Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.
Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.
Ralf Boscher
Heute zu Gast auf Boschers Blog: Nika Lubitsch
Hallo Nika, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:
Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?
Dass „Der 7. Tag“ ein Bestseller geworden ist. Ich hätte nie gedacht, dass auf meiner Festplatte noch ein Einfamilienhaus schlummert, nachdem das Manuskript von über 20 Verlagen vor 13 Jahren abgelehnt wurde. Boshafte Freude ist die schönste Freude, ehrlich!
Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?
Das ist in jedem Roman anders. Im 7. Tag ist es natürlich Sybille, im 5. Gebot ist es Opa Gerhard, im 2. Gesicht liebe ich Sandra, die Freundin. Nur in meinen Kudamm 216-Krimis kann ich mich nicht entscheiden. Denn dort habe ich viele meiner Freunde aus dem realen Leben versammelt: Lady Kaa wurde nach dem Vorbild meiner besten Freundin geschaffen, die vor zehn Jahren gestorben ist und alle anderen Figuren gehören ebenfalls zu meinem Freundeskreis. Daran erkennt man aber: Ich liebe Charaktere, die ein wenig speziell sind.
Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?
Nero Wolfe von Rex Stout. Er ist sozusagen das männliche Pendant zu meiner Alice von Kaldenberg, genannt Lady Kaa.
Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?
„Manche Menschen werden als Opfer geboren.“ Prolog aus „Der 7. Tag“
Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?
Soft-Rock.
Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?
Das Bedürfnis zu schreiben.
Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit seiner schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?
Es gab eine Zeit, in der ich gesagt hätte: einem anderen Brotberuf nachzugehen. Ich hatte gelernt, dass man blöd wird, wenn man nur zu Hause sitzt und schreibt, weil man immer etwas aus dem Kopf herauszieht aber nichts mehr hinein tut. Heute würde ich das nicht mehr behaupten, das liegt aber an den Möglichkeiten des Selfpublishing. Denn dabei musst du neben dem Schreiben eben auch alles andere machen, was sonst ein Verlag macht und du hast eine Menge beruflichen Kontakt zu Kollegen und Zulieferern, wie z.B. Grafiker, ebook-Ersteller, Lektoren und Korrekturlesern. Und du musst dich ständig über die wechselnden Rahmenbedingungen in der Branche informieren. Das ist wie ein extra Beruf nebenbei, keine Chance also blöd zu werden.
Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerader Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?
Ich habe immer nur eine Grundidee, auch über die Figuren. Die lasse ich sich einfach entwickeln. Und wenn die dann anfangen, etwas zu tun, was eigentlich nicht geplant war, dann kommt die Geschichte in Gang. Nur „Das 5. Gebot“ endete so, wie ich es von Anfang an wollte, was daran lag, dass ich die Schlussszene zuerst geschrieben habe. Alle anderen Bücher haben mich in der Storyentwicklung einfach überrollt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie meine Protagonisten es schaffen, am Anfang kleine Spuren zu legen, die der Story später eine überraschende Wende ermöglichen.
Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?
Sex und Mord. Sex, weil ich es schwer finde, die richtigen Worte zu nutzen und Mord, weil ich es noch schwerer finde, jemanden so um die Ecke zu bringen, dass meine CSI-verwöhnten Leser nicht gleich rufen: Ach, das ist doch einfach, ein DNA-Test und die Story ist vorbei.
Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?
Das Wort ENDE unter ein Manuskript zu setzen.
Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?
Show, don’t tell. Von Sol Stein.
Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?
Immer am Rechner. Meine Krakelschrift kann ich am nächsten Tag selbst nicht mehr lesen.
Welches Schreibprogramm nutzt Du?
Word.
Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?
Eigentlich will ich zehn Normseiten an einem Tag schreiben. Aber das klappt nur selten, weil es eben noch so viel anderes zu erledigen gibt, siehe oben. Und ich kann nur schreiben, wenn ich nichts anderes auf der Agenda habe. Also nicht mal eben nur zwei Stunden. Entweder hintereinander weg den ganzen Tag oder es ist kein Schreibtag sondern ein Tag für den administrativen Aufwand.
Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?
Zwei Stunden, mindestens. Oft mehr, es gibt so viele Baustellen. Ich nutze facebook, schreibe einen blog, der ziemlich erfolgreich ist und habe in der Vergangenheit auch eine PR-Agentur beschäftigt. Allein das Beantworten von Interviews….
Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?
Ja, definitiv. Weil ich endlich so schreiben kann, wie ich es für richtig halte.
Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann oder Freund kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?
Leider bin ich ein sofort-Erlediger und mache erstmal das, was mich stört.
Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?
Nicht vor dem Schreiben, sondern nach dem Schreiben. Abends beim Essen und Quatschen mit meinem Mann kommen mir oft die besten Ideen. Und da hat Regisseur Pinot Grigio nicht selten seine Hände im Spiel.
Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?
Nö, ich modifiziere sie die halbe Nacht, drehe sie in meinen Träumen und stehe morgens auf und setze sie in die Tat um.
Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?
Nein, ich muss die Story ja mehrmals überarbeiten und dann kommt noch das Lektorat und das Spielchen geht von vorne los. Und manchmal gehst du sogar bei der Übersetzung wieder auf Anfang, so wie es mir jetzt bei „The 2nd Face“ passiert ist, da haben sich meine Übersetzerin und mein Editor wahre Verbalschlachten geliefert und versucht, das Ding total umzuschreiben.
Vielen Dank Nika, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!
„Am 12.Juli 2012 wurde Nika Lubitsch geboren. Auf einem zugemüllten Schreibtisch, draußen goss es in Strömen und es war so schwül, dass ich wirklich nicht mehr wusste, ob es die Herausforderungen der Technik waren, die mir den Schweiß aus den Poren trieben, die Aufregung, etwas total Neues auszuprobieren oder lag es nur am Wetter oder gar an den Wechseljahren. Und so begann meine Karriere als Selfpublisherin mit einem Donnerschlag. …“ (Quelle)
Gleich der erste Roman von Nika Lubitsch „Der 7. Tag“ landete auf Platz 1 der Kindle-Bestsellerliste – und hielt sich fünf Monate ganz oben in den Charts. „Der 7. Tag“ war das bis dato erfolgreichste E-Book Deutschlands. Der Nachfolger „Das 5. Gebot“ knüpfte an diesen Erfolg an (Quelle).
Bis heute hat Nika Lubitsch über 330.000 Bücher verkauft (Quelle). Sie lebt in Berlin und in Florida, ihre Bücher werden in mehrere Sprachen übersetzt (Quelle). Die Übersetzung ihres ersten Romans ins Englische „The 7th Day“ hat in den USA bisher 60.000 Leser gefunden (Quelle).
Augenzwinkernde Auskunft über ein Leben vor der Geburt von Nika Lubitsch erteilt eine Dame namens Monika von Ramin hier…
Amazon-Autorenprofil Nika Lubitsch
Facebook-Seite von Nika Lubitsch
Facebook-Seite „English Books by Nika Lubitsch“
Blog von Nika Lubitsch
- Demnächst zu Gast auf Boschers Blog: der Schriftsteller Matthias Czarnetzki
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Tiefe Einblicke in eine tolle Schreiberin.
Und noch tiefer die Einblicke in ihr Leben.
Ich finde es so toll das „Das Kochbuch“ doch Dank „Selfpublishing“ zum Erfolg wurde!