Archiv des Autors: Ralf Boscher

Schneefall

 

SchneefallSchneefall

Sie gehen durch den ersten Schnee,
Den sie gemeinsam sehen.
Tief versinken sie,
Trinken sie fremde Welt.
Den ersten Schnee sehen sie
In ihrem Atem vergehen,
Und sich selbst.
Tief versinken sie,
Trinken sie Licht einer neuen Welt,
Das auf ihre Spuren fällt.

 


 

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„Der Tod des Autors“

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Dies war eindeutig einer der aufregendsten Tage meines bisherigen Lebens. Selbst jetzt noch, nachdem endlich alles gut ist, treibt es mir, denke ich an jenen Tag, den Puls in die Höhe. Kein Wunder, schließlich war es nicht nur einer der aufregendsten Tage meines Lebens, es war auch mein Letzter. Denn dort in dieser Telefonzelle in Konstanz, auf dem mit Schmutz und kalten Pommes bedeckten Boden, bin ich gestorben.

Allerdings habe ich diese entscheidende Wende in meinem Leben nicht sogleich bemerkt. Es musste erst jemand kommen, mir die Augen öffnen und meinen gefesselten Geist befreien. Nicht unbedingt etwas, für das man sich rühmen könnte. Bin nicht gerade als leuchtender Stern zu Boden gestürzt. Aber es ist nicht einfach, ein Ende großen Stils zu finden. Doch was soll’s, letztlich hat Imperia, trotz allem, was mir zugestoßen ist, ja gerade wegen all dem, Recht behalten mit ihrer Bemerkung, dass Konstanz mir gut tun würde. Zwar musste ich erst sterben, um zu verstehen, bzw. musste verstehen, dass ich gestorben bin, um endlich einzusehen, wie ich mein Leben zu leben habe. Aber besser spät als nie. Der Autor ist tot, lang lebe der Autor!

Diese meine Aufzeichnungen kommen somit bald an ihr Ende. Sie haben ihre Aufgabe erfüllt. Nun da Es dort wurde, wo zuvor Ich war, brauche ich die Leiter nicht mehr. Doch der Vollständigkeit halber hier also das Ende meines alten Egos, ein Ende, dem glücklicherweise der Zauber des Anfangs innewohnt.

Nachdem ich mich vom Boden der Telefonzelle erhoben hatte, war ich mit eingezogenem Kopf wie ein geschlagener Hund, begleitet von diesem Kichern, das von überall her zu kommen schien, durch die Gassen der Konstanzer Altstadt zu meiner Pension gehumpelt. Gezittert vor Angst hab’ ich. Schließlich rechnete ich jeden Augenblick damit, dass sich mir etwas in den Weg stellen würde. Was aber nicht geschah, obwohl ich in meinem Kopf eine Stimme hörte, die (was sonst!) This is the end, my friend! sang. Zwar wunderte ich mich, dass die sich nur mehr auf höhnisches Kichern beschränkten und dass selbst dies verstummte, als ich die Tür meines Pensionszimmer hinter mir verschloss, aber eigentlich war ich dermaßen erleichtert, den Kopf so gerade eben noch aus der Schlinge gezogen zu haben, dass mir das Wieso? Weshalb? Warum? ganz unphilosophisch egal war. Drinnen ist gut, draußen ist schlecht. So einfach ist das. Dachte ich.

Es war nicht so einfach. Ich war ängstlich. Ich war geräuschempfindlich. Ich hatte Rückenschmerzen. Ich fühlte mich eingesperrt. Und es wurde schlimmer von Stunde zu Stunde. Das Schreiben half schließlich nur noch bedingt. Ich versuchte mir einzureden, dass ich in meinem Zimmer sicher bin, dass ich nur ausharren muss, bis ich eine Lösung finde. Es half nichts. Der Eindruck, dass meine ganze Existenz an einem hauchdünnen Faden hängt, der mir zudem mehr und mehr aus den Händen gleitet, wurde immer stärker. Ich ahnte, dass ich meinen Zufluchtsort und die relative Sicherheit, die er mir bot, bald würde verlassen müssen und glaubte, dass es gelinde gesagt gut wäre, bis dahin eine Antwort auf die Frage zu haben: Wie werde ich die los?

