohne Hemmungen drauflos schreiben. Kürzen und Überarbeiten kommt danach, im zweiten Schritt.

Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

Ich hab ein kleines Notizbuch für Ideen, die mir zwischendurch kommen. Da ist Papier und Bleistift unschlagbar. Für den ganzen Rest: Rechner. Das erleichtert die spätere Überarbeitung enorm.

Welches Schreibprogramm nutzt Du?

STF. Das steht für Simple Text Format – falls das Programm unbekannt ist: ich habe es selbst geschrieben. Hat den Vorteil, dass ich Funktionen, die mir gefallen, gleich selbst reinprogrammieren kann. Wenn ich dass nicht hätte, wäre es wahrscheinlich VI geworden. (Nerds wissen, was ich meine. Und ja, ich schiebe mir manchmal zum Spaß Bambussplitter unter die Fingernägel ;-))

Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

Morgens, wenn Frau und Kind aus dem Haus sind und bevor ich zur Arbeit muss, dann habe ich Ruhe. Meistens schaffe ich dann so fünfhundert Wörter, manchmal mehr, manchmal weniger. Wenn es ganz gut läuft, setzte ich mich abends nochmal hin.

Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

Ich hab mir ein Zeitlimit von einer bis anderthalb Stunden am Tag gesetzt. Früh, mittags und Abends logge ich mich bei Twitter ein, sehe nach, was es für neue Nachrichten gibt (bei Tweetdeck kann man die einzelnen Listen und Suchen in separaten Spalten anzeigen lassen, damit konzentriere ich mich auf wirklich wichtige Tweets) und reagiere auf Anfragen. Alles, was auf meinem Blog passiert, bekomme ich per eMail geschickt – die beantworte ich dann so schnell wie möglich.

Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Deine Frau kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

Wenn mein Kleiner ankommt, lasse ich alles liegen. Aber bei regelmäßigen Störungen weise ich schon dezent darauf hin, dass Schriftsteller auch irgendwann schreiben müssen.

Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

Nope. Von Alkohol werde ich müde und bekomme Kopfschmerzen. Beides schlecht für mein Schreibkarma.

Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

Ja. Deshalb habe ich immer ein Notizbuch in meiner Nähe. Ich habe in der Vergangenheit zu viele gute Ideen vergessen, weil ich gedacht habe: „Das merkst du dir bis morgen.“

Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

Nein, dann fängt der Spaß erst an 😉 Überarbeiten ist ganz wichtig und wenn ich nach einiger Zeit wieder mal den Text lese, dann fallen mir noch ein paar Verbesserungen ein – und dank der eBook-Technologie sind solche Änderungen auch in Nullkommanichts beim Leser.

Vielen Dank Matthias, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Matthias_Czarnetzki_Lutetia_Stubbs_Herz_Stein
„Schriftsteller. Der einzige Weg, mehrere Leben zu führen und nur für eins Steuern zahlen zu müssen.“ (Quelle)

Matthias Czarnetzki (vermutlich geboren Mitte der Siebziger, verheiratet, ein Sohn, laut eigener Aussage gut aussehend, Quelle: „eine Mischung aus Daniel Craig und Harrison Ford“, Quelle) begann seine Karriere als Banker, wurde Journalist und studierte Informatik, bevor er das Leben (oder die Leben) als Schriftsteller intensivierte.

Neben dem Schreiben und Vermarkten eigener Bücher unterstützt er andere Indie-Autoren dabei, den gleichen Respekt zu erlangen wie Indie-Musiker und Indie-Filmemacher, so dass sie ihren traditionell verlegten Kollegen in nichts nachstehen (Quelle).

Homepage von Matthias Czarnetzki, hier bloggt er regelmäßig über das Lesen, Schreiben und Verlegen
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    • Demnächst zu Gast auf Boschers Blog: Die Schriftstellerin Sabine Trapp

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Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftstellerin Nika Lubitsch

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

Nika_Lubitsch
Heute zu Gast auf Boschers Blog: Nika Lubitsch

Hallo Nika, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:

Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

Dass „Der 7. Tag“ ein Bestseller geworden ist. Ich hätte nie gedacht, dass auf meiner Festplatte noch ein Einfamilienhaus schlummert, nachdem das Manuskript von über 20 Verlagen vor 13 Jahren abgelehnt wurde. Boshafte Freude ist die schönste Freude, ehrlich!

Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?
Nika_Lubitsch_7_Tag
Das ist in jedem Roman anders. Im 7. Tag ist es natürlich Sybille, im 5. Gebot ist es Opa Gerhard, im 2. Gesicht liebe ich Sandra, die Freundin. Nur in meinen Kudamm 216-Krimis kann ich mich nicht entscheiden. Denn dort habe ich viele meiner Freunde aus dem realen Leben versammelt: Lady Kaa wurde nach dem Vorbild meiner besten Freundin geschaffen, die vor zehn Jahren gestorben ist und alle anderen Figuren gehören ebenfalls zu meinem Freundeskreis. Daran erkennt man aber: Ich liebe Charaktere, die ein wenig speziell sind.

Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

Nero Wolfe von Rex Stout. Er ist sozusagen das männliche Pendant zu meiner Alice von Kaldenberg, genannt Lady Kaa.

Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

„Manche Menschen werden als Opfer geboren.“ Prolog aus „Der 7. Tag“

Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?

Soft-Rock.

Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

Das Bedürfnis zu schreiben.

Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit seiner schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

Es gab eine Zeit, in der ich gesagt hätte: einem anderen Brotberuf nachzugehen. Ich hatte gelernt, dass man blöd wird, wenn man nur zu Hause sitzt und schreibt, weil man immer etwas aus dem Kopf herauszieht aber nichts mehr hinein tut. Heute würde ich das nicht mehr behaupten, das liegt aber an den Möglichkeiten des Selfpublishing. Denn dabei musst du neben dem Schreiben eben auch alles andere machen, was sonst ein Verlag macht und du hast eine Menge beruflichen Kontakt zu Kollegen und Zulieferern, wie z.B. Grafiker, ebook-Ersteller, Lektoren und Korrekturlesern. Und du musst dich ständig über die wechselnden Rahmenbedingungen in der Branche informieren. Das ist wie ein extra Beruf nebenbei, keine Chance also blöd zu werden.

Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerader Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

Ich habe immer nur eine Grundidee, auch über die Figuren. Die lasse ich sich einfach entwickeln. Und wenn die dann anfangen, etwas zu tun, was eigentlich nicht geplant war, dann kommt die Geschichte in Gang. Nur „Das 5. Gebot“ endete so, wie ich es von Anfang an wollte, was daran lag, dass ich die Schlussszene zuerst geschrieben habe. Alle anderen Bücher haben mich in der Storyentwicklung einfach überrollt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie meine Protagonisten es schaffen, am Anfang kleine Spuren zu legen, die der Story später eine überraschende Wende ermöglichen.

Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

Sex und Mord. Sex, weil ich es schwer finde, die richtigen Worte zu nutzen und Mord, weil ich es noch schwerer finde, jemanden so um die Ecke zu bringen, dass meine CSI-verwöhnten Leser nicht gleich rufen: Ach, das ist doch einfach, ein DNA-Test und die Story ist vorbei.

Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

Das Wort ENDE unter ein Manuskript zu setzen.

Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

Show, don’t tell. Von Sol Stein.

Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

Immer am Rechner. Meine Krakelschrift kann ich am nächsten Tag selbst nicht mehr lesen.

Welches Schreibprogramm nutzt Du?

Word.

Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

Eigentlich will ich zehn Normseiten an einem Tag schreiben. Aber das klappt nur selten, weil es eben noch so viel anderes zu erledigen gibt, siehe oben. Und ich kann nur schreiben, wenn ich nichts anderes auf der Agenda habe. Also nicht mal eben nur zwei Stunden. Entweder hintereinander weg den ganzen Tag oder es ist kein Schreibtag sondern ein Tag für den administrativen Aufwand.

Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

Zwei Stunden, mindestens. Oft mehr, es gibt so viele Baustellen. Ich nutze facebook, schreibe einen blog, der ziemlich erfolgreich ist und habe in der Vergangenheit auch eine PR-Agentur beschäftigt. Allein das Beantworten von Interviews….

Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

Ja, definitiv. Weil ich endlich so schreiben kann, wie ich es für richtig halte.

Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann oder Freund kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

Leider bin ich ein sofort-Erlediger und mache erstmal das, was mich stört.

Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

Nicht vor dem Schreiben, sondern nach dem Schreiben. Abends beim Essen und Quatschen mit meinem Mann kommen mir oft die besten Ideen. Und da hat Regisseur Pinot Grigio nicht selten seine Hände im Spiel.

Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

Nö, ich modifiziere sie die halbe Nacht, drehe sie in meinen Träumen und stehe morgens auf und setze sie in die Tat um.

Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

Nein, ich muss die Story ja mehrmals überarbeiten und dann kommt noch das Lektorat und das Spielchen geht von vorne los. Und manchmal gehst du sogar bei der Übersetzung wieder auf Anfang, so wie es mir jetzt bei „The 2nd Face“ passiert ist, da haben sich meine Übersetzerin und mein Editor wahre Verbalschlachten geliefert und versucht, das Ding total umzuschreiben.

Vielen Dank Nika, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Nika_Lubitsch_5_Gebot
„Am 12.Juli 2012 wurde Nika Lubitsch geboren. Auf einem zugemüllten Schreibtisch, draußen goss es in Strömen und es war so schwül, dass ich wirklich nicht mehr wusste, ob es die Herausforderungen der Technik waren, die mir den Schweiß aus den Poren trieben, die Aufregung, etwas total Neues auszuprobieren oder lag es nur am Wetter oder gar an den Wechseljahren. Und so begann meine Karriere als Selfpublisherin mit einem Donnerschlag. …“ (Quelle)

Gleich der erste Roman von Nika Lubitsch „Der 7. Tag“ landete auf Platz 1 der Kindle-Bestsellerliste – und hielt sich fünf Monate ganz oben in den Charts. „Der 7. Tag“ war das bis dato erfolgreichste E-Book Deutschlands. Der Nachfolger „Das 5. Gebot“ knüpfte an diesen Erfolg an (Quelle).

Bis heute hat Nika Lubitsch über 330.000 Bücher verkauft (Quelle). Sie lebt in Berlin und in Florida, ihre Bücher werden in mehrere Sprachen übersetzt (Quelle). Die Übersetzung ihres ersten Romans ins Englische „The 7th Day“ hat in den USA bisher 60.000 Leser gefunden (Quelle).

Augenzwinkernde Auskunft über ein Leben vor der Geburt von Nika Lubitsch erteilt eine Dame namens Monika von Ramin hier…

Amazon-Autorenprofil Nika Lubitsch
Facebook-Seite von Nika Lubitsch
Facebook-Seite „English Books by Nika Lubitsch“
Blog von Nika Lubitsch

  • Demnächst zu Gast auf Boschers Blog: der Schriftsteller Matthias Czarnetzki

 

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Die Seite 99 aus „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“

Ralf_Boscher_Krimi_Mordsroman_Abschied
Die Idee bei einem unbekannten Roman die Seite 99 zu lesen, um sich von der Qualität zu überzeugen, geht auf den britischen Autor Ford Maddox Ford (u.a. „Keine Paraden mehr“) zurück. Gefällt einem diese Seite, will man erfahren, was auf den 98 Seiten zuvor geschah, wird man neugierig auf das, was noch folgen mag. Das erste Mal von dieser Idee von Maddox habe bei Béla Bolten gelesen. Auf der Internetplattform Seite 99 findet Ihr viele entsprechende Leseproben.

