Da gehst Du dahin alter Freund

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Deine Ankunft war in Lichterglitzern gehüllt, als ein dunkler, mächtiger Schatten kamst Du zu mir inmitten von Freude und Strahlenglanz. Gänzlich unerwartet wurdest Du nun zu einem Teil meines Lebens, ein Geschenk, ein treuer Freund mit gewissen Allüren, der mich dann 5 Jahre begleiten sollte.

Das Scheiden fällt schwer. Was haben wir nicht zusammen durchgestanden, hart uns Forderndes von Hagelunwettern bis zu Schneegestöbern, dann Sonniges es uns gut gehen lassen unter blauem Bodenseehimmel. Ausflüge zum See, wo Du dann treulichst ausgeharrt hast, bis ich aus den Fluten wieder auftauchte, gar zu den Affen hast Du mich begleitet. Vor allem aber: Alltag. Arbeitsjoch, Tag für Wochentag. Tagaus, tagein. In der Früh bei jedem Wetter raus. Das schweißt zusammen. Auch wenn Du ja gerade da so manchmal Deine Allüren hattest, vor allem in unserem letzten gemeinsamen Jahr. Ich gestehe: Allüren, die sich gegen Ende so sehr häuften, dass eine Entscheidung immer drängender wurde.
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Eine Entscheidung, die Du mir dann abnahmst, alter Freund. Manches ist einfach nicht mehr zu kitten. Du hast so manchen Sturz überstanden, ohne sonderlich Schaden zu nehmen. Nun gut, Dein Lack… Aber hier zeigte sich nur Dein Charakter. Und den werde ich vermissen. Deine Stimme, unter Volllast oder einfach nur gediegen lässig im Stand vor Dich hinbrummend. Aber sobald ich Dich von der Leine ließ, da hast Du sie alle stehen lassen. Die Neuen, die Schicken, selbst die Aufgemotzten. Wie ein dunkler, mächtiger Schatten trugst Du mich über die Berge an allen vorbei.
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Das Alter. Ja, wem sage ich das. Du weißt es ja am Besten, warst ja dabei, als ich diesen Sommer sturzhaft daran erinnert wurde, nicht unsterblich zu sein. Oft gelingt es einem ja, über die eigene Verletzlichkeit hinwegzublicken, vor allem wenn man mit Verletzungen schon so lange lebt, dass man sie als solche nicht mehr wahrnimmt. Ihre Folgen gehören halt dazu, sie schaffen es nicht mehr, einen an die eigene Sterblichkeit zu gemahnen. Man hat damals überlebt, lebt damit. Aber dann gelingt es einem jähen Ruck, begleitet von einem herzhaften Knacken, dann doch, sich seines Alters, seiner mit den Jahren wachsenden Verletzlichkeit bewusst zu werden. Nun gut, ich bin noch zu kitten. Noch. Im Gegensatz zu Dir.
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Es tut mir leid alter Freund, Deine Tage waren abgelaufen. Ich habe es versucht, wahrlich, Du weißt es, ich habe es versucht. Jeden Morgen früher aufgestanden bin ich, um Dich noch wenigstens über den kommenden Tag zu retten. Gehegt habe ich Dich. Wenn es nicht anders ging, sogar Kilometer weit geschoben, um für Dich eine Lösung zu finden. Aber es war vorbei. So leid es mir tut, schon allein deswegen, weil Du mir als Geschenk so viel Freude bereitest hast. Ich werde es nie vergessen, wie wir uns zusammen durch überschwemmte Straßen gekämpft haben, während das Wasser mir von oben in die Stiefel lief. Wie wir dem Schnee, dem Eis trotzten. Jeden Regen an uns abprallen ließen. Wie wir zusammen oder auch zusammen mit meiner Liebsten die Sonnentage am See genossen. Erinnerungswürdige Zeiten. Nun Vergangenheit. Lebe wohl. Ich muss weiterziehen, Dich zurücklassen. Es ist nun leider so, Du bist dahingegangen, alter Freund.

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