Monatsarchive: Februar 2014

Von Helau bis Ho Narro – vom Niederrhein an den Bodensee

Diese Galerie enthält 12 Fotos.

1971

1971

Von Helau bis Ho Narro, vom Niederrhein an den Bodensee – vom rheinischen Karneval zur alemannischen Fasnacht. Vom Kind zum Mann. Einmal Cowboy und zurück…

Eine kleine Boscher-Verkleidungsgalerie.

 

 

 

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Weitere Galerien | Ein Kommentar

Amouröses an der Uni – Deleted Scene aus „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“

Ralf_Boscher_Krimi_Mordsroman_Abschied
Miriam war mir im Seminar über Phänomenologie aufgefallen. Zurück zu den Sachen! Klar, warum lange drum herumreden. Als ich sie auf einer der wöchentlich stattfindenden Asti-Diskos zusammengesunken in der Ecke sitzen sah, kam ich gleich mutig zur Sache (hatte mich zuvor nicht gerade, was den Alkohol angeht, in phänomenologischer Enthaltsamkeit geübt): „Geht es Dir nicht gut, kann ich Dir helfen?!“ Sie war einige Stunden zuvor von ihrem Freund verlassen worden, sah aber auch mit ihren verweinten Augen sehr ansprechend aus (was ich natürlich nicht nur dachte, sondern auch hervorhob). Miriam war sehr redselig in ihrem Kummer, zeichnete sich auch ansonsten durch besondere Zungenfertigkeit aus, soweit dies unter dem erheblichem Alkoholeinfluss meinerseits noch objektiv festzustellen war. Deswegen hätte ich diese Erfahrung gerne unter günstigeren Bedingungen wiederholt, wozu es aber wegen Schulterzuckens ihrerseits nicht kam. Sie wolle nichts überstürzen. Ihr Freund würde es sich sicher anders überlegen, wäre nicht das erste Mal, und würde Morgen mit Blumen vor ihrer Tür stehen. „Man sieht sich!“, meinte Miriam beim Abschied noch zu mir.

Rahel, ebenfalls ein Gesicht, das mir aus einem Seminar vertraut war, lernte ich auch auf der Asti kennen, exzessiver Tanzstil mit großen Gesten, hat mich, der ich – wie zufällig – auf der Stelle neben ihr tanzte, glatt umgehauen. Gab ein Bier zum Trost. Anschließend war das Trösten wieder mein. Denn sie war ebenfalls von ihrem Freund verlassen worden. War Paris die Stadt der Liebe, so schien Wuppertal die Stadt der einsamen, verlassenen Herzen zu sein. Immerhin sah sie für sich und ihren Freund keine Hoffnung mehr. Was mich hoffen ließ. Auch wenn sie sich meinen Versuchen, sie zu küssen, nicht aufgeschlossen zeigte. Aber: „Nicht jetzt!“ sagte sie, was doch nur soviel heißen konnte, wie: Dann ein anderes Mal! Und dazu kam es dann einige Tage nach unserem Kennenlernen nach der Habilitationsfeier eines unserer Philosophiedozenten. Wir hatten beide ordentlich Wein getrunken, ich wohl mehr als sie, jedenfalls traute ich mich, ihr vorzuschlagen, doch mal ein paar Schritt mit mir zur Seite zu treten. Ich fände, sagte ich in einem Anflug von professoralem Pathos, dass wir lange genug die Wahrheit im Weine gesucht hätten, ich würde doch jetzt lieber die Wahrheit im Weibe suchen. Anscheinend gefiel dies ihr, denn flugs fand ich mich ganz unphilosophisch mit ihr im Aufzug und anschließend noch in einer Toilette wieder. Dieses eine Mal war aber nicht auf Wiederholung angelegt. „Erst mal genug von Männern!“, sagte sie gegen später, als ich sie durch das nächtliche Wuppertal nach Hause brachte, womit sie wohl genug von einem Mann für länger! meinte. Obwohl… vielleicht wäre es mit uns was geworden, wenn ich im Aufzug ihrem oralem Pathos nicht vollends erlegen und auf der Herrentoilette zur Wiederholung aufgelegt gewesen wäre.

Wenig später lernte ich dann Sara kennen, Grundstudium wie ich, kein Freund. Wir haben einige Male nach einem Seminar Kaffee zusammen getrunken. „Mit mir könne man so einfach über alles reden!“, sagte sie. „Klar doch!“ sagte ich. Und schließlich lud sie mich zum Schwimmen in der Bever ein, und wir fuhren zusammen mit einigen ihrer Bekannten hin. Sonne, Nacktbaden, Grillen, Bier, Lagerfeuer. Sie ging dann irgendwann für kleine Mädchen in die Büsche und kam nicht wieder. Besorgt suchte ich sie schließlich, trat ihr aber im mondlichtenen Halbdunkel fast auf die Hände, welche sie ins Gras gekrallt hatte, weil gerade einer ihrer Bekannten mir meine Sorge um sie abnahm. Bevor ich aber meinem spontanen Impuls, meine Hände auch irgendwo hinzukrallen, folgen konnte, spürte ich plötzlich sanfte Hände auf meiner Schulter. Eine Bekannte von Sara, mit der ich zuvor nur ein paar Worte gewechselt hatte, war ihrerseits mir gefolgt. Und so lag ich schließlich mit dem nacktem Rücken im Gras, während Saras Bekannte still rhythmisch auf mir saß, was sehr angenehm war, da ich so Sara hören konnte, die unweit von mir, ebenfalls rhythmisch, aber laut, das ihrige im selben Gras tat und es mir somit leicht fiel, mir vorzustellen, dass es ihre Silhouette war, die sich da über mir vor dem Mondlicht abhob und senkte und hob. Ob ich Saras Bekannte nochmals wiedergesehen habe, kann ich nicht sagen. Ich habe nur sehr verschwommene Erinnerungen an ihr Gesicht, und sie hatte mir weder in dieser Nacht ihren Namen genannt, noch sich später einmal – wenn ich Sara in der Uni oder auf der Asti mit ihren Bekannten und Freundinnen traf – als jene welche zu erkennen gegeben. Sara und ich tranken dann noch einige Male Kaffee zusammen. Einmal fuhren wir sogar Abends nur zu zweit mit einer Flasche Wein an die Bever. Wieder schien der Mond. Die Sterne strahlten. Es lief aber nichts. Auch wenn sie immer noch keinen Freund hatte. Mit mir konnte man halt gut reden.