Auf die Unscheinbare brauchte ich nicht mehr zu hoffen. Das Thema war endgültig durch. Schon allein deswegen, weil ich mein Zimmer nicht verlassen wollte, um mich in Wuppertal auf die Suche zu machen. Zudem hatte ich ja ihre Telefonnummer vergessen.

Ich war auf das Höchste angespannt. Zerbrach etliche Male, während ich meine Erlebnisse zu Papier brachte, unwillkürlich den Bleistift zwischen meinen Fingern. Ein paar Mal war ich sogar – wie ich zugeben muss – beinahe so weit, mich einfach in die Ecke zu kauern, den Rest meiner Schmerztabletten zu schlucken und bitterlich weinend dem Selbstmitleid freien Lauf zu lassen. Dann soll mich halt der Teufel holen!

Er hatte mich schon längst geholt. Es war wirklich die Hölle, in der ich mich quälte, meine ganz persönliche Hölle. Über ihrem Eingang hatten weder die Worte Der, der du hier eintrittst, lass’ alle Hoffnung fahren! gestanden, noch war sie ein geordnetes, geometrisches Gebilde, das strengen Regeln gehorchte, angefüllt mit unzähligen, sündigen Seelen. Nein, in meiner Hölle war ich allein, allein in einem Durcheinander von Gedanken, das ich durch ein Portal betreten hatte, auf welchem die Worte standen: Wieso? Weshalb? Warum? Nicht auszudenken, wenn meine Seele in dieser Finsternis verharrt hätte, wenn ich auf meinem Weg, den ich zugehen hatte, weiterhin auf halber Strecke stehen geblieben wäre…

Aber glücklicher- und überraschenderweise bekam ich einen Führer zur Seite gestellt, der mich ins Licht führte. Doch bevor mir die Erlösung zuteilwurde, wurde mein Nervenkostüm noch auf eine letzte Probe gestellt. Ich beschrieb gerade meinen Zusammenbruch in der Telefonzelle auf der Marktstätte, da klopfte es an meiner Tür. Mein Herzschlag setzte einige Male aus, der Stift glitt mir aus den Händen, ich sah ihn wie in Zeitlupe fallen. Ich weiß noch, dass ich erwartete, ihn mit einem riesigen Getöse aufprallen zu hören, aber er blieb, ohne ein Geräusch zu machen, auf dem Teppich liegen. Auch ich blieb leise. Öffnete zwar meinen Mund zu einem Aufschrei, aber kein Laut kam über meine Lippen. Allmählich drang wie durch Schleier die leise, freundliche Stimme meiner Zimmerwirtin, die meinen Namen rief, an mein Ohr. Und nachdem ich es geschafft hatte, mich halbwegs wieder zu beruhigen, nicht ohne misstrauisch ein Ohr an die Zimmertür gedrückt, diese Stimme auf ihre Echtheit hin abzuhorchen, öffnete ich vorsichtig meine Tür. Es dauerte keine zwei Minuten, und ich bereute diesen Schritt. Überbrachte meine Vermieterin mir doch nichts anderes als die Nachricht, dass ich mein Zimmer am nächsten Morgen um zehn Uhr geräumt haben müsste, da sie schon länger Reservierungen vorliegen habe.

Früher oder später hatte es passieren müssen. Und mit der Wahl meines Zimmers hatte ich Glück gehabt. Andere Zimmerwirte hätten mich wahrscheinlich schon längst auf die Straße gesetzt. Schon nach den ersten Schreien. Trotzdem war ich geschockt, als mir meine Vermieterin das Unvermeidliche mitteilte. Im ersten Impuls hätte ich die zierliche, ältere Dame beinahe an ihrer Strickjacke gepackt und hinausgeworfen, um mich anschließend in meinem Zimmer zu verbarrikadieren. Ich tat dies natürlich nicht. Vielmehr fügte ich mich in mein Schicksal. Ich legte mich ins Bett, schlang die Decke um mich, bis ich beinahe so eng eingepackt war wie zu Gipsbett-Zeiten, und atmete gegen meine Rückenschmerzen an. Kurz: Ich hoffte auf ein Wunder. Doch als es wirklich eintraf, hätte niemand überraschter und überwältigter sein können, als ich es war.