Und hier nun die Seite 99 meines zweiten Romans „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“:

„Sie hätte mich ja auch wirklich sehr gern. Richtig verliebt hätte sie sich in mich. Doch dann sagte sie, in einem Tonfall, als wäre dies das Selbstverständlichste auf der Welt, ja, gerade als sie ihre liegende Haltung verlassen hatte und auf mir sitzend ihre Arme und Beine um mich schlang, da meinte sie mir ins Gesicht lächelnd: »Ich habe meinem Freund die letzten Tage so viel von dir erzählt, er ist schon ganz gespannt, dich kennenzulernen!«

Hier hatten wir also den wahren Grund für Magdalenas Zurückhaltung, ihr Noch nicht! usw., ihr Jetzt bin ich soweit! Sie erklärte mir, dass sie ihrem Freund treu sei, deswegen hätte sie mit mir auch erst was angefangen, als er von einer Reise zurückkehrte und sie ihm von mir erzählen konnte. Tja, so kann man sich also täuschen. Ich hätte sie am liebsten… Auf der Stelle. Während Magdalena versuchte, mich über die nicht ausgeschöpften, nur von unserer Erziehung verschütteten Möglichkeiten des Konzeptes Liebe aufzuklären…

Aber ich bin ganz ruhig geblieben, sah nicht rot. Denn mittlerweile war ja mein Mörder in mein Leben getreten, und während Magdalena versuchte, mich über die Chancen der Liebe aufzuklären, wenn man sie nur endlich aus den Zwängen der Normalität befreien könnte und sie als etwas Offenes begriff, das in einer klassischen Zweierbeziehung – diesem Mythos, wie Magdalena es nannte, der allein selig machenden Zweierkiste – zugrunde gehen würde, da spann ich schon an meinem Roman weiter, verwob Magdalena ins Netz meiner Geschichte, genauso wie ich es mit Johanna und Raphaela und all den anderen tat, die ich aus meiner Brust heraus aufs Papier riss.

You can’t always get what you want, but sometimes you get what you need! heißt es doch so schön. Ja, da es endlich mit meinem Roman zügig voranging – und wie es voranging, wie im Rausch, Seite um Seite, in etwa einem halben Jahr schrieb ich ihn nieder – trat alles andere, also vor allem meine Hoffnung auf Liebesglück, in den Hintergrund. Ich stellte meine ganze Kraft, meine Gedanken, meine Gefühle, meine Phantasien, in den Dienst meines Mörders und ließ den roten Faden selbst im Schlaf, wo ich im Traum seine Geschichte weiterspann, nicht mehr aus der Hand. Was für ein Gefühl der Befriedigung und Erfülltheit, und wie ruhig ich doch, trotz allen Schaffensfuror, war, ein Gefühl, als wäre ich nach endloser Odyssee endlich zu Hause angekommen.“

 

Zum Roman:
Abschied_Boscher_Cover_Detail
Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman von Ralf Boscher

Liebe, Lust und Leichen im Keller. Leben und Sterben zwischen Nietzsche, dem Niederrhein und der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal, in einer Nebenrolle: die Imperia in Konstanz außer Rand und Band.

„Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“ – ein Buch, das in vielen Genres wildert.

Der Roman ist als eBook und Taschenbuch erhältlich.

 

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Buchvorstellung: Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel

 

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel - Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel – Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

Es war nach Mitternacht. Ein kräftiges, ein leuchtendes, ja beinahe ein brennendes Rot schoss hervor. Krish konnte sie riechen. Er spürte den Hauch ihres Atems auf seinem Arm. Ihm schauderte. Seine Augen tasteten über die Leinwand. Der dicke Borstenpinsel zuckte hinterher. Wo mochte Helen sein? Seit drei Jahren etwa kannte er sie jetzt, und sie war in dieser Zeit öfter, nur einen kurzen Abschiedsbrief hinterlassend, für einige Wochen verschwunden. Aber dieses Mal erschien ihm die Zeit ihrer Abwesenheit unerträglich lang.

Anfangs hatten ihn Zeilen wie: Mach’ Dir keine Sorgen, Liebster, bin wieder on the road! Weiß’ nicht, wann ich wiederkomme! zutiefst getroffen. Auch wenn Helen ihm jedes Mal versichert hatte, zurückzukommen, so hatte ihn ihr eigensinniges Handeln zunächst sehr gekränkt.
Aber dieses Gefühl hatte von Mal zu Mal an Raum in seinem Herzen verloren. Denn schließlich war sie bisher wirklich jedes Mal zu ihm zurückgekehrt. Um so stärker war stattdessen die Sehnsucht nach ihr in Krish gewachsen.

Doch nun verspürte Krish zum ersten Mal neben dieser schon fast schmerzhaften Sehnsucht eine Empfindung, die er bislang nicht mit Helen in Verbindung gebracht hatte. Denn noch niemals zuvor hatte er sich um sie gesorgt.

Leserinnen- und Lesermeinungen zu Ralf Boschers erstem Roman:

„Ein überzeugend komponierter Roman, der seine Leser einer außergewöhnlich breiten Palette an Emotionen aussetzt. Ein guter Unterhaltungsroman!“ (Hermann Kinder über meinen ersten Roman „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“).

„Dies ist kein gewöhnlicher Krimi oder Thriller. Wer erwartet, dass es sich hier hauptsächlich beispielsweise um ein Ermittlerteam und dessen Aufklärungsarbeit um ein Verbrechen dreht, wird dann wohl eher enttäuscht. Wer sich aber in eine Abfolge durchgehend spannender Ereignisse stürzen möchte, Einblicke in die Seele der Protagonisten riskieren möchte, wird begeistert sein.“ (Jayzed, Rezension auf „Das lesende Pony“).

„Viele Szenen werde ich so schnell nicht vergessen. Der Moment, als der Mörder zu einem ebensolchen wird. Oder was dem Krankenpfleger Hartmut als Kind im Heim zustößt. Oder Helens Rückkehr. … Aber was mir neben der spannenden Krimihandlung noch mehr gefallen hat: Das Buch berührt. Denn die Figuren und ihre Schicksale sind lebendig gezeichnet. Mit einigen, vor allem den weiblichen Hauptfiguren, konnte ich mich identifizieren.“ (Marmaid, Rezension auf „Lovelybooks“).