Rebekka nun war eine junge Angestellte in der Bibliothek. Wir sahen uns oft, aber auch nur, da ich sie ständig um Bücher anging, die laut Katalog nicht verliehen waren und dennoch nicht an ihrem Platz standen. Natürlich hatte ich sie verstellt. Lauter Bücher zur Partnerpsychologie. Was immer das heißen mag. Aber ich hatte sie einmal, als ich auf Recherche für meinen Roman unterwegs war, in einem solchen Buch lesen gesehen und hoffte nun, dass sie mich irgendwann neugierig geworden fragen würde, was ich denn mit diesen Büchern wolle. Und so kam es auch. Ich erzählte ihr dann, dass ich an einer Hausarbeit über die im Laufe einer Partnerschaft verschwindende Kommunikationsbereitschaft arbeiten würde, und besonders an der Frage interessiert sei, ob Sex in diesem Zusammenhang als Kommunikationsform zu gelten habe. Was sie sehr interessant fand, so interessant, dass sie sich lächelnd mit beiden Händen in die Haare greifen musste, um den Sitz ihrer langen Locken zu überprüfen. Und später, nachdem wir schon einige Mal freundlich geplaudert hatten, verstellte ich das Buch Joy of Sex. Dabei bräuchte ich das doch dringend, sagte ich mit niedergeschlagener Miene, das sei doch ein Buch, was gerne auch von Paaren gelesen würde, ich müsse doch schauen, ob die dargestellten Stellungen sich als rhetorische Positionen in einem Kommunikationszusammenhang deuten ließen. Sie hatte wohl schon so viele Wissenschaftler kommen und gehen gesehen, dass sie auch den größten Schwachsinn, der einen forschenden Geist umtrieb, gelassen hinnahm. Na, vielleicht mochte sie mich auch einfach und war – obwohl sie mich und meine Absichten durchschaute – so gutmütig, auf mein kleines Spiel einzugehen. Jedenfalls führte sie mich lächelnd in die hinterste Ecke des Sozialwissenschaftlichen Buchbereichs: „Das kann doch gar nicht sein“, sagte sie, und dann meinte sie noch mit diesem gewissen Lächeln in den Augen, mit dem sie auch ihre Haare geordnet hatte, „das muss doch hier sein, habe ich doch erst letztens in der Hand gehabt, weil ich selbst was nachschlagen musste!“ Was immer sie auch letztens in der Hand gehabt hatte, jetzt war ich es, den sie in die Hand nahm. „Ja, da steht er doch, der gesuchte Joy of Sex!“ meinte sie noch, rhetorisch geschickt mit den Wortbedeutungen und dem Verhältnis von res und verba und handwerklich geschickt mit meiner res spielend. Dann nahm sie mit der freien Hand ein Buch aus dem Regal – Die Prinzenrolle, wie ich auf dem Einband las – und entnahm dessen Seiten ein Kondom. Womit mir schlagartig klar wurde, dass sie nicht nur viele, von ihrem forschenden Geist umgetriebene Wissenschaftler hatte kommen sehen. Mehr als diese einmalige Einführung in ihre bibliographischen Praktiken gab es leider nicht. Gerne hätte ich ihr – wie ich ihr vorschlug – das Bücherregal bei mir Zuhause gezeigt. Aber daran hatte sie kein Interesse. Ich würde doch wohl nicht glauben, meinte sie noch, dass sie sich – bei all den Professoren, die ihr Avancen machen würden – auf einen kleinen Studenten einließe. Ich solle das doch nicht so ernst nehmen. Was ich dann auch versuchte, aber die Bemerkung, dass sie vorhin hinter’m Bücherregal mit meiner Größe wohl zufrieden gewesen sei, konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.

Szenen, die es nicht ins veröffentlichte Manuskript meines zweiten Romans geschafft haben.

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman

Liebe, Lust und Leichen im Keller. Leben und Sterben zwischen Nietzsche, dem Niederrhein und der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal, in einer Nebenrolle: die Imperia in Konstanz außer Rand und Band.

„Abschied ist ein scharfes Schwert“ ist ein ungewöhnlich erzählter, an Ironie reicher Mordsroman über einen Schriftsteller und einen Fan, über Gewalt und Gier, Tod und Wiederauferstehung. Ein Buch, das in vielen Genres wildert.

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Eine Flasche im Bett

Waermflasche
„Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre“, mit den Worten Freuds antwortete ich einem alten Freund, der mir sein Leid mit seinem Lebensgefährten klagte.

Was war passiert?

Das Corpus Delicti war eine Wärmflasche.

Sein Lebensgefährte sei eine Frostbeule, erklärte mir mein Freund. Das wäre ja eigentlich auch nie ein Problem gewesen – jedenfalls so lange ihr Schlafzimmer noch ein erotischer Ort war. Aber mittlerweile…

„Bei ihm auf dem Nachttisch liegen seine Tabletten gegen Rückenschmerzen und eine dicke Tube mit Pferdesalbe gegen seine Meniskusbeschwerden. Auf meiner Seite stehen auf dem Nachttisch japanisches Heilpflanzenöl gegen meine ständigen Erkältungen, neben einem Nasenspray liegt Iboprofen, daneben ein Krimi, damit ich wenigstens vor dem Schlafen noch ein bisschen etwas Spannendes erlebe… Ich komme mir schon vor wie so ein altes Heteropärchen!“, ätzte er, während ich in Gedanken die Dinge durchging, die bei meiner Liebsten und mir auf dem Nachttisch liegen.

„Vielleicht ist es auch einfach das Alter.“, sagte er dann, „Egal wo du hingehst, mit wem du auch redest, Wehwehchen überall – und leider bleibt es ja nicht dabei. Kaum eine Woche vergeht ohne Hiobsbotschaften. Der oder die hat Krebs, einen Schlaganfall erlitten, Diabetes ist ausgebrochen, Bandscheibenvorfall… Krankheiten und Tod wohin du nur siehst. Und da soll einer nicht empfindlich werden…“

Ja, das Alter… es holt einen einfach ein. Eine Freundin von ihm hätte immer gesagt: „Man muss Acht geben, die alte Frau nicht herein zu lassen!“ Und er und sein Freund, ja sie hätten wohl den alten Mann herein gelassen. So sei er, meinte er, mittlerweile, was die Wärmflasche angeht, sehr empfindlich. Ja, er hätte mittlerweile das Gefühl, die Wärmflasche stünde, bzw. läge zwischen ihnen – wäre ein Zeichen dafür, dass sie sich von einander entfernt hätten, dass ihre Beziehung an Altersschwäche leiden würde.

Früher da hätte er nie etwas dagegen gehabt, dass sein Freund irgendwann aufstand, um sich eine Wärmflasche zu machen. Wenn er denn nun einmal so schnell friert. Warum nicht. Schließlich wäre bis zu dem Zeitpunkt, an dem er die Wärmflasche benötigte, zwischen ihnen allerhand passiert. „Da war unser Schlafzimmer noch ein erotischer Ort“. Aber sehr schleichend hätte sich das geändert, dergestalt schleichend geändert, dass es ihm kaum bewusst gewesen wäre.

Erst die Wärmflasche hätte ihm die Augen geöffnet.

„Früher war es so: Wenn es ihm mitten in der Nacht doch zu warm oder die Wärmflasche ihm unangenehm wurde, dann schob er sie im Schlaf auf seiner Seite des Bettes über die Bettkante. Aber jetzt schiebt er sie mir ins Kreuz! Da wache ich auf, weil mich etwas Hartes an der Seite zwickt – und es ist die Wärmflasche, die er mir in den Rücken geschoben hat. Ein paar Mal hat er sie doch tatsächlich gegen meinen Kopf gedrückt, die Abdrücke an meiner Wange waren auch noch nach dem ersten Kaffee am Morgen nicht verschwunden!