2.

Regen prasselte gegen die Jalousie vor dem Fenster. Es donnerte. Blitze drangen durch Ritzen der Jalousie, die ich seit Tagen heruntergelassen hatte. Der stürmische Wind wehte Kirchenglockengeläut herbei. Es klopfte an der Tür. Nein! schrie ich auf, wähnte ich doch schon den Moment gekommen, da ich meine Zuflucht verlassen musste.. Nein, murmelte ich, die Decke über den Kopf ziehend, beruhige dich, es war nur ein Donner! Aber da konnte ich noch so oft beschwörend Es donnert! Nur der Donner! murmeln, daran, dass da jemand (oder ein Etwas?!) an meine Tür klopfte, ja, hämmerte, führte kein Weg vorbei. Took! Took! TOOOOK! Es war unüberhörbar. TOOOOK! Und dann…?! Ja, und dann rief plötzlich diese Stimme: »Jung’, ich weiß, dass du da drin bist! Mach’ schon! (ich traute meinen Ohren nicht) Oder willst du mich hier draußen verschimmeln lassen? (konnte das sein?) Du musst mich schon reinlassen (seine Stimme?) Jung’! Sonst wird das nix!« Took! Took! (und was, wenn es ein Trick ist?) Doch da hatte ich mich bereits gegen alle Vorsicht von der Aussicht überwältigen lassen, dass es wahr sein könnte, und die Tür geöffnet.

Und es war wahr. Mir war, als würde ein riesiger Stein von meinem Herzen gerollt. »Junge, Junge, Holland ist ganz schön in Not, was?!«, bemerkte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dann rollte mein Opa in mein Zimmer hinein, »Aber wo viel Feind, da viel Ehr!« Opa rollte am Bett vorbei zum Fenster, »Also Jung’, jetzt heißt‘s den Arsch zusammengekniffen und durch!«

Er zog mit einem Ruck die Jalousie hoch. Als es in diesem Moment blitzte es, sank ich ehrfürchtig in die Knie. Das plötzlich aufflammende Licht ließ Opas Gestalt auf ein Vielfaches ihrer Größe anwachsen. Einen Moment lang schien er im Licht zu schweben. Dann forderte er mich auf, mich neben ihn auf den Boden zu setzen: »Jung’!«, sagte er mit Nachdruck, seine Hand auf meine Schulter legend, »was ich dir nun erzählen werde, wird dir nicht gefallen, jedenfalls anfangs nicht! Also hör’ gut zu! Unterbreche mich nicht, es sei denn, ich stelle dir eine Frage! Hast du verstanden?« Da ich kein Wort über die Lippen brachte, nickte ich nur. »Gut!«, meinte Opa zufrieden, »so soll es also sein!«

Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und sprach: »Ich bin hier, um dir die Augen zu öffnen. Du stehst an einem Scheideweg, und ich wurde geschickt, um dir die Wahl zu erleichtern. Wohlgemerkt nicht, um dir die Wahl abzunehmen. Denn der Herr legt Wert auf freie Willensentscheidungen. Der freie Wille ist geradezu das Fundament Seiner Herrschaft!«

Opa musste bemerkt haben, dass ich nach der Identität dieses Herrn fragen wollte, denn er schnitt mir mit einer unwirschen Handbewegung das noch nicht erhobene Wort ab.

»Ich muss nicht hier sein!«, sagte er dann, und er sagte es in einem ziemlich ruppigen Tonfall, »Du hast die Wahl! Kannst mich sagen lassen, was ich zu sagen habe! Oder (er packte die Räder seines Rollstuhls und machte mit ihm eine Bewegung hin zur Tür) es bleiben lassen!« Als Antwort klammerte ich mich am Rollstuhl fest und legte meinen Kopf ergeben an eine seiner Hände, die gelassen auf den Rädern ruhten. »Jung’, Jung’!«, meinte mein Opa dann, wieder mit sanfter Stimme, mir dabei eine Hand auf die Schulter legend, »keine Sorge, das kriegen wir schon hin! Lass’ das mal den Opa machen! Und jetzt lass’ los!«

