Oh aromatica negro,
Bene crema, oh molto gusto
Praestat ridere quam flere,
Oh flair della rondo bohna,
Bohna di deo, credo, rexona.
„Ich hab den Kaffee auf!“, dies werden an jenem Morgen so einige meiner Kollegen gedacht haben, wobei sie es wahrscheinlich in anderen Worten dachten, ist doch dieser Spruch aus NRW hier im süddeutschen Raum nicht so geläufig.
Aber dass sie dies auf die eine oder andere Weise dachten – man musste nur in ihre Gesichter sehen –, zeigt doch: Wie wichtig guter Kaffee für das Betriebsklima ist. Bzw. Caffé, handelte es sich doch um eine italienische Maschine, die zu aller Ärger nicht mehr tat, was sie tun sollte: Heißen Caffé zu machen. Oder wenigstens Kaffee.
Dabei war die Maschine neu. Unser Chef hatte sich nicht lumpen lassen. Das war quasi wie Weihnachtsfeier und Sommerfest in einem. Ein Caffé-Fest erster Güte. Der war aber auch lecker! Allein schon diese Crema wird der einen oder dem anderen auf dem Weg zur Arbeit ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben – oder wenn noch nicht auf dem Weg, so doch wenigstens in dem Moment, da sie oder er die Küche betrat und zur rechten Hand dieses neue technische Wunderwerk handwerklicher Präzision thronte. Und wenn noch nicht in diesem Moment, so doch wenigstens dann, wenn er oder sie die Tasse, nachdem ein letzter heißer, dunkler Tropfen von der Maschine in dieses aromatische Kunstwerk entlassen worden war, von dem chromglänzenden Abtropfgitter in die Hand nahm.
Wie gesagt: Guter Kaffee ist wichtig fürs Betriebsklima. So verwundert es nicht, dass die Kaffee-Universität in ihren Leitlinien ganz im Sinne der Schaffung eines guten Betriebsklimas formuliert: „Im Mittelpunkt dieser Akademie stehen die Menschen, ihre Ansprüche und ihre Perspektiven“. Und somit war die Vorgängermaschine wohl auch der Grund für die gesunkene Moral in allen Abteilungen gewesen. Der Kaffee genügte keinen Ansprüchen. Das dunkle Gebrüh war zwar heiß, aber das war es dann auch. Die Arbeit hatte gewissermaßen allen nicht mehr geschmeckt. Selbst der Chef hatte sein sonniges Gemüt verloren. Und da so etwas nicht angeht, musste eine neue Maschine her. Und siehe da, es ward Licht…
Heiß, schwarz, wohl duftend – und man, wie lecker! Da ging an jedem Morgen auf Arbeit die Sonne auf – bis zu jenem Tag. Jenem Morgen, als die Maschine keinen Mucks mehr tat. Drama Baby, Drama! Aber holla die Waldfee! In diesen dramatischen Minuten hatte schon so mancher den Kaffee auf, bevor der Arbeitstag überhaupt so richtig in die Gänge gekommen war. „Ich werd zum…“, „… aus dem Fenster!“ Die Extrovertierteren machten sich mit Worten Luft. Andere starrten stumm auf die Maschine, als wollten sie diese mit der puren Kraft ihrer Gedanken zum Laufen bringen. Einer griff gar in seiner Verzweiflung zu löslichem Kaffee – entkoffeiniertem.
Was aber war geschehen? Es ist dies, es ist das… „1, 2, 3, Du musst Dich entscheiden, ob Du recht hast oder nicht, das sagt Dir gleich das Licht!“ Und das Licht wies tatsächlich den Weg, als endlich einmal jemand durchatmete und seine Panik („Kein Kaffee! Oh Gott!“) in den Griff bekam. Da blinkt eine Lampe! Eine Lampe blinkt da! Oh, Wunderwerk der Technik! Die Maschine sprach mit uns – und ihre Anweisung war ganz klar: Satzbehälterdeckel fehlt. Satzbehälterdeckel fehlt. Satzbehälterdeckel? Da war kein Satzbehälterdeckel (klar!), vielleicht noch nie einer da gewesen (klar!) – wie sollte der auch verschwinden? Der Satzbehälter hatte doch sehr ordentliche Ausmaße, schließlich fasste er den Kaffeesatz von pi mal Daumen 50 Kaffees, oder Caffé. So etwas verschwindet doch nicht einfach!
Findige Mitarbeiter hatten eine Anleitung zur Benutzung der Kaffeemaschine ausgedruckt, sie grafisch verfeinert mit Bildchen und Icons und Hinweisstrichen („Hier drücken!“), aber nicht daran gedacht, dazu zu schreiben, dass man beim Ausleeren des Satzbehälters zuvor den Satzbehälterdeckel abnehmen müsse. Sträflich! So etwas weiß man doch, seitdem eine Amerikanerin versucht hat, ihren Pudel in der Mikrowelle zu trocknen. Entweder gar keine Hinweise (so dass jeder selbst denken muss) oder Hinweise zu allem, jedem, zu jedem auch noch so unwahrscheinlichen Fall („Den Wasserbehälter der Kaffeemaschine nicht benutzen, um eine Instantsuppe zuzubereiten!“ – etwa falls jemand denkt: Cool, ich gieße meine Tütensuppe oben rein und durch den Heißwasserspender erhalte ich lecker Erbensuppe!)
Jedenfalls fand sich der Satzbehälterdeckel, halb so groß wie eine altmodische LP-Hülle, schließlich im Biomüll – und das war ja auch gut fürs Betriebsklima: Da gab es etwas zu lachen! Und lecker Caffé gab es obendrauf. Und niemand hatte mehr „den Kaffee auf“, außer vielleicht die Person, die den Spott aller über sich ergehen lassen musste („Aber es stand ja auch nichts in der Anleitung…“). Doch wie auch immer: Als dann später der Chef lächelnd mit einer Tasse heißen, dunkel dampfenden Caffé mit Crema über den Flur ging, war die Welt in Ordnung und die dramatische Situation des Morgens vergessen. Guter Kaffee und ein Lächeln ist halt wirklich wichtig für das Betriebsklima.
Oh aromatica negro,
Bohna di deo, credo, rexona.
Er hat uns eben im Griff der Kaffee. Warum auch einen Tag ohne ihn? Schon der Duft ist betörend und weckt die Lebensgeister am Morgen. Es ist aber auch wirklich ein Drama wenn die Gebrauchsanweisung nicht für jeden IQ geschrieben ist.