Und jetzt sag mir“, so sagte er: „Ist das nicht ein Zeichen, dass er im Schlaf, also unbewusst, zwischen uns die Wärmflasche platziert? Als würde er Distanz schaffen wollen – oder schlimmer: Als wäre die Distanz zwischen uns schon so groß geworden, dass er gedankenlos im Schlaf die Wärmflasche in meine Richtung schiebt.“

Das war der Moment, in dem ich Freud zitierte: „Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre – und eine Wärmflasche nur eine Wärmflasche.“

Ich versuchte meinen Freund zu beruhigen. Das sei nur eine Phase. Versuchte, ihm Tipps zu geben: Räum‘ doch einfach mal alle Medikamente aus dem Schlafzimmer ins Bad, stell‘ stattdessen Kerzen auf, Sektgläser und mache eine Zeitreise in die erotischeren Zeiten zurück.

„Hmm, ja, eine gute Idee!“, stimmte er mir zu. „Ich sollte die Initiative ergreifen! Denn vielleicht ist das ja auch Zeichen, dass er es leid ist, den alten Mann in unserer Beziehung zu nähren – und so schiebt er den unbewusst mit Wärmflasche von sich. Er schiebt mir den Schwarzen Peter zu. Hier hast du den alten Mann! Vielleicht schiebt er mir ja sogar die Schuld zu: Hier hast du den alten Mann, denn du hereingelassen hast!“

Wir vertagten dann unser Gespräch. Er wolle jetzt die Initiative ergreifen, meinte er verschmitzt. Und ich wünschte ihm viel Erfolg.

Zwei Tage später rief er mich noch einmal an. Er hätte das Problem gelöst: Er hätte einen kuscheligen Überzug für die Wärmflasche gekauft. „So einen weichen Pelzüberzug mit einem Bärengesicht! Für mein Bärchen!“, meinte er. „Er hätte sich auch echt gefreut.“

Leise meldete ich eine gewisse Skepsis. Fragte nach den Kerzen, nach der Zeitreise in erotischere Zeiten. Aber er war ganz und gar auf dem „Kuschelig ist nah-Trip“, so dass er meine Skepsis überging. „Weißt Du, jetzt ist das viel besser, jetzt merk ich die kaum noch im Rücken. Außerdem: Du hast es selbst gesagt: Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre!“

Was sollte ich jetzt noch sagen?

Nachdem er aufgelegt hatte, legte ich eine Flasche Sekt in den Kühlschrank und drehte die Heizung im Schlafzimmer auf. Dann verstaute ich die Medikamente in unseren Nachttischschubladen und bestückte die Kerzenständer im Schlafzimmer mit neuen Kerzen. Meine Liebste war mit einer Freundin unterwegs. Wenn sie heimkehrt, wollte ich sie angemessen empfangen.

Eine Woche danach erhielt ich spät am Abend eine sms von meinem alten Freund.

„Du hast eine sms bekommen!“, rief meine Liebste aus dem Schlafzimmer, während ich heißes Wasser aus dem Wasserkocher in ihre Wärmflasche goss.

Die Wärmflasche in Händen ging ich ins Schlafzimmer, wo meine Liebste die zerwühlten Kissen und Bettdecken für die Nacht richtete. Die Wärmflasche noch in der einen Hand las ich die sms.

„Lass bloß nicht den alten Kerl herein. Die Zigarre war nicht nur eine Zigarre. Es ist Schluss!“

Ich war glücklich, als sich meine Liebste mehr über meine warmen Hände auf ihrer Haut freute, als über die Wärmflasche an ihren Füßen.

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Buchvorstellung: „Tiefer in die Dunkelheit“

Ralf Boscher - TieferDaphne schloss die Augen und lächelte. Der letzte klare Gedanke, bevor er das Vibrieren seiner Finger wieder verstärkte, war der, dass sie den Stadtwald gar nicht so groß in Erinnerung hatte. Die Fliegen, die über seinem Kopf kreisten, bemerkte sie nicht. Bemerkte nicht die Würmer, die bei jedem seiner Schritte aus dem feuchten Waldboden krochen. Die Käfer, die sich von dem dichten Farn fallen ließen. Die Spinnen, die ihre Nester und Jagdlöcher zurückließen und auf 8 Beinen ihnen folgten. All das Getier, das schließlich um sie herum kreuschte und fleuschte, bemerkte sie nicht, während der Lord sich seinem Ziel näherte.

„…Wer Fantasy, Horror, Sex in Büchern mag, kommt hier bestimmt auf seine Kosten.“ (Nach(t)lese auf Amazon).

„…Ich bin eine Liebhaberin von Horrorgeschichten, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie mit Andeutungen spielen und (zur Gänze) auf blutige oder schockierende Mittel verzichten. Ebenso verhält es sich mit erotischer Literatur. Auch dort genügen vage Hinweise, um eine knisternde Spannung zu erzeugen. Der Autor Ralf Boscher fordert den Leser bisweilen dazu heraus, fehlende Beschreibungen der Situation mit der eigenen Fantasie auszufüllen. Das gilt sowohl für die erotischen Elemente als auch für das Grauen, welches sich zunächst kaum spürbar manifestiert, um sich dann nur wenig deutlicher (aber dafür umfassend) seine Bahn zu schlagen…“ (Nephthys auf fantasy-foren.de).

„Diese Geschichten finde ich einfach nur klasse. Hier stimmt die Mischung von Thrill und Erotik…“ (Kathrin Bolte auf Mein Buchregal)

Vier Geschichten, vier Begegnungen:

  • Die Verheißungen einer Nacht („Was spricht die Mitternacht“).
  • Die verzehrende Leidenschaft eines gierigen Gemüts („Ein Liebesbrief“).
  • Dann die Sehnsucht nach Zweisamkeit, Verlangen und Liebe, die in die Fänge des brutalen Schreckens führt („So anders“).
  • Und am Ende Begehren, Lust, Gier – Horror („Lord of the Flies“).

 

PS: 2020 habe ich eine erweiterte Neuauflage meines Buches veröffentlicht …

Tiefer in die Dunkelheit. Von Frauen, Männern und Monstern

Erweiterte Neuauflage (plus 7 Geschichten) von Boschers Kurzgeschichten-Sammlung „Tiefer in die Dunkelheit“ (Erstauflage 2012).

Über 150 Seiten zwischen musikalischer Melancholie („Take The Long Way Home“) und orgiastischer Dämonik („Lord of the Flies“). Ein Geschichten-Cocktail gewürzt mit zwei Prisen Humor („Ein haariger Heiligabend“, „Leberwurst in Black“), einigen Spritzern Begehrlichkeiten („Was spricht die Mitternacht“), zwei Messerspitzen Horror („Oh Du Fröhliche“, „So anders“), abgeschmeckt mit lustvoller Kriminalistik („Plötzlich brach die Sonne“).

Tiefer in die Dunkelheit – inklusive der neuesten Geschichten aus Boschers Feder „Zug um Zug“, einer Liebesgeschichte zwischen einer Exraucherin und einem Raucher, und „Töte den Drachen“, einer Karnevals-Liebesstory, die aus dem Ruder läuft.