Ich tat wie geheißen, und Opa rollte zum Tisch. Dort nahm er meine Aufzeichnungen zur Hand, er schien ihr Gewicht abzuschätzen. Dann klopfte er mit dem Handrücken auf den Stapel Papier: »Erstmal: Respekt, einen solchen Stapel zustande zubringen! Aber du redest bis zum bitteren Ende dermaßen um den heißen Brei herum, dass man dir am liebsten den ganzen Schinken um die Ohren hauen möchte! Und ich denk’ die ganze Zeit: Ist das mein eigen Blut? Anfangs ist dieses Rumlavieren noch witzig, aber irgendwann reicht es einem und man will, dass du die Hosen herunterlässt!«

Opa blätterte mit ernstem Gesicht in meinen Aufzeichnungen herum: «Ach Jung’, warum hast du es nicht wenigstens einmal ausgesprochen? Es tut mir in der Seele weh, dies sagen zu müssen, aber es sieht ganz danach aus, als seist du ein Schwätzer! Und einen Maulhelden hatte ich damals, als ich von den Dichtern und Denkern sprach, nun wirklich nicht im Sinn. Man könnte fast auf den Gedanken kommen, dass alles erstunken und erlogen ist, die Kopfgeburt eines frustrierten Philosophiestudenten. Oder liegst du vielleicht noch immer in deinem Gipsbett? Bist ihm nie entronnen? Gefesselt von deinem schmerzenden, deformierten Rücken hast du dir ein anderes Leben zusammen gesponnen. Bist du ein Schwätzer? Ist Deine Schwester etwa noch springlebendig? Leben Deine Eltern vielleicht noch? Sucht Udo etwa immer noch seine Rockbitch? Und überhaupt die ganzen Mädchen und Frauen? Was ist zum Beispiel mit Carmen? Lässt sie sich immer noch von ihrem neuen Lover vernaschen? Hast du vielleicht nur das Tier im Rhetorikerpelz gespielt?«

Mir fiel zwar nichts zu meiner Verteidigung ein, aber unwidersprochen wollte ich die Worte auch nicht lassen. So sprang ich auf und sprach: »Aber…!« Doch Opa wischte meinen Widerstand mit einer Handbewegung weg: »Das waren keine Fragen, auf die du antworten sollst! Spitz’ die Ohren!« Er schlug auf meine Aufzeichnungen: »Unfälle! Ha! Selbstmorde!«, und schlug, »Zufälle! Nichts als Andeutungen und Zweideutigkeiten! Warum redest du kein Tacheles? Was glaubst du? Jetzt antworte!«

In meiner Verwirrung fiel mir aber nichts weiter als eine Gegenfrage ein: »Carmen? Lässt sie sich wirklich immer noch von diesem Typ vernaschen?« Kaum hatte ich das ausgesprochen, wusste ich auch schon, wie dumm dies von mir gewesen war, und zog, in Erwartung einer deftigen Rüge, den Kopf ein. Opa aber kicherte und rief theatralisch aus: »Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! Vom Himmel!«, lachte er und rutschte ganz außer sich auf seinem Sitz herum, »Vom Himmel, ha! Das ist gut!« Schließlich beruhigte er sich wieder: »Spaß beiseite! Du weißt so gut wie ich, dass man in dem Bett, in dem dieses Weibsstück heute liegt, nur noch von Würmern vernascht wird! Um uns aber weitere Peinlichkeiten zu ersparen, will ich dir nun sagen, weswegen die Kacke am Dampfen ist, stärker am Dampfen, als es dir klar ist und lieb sein kann!«

Während Opa die letzten Worte aussprach, bekam seine Haut etwas Durchscheinendes, und einen schrecklichen Augenblick lang meinte ich, Würmer unter seiner Haut wimmeln zu sehen. Doch dieser grausige Eindruck verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war, denn nun sprach Opa mit feierlichem Nachdruck in der Stimme:

»Um es in deiner Sprache auszudrücken: Es ist der Wurm des schlechten Gewissens, der an dir nagt! Der an dir nagt, seitdem du begonnen hast zu tun, was du tun musst! Du leidest an der Erbsünde des Bösen, von der man sich nur in einem reinen Akt der Bosheit befreien kann. Und zu dieser reinen, unverstellten Bösartigkeit warst du bislang nicht fähig. Das ist es, was dein Buch auf Schritt und Tritt offenbart. Es ist das schlechte Gewissen, das den Ton angibt, und deswegen – und jetzt setzt du dich besser wieder hin – bist du letztlich zerbrochen!

