„Sehr geehrte(r) Besucher(in), leider kam es kürzlich zu einem gezielten Cyber-Angriff auf die Forensoftware der eBook-Gemeinde.
Dieses Forum wurde ehrenamtlich betrieben. Aus mangelnden zeitlichen und finanziellen Mitteln für die Wiederherstellung des Forums und Identifizierung vorhandener Sicherheitslücken muss das Forum leider geschlossen werden.
Das Team der eBook-Gemeinde bedankt sich für Ihr Verständnis.“
So die Meldung im Herbst 2013 – und somit war alles weg was auch zu meiner Person, meinen Büchern auf der eBook-Gemeinde gepostet worden war. Leseproben, Rezensionen, Buchtipps, ein Interview mit mir – alles weg.
Ich war geschockt.
Das im Sumpf der Internetkriminalität verloren gegangene eBookgemeinde-Interview:
Interview mit Ralf Boscher, Mai 2012
Hallo Ralf, vielen Dank das du dir Zeit für unsere neugierigen Fragen nimmst. Erstmal kurz zu deiner Person: 1968 geboren und aufgewachsen in Aldekerk am Niederrhein. Dann Studium Philosophie und Deutsche Literatur in Wuppertal und Konstanz. Kurzgeschichten von dir wurden abgedruckt in Literaturzeitschriften (Federwelt, Lesestoff, Literatur am Niederrhein, Maskenball, Macondo) und Anthologien (z.B. Titelgeschichte von „Futter für die Bestie. Grusel-Geschichten“). Seit November 2011 sind eBooks mit Kurzgeschichten von dir erhältlich. Du lebst und arbeitest am Bodensee.
ebookgemein.de:
Dein erster Roman war „Engel spucken nicht in Büsche“. Aus dem Inhalt: Der Tod ist in die Stadt gekommen, und er ist auf einer Mission. „Abtreibungskiller“ nennt ihn schon bald die Presse. Der Polizei gelingt es nicht, den heimtückischen Frauenmörder zu stoppen. Gelingt dies Hartmut, dem Krankenpfleger mit einer ausgeprägten Vorliebe für Prostituierte? Der Tod ist in die Stadt gekommen, und düstere Visionen quälen den aufstrebenden Künstler Krish. „Kann es sein, dass ich nicht nur male, was war, sondern auch, was sein wird?“ Wo ist seine große Liebe Helen? Ist ihr etwas zugestoßen? Nein. Ja. Aber sie lebt. Noch. Denn nun ist der Mörder auf dem Weg zu ihr.
Wie brachtest du diese Geschichte auf das Papier? Hat man so was im Kopf und muss es dann nur noch aufschreiben oder kommt die Story mit dem Schreiben?
Ralf Boscher:
Vielen Dank für die sehr nette Einladung zu diesem Interview, ein schönes Willkommen für einen „jungen“ eBook-Autor bei der ebookgemein.de. Um gleich mit einer klassischen Interview-Antwort einzusteigen: Sowohl als auch.
Im Kopf hatte ich die Grundidee zu „Engel“: Ein Roman über verlorene Unschuld. Dazu als roten Faden, der die verschiedenen Lebensläufe der Figuren verknüpft, eine Krimi-Handlung: Etwas Böse bricht in das Leben einiger Menschen ein, und zwar ein sehr reales Böses in Form eines religiösen Fanatikers. Aus dieser Idee entstand als Bösewicht der Priester Hannes, der Krankenpfleger Hartmut als unheroischer Held und auch Alex, der durch den Mord an seiner Exfreundin mit den Taten des Mörders konfrontiert wird.
Andere Figuren entstanden erst beim Schreiben. Von Krish, Alex‘ bestem Freund, z.B. hatte ich anfangs nur eine grobe Vorstellung. Er war der Gegenpol zu Alex. Während jener versuchte zu seinen Gefühlen Distanz zu halten, ging der Künstler Krish emotional in die Vollen. Ganz nach dem Motto: „Lieber randvoll mit Kummer, als gar nichts empfinden“. Klarer sah ich Krish, als sich seine Freundin Helen entwickelte: Als ihn inspirierende, starke, unabhängige Frau.