Boscher schreibt von den beglückenden und erschreckenden Möglichkeiten, was Frauen und Männern sich antun können. Aus Liebe. Vor Begehren. Wenn sie einsam sind. Wenn sie enttäuscht werden. Oder wenn sie Monster sind …

(Länge: 157 Seiten)

Als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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Architeuthis oder der verstrahlte 48 Meter Riesentintenfisch – Rezension: „Der Rote“ von Bernhard Kegel

Quelle: http://www.lightlybraisedturnip.com/giant-squid-in-california/

Quelle: The Lightly Braised Turnip

Millionenfach über Facebook geliket, von Zeitungen und Fernsehstationen aufgegriffen, etwa von „Der Welt“ unter der Überschrift: „Das Rätsel um den verstrahlten Riesen-Tintenfisch“ (vom 10. Januar 2014): Das zunächst vom Onlineportal „The Lightly Braised Turnip“ verbreitete Bild eines gigantischen, 48 Meter langen Riesentintenfischs an einem Strand von Santa Monica, Kalifornien. Vermutete Ursache der furchterregenden Größe: „radioaktiver Gigantismus“ und die Atomkatastrophe von Fukushima.

Und auch wenn dieses Foto ein Fake ist – dass es solche Giganten der Tiefsee tatsächlich gibt, wird mittlerweile als erwiesen angesehen: „Abdrücke mit etwa fünfzig Zentimeter Durchmesser an gefangenen Pottwalen lassen auf eine Größe der Krake von ungefähr fünfzig Meter schließen“ (Zitat: Ankündigung des Films „Riesenkraken – Monster der Meere“ von Jo Sarsby am 14. Januar 2014 auf Phoenix).

Der_Rote_Bernhard_Kegel
Ein faszinierendes Thema. Die Tiefsee, von der wir weniger wissen als vom Weltraum, und die dort lebenden riesigen Kopffüßer. Eine Faszination, die mich zu Bernhard Kegels Roman „Der Rote“ greifen ließ.

Kennt Ihr den Schwarm? Ich bislang noch nicht (damit befinde ich mich wahrscheinlich in kleiner Gesellschaft, sagen wir mal, von der Größe eine Fußballmannschaft). Jedenfalls hatte das den Vorteil, dass ich Bernhard Kegels Roman „Der Rote“ (gerne beworben im Stil von „Sie fanden den Schwarm toll, dann lesen Sie…“) lesen und schätzen lernen konnte, ohne Schätzing im Kopf.

Nun gut, ganz unvoreingenommen war ich nicht. Aufgrund so mancher Kritik erwartete ich so eine Art Dinopark unter dem Meer gewürzt mit einem guten Schuss Katastrophendrama („Tsunami“), ich dachte (vgl. meine erwähnte Faszination), da lauert etwas Monströses zwischen den Buchdeckeln, ein Kampf der Giganten Riesenkrake (und zwar eine wirklich richtig riesige Riesenkrake, bzw. sogar viele davon) und Pottwalen (auch vielen davon), eine Art maritimer Showdown auf Endzeit-Niveau.

Nun, diese Erwartungshaltung (wahrscheinlich habe ich letzter Zeit auch einfach zu viele Emmerich-Filme gesehen) wurde enttäuscht, zum Glück. Denn „Der Rote“ ist ein wirklich feines Buch rund um die Leidenschaft für glitschige Tiere, die in einer Welt leben, die uns Menschen (noch) nicht offensteht (die Tiefsee), ein spannendes Buch über Wissenschaft und Verantwortung, eine fesselnde Reflexion über Forschung unter dem Zwang, sich auch wirtschaftlich auszahlen zu müssen.

Der Rote ist ein Roman über unser Verhältnis zu Wesen, die uns so fremd sind, dass wir sie nicht verstehen können, deren Andersartigkeit uns entweder Angst oder Respekt einflößt. Natürlich ist „Der Rote“ groß, monströs, natürlich taucht das Motiv des Kampfes zwischen dem größten säugenden Raubtier, dem Pottwal, und den mehrarmigen Giganten öfter auf. Es gibt auch einen Tsunami (wirklich eindrucksvoll erschreckend geschildert, finde ich). Aber gleichwohl bezieht das Buch seinen Reiz doch eher aus den leiseren Momenten. Zum Beispiel die Beschreibungen der Tauchgänge der Hauptfigur Herrman Pauli, ein deutscher Biologe, auf denen er seine Leidenschaft für vielarmigen Wesen der Tiefsee entdeckt. Oder die Momente Auge in Riesenauge mit dem Roten, in denen eine Intelligenz glänzt, die nicht menschlich, aber sehr respektabel ist.

Wie gesagt, ein sehr lesenswertes Buch (mit einem Schuss Liebesroman), spannend, faszinierend in seinem faktenreichen Detailreichtum (ohne referierend zu wirken, meist). Ach ja, eigentlich geht es auch gar nicht um Riesenkraken, sondern um Kalmare (Architeuthis und Kolosskalmar).

Homepage von Bernhard Kegel

Quellen:
The Lightly Braised Turnip
Die Welt
Phoenix

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Futter für die Bestie – Zweiter Teil der Geschichte

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Zweiter Teil der ungekürzten Kurzgeschichte “Futter für die Bestie” aus der dann ebenso benannten Gruselgeschichten-Anthologie des Schreiblust-Verlages. Den ersten Teil findet Ihr hier…

Futter für die Bestie

II.

Mary bleibt am Rand der Lichtung stehen. Ihr ist nicht wohl in der Haut, nervös tritt sie von einem Bein auf das andere. Meine Güte, denkt sie beim Anblick der Skelette, im ersten Moment mehr erstaunt, als erschrocken, bin ich hier etwa auf einem Tierfriedhof gelandet, oder was? Sie beginnt, zu frieren. An diesem herrlichen Spätsommertag. Blauer Himmel, die Sonne scheint, Vögel zwitschern in den Bäumen. Aber sie hat sich den ganzen Weg über schon nicht gut gefühlt. Warum mußte Arko auch ausbüxen! Und wie das hier riecht. Eine Gänsehaut läuft ihr über den Armrücken. Und nun ist sie nicht mehr nur nervös, jetzt ist ihr unheimlich zu Mute. Plötzlich weiß sie, daß sie hier weg muß. Hier stimmt etwas nicht! Um das zu wissen, mußte ihr niemand von den Spaziergängern erzählen. Aber Arko macht noch immer keine Anstalten, zu ihr zu kommen. Und um keinen Preis auf der Welt will sie auf die Lichtung hinaus. Mary weiß sich nicht anders zu helfen, als ihn anzuschreien:

„Arko! Komm sofort her!“

Sie hat ihn noch nie angeschrien. Arko sieht sie denn auch – wie Mary findet – aus großen Augen beleidigt an. Und sofort schämt sie sich. Aber anscheinend hat es geholfen, lauter zu werden. Denn endlich erhebt sich Arko. Mary atmet erleichtert auf. Aber anstatt zu ihr zu kommen, macht Arko einige Schritte rückwärts, und in diesem Moment hört Mary die Stille. Die Vögel schweigen. Und plötzlich spürt Mary den Drang, ihm zu folgen. Im ersten Augenblick ist es wie eine leise Stimme, die heiser flüstert: Hey, komm! Dann ist es wie eine Art Sog, der bei jedem der Schritte des Bernhardiners stärker wird. Dem sie kaum widerstehen kann. Die Erleichterung schlägt um in Furcht. Es ist, als würde eine unsichtbare Hand nach ihr greifen. Koommm! Das Flüstern wird zu einem langgestreckten Ton, der in ihren Kopf kriecht, eine Wortschlange, die sich zischend und züngelnd um ihr Hirn legt: Kooooommm! Mir! Zu mir! Sie spürt, wie sie sich gegen ihren Willen in Bewegung setzte. Aus der Furcht wird Angst.