Ja, mein Junge, zerbrochen! Da kannst du noch so ungläubig gucken! Glaubst du wirklich, dein alter und vor allem toter Opa wäre hier, wenn nicht etwas wirklich Einschneidendes vorgefallen wäre?«

[…]

Cover_Abschied_Boscher_kleinEnde der Leseprobe aus Boschers Roman „Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“ (Neuntes Kapitel „Der Tod des Autors“, in der Taschenbuch-Ausgabe des Romans die Seiten 219-225).

Liebe, Lust und Leichen im Keller. Leben und Sterben zwischen Nietzsche, dem Niederrhein und der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal, in einer Nebenrolle: die Imperia in Konstanz außer Rand und Band.

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman

„Abschied ist ein scharfes Schwert“ ist ein ungewöhnlich erzählter, an Ironie reicher Mordsroman über einen Schriftsteller und einen Fan, über Gewalt und Gier, Tod und Wiederauferstehung. Eine Lebensgeschichte voller skurriler, ja grotesker Momente. Wir begegnen interessanten Charakteren (mit meist nur kurzer Lebenserwartung) und dämonischen Gestalten. Würzig abgeschmeckt wird das Ganze mit einem Hauch von Philosophie, einem satten Pfund Sex and Crime, einer guten Prise Wahnsinn und zwei Messerspitzen Horror.

„Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman“ – ein Buch, das in vielen Genres wildert.

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Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftsteller B.C. Schiller

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

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Heute zu Gast auf Boschers Blog: B.C. Schiller

Hallo Barbara, hallo Christian, schön, dass ich Euch auf meinem Blog begrüßen darf! Um gleich einzusteigen:

Was seht Ihr als Euren bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

Das ist die Thrillerreihe mit dem unkonventionellen Chefinspektor Tony Braun. Mit seinem 4. Fall „Der stille Duft des Todes“ hielten wir uns mehrere Wochen auf Platz 1 im Gesamtbestsellerranking von Amazon.
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Wer ist Dir Barbara die liebste Figur in einem Eurer Romane oder in einer Eurer Geschichten? Und welche Figur ist Dein Favorit Christian?

Barbara: Ich mag den ruppigen Charme unseres Chefinspektors Ton Braun. Er ist ein Mann, in den man sich verlieben kann.
Christian: Mein Favorit ist unser Ex-Agent und Hundeflüsterer David Stein. Das ist eine sensible Kämpfernatur mit intellektuellem Touch.

Wer ist Euch die liebste von Euch nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

Das sind Harry Hole von Jo Nesbo und Thomas Lynley von Elizabeth George

Der für Euch gelungenste erste Satz einer Eurer Geschichten?

Barbara: Töten ist ganz einfach sagen die Stimmen in meinem Kopf.
Christian: Der Tag an dem Tom Nowaks Frau sterben würde, begann vielversprechend.

Wenn Ihr nicht Schriftsteller, sondern Musiker wäret – welche Musik würdet Ihr machen?

Christian: Ich würde als DJ arbeiten und House Musik, Techno und Worldmusic mixen.
Barbara: Ich würde Christian zuhören.

Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

Das Talent mit seiner Phantasie Geschichten zu erfinden und diese niederzuschreiben macht einen Schriftsteller aus.

Eure Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit der schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

Natürlich soll man mit dem Schreiben seine Brötchen verdienen. Schließlich wird man ja immer besser, wenn man davon leben kann.

Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Euch ein gerade Weg oder passiert es Euch, dass Ihr Euch weit von der Grundidee entfernt?

Das ist meist ein gerader Weg – die Grundidee steht immer.

Welcher Art sind die Szenen, die für Euch die größten Herausforderungen stellen?