Aber, um auf das „als auch“ zurückzukommen: Jede der Figuren entwickelte sich beim Schreiben weiter, manchmal sogar sehr eigenwillig. Plötzlich war Helen schwanger. Ich hatte an einer Szene geschrieben und unvermittelt waren diese Worte da. Ich hatte eigentlich eine andere Idee im Kopf, wohin die Reise gehen sollte. Aber ich ließ mich von dieser plötzlichen Wendung leiten, löschte den Satz nicht, und ich finde, dass gerade diese Wendung Helen zu einer sehr starken, interessanten Frauenfigur macht. Eine faszinierende Frau, die dann ins Fadenkreuz des Mörders gerät.
eBookgemein.de:
„Ich war so aufgeregt. Meine erste Lesung. Die Vorstellung meines ersten Romans „Engel spucken nicht in Büsche“. Ein Freund hatte das Plakat entworfen. 16:30 im Cafe Zweistein. An meinem 25. Geburtstag. Für mich unvergesslich. Seitdem vergingen die Jahre. Ich ließ Wuppertal hinter mir. Konstanz. Ich schrieb einen zweiten Roman, begann einen Dritten. Jahre, in denen mich „Engel spucken nicht in Büsche“ begleitete. Jahre, in denen die Thematik nichts von ihrer Aktualität verlor und in denen der Text zu seiner heutigen Form heranwuchs. Nun schließt sich der Kreis. 2010. Mein Geburtstag. „Engel spucken nicht in Büsche“ ist nun im Buchhandel erhältlich. Ich wünsche allen Lesern ein spannendes Leseerlebnis.“ (Ralf Boscher; gefunden auf deiner Webseite)
Es scheint als lägen zwischen der Fertigstellung des Romans und der Veröffentlichung als Buch einige Zeit. Warum?
Ralf Boscher:
Oh ja, eine sehr lange Zeit. Und eine umso kürzere Antwort: Ich habe damals keinen Verlag gefunden, der sich für meine Roman begeistern konnte. Und ich denke, wenn ich mir heute die Urform von „Engel“ ansehe, zu Recht. „Fertig gestellt ist anders“.
Etliche Jahre habe ich den Roman dann liegen lassen. Ich habe begonnen unter Pseudonym zu schreiben, womit ich auch meinen Lebensunterhalt bestreite, und diese Arbeit hat mich von meiner eigenen Schreibe etwas weggebracht.
Schließlich aber habe ich „Engel“ wieder zur Hand genommen (religiöser Fanatismus und auch das Thema „Misshandlung“ haben, leider, nichts von ihrer Aktualität verloren) und komplett überarbeitet. Das Ergebnis habe ich dann, ohne es nochmals bei einem Verlag zu versuchen, über Books on Demand mit dem Untertitel „Roman über Liebe, Tod und Teufel“ veröffentlicht. Und dann festgestellt: Love it or hate it. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich, aber nie lauwarm. „Engel“ scheint wie eine der CDs zu sein, von denen es in Rezensionen heißt: „Mir gefällt die CD sehr gut, aber der Sound ist schon speziell, also hört vorm Kauf am besten hinein…“
Also: Was lange währt, wird endlich gut… Aber lest vor dem Kauf am besten hinein. Wer einen reinen Krimi erwartet: Finger weg. Aber wer sich für interessante Charaktere, spannende Schicksale interessiert…
eBookgemein.de:
Lesungen sind ein toller Rahmen um ein Buch bekannt zu machen. Veranstaltest du heute auch noch Lesungen? (Wann, wo?) Welche Tipps kannst du in diesem Zusammenhang anderen Nachwuchsautoren geben?
Ralf Boscher:
Als ich diese Frage gelesen habe, dachte ich zuerst: Meine Güte, wie die Zeit vergeht! Schließlich hatte ich meine letzte Lesung im Herbst 2009.
Lesungen sind ein ganz toller Rahmen, und es macht vor allem sehr viel Spaß, selbst das Lampenfieber im Vorfeld (das ich trotz regelmäßiger Lesungen, über 2 Jahre hinweg mindestens einmal im Monat, hatte) ist etwas Besonders. Und dann erst dieses Hochgefühl, wenn man spürt, die Zuhörer gehen mit. Lachen bei lustigen Szenen. Aufstöhnen, wenn sich das Chaos in der Geschichte Bann bricht.
Also, mein Tipp von Nachwuchsautor zu Nachwuchsautor: Macht es anders als ich in den letzten Jahren, lasst die Zeit nicht vergehen, schaut euch um, wer wo in euer Nähe Lesungen veranstaltet, putzt Klinken, sagt Hallo, hier bin ich! Und dann wählt Geschichten aus, die emotional packend sind. Beste Ergebnisse habe ich mit Geschichten wie „Ein haariger Heiligabend“ oder „Grenze des guten Geschmacks“ erzielt. Aaahs und Ooohs. Packt eure Zuhörer beim Gefühl.