„Komm sofort her! Du blöder Hund!“, schreit Mary, plötzlich einer Panik nahe. Mary setzt einen Fuß auf die Lichtung. Dann macht sie noch einen Schritt. Die Stimme in ihrem Kopf schwillt zu einem tosenden Hmmm, jaaaa! an. Mary hält sich die Ohren zu. Aber das hilft nicht. Die Stimme ist in ihr. Jetzt ist ihr nicht mehr nur kalt, sondern eisig. Die blonden Härchen an ihren Armen richten sich auf. Ihr wird schwindelig. Sie schwankt. Wie durch einen Schleier sieht sie, daß sich Arko auf den Rücken legt und seine vier Beine von sich streckt, wie er es oft macht, damit Mary ihn kraulen kann. Aber Mary ist nicht nach Streicheleinheiten. Ganz und gar nicht. Obwohl. Warum sich nicht ein wenig hinlegen. Und ausruhen. Den Kopf auf Arkos Bauch legen, und die Augen schließen. Hey, das wär‘ doch was! Die Stimme ist zu einem fürsorglichen Streicheln geworden. Und Mary ist wirklich sehr erschöpft. Kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Und warum auch? Ihre eigenen Gedanken sind neben dieser Stimme kaum mehr zu hören. Nur noch ein verwehtes Ich mach‘ besser, daß ich hier verschwinde! Dann fällt sie auf die Knie, eine ihrer Hände landet in etwas Weichem. Eh, wohl auch etwas müde gewesen, was? Mary kann nicht mehr unterscheiden, was ihre Gedanken sind, was die Stimme ist. Jedenfalls lächelt sie beim Anblick des Eichhörnchens, dessen matschige Überreste sie in der Hand hält. Lächelt, als sie schwerfällig aufsteht und – das Eichhörnchen an sich pressend – zu Arko geht. Hey, Du Rabauke! Arko antwortet nicht, liegt nur da, die Läufe in die Luft gestreckt. Mary plumpst neben ihm zu Boden und fährt gedankenverloren mit ihrer freien Hand durch das weiche Fell seines Bauches. Wie durch Nebel registriert sie, daß Arko sich anders als sonst anfühlt. Wie ein Fellsack gefüllt mit Fleischabfällen. Aber dies findet sie nicht unangenehm. Auch nicht den Geruch. Im Gegenteil. Ihr ist eigentlich ganz behaglich zu Mute. Sie bettet ihren Kopf auf Arkos Bauch, der unter ihrem Gewicht prompt herrlich anschmiegsam nachgibt. Wie in Mutters Schoß. Warm und weich und feucht. Und irgendwie auch lecker. Mary merkt, wie hungrig sie ist. Das Wasser läuft ihr im Mund zusammen. Was sind wir doch hungrig! Die Hand, in der sie das Eichhörnchen hält, hebt sich auf Höhe ihres Gesichts. Mary schnüffelt am Kadaver. Hmm, ja! Leckt sich die Lippen. Was Feines. Dann beginnt sie, genüßlich schmatzend zu fressen.

III.

Kurz nach Sonnenuntergang. Jan lehnt sein Fahrrad an das Geländer der Autobahnbrücke, welche die A40 nahe des Stendener Bruchs überspannt. Jan ist gerne hier. Und oft. Er liebt diese Gegend. Die Wege vorbei an Kartoffeläckern und Getreidefeldern. Vorbei an Weideflächen mit Schwarz-Bunten drauf. Dann durch den Wald. Dort kann man Eichhörnchen sehen. Und manchmal, wenn man lange ganz still gewesen ist, ein Reh. Mäusebussarde, die über Tannenschonungen kreisen. Einmal hat er nach Einbruch der Dunkelheit eine Eule gesehen.

Seine Großmutter, Oma Hyskens, warnt ihn zwar ständig davor, sich nach Sonnenuntergang im Bruch aufzuhalten. Und es ist wirklich gruselig, wenn sie mit leiser, eindringlicher Stimme von der alten Hinrichtungsstelle erzählt. Von den zu Tode Verurteilten, die an der Galgenrahm geköpft oder gehenkt wurden. Dort ist es nicht geheuer!, gibt sie ihrem Enkel mit. Weil man ihre Leichname nicht beerdigt, sondern einfach im Sumpf versenkt hat. Aber Jan glaubt nicht an Geister. Da könnte er ja auch wieder an den Weihnachtsmann glauben. Trotzdem gelingt es seiner Oma manchmal, ihm eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Sie hat so eine gewisse Art, zu erzählen. Einmal rückte sie plötzlich an ihn heran und packte ihn mit einer ihrer kleinen, aber erstaunlich kräftigen Hände am Arm. Dann, so leise als befürchtete sie, daß jemand anderes (oder etwas anderes) ihre Worte hört, flüsterte sie ihm einen Namen ins Ohr. Spulmans. „Meine Urgroßmutter kannte noch jemanden, der ihn gekannt hat“, whisperte Oma Hyskens. Spulmans. Als sie diesen Namen nochmals aussprach, senkte sie ihre Stimme so weit, daß Jan sie kaum mehr verstehen konnte, „Er hat Menschen ermordet und aufgegessen. Und noch meine Oma, Gott habe sie gnädig, glaubte…“, Oma Hyskens sah sich plötzlich um, als stünde jemand hinter ihr, was für Jan das Unheimlichste an der ganzen Geschichte war, „Meine Oma glaubte daran, daß er eines Tages zurückkommen würde!“ Aber so lieb Jan seine Oma auch hat, dies hält er denn doch für Altweibergewäsch. Denn natürlich würde diese Bestie nicht erwachen. Man hat ihn gefaßt, und nach den Sitten der alten Zeit gevierteilt, geköpft und anschließend die Überreste dem Sumpf übergeben. Damit basta. Das Gefährlichste, das Jan manchmal im Bruch begegnet, ist Bauer Brandt. Vor ihm hatte er sich einmal auf den Acker flüchten müssen, als Brandt ihm auf seinem alten Trekker besoffen und ohne Licht entgegen kam.