„Nicht nur ein Krimi… Wer den Abschnitt ‚Zu diesem Buch‘ und die ersten Seiten liest, der könnte zu der Annahme gelangen, dass dieser Roman ein reiner Krimi ist. Doch da die Geschichte weit mehr beinhaltet, fand ich den Untertitel ‚Roman über Liebe, Tod und Teufel‘ sehr passend. Eine gute Mischung aus Krimi und Gesellschaftsroman, mit dem besonderen Etwas. Spannend, abwechslungsreich, kurzweilig und daher sehr flüssig zu lesen.“ (T. Geyer, lesen und mehr, Rezension auf Amazon).

Zum Roman:

Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel

Engel_Boscher_Rückumschlag
Der Tod ist in die Stadt gekommen, und er ist auf einer Mission. „Abtreibungskiller“ nennt ihn schon bald die Presse. Der Polizei gelingt es nicht, den heimtückischen Frauenmörder zu stoppen. Gelingt dies Hartmut, dem Krankenpfleger mit einer ausgeprägten Vorliebe für Prostituierte? Der Tod ist in die Stadt gekommen, und düstere Visionen quälen den aufstrebenden Künstler Krish. „Kann es sein, dass ich nicht nur male, was war, sondern auch, was sein wird?“ Wo ist seine große Liebe Helen? Ist ihr etwas zugestoßen? Nein. Ja. Aber sie lebt. Noch. Denn nun ist der Mörder auf dem Weg zu ihr.

„Engel spucken nicht in Büsche“ – eine packende Geschichte. Lebendige Figuren, die Sie nicht vergessen werden. Starke Frauen. Ein teuflischer Mörder. Männer zwischen Sehnsucht und Furcht, getrieben. Ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld. Erotisch. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein spannendes Buch über Hoffnung und Schmerz, über Liebe, Leid und Lust.

Der Roman ist über Amazon als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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Zwischen Nietzsche und viel zu kurzem Bademantel: Ein Diskurs über Serienmörder

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Ein Diskurs über Serienmörder, aus: „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“

Magdalena studierte Literaturwissenschaft und Philosophie, wobei ihre Lektürevorlieben nicht ganz dem Bild einer Geisteswissenschaftlerin entsprachen: »Ich les’ furchtbar gerne Krimis, Psychothriller und Horrorromane. Wenn mir beim Lesen das Blut gefriert, wie man so sagt, dann bin ich in meinem Element. Hauptsache heftig packend! Möglichst abgedreht! Denn mit der Normalität, da hab’ ich es nicht so!«, wie sie mir sagte, als wir in der Cafeteria der Universität aufgrund des Buches, das ich las, Die Seele des Mörders von John Douglas, jenem FBI-Agenten, der als Vorbild für die Ermittler in Der Rote Drache und Das Schweigen der Lämmer gedient hat, ins Gespräch gekommen waren.

»Na!«, hatte sie lächelnd gemeint, »ein bisschen gruseln?«, als sie sich mir gegenüber an den Tisch gesetzt und meinen Tabak zur Hand genommen hatte, um sich eine Zigarette zu drehen. »Das ist aber keine Lektüre, die uns im Nietzsche-Seminar empfohlen wurde«, meinte sie noch, »Obwohl, wenn man Douglas’ Analyse der Serienmörder-Motive folgt (offensichtlich hatte Magdalena das Buch gelesen), gibt es schon gewisse Berührungspunkte, man braucht ja nur an Nietzsches Satz von der Geschlechtlichkeit zu denken, die bis in die höchsten Äußerungen des Geistes reiche.« Da wusste ich auch, woher ich ihr Gesicht und dieses knappe Kleid kannte, das ihre barocken Formen geradezu aufklärerisch mehr ent- als bedeckte.

»Nein!«, antwortete ich ihr, »nicht gruseln, Recherche.« »Recherche?«, fragte sie, sich lächelnd dergestalt über den Tisch beugend, um das Feuerzeug zur Hand zu nehmen, dass ich mich kaum auf ihre Worte konzentrieren konnte, »So nach dem Motto: serialkilling for runaways?«

»Recherche für einen Roman, an dem ich arbeitete!«, gab ich zurück, mich dabei bemühend, ihr in die Augen und nicht in den Ausschnitt zu schauen. Man weiß ja schließlich, was sich gehört. »Schöne dunkle Augen hast du!«, meinte ich also zu ihr, woraufhin sie mir mit einem so speziellen Lächeln antwortete, dass ich nicht sicher war, ob meine Bemühungen, mich auf ihre Augen zu konzentrieren wirklich erfolgreich gewesen waren, und ich ihr vor lauter Schamhaftigkeit schnell einen kurzen, improvisierten Monolog hielt, der sich darum drehte, dass das Verfahren der Tätersuche wie sie in Die Seele des Mörders beschrieben wird Ähnlichkeiten mit gängigen Textinterpretationstechniken aufweisen würde.

Ich glaub’ nicht, so sagte ich in etwa zu Magdalena, dass es ein bloßer Zufall sei, dass es sich bei beiden Verfahren um Stilanalysen handle. Vielmehr sei von einer Strukturhomologie zwischen dem, was ein Schriftsteller tue, und dem, was ein Serienmörder mache, auszugehen, die sich in der Interpretationsmethode niederschlage: »Manipulation. Dominanz. Kontrolle sind die drei Gesichtspunkte, unter denen sich die Eigenheiten der Stoffbehandlung sowohl bei Mördern wie bei Schriftstellern fassen lassen, hier die Behandlung von Menschen, dort die Behandlung der Sprache. Und so ist es okay, wenn man – wie Douglas es ja tut – in Analogie zu hermeneutischen Textinterpretationsverfahren davon spricht, dass es bei der Täterprofilerstellung darauf ankomme, eine Handschrift, einen Stil zu entziffern. Geht es bei der einen Methode darum, die Eigenheiten eines Sprachstils herauszuheben, die Besonderheiten der Behandlung der Sprache durch den Dichter, um Aufklärung über sein Schreibverfahren, seine Handschrift zu erhalten, so bei der anderen eben um den spezifischen Stil eines Mörders, in dem er die Opfer behandelt hat, um ihm auf die Spur zu kommen!«

Ich hatte mich so richtig in Fahrt geredet. Kam mir unheimlich klug und begehrenswert vor. Wie Magdalena da auf der anderen Seite des Tisches saß, ihr Kinn auf eine Hand gestützt, zwischenzeitlich an der Zigarette ziehend, mich mit ihrem Lächeln dabei aber nie aus dem Blick lassend, war das aber auch ein anregender Anblick. Also sprach ich einfach weiter, meinte, man könne mit Douglas berechtigterweise von den Taten eines Mörders als seinem Werk sprechen. Denn genauso wie man sich das Werk eines Künstlers anschauen müsse, um zu verstehen, was er damit meine, müsse man das Werk des Mörders betrachten, um seine Handschrift zu entziffern und so den Sinn, den er seiner Tat zu geben versucht. Denn wie bei einem Künstler stehe auch am Beginn der Tat eines Mörders die Phantasie. Schon lange bevor das Werk in die Tat umgesetzt würde, sei diese in der Phantasie schon vorhanden.