Meine Güte, ist das wirklich schon so lange her, dass ich „Grenze“ gelesen habe?
eBookgemein.de:
Wenn man dich googelt, bekommt man super viele Ergebnissen – ganze 256.000. Wie lange hat es gedauert, bis du dir einen Namen als Autor gemacht hast?
Ralf Boscher:
Ich weiß noch, wie ich meine Homepage online gestellt habe, und welches Hochgefühl ich hatte, schon nach kurzer Zeit bei den Google Ergebnissen an erster Stelle zu erscheinen. Seitdem sind einige Treffer dazu gekommen (wobei ich Treffer in umgekehrter Reihenfolge wesentlich interessanter finde: also nicht die Suche nach „Ralf Boscher“ und man findet eBooks mit z.B. spannenden Horror-Geschichten, sondern die Suche nach z.B. „spannend Horror eBook“ und man findet gleich oben den Link zu Amazon und bei den ersten Treffern „Ralf Boscher“).
Ich glaube, mich findet man im Netz häufiger, seitdem ich mich im eBook-Bereich engagiere. Denke, das ist aber auch der generellen Entwicklung im Netz geschuldet. Der eine postet etwas, was er gut findet, schreibt eine Rezension in seinem Blog, postet bei Amazon etc. Oder ich entdecke eine sympathische Möglichkeit mit Lesern in Kontakt zu treten, wie z.B. die ebookgemein.de, und es entwickelt sich ein kleiner Dialog, der dann auch zu neuen Treffern führt. Seitdem ich die eBooks für mich entdeckt habe, hat sich einiges getan, was mich auch dazu inspiriert in diesem Bereich mehr Geschichten zu bieten, weil diese meine Geschichten Leserinnen und Leser finden. Und mit jedem neuen eBook kommen mehr Treffer hinzu.
eBookgemein.de:
Welche Romane gibt es noch so von dir und vor allem wo?
Ralf Boscher:
Status quo: „Engel spucken nicht in Büsche. Roman über Liebe, Tod und Teufel“. Als gedrucktes Buch und eBook überall zu bestellen. Wobei ich den Roman in der eBook-Version gerne günstiger anbieten würde (allerdings habe ich hier keinen Einfluss). Demnächst: „Abschied ist ein scharfes Schwert“ (der wird günstiger). Mein zweiter Roman, den ich (siehe oben „Warum habe ich für Engel so lange gebraucht“) unter Hochdruck überarbeite (und zu dem ich, wenn es soweit ist, sehr gerne bei der ebookgemein.de eine Probeleserunde anbieten möchte). Aber vorher werde ich mein neues eBook veröffentlichen, was in die Kategorien „Horror“ und „Erotik“ fällt: „Tiefer in die Dunkelheit. Erotik, Thrill, Horror“.
ebookgemein.de:
Jetzt neu, eBook von Ralf Boscher: Best of… Drei schaurige Kurzgeschichten von Monstern und Kindern.
Aus dem Inhalt: Das Böse begegnet uns auf vielfältige Weise. Wir treffen es auf einem Flohmarkt, es lauert in einem Holzstoß hinter dem Haus, es kommt zu uns auf leisen Pfoten. Und oft ist es zunächst nicht schrecklich. Nein, das Böse kann so reizend sein. Es lächelt und ist nett und höflich. Es verspricht uns etwas, wonach wir uns sehnen. Schönheit zum Beispiel. So laden wir es mit offenen Armen in unser Leben ein. Und wenn wir merken, dass wir einen schrecklichen Fehler begangen haben, ist es zu spät. Unter dem Lächeln bricht die Fratze des Grauens hervor. Was als Verheißung begann, wird zu einem fürchterlichen Alptraum aus Angst, Schmerz und Blut. Wird zum Stoff für schaurige Geschichten, zupackend, düster, vielfältig.
Wieso Kurzgeschichten? Was fasziniert dich daran so besonders? Wo kommen die Ideen für die Storys her?
Ralf Boscher:
Faszinierend an Kurzgeschichten ist: Leser wie Autor sind gleich mittendrin sind im Geschehen. Es geht um Action. Aber wenn die Geschichte gelingt, dann weist die Geschichte weit über die geschilderte Action hinaus, dann packt sie den Leser auch deswegen, weil hinter den kurz erzählten besonderen Ereignissen eine viel umfassendere Geschichte steckt. Es ist die Faszination mit vergleichsweise wenigen Pinselstrichen ein großes Gemälde zu schaffen. Kurzgeschichten sind nur kurz, was die Zeichenanzahl angeht. Wenn sie gelingen, sind sie kurz im Sinne von einem schönen, wilden, gefühlvollen Quickie. Unvergesslich, und gerne wieder.