Jan schaut auf die Straße und die dahin brausenden Autos hinab. Träumt davon, in knapp zwei Jahren selbst hier entlang zu rasen. Er spuckt hinunter. „Treffer, schon wieder einen Holländer abgeschossen!“, meint er triumphierend zu sich selbst. Plötzlich spürt er, daß er nicht mehr alleine ist. Am anderen Ende der Brücke steht eine Gestalt. Im ersten Moment kann er sie nur undeutlich erkennen. Das Licht der Autoscheinwerfer, in das er geblickt hat, flimmert noch vor seinen Augen. Dann klärt sich sein Blick. Mary. Ihm stockt der Atem. Sofort bekommt er feuchte Handflächen. Schon seit Jahren schwärmt er für sie, ohne sich jemals getraut zu haben, sie auch nur nach der Uhrzeit zu fragen. Das hübscheste Mädchen aus dem Dorf. Alle Jungs sind hinter ihr her. Und jetzt steht sie dort. Und Jan meint doch tatsächlich, zu hören, daß sie seinen Namen ruft. Merkwürdigerweise hört er dies nicht mit seinen Ohren, sondern in seinem Kopf. Das ist ein wenig unheimlich. Kommt aber bestimmt nur von der Aufregung. Wie oft hat er sich dies gewünscht. Schön, Dich hier zu treffen. So ein netter Zufall. Und jetzt kommt sie auf ihn zu. Zwei Schritte nur, sie bleibt im Schatten stehen, den die Lichter der Autos werfen. Aber immerhin. Gefalle ich Dir?, hört Jan sie fragen. Er bringt kein Wort heraus. Mary bleibt stehen. Gefalle ich Dir?, wiederholt sie. Jetzt bringt Jan ein zittriges „Ja“ zustande. Gut!, antwortet Mary. Komm‘ zu mir! Jan setzt sich in Bewegung. Mary ebenfalls. Sie geht rückwärts, von der Brücke herunter, in die Dunkelheit hinein. Du gefällst mir auch!, hört Jan sie sagen. Hast Du schon immer getan! Er kann sein Glück kaum fassen. Dort wartet sie auf ihn. Nur noch wenige Schritte trennen ihn von ihr. Und Mary hebt doch tatsächlich ihre Arme. Als wolle sie ihn umarmen. Hey, komm!

Ende

„Boschers Bestie
Aldekerk. ‚Aldekerk im Rücken‘ heißt die vor rund anderthalb Jahren in der Anthologie ‚Dichter Nebel am Niederrhein‘ veröffentlichte Kurzgeschichte von Ralf Boscher. Jetzt ist der gebürtige Aldekerker, der in Konstanz lebt, literarisch wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt mit ‚Futter für die Bestie‘. Die Erzählung findet sich in der gleichnamigen Grusel-Geschichten-Sammlung des Schreiblust-Verlags Andreas Schröter. 9,90 Euro kostet das 248-seitige Taschenbuch mit 24 Beiträgen.“
(Rheinische Post, Ausgabe Gelderland, Nr. 110, Dienstag, 11. Mai 2004)

Zum Verlag
Rezension auf Dunkelblick
Rezension auf Drosi

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Inspiration – Daimon oder Dämon? Neknomination, Kunst und Religion

Inspiration
Ist es wirklich so viel verrückter, sich von der Idee, dass es cool und mitteilenswert sei, ein Bier vor der Kamera zu kippen, inspirieren zu lassen, wie von einem brennenden Dornbusch, aus dem eine Stimme erschallt?

Was inspiriert uns? Bringt uns dazu, etwas Ungewohntes zu tun, vielleicht eine neue Sicht der Dinge einzunehmen. Inspiriert uns dazu, etwas zu malen, Musik zu schöpfen, Geschichten zu schreiben?

Menschen? Eine Idee, ein Anblick, ein Gefühl? Ein Moment der Begeisterung oder des Staunens?

Was inspiriert viele, einen halben Liter Bier auf Ex zu trinken und sich dabei zu filmen? Oder ist es hier verfehlt, von Inspiration zu sprechen?

Die Wikipedia vermerkt zum Stichwort „Inspiration“: „Unter Inspiration (von lat.: inspiratio „Beseelung“, Einhauchen von spiritus „Leben, Seele, Geist“) versteht man allgemeinsprachlich eine Eingebung, etwa einen unerwarteten Einfall oder einen Ausgangspunkt künstlerischer Kreativität.“

Inspiriert zu sein bedeutet demnach, von etwas beseelt zu sein.

Die alten Griechen haben dies mit dem Gedanken des daimon ausgedrückt. Der daimon, oft auch als eine Art Geistwesen gedacht, offenbart uns unsere Bestimmung, zeigt uns den Weg, den wir gehen sollen. Berühmt ist Sokrates‘ Rede von einer „göttlichen Stimme“, die ihm hilft auf dem ihm angemessenen Weg zu bleiben.

Von diesem Wort, dieser Art, beseelt zu werden, zum christlich gedachten Dämon, der in einen fährt, war es dann nicht weit.

Aber ob göttliche oder dämonische Eingebung – Inspiration als „Beseelung“ gedacht hat immer auch einen irrationalen Touch. Hier geschieht etwas, dass mit Vernunft allein nicht zu fassen ist.

Ein Gedanke, der im künstlerischen Bereich vor allem seit der Romantik sehr verbreitet ist – und das läuft uns kreativ Schaffenden ja auch gut rein. Die fast göttliche Energie, die sich – kaum fassbar – dann in einem inspirierten Werk niederschlägt. Kurz: das Genie. „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei mir.“

Im religiösen Bereich war Inspiration schon immer irrational. „Von Gott geschlagen“. Es ist noch nicht lange her, dass in unserem Kulturkreis bestimmte, heute als Krankheiten eingeordnete Verhaltensweisen oder körperliche Gegebenheiten, als „göttliche Inspiration“ interpretiert wurden.

Und hier wie dort war und ist der Grad zwischen „göttlicher Eingebung“ und „dämonischen Einflüsterungen“, zwischen daimon und Dämon schmal.

Und hier wie dort sind Inspiration fördernde Maßnahmen nicht weit. Im religiösen Bereich zum Beispiel extremes Fasten, körperliche Kasteiung aber auch gewisse Substanzen, die mystischen Erfahrungen den Boden bereiten. Im künstlerischen Bereich spielen vor allem Drogen die Rolle von Maßnahmen, die Inspiration fördern sollen. Und das nicht nur bei Musikern („Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll“). Harte Drogen, harter Alkohol, weiche Drogen, weicher Alkohol – aber von allem immer viel. Bei Schriftstellern spielt vor allem der Alkohol eine große Rolle – und sie wird sowohl im Sinne des daimon wie auch das Dämon thematisiert.

Kurz: Inspiration und ungesunde Substanzen sind schon lange miteinander verquickt. Gerne auch überhöht, Stichworte: „Club der 27“ oder die im Sinne einer Hagiographie geschilderten Lebensläufe etwa von Hemingway, Bukowski etc.

Ist es also vor diesem Hintergrund falsch im Falle des „Neknomination“ von Inspiration zu sprechen?

Bedeutet Inspiration nicht auch Nacheifern, Nachahmen, dem Impuls folgen, den uns jemand anderer eingegeben hat? Wie ausgeführt, ist, wenn man beseelt ist, immer auch ein geschüttelt Maß Irrationalität im Spiel.

Oder um es mit den Monty Python zu sagen: „Folgt der Sandale!“ „Folgt dem geexten Bier!“ Folgt dem, diesem oder jenem. Alles Sandalen. Alles Stimmen aus einem Dornbusch, denen man nachfolgt.

Nun gut, künstlerische und religiöse Inspiration würde man eigentlich nicht als „Bierlaune“ abtun.

Aber wo ist der Unterschied?