Mit dem – wie ich fand, sehr gelungenen – Satz »Und hat er erst einmal mit der Verwirklichung begonnen, dann gibt es kein Halten mehr, den Serienmörder drängt es genauso wie den Künstler zur Vollendung!« beendete ich meinen Monolog und drehte mir nun meinerseits eine Zigarette, nervös auf eine Reaktion von Magdalena wartend. Sie setzte sich betont aufrecht hin und streckte sich ausgiebig. Das war – wie ich fand – schon mal eine sehr angenehme Reaktion. Als sie mich dann aber wieder ansah – mir gelang es erneut kaum, meinen Blick auf ihre Augen zu zentrieren –, widersprach sie mir allerdings. Lächelnd griff sie über den Tisch, drückte kurz meine Hand, dann wieder meinen Tabak nehmend, und sagte:

»Vollendung! Du bist ja ein richtiger Romantiker!« Und dann meinte sie noch, dass das Böse – ihrer Meinung nach – nichts Romantisches an sich habe, überwiegend banal sei es, so banal, dass es im eigentlichen Sinne nicht mal böse zu nennen sei, sondern einfach nur krankhaft. Dass im kollektiven Gedächtnis vor allem Mörder mit – wie ich gesagt hätte – Stil, mit einer unverwechselbaren Handschrift gespeichert seien, ginge – so Magdalena – auf deren überwiegende Präsenz in den Medien zurück. Es sei ein Effekt der medialen Vermittlung in Kunstfiguren wie dem Todsündenmörder aus dem Film Sieben oder Hannibal Lecter die Prototypen des Serienmörders zu sehen. Solche Monster in Szene zu setzen, sei halt in. Bräuchte mir doch nur mal die Programme der Privaten ansehen, da käme fast jede Woche irgendwas mit einem Serialkiller drin, und je abstruser dessen Konzept (»immer wieder gerne aus der Bibel genommen«), umso besser. Vielleicht, so mutmaßte Magdalena, fänden diese Figuren ja deswegen ihr Publikum (»Mich ja schließlich auch!«, sagte sie), da sie an einen Nerv der heutigen Zeit rühren, vielleicht das Bedürfnis, das Böse nicht einfach als banal hinzunehmen.

So kamen wir also über besagtes Buch, und alles, was uns an Romanen und Filmen, in denen Serienmörder eine Rolle spielen, einfiel – natürlich auch meinen Roman und meine noch nichtexistente Hauptfigur –, gut ins Plaudern. So gut, dass Magdalena mir anbot, dieses Gespräch doch an selbem Abend bei einem Glas Wein fortzusetzen, was ich leider ablehnen musste, weil ich an jenem Abend Dienst in der Kneipe hatte, und ich mir sicher war, so kurzfristig keinen Ersatz für mich zu finden.

»Macht nichts!«, sagte Magdalena da, ohne lange zu überlegen, »Komm doch einfach nach der Arbeit bei mir vorbei, ich bin ein Nachtmensch!«, und ich nahm ihr Angebot natürlich begeistert an.

Was mich begeisterte, war natürlich nicht nur die Aussicht, dieses sehr anregende Gespräch in anregenderer Umgebung fortsetzen zu können, sondern auch jener Gedanke, der sich aufgrund von Magdalenas Verhalten in mir herausgebildet hatte: nämlich, dass sie keinen Freund hatte, haben konnte. Warum sollte sie sich auch so aufreizend kleiden, wenn sie einen Freund gehabt hätte? Wenn sie dem Markt nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte? Allein aus dem Reiz heraus, anders als normal zu sein? Nein, wenn sie einen Freund gehabt hätte, dann hätte sie sich nicht – ohne zu überlegen, ohne dies mit ihm abzuklären – nachts mit einem Mann zum Wein verabredet. In ihrer Wohnung. Mit einem fremden Mann. Zum Wein.

Ich fand mich nach meiner Arbeit bei Magdalena ein. Und sie ging, als ich in ihrem Wohnzimmer auf einem Sessel Platz genommen hatte, gleich in medias res:

»Ich hab’ mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen. Was du da heute Mittag gesagt hast, hat mit der schmutzigen Realität wirklich nichts zu tun!«

Mir gegenüber auf dem Sofa sitzend, äußerst schnuckelig anzuschauen in ihrem viel zu engen, viel zu kurzen, alten, verwaschenen rosa Frotteebademantel, öffnete sie eine Flasche Rotwein.