Wo kommen die Ideen her? Manchmal starren sie einen aus einem Stück Holz an, wie bei „Hunger“ aus dem eBook „Best of“. Ich habe diese Maserung in einem Holzbalken gesehen, die einer Wolfsschnauze bzw. einer Teufelsfratze ähnlich sieht, und dachte, daraus mache ich eine Geschichte. Oder ein Mädchen, welches ich kennengelernt habe und das an keinem Spiegel vorbeigehen kann, ohne hineinzusehen (die Titelgeschichte von „Best of“). Oder das Internet, bzw. die Gefahren dieses doch so tollen Medium (wie bei „So anders“). Kurz gesagt: Manchmal aus dem Kopf, manchmal aus dem Bauch. Die Frage bei allen Ideen für Kurzgeschichten ist immer: Trägt die Inspiration soweit, etwas Knackiges, Kurzweiliges, Unterhaltsames, aber dennoch Nachhaltiges zu schaffen. Z.B. „Hunger“, auf den ersten Blick eine Gruselgeschichte über ein junges Mädchen und ein Wesen im Holz, das Hunger hat, welches das junge Mädchen braucht, um seinen Hunger zu stillen. Auf den zweiten Blick eine Geschichte über Missbrauch. Ich packe den Leser gerne beim Bauch, wenn dann der Kopf mitschwingt… um so besser.
ebookgemein.de:
Dein neuester Streich: „Pommes weiß rot, Papagei und Tod…“ auch hierbei handelt es sich um berührende, dramatische und überaus spannende Geschichten.
Aus dem Inhalt:
…Ihr kleiner Bruder weinte in ihren Armen und drückte sein nasses Gesicht an ihre Wange. Er wollte weg von diesem unheimlichen, grauen Wesen. Doch Doro blieb stehen und blickte den Papagei an „Na, ist das nicht ein Blödkopf, Paul!“, sagte sie. „Blödkopf!“, rief sie dem grauen Vogel zu und lachte. Doro lachte, und Paul blickte mit großen, feuchten Augen zu ihr auf. Ihr Lachen trocknete seine Tränen, seine Furcht schwand, und als sie mit ihm durch die Küche hüpfte und: „Blödkopf! Blödkopf!“ rief, da lachte auch er. Der große graue Vogel aber beobachtete sie stumm aus starren, gelben Augen…
Man hat bei deinen Kurzgeschichten den Eindruck, da muss noch etwas kommen. Die Geschichte aber ist zu Ende. Es fehlt auch nichts, dennoch hat man den Eindruck da fehlt eine Erklärung – sie fehlt aber nicht – Sorry, besser beschreiben kann ich es nicht – machst du das extra?
Ralf Boscher:
Ja.
Und wenn dieser Eindruck entsteht, habe ich es wohl richtig gemacht. Die Kurzgeschichte gibt dem Leser das Gefühl etwas Ganzes zu sein, wobei sie natürlich aufgrund der Kürze nur einen Ausschnitt darbieten kann. Somit fehlt einiges. Aber weil gleichzeitig, wie du es beschreibst, nichts fehlt, beinhaltet der Ausschnitt alles, was wichtig ist. Manchmal ist einfach richtig aufzuhören, wenn es am Schönsten ist… (oder am Schrecklichsten).
ebookgemein.de:
Was macht Ralf Boscher in seiner Freizeit? Hat er welche?
Freizeit ist für mich die Zeit, die ich nicht damit verbringe, meine Brötchen zu verdienen (also Texte für die oben erwähnten Leser unter Pseudonym zu schreiben). Ich habe meine Frau, meine Familie, meine Freunde. Ich habe meine Schreibprojekte. Meinen Garten, in dem ich einfach gerne sitze und ins Grüne blicke (wenn ich dieses nicht gerade beischneiden muss). Ich lese. Ich höre viel Musik, gerne auch wenn ich schreibe, oder wie jetzt, da ich auf die Fragen antworte.
ebookgemein.de:
Wo steht Ralf Boscher in zehn Jahren?
Ralf Boscher:
Hoffentlich genau dort, wo ich im Moment stehe. In einer Liebesbeziehung. Gesund. Noch voll von Ideen. Und Lesern, die sich für meine niedergeschriebenen Ideen begeistern. Mit einem monatlichen Salär auf meinem Konto. Morgens mit dem guten Gefühl erwachend, mit dem ich Abends eingeschlafen bin. Vielleicht mit einer email in meinem Postfach von der ebookgemein.de: Hallo Ralf, du hast neulich…