Wie Wikipedia vermerkt, versteht man unter Inspiration „einen unerwarteten Einfall oder einen Ausgangspunkt künstlerischer Kreativität.“

Sind die Entwicklungen, welche die Videos im Zeichen des „Neknomination“ durchlaufen, etwa nicht kreativ?

Immer ausgefeilter, ungewöhnlicher, die ursprüngliche Idee variierend, kreativ ausformend kommen die Videos daher. Nicht zu vergessen, die Videos, in denen sich die ursprüngliche Idee ablehnende Gedanken manifestieren. Also eine Art negative Inspiration. Die Bildsprache der Neknomination-Videos wird aufgegriffen, um das Trinkspiel zu kritisieren.

Also: Dem „unerwarteten Einfall“ folgen Taten, beim Trinkspiel wie auch im Bereich der Kunst oder Religion. Zunächst Taten der puren Nachahmung, noch nah an der ursprünglichen Idee. Dann wird die ursprüngliche Idee kreativ erweitert, es gibt Variationen. Vielleicht werden dann die einmal anfangs gegebenen Regeln anders interpretiert. Zum Teil bleibt als Anknüpfung nur noch die Symbolik der ursprünglichen Idee, die in einen ganz anderen Sinnzusammenhang transformiert wird.

Aus dem Trinkspiel wird ein Anti-Trinkspiel. Aus dem Roman der Romantik wird der Naturalismus, wird… Aus der Stimme des Dornbusch wird das Neue Testament.

Inspiration. Ein interessantes Thema. Weil es auch immer ein Thema ist, dass an herrschenden Meinungen hängt. Die herrschende Meinung sagt: Dieser Roman ist gut, er ist inspiriert! Die herrschende Meinung sagt: Dieses gehört zum Kanon, das aber zu den Apokryphen. Die herrschende Meinung sagt: Neknomination ist ein gefährlicher Ulk.

Und liegt die herrschende Meinung etwas nicht richtig?

Vielleicht ist Inspiration ja nicht nur ein interessantes Thema, sondern auch ein gefährliches?

Weil Inspiration ohne Verstand verpufft. Weil bei den meisten und meistens auf einen Moment der Inspiration nur ein „folgt der Sandale“ nachfolgt. Weil wir uns nicht klar machen, was uns in diesem Moment anrührt:

Daimon oder Dämon?

Lassen wir uns verführen, an der Nase herumführen? Rennen wir kopflos einem Trend hinterher? Ein Schaf unter anderen Schafen. Dem Gruppenzwang unterworfen. Leichtes Futter für alle, die die Sandale nur hoch genug halten, sie laut genug schwenken?

Oder erleben wir wahrhaft einen Moment, der unser Leben ändert? Ändert, weil wir einen tieferen Einblick in unsere Bestimmung, unseren Lebensweg, unser Schicksal, unsere Bedürfnisse gewonnen haben. Und nicht, weil die Folgen einer kopflosen „Folgt der Sandale“-Handlung gravierend sind?

Was inspiriert uns wirklich, wahrhaftig? Ich denke: es ist die Sehnsucht. Oder genauer: Was uns beseelt, is das Gefühl, einen Weg entdeckt zu haben, auf dem unsere Sehnsucht gestillt werden kann. Zum Beispiel: Die Sehnsucht danach, an etwas Besonderem teilzuhaben. Oder: Die Sehnsucht dazu zugehören. Die Sehnsucht, etwas Besonderes aus seinem Leben machen zu können. Etwas Besonderes erschaffen zu können. …

Und Menschen, die Sehnsucht in sich tragen, sind ebenso leicht verführbar wie sie zu Großem fähig sind.

Ob wir also ein Bier exen oder mit einem Roman beginnen – hier handelt unsere Sehnsucht. Und immer bleibt die Fragen: Wonach sehnen wir uns? Und: Ist es daimon oder ein Dämon, der uns hier die Hand führt?

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Futter für die Bestie – Erster Teil der Geschichte

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Erster Teil der ungekürzten Kurzgeschichte „Futter für die Bestie“ aus der dann ebenso benannten Gruselgeschichten-Anthologie des Schreiblust-Verlages.

Futter für die Bestie

Zur Mittagszeit kamen einige Spaziergänger aus dem Bruch zurück und redeten sich in der Gastwirtschaft bei Schnaps und Alt den Schrecken von der Seele. Niemand nahm sie wirklich ernst. Der Wind kann schon tückisch sein! hieß es. Da kann man schon mal das Gefühl haben, daß plötzlich jemand hinter einem steht und einem kalt in den Nacken atmet! Und nach einigen Korn waren die Spaziergänger ebenfalls so weit, das unheimliche Gefühl, von etwas beobachtet zu werden, was man nicht selbst sehen kann, als Einbildung abzutun. Keiner glaubte, daß etwas dran sein könnte an den alten Geschichten, die sich früher um das Tote Rahm und das Galgenrahm rankten. Damals. Bevor Männer aus den umliegenden Dörfern die Sümpfe am Rande der Aldekerker Platte trocken legten, um Ackerland zu schaffen. Als es im Bruch weder Straßen noch Brücken gab, und es in Nächten ohne Elektrizität leicht fiel an Dämonen und Geisterstimmen zu glauben, die unvorsichtige Seelen von den schmalen Pfaden weg in die Sümpfe locken.

I.

Unweit der Stelle, an der es den Spaziergängern nicht geheuer gewesen war, befindet sich ein Waldstück, und darin eine Lichtung. Ein Platz, wie geschaffen für Verliebte, verborgen zwischen den Bäumen, so nah am Weg, daß die Decke und der Korb mit dem Wein nicht schwer werden, und doch genügend abseits des Weges gelegen, daß niemand zufällig das romantische Picknick stört. Nach einem kürzlich abgehaltenen Picknick sieht es auf der Lichtung auch aus. Allerdings nach einem der weniger romantischen Sorte. Der von der Nachmittagssonne beschienene Boden ist übersät mit ausgedorrten Insektenkörpern. Bienen und Schmetterlinge, Fliegen, Bremsen und einige Hummeln. Chitinleichen, wie ausgesaugt. Daneben ein Hasenskelett. Die Überreste einiger Vögel. Der verwesende Kadaver einer streunenden Katze, die sich von einem sterbenden Vogel auf die Lichtung hatte locken lassen, und dann selbst zur Beute geworden war.