»Es mag ja sein«, so gab sie zu, »dass es auf manche Mörder zutrifft, bei ihnen von Stil und Handschrift zu sprechen, und da führt die hermeneutische Methode der Täterprofilerstellung ja anscheinend auch zu Erfolgen…«, wobei ihr ein guter Schluck aus der Flasche über eines ihrer vom Bademantel nicht bedeckten Knie und einen ihrer ebenfalls nackten Oberschenkel schwappte –
»Aber denk doch nur mal an die Zahlen! Einer Minderheit von aufgeklärten Fällen steht eine Masse an nicht gelösten Taten von Serienmördern gegenüber.«
– was es mir ein wenig schwer machte, mich auf ihre Worte zu konzentrieren, vor allem, da sie den Wein einfach über ihre Haut und auf den Teppich laufen ließ, während sie weiter redete –
»Und nicht deswegen«, betonte sie, »weil nicht genügend Personal zur Verfügung steht, welches sich durch interpretatorisches Geschick auszeichnet, sondern schlicht und einfach aus dem Grund, dass die nicht gefassten Serienmörder unsystematisch, konzeptlos sind, und ihnen mit Methoden, die mit Kategorien wie Werk und Handschrift und Stil arbeiten, nicht beizukommen ist!«

Mir fiel daraufhin nichts Kluges als Erwiderung ein. War zu abgelenkt. Sah nur den Rotwein rinnen und rinnen, was sich recht negativ auf meinen Gedankenfluss ausübte, derweil Magdalena von Gedanken nur so überzufließen schien: Sie gab zu, dass es auf der Ebene der Methoden Ähnlichkeiten geben mag zwischen der Aufklärung von Gewaltverbrechen und der von Kunst, man brauche ja nur an Foucaults Gedanken der Epistéme zu erinnern, um solche strukturellen Gleichförmigkeiten nicht verwunderlich zu finden. Aber von dieser Ähnlichkeit auf der Metaebene auf eine ebensolche auf der Objektebene zu schließen, sei schlicht unzulässig.

»Serienmörder sind in der Regel keine Künstler!«, stellte Magdalena kategorisch fest, während vor meinem inneren Auge der Satz: Leck ihr den Rotwein vom Bein! Leck ihr…! blinkte und –
»Nicht künstlerisches Kalkül, so pervers und abstrus es auch sein mag, zeichnet ihre Taten aus«, sagte Magdalena, »sondern grauenhafte Belanglosigkeit…«
– blinkte –
»Es mag ja sein, dass es da Phantasien gibt, die hat schließlich jeder, auch wenn sie zumeist nicht von dieser Art sind, aber normalerweise, wenn ich in diesem Falle überhaupt von normal reden kann,…«
– blinkte –
»…werden sie nicht zum Werk. Da wird ein mörderischer Trieb ausgelebt, ausgestaltet wird da nichts!«
– und blinkte, bis Magdalena sich endlich mit einem Tempo säuberte, so dass ich dergestalt aus meiner erotischen Abgelenktheit wieder auf den Teppich gebracht, den Magdalena mit einem anderen Tempo trocken tupfte, ihren weiteren Ausführungen wieder konzentrierter folgen konnte:
»Diese Mörder sind einfach Tiere! Auch wenn diese Metapher schon beinahe einer Beleidigung der Tiere gleichkommt«, meinte sie, »Wenn sie der Trieb packt, schlagen sie willkürlich und zufällig das Opfer, was sich ihnen gerade anbietet. Das hat aber rein gar nichts mit Kunst zu tun, das ist nun wirklich eine naive Romantisierung von Mordlust!«

Ich wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber Magdalena kam meinem Einspruch mit einem Positionswechsel auf dem Sofa zuvor. Hatte sie zuvor gesessen, so legte sie sich nun auf die Seite und stütze ihren Kopf auf eine Hand, was Magdalenas ausgeprägte Kurven noch betonte, vor allem da sie sich mit ihrem Bademantel vollständiger nur hätte bedecken können, wenn sie sich größere Mühe damit gegeben hätte. Jedenfalls veranlasste mich mein Rückenmark, den Mund zu halten, stattdessen hinzugucken und Magdalena – genüsslich an meinem Wein nippend – einfach nur zuzuhören:

»Verbrechen, bei denen zwischen Täter und Opfer eine Verbindung besteht, sind bekanntermaßen leichter aufzuklären«, sagte sie, »weil allein schon diese persönliche Verbindung eine gewisse Einzigartigkeit stiftet, die Hinweise auf den Täter liefert!«

Weiterhin meinte sie: »Und deswegen sind diese Mörder, die du hier mit Künstlern auf eine Stufe stellst, auch einfacher zu fassen als die viel zu vielen, die ohne erkennbares Konzept, ohne weitergehendes Motiv als der puren Mordlust zur Tat schreiten. Diese fassbare Verbindung zwischen Täter und Opfer – und da mag das Opfer auch nur reines Objekt sein – ist schließlich auch dann vorhanden, wenn einer deiner stilvollen Mörder zur Sache geht!«

Und sie sagte auch noch: »Auch wenn er sein Opfer nicht persönlich kennt, so ist es dennoch nicht willkürlich ausgewählt. Es mag zwar Zufall sein, dass es gerade diesen besonderen Menschen trifft, aber die Auswahl des Typus, den dieser Mensch verkörpert, ist nicht dem Zufall überlassen. Die Wahl des Opfers ist notwendiger Teil der Inszenierung, und so stellt er durch seine Handschrift, seinen Stil eine Verbindung zum Opfer her. Und diese inszenierte Verbindung zwischen Täter und Opfer stellt jene Einzigartigkeit dar, die es leichter macht, solchen Mördern auf die Spur zu kommen, hier hilft wirklich Einfühlung. Denn die Interpretation seiner speziellen Objektivierung von Menschen lässt Rückschlüsse auf den Urheber zu«

Dies seien aber, wie Magdalena erneut betonte, nur die Ausnahmen, und während sie weitersprach, setzte sie sich wieder hin und wickelte sich, da ihr anscheinend kalt geworden war, von ihren Knien bis zum Hals in eine Decke ein. Die große Masse an Serienmördern sei stillos, sagte sie also, bei ihnen fehle (leider müsse man sagen, sagte sie) diese Verbindung, sie seien konturlose, zutiefst gestörte Persönlichkeiten, die nichts an Einzigartigkeit an sich hätten, und deswegen liefen die meisten von ihnen auch noch frei herum.

