Post von der Bundesregierung – eine schöne Maskerade

Corona, Masken, Bundesregierung, Krankenkasse, EW Responsemarketing e.K, BriefHabe heute Post bekommen, von der EW Response Marketing e.K. (deren Webseite übrigens nahezu blank ist, noch nicht einmal ein Impressum, Stand 6.2.2021), dachte, Werbung. Mitnichten. Ein Brief meiner Bundesregierung. Die mir mitteilt, dass sie meine Krankenkasse gebeten hat (tatsächlich das Wort, gebeten), mir dieses Schreiben zu schicken.

Gebeten … wie ist das wohl gelaufen?

Haben sich die Damen und Herren meiner Bundesregierung hingesetzt (also symbolisch, faktisch dann wohl die angestellten Damen und Herren in der Kommunikationsabteilung oder so) und haben die Krankenkasse angeschrieben: „Bitte schaut doch einmal in euren Unterlagen nach, wer von euren Leuten ein erhöhtes Risiko eines schweren Verlauf bei einer Infektion mit Corona hat – und dem schreibt ihr dann bitte eine netten Brief (gerne formulieren den unsere Spezialisten für euch vor) und zusammen mit dem Brief schickt ihr bitte zwei Berechtigungsscheine für den Erhalt von Masken mit. Die beiden Scheine schicken wir euch dann auch noch …“

Ist das so in der Art gelaufen? Gebeten … Und haben einige Krankenkassen gesagt „Danke, aber nein!“?

Meine Krankenkasse hat wohl Ja! gesagt. Und dann hat meine Krankenkasse die Marketing-Agentur beauftragt, dieser Bitte nachzukommen. Also waren meine Bundesregierung, meine Krankenkasse und die Agentur damit beschäftigt, mir diese beiden Berechtigungsscheine zukommen zu lassen.

Aber die hat hübsche Wasserzeichen!

Bundesdruckerei, Berechtigungsschein für 6 Schutzmasken mit hoher Schutzwirkung, WasserzeichenZwei amtliche, höchst offizielle Scheine mit hübschen Wasserzeichen (die wurden nämlich in der Bundesdruckerei gedruckt) für insgesamt 12 Schutzmasken, die ich mir für insgesamt 4 Euro Eigenbeteiligung in einer Apotheke abholen kann.

Also da fühle ich mich doch wirklich umfassend gut betreut. Und ich denke, für eine so wichtige Sache wie die 12 Masken kann ich mir eventuelle Gedanken zum Datenschutz auch sparen (die mache ich mir dann lieber bei einer so unwichtigen Angelegenheit wie dem Nachverfolgen von Infektionsketten (nein, Alexa, ich möchte keine Angebote für Ketten zum Valentinstag ansehen …).

Jedenfalls für 12 Masken (danke Alexa, aha, 20 Masken und Prime Lieferung 19,90 Euro, interessant*) – für 12 Masken für mich persönlich sind meine Regierung, meine Krankenkasse, eine Marketing-Agentur, die Bundesdruckerei und eine Apotheke meines Vertrauens mit im Boot.

Ach ja, ich habe den Zusteller vergessen. Puh. Und beinahe wäre der Brief ungeöffnet im Altpapier gelandet, weil ich dachte, Werbung… Dabei haben alle keine Kosten und Mühen gescheut, mir etwas Gutes zu tun. Wer will da schon undankbar rumkritteln, bei einer so schönen Maskerade.

*apropos Zahlen … um mal ein paar Hausnummern zu nennen: Im Referentenentwurf des Bundesministerium für Gesundheit zur Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Bearbeitungsstand: 13.12.2020 14:11 Uhr) stehen interessante Zahlen, z.B.:
„Dem Bund entstehen angesichts von rund 27,3 Millionen anspruchsberechtigten Personen mit einem Anspruch auf insgesamt 15 Schutzmasken und einer Vergütung von sechs Euro je Schutzmaske sowie durch den Verwaltungskostenersatz für die Krankenkassen und pri-vaten Krankenversicherungsunternehmen Kosten in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro.“ (Quelle)
Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro … „2,5 Milliarden Euro hat die gesetzliche Kran­ken­ver­siche­rung 2013 für Vorsorge- und Rehaleistungen ausgegeben“ (Quelle). Oder um ein neueres Datum zu nennen: „Das Bundesfinanzministerium plant als Unterstützung für die Veranstaltungsbranche 2,5 Milliarden Euro ein“ (Hilfe für die Kulturbranche 2021, Quelle)
PS: Heute schweigt Alexa übrigens zu den Masken, vielleicht weil die nun teurer sind oder weil es gewisse Unwägbarkeiten mit der CE Zertifizierung gibt … Alles nicht so easy.
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Über Ralf Boscher

Ralf Boscher ­ Autor, Texter, Blogger. Was Ralf Boscher als Autor inspiriert… Songs, die er im Radio hört. Die Maserung eines Holzbalkens, die einer Wolfsschnauze bzw. Teufelsfratze ähnlich sieht. Oder ein Schokoweihnachtsmann, der lange, sehr lange vor Weihnachten im Supermarkt angeboten wurde. Das Begräbnis eines Hamsters. Eine Busfahrt. Die Momente, da sich Risse im Alltag auftun, durch die das Andere blinzelt, mal mit freundlichem Antlitz, mal böse grinsend. Boscher erzählt von diesen Momenten: In seinen Kurzgeschichten. In seinem ersten Roman, der ein Handvoll Menschen mit dem Bösen in Form eines fanatischen Geistlichen konfrontiert („Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“). In seinem zweiten Roman „Abschied ist ein scharfes Schwert“, einem „Mordsroman“ über einen eigenwilligen Charakter, belebt von interessanten, ja skurrilen Figuren, würzig abgeschmeckt mit einem Hauch von Philosophie, einem satten Pfund Erotik, zwei Messerspitzen Krimi und einer Prise Horror.
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