Der Lichtung nähert sich nun ein Eichhörnchen. Es springt im angrenzenden Wald von Baum zu Baum. Mit schnellen Sprüngen folgt ihm laut bellend ein Hund auf dem Fuße. Ein junger Bernhardiner, der spielerisch der flinken Beute nachjagt. Doch kaum, daß beide die Lichtung erreichen, verliert er das Interesse an dem Eichhörnchen. Voller Neugier springt er einer summenden und brummenden Hummel nach, die in der Sonne torkelt. Dann, er hat die Hummel ausgebellt und schnüffelt gerade an einigen ausgebleichten Knochen, scheint er etwas zu spüren, daß ihn unruhig macht. Der Bernhardiner legt die Ohren an. Seine Nackenhaare richten sich auf. Er knurrt und bleckt die Zähne, weicht schließlich zum Wald zurück. Schritt für Schritt. Plötzlich geht er winselnd in die Knie, als hätte ihn eine Faust brutal am Halsband gepackt und zu Boden gezogen. Der Hund schüttelt seinen Kopf, reibt ihn an der Erde, genauso wie er es macht, wenn er ein lästiges Insekt abstreifen will. Was ihn gepackt hat, läßt sich aber nicht abschütteln. Das junge Tier springt auf. Jaulend läuft es im Kreis, rammt dabei einige Male seinen Kopf auf den Boden. Plötzlich verstummt es. Seine Bewegungen werden langsam und von einer gewissen drolligen Unbeholfenheit, als könne es sich nicht mehr recht daran erinnern, was es mit seinen Beine anfangen soll. Es bellt noch zweimal, wie um sein Frauchen zu rufen, daß es ihn hier abholen könne. Dann legt es sich am Rande der Lichtung in die Sonne und blickt aus trüben Augen in den Wald hinein. Wartet, während mitten auf der Lichtung das Eichhörnchen tot am Boden liegt und bereits seine Körperfestigkeit verliert.

Einige Minuten später tritt ein Mädchen in Blue-Jeans zwischen den Bäumen hervor.

„Da bist Du ja endlich!“, schimpft das Mädchen mit dem schönen niederrheinischen Namen Mary van Eyll,
„Unartiger Hund!“, und holt die Leine aus ihrer Jackentasche hervor.
„Das hast Du jetzt davon, Arko! Komm‘ her!“ Arko aber bleibt in der Sonne liegen, sieht Mary lediglich mit einem undefinierbaren Blick aus seinen braunen Augen an. Dann legt er seinen Kopf quer, als horche er auf etwas, und schnüffelt am Waldboden.

[…]

Hier geht es zur Fortsetzung: „Futter für die Bestie“ – Zweiter Teil der Geschichte

„Boschers Bestie
Aldekerk. ‚Aldekerk im Rücken‘ heißt die vor rund anderthalb Jahren in der Anthologie ‚Dichter Nebel am Niederrhein‘ veröffentlichte Kurzgeschichte von Ralf Boscher. Jetzt ist der gebürtige Aldekerker, der in Konstanz lebt, literarisch wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt mit ‚Futter für die Bestie‘. Die Erzählung findet sich in der gleichnamigen Grusel-Geschichten-Sammlung des Schreiblust-Verlags Andreas Schröter. 9,90 Euro kostet das 248-seitige Taschenbuch mit 24 Beiträgen.“
(Rheinische Post, Ausgabe Gelderland, Nr. 110, Dienstag, 11. Mai 2004)

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Schon drei habe ich überholt – aber ich vermisse meinen alten Freund

Lebe wohl alter Freund

Lebe wohl alter Freund

Es sprechen vernünftige Gründe für meine Entscheidung: Zum Beispiel mehr Licht. Was Goethe schon anmerkte, ist auf der Straße eine wirklich gute Sache, will man den Moment, den Goethe unmittelbar vor Augen hatte, doch möglichst auf Abstand halten.

Ja, mein neuer gebrauchter Roller hat nun eine vernünftige Beleuchtung. Nicht so stylische Tigeraugen wie meine alte Piaggio NRG, die nur cool aussahen, einen aber weder sehen lassen, was die Straße vor einem so alles an Überraschungen zu bieten hat, noch wirklich hilfreich dabei sind, gesehen zu werden. Bessere Bremsen. Ja, nicht zu verachten. Mein alter Freund schwächelte hier gegen Ende doch sehr. Zwang einen natürlich enorm, vorausschauend zu fahren, ist ja auch gut für die Konzentration – aber gleichwohl: Gut funktionierende Bremsen haben natürlich ihre Vorteile. Immer ist man ja auch nicht hundertprozentig konzentriert. Wobei ich sagen muss: Die Probe aufs Exempel habe ich seit dem Umstieg auf meinen neuen Gebrauchten noch nicht erlebt. Ist ja auch gut. Wenn ich nur an die vielen Male denken, bei denen ich mit meinem alten gebrauchten Roller unterwegs war und mir die Vorfahrt genommen wurde. Von Fahrradfahrern, Autofahrern, LKW-Fahrern. Und immer kam ich mit einer Mischung aus Bremsen und Gasgeben gut aus den prekären Situationen heraus.

Ja, apropos Gasgeben. Das war bei meiner alten NRG schon ein anderes Kaliber. Die reagierte prompt – und saftig. Da ging schon einiges, da konnte ich mich schon das eine oder andere Mal aus einer Gefahrensituation hinauskatapultieren (also wenigstens sprichwörtlich). Und erst am Berg… Von der Fähre hoch nach Konstanz hinein. Die Serpentine in Meersburg hinauf. Die letzte Steigung die Daisendorfer Straße hoch. Da ließ meine NRG alle anderen 50er hinter sich – und kaum je einmal sah sich ein Autofahrer genötigt, mich zu überholen.

Überholen, bzw. überholt werden. Also überholt werden mag ich gar nicht. Weil es auf den eben erwähnten Straßenabschnitten auch oft nicht gerade ohne Risiko ist. Meist Gegenverkehr. Und in solch einer Situation neigen Autofahrer, denen es zu langsam geht, dazu, nötigen Abstand nicht zu wahren. Fahrt mal mit einem Roller ganz rechts, vielleicht nah am Bordstein. Was da alles rumliegt. Von Gullis ganz zu schweigen. Und war das Licht meiner NRG auch nur eine Funzel, reagierten die Bremsen auch nicht so prompt (jedenfalls im letzten Herbst), so hielt sie mir die Autos und LKWs doch auf Abstand – hielten die sich doch meist hinter mir.

Das ist bei meinem neuer Gebrauchten anders. Suzuki. Solides Teil heißt es. Und für mein Budget sehr angemessen – vor allem angesichts dessen, dass die Reparatur meiner NRG den Kaufpreis meiner neuen Gebrauchten überschritten hätte (und das bei 18000 Kilometern weniger auf dem Tacho). Und wie gesagt: Gut leuchtend. Gut bremsend. Aber: Gerade am Berg kommt das Teil nicht recht vom Fleck. Gerade Strecke, Stadtfahrten in Konstanz – kein Problem. Da fließe ich so mit. Aber wehe die Strecke steigt an…

Nun gut, vielleicht ist noch nicht aller Steigung Abend. Die Suzuki war ein Stadtvehikel. Kaum gefahren von der Vorbesitzerin. Und wenn dann nur in der Stadt. Eine Garagenkarre für gelegentliche Ausflüge. Also genau das Gegenteil meiner Anforderungen. Aber wie heißt es so schön: „Wie der Herr so’s Gescherr“. Die Suzuki murrt, aber sie fügt sich. Vorbei die Zeiten, da es nur gelegentlich hinausging. Und mittlerweile strengt sie sich am Berg auch mehr an. Ich sage nur: schon drei andere 50er habe ich am Berg überholt – und das waren neuere Maschinen.

Wer weiß, vielleicht vermisse ich meinen alten Freund ja bald nicht mehr. Mehr Licht! – und irgendwann kann ich die vernünftigen Gründe wirklich schätzen.

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