Nun nicht mehr stumm gemacht durch ihr dahingeräkelte Pose, hatte ich bereits den Mund geöffnet, um ihr zu erwidern, dass ich die von ihr kritisierten Überlegungen ja gar nicht im Hinblick auf das, was in der Welt wirklich passiere, geäußert hätte, sondern in Gedanken an die zu schaffende Romanfigur, aber da lenkte Magdalena ihren Redefluss schon von selbst in diese Richtung:

»Aber klar«, gab Magdalena zu, »dass dir als Schriftsteller so konturlose Mördergestalten nicht zusagen. Mir als Leserin übrigens auch nicht. Solche Typen – fiktionalisiert – sind wohl einfach zu nah an der Realität dran, als dass man sie genussvoll rezipieren könnte. Nein, nein, literarische Mörder müssen zwar so realistisch sein, dass es sie geben könnte, aber nicht so real, dass man das Gefühl hat, sie bei nächster Gelegenheit zu treffen. Da gibt es eine schmale Grenze, die uns erlaubt, Spaß bei Lektüre oder beim Schauen von Filmen zu haben, zumindest für mich, denn bei Aktenzeichen XY hatte ich nie Spaß, wenn meine Eltern wollten, dass ich mir das anschaue, um mich auf die Gefahren vorzubereiten, die draußen in der Welt auf Mädchen wie mich warten. Das war mir einfach zu real, weil es da um Menschen ging, die es wirklich gab oder gegeben hatte!«

Den Rezipienten interessiere nicht die Einszueins-Übertragung der Wirklichkeit, meinte Magdalena, die einfach nicht zu stoppen schien, was mir allerdings auch fernlag, denn während ihres ausschweifenden Monologes rutschte ihr die Decke von den Schultern, so dass ich wieder in den Genuss ihres, aus dem Bademantel quellenden Oberkörpers kam. Selbst beim sogenannten Reality-TV, meinte sie, sei klar, dass es – obwohl gefilmte Wirklichkeit – Fiktion sei, denn die mediale Vermittlung ermögliche die erforderliche Distanz. Mediale Vermittlung, also Kameraausschnitte, Schnitttechnik, Kommentare oder auch nur Stimmen aus dem Off etc. seien im Bewusstsein des Zuschauers nie die Wirklichkeit selbst, sondern eine ihm mundgerecht servierte, das hieße übertriebene Darstellung derselben.

»Ist es auch dasselbe Blut, das fließt, ob man nun direkt dabei steht oder es im Fernseher sieht, so ist es doch nicht das Gleiche…«
– Ein Gedanke, den ich sehr einleuchtend fand, wobei ich allerdings nicht an Blut, sondern an den entscheidenden Unterschied zwischen wohlgeformten Frauenkörpern im Fernsehen und an Magdalenas Körper hier vor mir auf dem Sofa dachte: Letzterer ist einfach zum Greifen nah –
»Im Fernsehen ist alles einen Tick roter, knalliger, dramatischer als im wirklichen Leben.«
– ja, praller, sonnengebräunter, williger, aber nicht so verdammt nah! –
»Und dieser Tick mehr ermöglicht den Genuss. Übertreibung ist Pflicht. Natürlich muss die Übertreibung im Rahmen des Wahrscheinlichen bleiben, wie ja schon Aristoteles gefordert hat, die Fiktion darf nicht so unwahrscheinlich und Zufällen ausgeliefert sein wie die Wirklichkeit. Aber eine gewisse Übertreibung…«
– übertreib’ es, schlag den Bademantel doch ganz auseinander! –
»…ist wohl konstitutiv für den Genuss an der medialen Vermittlung von Grusel, Spannung oder Horror. Durch die Übertreibung entsteht in unserer Phantasie eine Als ob…-Situation, wir tun so, als ob es dies und das geben könnte, und innerhalb dieses Als ob… können wir genießen.«
– genau, als ob du die Decke fallen lässt und dich auf den Rücken und verlangst, dass ich dich wärme –
»Da kann die Wirklichkeit noch solche Monster von Mensch hervorbringen, wenn sie durch die mediale Vermittlung nicht noch monströser gemacht werden, haben wir keinen Spaß an ihnen. Selbst deine Künstlermörder werden aus diesem Grunde noch übertrieben dargestellt, so dass sie nicht einfach mehr als pathologische Abweichung von der Norm angesehen werden, sondern als das Böse selbst. Gleichzeitig getrieben und kühl kalkulierend an der Vollendung ihres perversen Werkes arbeitend, können sie einfach nicht mehr menschlich sein. Sie sind Teufel in Menschengestalt, und da den meisten von uns diese theologische Anschauung noch vertraut ist, ohne dass wir wirklich noch daran glauben, eignet sich diese Übertreibung vom Kranken hin zum Dämonischen natürlich sehr gut, um die erforderliche Distanz entstehen zu lassen. Ihre Monstrosität stellt sicher, dass ihr Auftreten in den Medien als Ausnahmen von der Regel mit einem gewissen Genuss rezipiert werden kann. Sie sind einfach zu anormal, als dass der Leser oder Zuschauer das Gefühl haben müsste, ihnen um die nächste Ecke zu begegnen!«

Ein Erschaudern ging durch ihren Körper.

»Ist dir kalt?«, fragte ich und rückte sprungbereit auf die Kante des Sessels vor.

»Nein, nein!«, entgegnete Magdalena, »Ich dachte nur daran, wie ich mich damals an jedem Samstag, der auf das freitagabendliche XY folgte, gefürchtet habe, wenn ich aus dem Haus ging.« Dann zog sie sich die Decke sorgfältig über die Schulter, und ich dachte: Und ihr ist doch kalt! Vielleicht sollte ich forscher sein und sie einfach in den Arm nehmen? Doch bevor ich mich zu einer Tat entschließen konnte, trank sie ihr Glas in einem Zug leer und schickte mich nach Hause. Im ersten Moment war ich enttäuscht, hatte ich doch das Gefühl, den richtigen Augenblick verpasst zu haben, mich ihr zu nähern. Vielleicht denkt sie, ich hätte kein Interesse an ihr?, dachte ich. Doch im Wohnungsflur fragte sie mich, was ich denn morgen vorhabe. Sie würde mich gern wiedersehen. Und so ging ich beschwipst vom Wein und all den sinnlichen Eindrücken und beseelt von dem Gefühl, dass dies doch ein sehr vielversprechender Anfang gewesen war, durch das nächtliche Wuppertal nach Hause. Wie sagte Hesse: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Und einen Zauber spürte ich sehr deutlich. Allerdings ahnte ich nicht, dass es nicht die Vorboten einer glücklichen Liebesbeziehung waren, die mich erfüllten. Es war die Magie der Inspiration, die ich zu spüren bekam. Die Ankunft meines Mörders rückte näher.

Ende der Leseprobe aus Boschers Roman „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“. Der Roman ist bei Amazon als eBook und als Taschenbuch erhältlich.

Ralf_Boscher_Krimi_Mordsroman_Abschied
Liebe, Lust und Leichen im Keller. Leben und Sterben zwischen Nietzsche, dem Niederrhein und der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal, in einer Nebenrolle: die Imperia in Konstanz außer Rand und Band.

„Abschied ist ein scharfes Schwert“ ist ein ungewöhnlich erzählter, an Ironie reicher Mordsroman über einen Schriftsteller und einen Fan, über Gewalt und Gier, Tod und Wiederauferstehung. Eine Lebensgeschichte voller skurriler, ja grotesker Momente. Wir begegnen interessanten Charakteren (mit meist nur kurzer Lebenserwartung) und dämonischen Gestalten. Würzig abgeschmeckt wird das Ganze mit einem Hauch von Philosophie, einem satten Pfund Sex and Crime, einer guten Prise Wahnsinn und zwei Messerspitzen Horror.

„Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“ – ein Buch, das in vielen Genres wildert.

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Die Seite 99 aus „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“

Ralf Boscher - Engel
Die Idee bei einem unbekannten Roman die Seite 99 zu lesen, um sich von der Qualität zu überzeugen, geht auf den britischen Autor Ford Maddox Ford (u.a. „Keine Paraden mehr“) zurück. Gefällt einem diese Seite, will man erfahren, was auf den 98 Seiten zuvor geschah, wird man neugierig auf das, was noch folgen mag. Das erste Mal von dieser Idee von Maddox habe bei Béla Bolten gelesen. Auf der Internetplattform Seite 99 findet Ihr viele entsprechende Leseproben.

Und hier nun die Seite 99 meines ersten Romans „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“:

„Das Geschirr ließ Hartmut auf dem Tisch stehen. Er pustete die Kerze aus, und zufrieden gestimmt durch das gute Essen blieb er eine Weile im Dunkeln sitzen. Dann ging er auf die Toilette.

Er zog den Seidenmantel aus. Nackt setzte er sich auf die kalte Klobrille, stützte seine Hände auf seine Oberschenkel und betrachtete sich in dieser Pose lange in dem Spiegel, den er vor geraumer Zeit direkt davor an die Wand geschraubt hatte. Stolz tastete er mit den Augen seinen flachen, muskulösen Bauch ab, dem man das gerade verzehrte üppige Mahl nicht ansah. Dann spannte er seine Brustmuskulatur ein wenig an, und darüber vergaß er fast seinen Stuhlgang. Aber auch nur fast. Schließlich ließ Hartmut von seinen Betrachtungen ab und konzentrierte sich auf die Kontraktion der Enddarmmuskulatur und die Erschlaffung seines Schließmuskels bei gleichzeitiger Betätigung der Bauchpresse.

Körpergefühl war ihm enorm wichtig, und wie Zahnpflege, Muskeltraining und ab und zu Sex gehörte auch ausgiebiger Stuhlgang zu einem gelungenen Tag. Zu spüren, wie der Körper und dass er gut funktionierte, war für ihn eine Form von Glück. Und in diesem Sinne lag Hartmut dann wenig später mit dem Rücken und nackt auf der Hantelbank, stemmte wieder und wieder das Gewicht über den Kopf.

Wie immer, wenn er seine Übungen durchzog, dachte er an das Mädchen, dachte er an diesen düstersten Punkt seiner Vergangenheit. Er riss die Hantel hoch und sah ihre Augen, die ihn erst voller Hoffnung angeblickt hatten und dann nur noch tot gewesen waren. Er saugte neue Luft in seinen Brustkorb hinein und stemmte das Gewicht: die Jungen hatten ihn auf den Boden geschmissen, unfähig und schwach, wie er damals gewesen war. Langsam senkte er die Hantel herab… Hartmut lag wieder auf dem Mädchen, Wange an Wange, sah in ihre toten Augen, fühlte sich schuldig, ihr nicht geholfen zu haben… und stemmte die Hantel wieder hoch… unfähig und schwach war er… Sein Schweiß tropfte auf den Boden, er kämpfte gegen das Gewicht an… und dann kamen die Tritte, und er, unfähig und schwach, ließ sie geschehen. Und wieder Tritte. Und Blut tropfte auf den Boden und… die Hantel hoch, sein Schweiß rann durch die Haare auf seiner Brust und die Hantel wieder hoch und wieder… Tritte und schwach, SCHWACH lag er mit dem Kopf in ihrem Blut und… Schweiß tropfte von seiner Stirn und sein Körper glänzte“

Zum Roman:

Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel, von Ralf Boscher

Der Tod ist in die Stadt gekommen, und er ist auf einer Mission. „Abtreibungskiller“ nennt ihn schon bald die Presse. Der Polizei gelingt es nicht, den heimtückischen Frauenmörder zu stoppen. Gelingt dies Hartmut, dem Krankenpfleger mit einer ausgeprägten Vorliebe für Prostituierte? Der Tod ist in die Stadt gekommen, und düstere Visionen quälen den aufstrebenden Künstler Krish. “Kann es sein, dass ich nicht nur male, was war, sondern auch, was sein wird?” Wo ist seine große Liebe Helen? Ist ihr etwas zugestoßen? Nein. Ja. Aber sie lebt. Noch. Denn nun ist der Mörder auf dem Weg zu ihr.

“Engel spucken nicht in Büsche” – eine packende Geschichte. Lebendige Figuren, die Sie nicht vergessen werden. Starke Frauen. Ein teuflischer Mörder. Männer zwischen Sehnsucht und Furcht, getrieben. Ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld. Erotisch. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein spannendes Buch über Hoffnung und Schmerz, über Liebe, Leid und Lust.

Erhältlich Taschenbuch in allen Buchhandlungen

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