Das sind Szenen, die eine Aktion aus unterschiedlichen Point-of-Views beschreiben. Dabei muss immer die Spannung gehalten werden und man darf sich nicht wiederholen.

Was bereitet Euch die größte Freude beim Schreiben?

Die größte Freude ist es, sich neue Ideen für seine Leser auszudenken.

Der für Euch wertvollste Schreibtipp, den Ihr erhalten habt?

Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und vor allem: täglich zu schreiben.

Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

Nur noch Schreiben am Rechner – manchmal aber auch kreatives Ideensammeln mit Zetteln am Meer.

Welches Schreibprogramm nutzt Ihr?

Ein simples Word

Schreibzeiten: Wann schreibt Ihr? Schreibt Ihr an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Ihr Euch zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

Wir haben keine festgelegten Zeiten, schreiben aber täglich zwischen fünf und zehn Seiten.

Wie viel Zeit verwendet Ihr am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Ihr für die Werbung?

Vor einem Buchrelease 3-4 Stunden täglich ansonsten ca. eine Stunde täglich mit Fans und Kollegen.

Bereitet Euch das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

Wir schreiben ja erst seit es Selfpublishing gibt.

Die „Thomas Mann“-Frage: Barbara, Du schreibst, Dein Mann kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein? Und bei Dir Christian? Geht es Dir wie Barbara?

Wir sind da flexibel, aber wenn wir mitten im Schreibprozess sind, dann schalten wir das Handy aus und checken unsere Mails nur einmal täglich.

Die „Charles Bukowski“-Frage: Haltet Ihr Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

Nein, beim Schreiben ist Alkohol absolut tabu; aber als Belohnung am Abend, nachdem wir eine spannende Szene geschafft haben, trinken wir gerne einen guten Wein.

Ihr geht schlafen, liegt bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir Barbara eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du dann auf und notierst Dir die Idee? Und Du Christian? Wie gehst Du mit solch nächtlichen Ideen um?

Wir notieren uns diese Ideen auf dem Handy, das neben dem Bett liegt.

Habt Ihr mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Ihr unter sie ein „Ende“ gesetzt habt?

Ende ist Ende, denn die Story ist fertig. Aber dann beginnt die harte Phase der Überarbeitung. Erst nach dem zweiten oder dritten Durchlauf ist für uns wirklich ENDE.

Vielen Dank Barbara, vielen Dank Christian, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

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„Thriller müssen fesseln und mitreißen“ (Quelle)

Auf das schriftstellerische Konto von B.C. Schiller gehen mehrere Thriller-Bestseller in den eBook-Charts. B.C. Schiller sind das aus Österreich stammende Autoren-Duo und Ehepaar Barbara und Christian Schiller (Quelle).

Emotional mitreißende Thriller – diese liegen dem Kreativgespann am Herzen. „Entscheidend ist, den Leser auf eine emotionelle Reise mitzunehmen, ihn soweit zu verführen, dass er gemeinsam mit den Hauptfiguren Lust und Frust, Freude und Leid hautnah miterlebt.“ (Quelle)

Dabei fließen auch die beruflichen Erfahrungen der beiden Autoren in ihre Romane ein: Die „teilweise abenteuerlichen Erlebnisse in osteuropäischen und ex-sowjetischen Staaten“, die Barbara Schiller als Marketingagentin für Unternehmen in Osteuropa hatte. Die journalistische Arbeit, durch die Christian Schiller mit der Psyche von Verbrechern in Berührung kam (so interviewte er z.B. für ein Radiofeature den österreichischen Serienmörder Jack Unterweger) Quelle.

Homepage von B.C. Schiller
Amazon-Autorenprofil
Wikipedia-Artikel über B.C. Schiller
Facebook-Seite des Autoren-Duos

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Friendly Poison… 1 Zyklus adjuvante PEB Chemotherapie – Hodenkrebs, Erfahrungen und Informationen

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„Jetzt wird der Krebs wieder konkret. So konkret, wie er seit der OP und seitdem die Operationswunde verheilt ist, nicht mehr gewesen war. Es hatte keine Schmerzen mehr gegeben. Keine Zeichen dafür, dass etwas in einem ist. Der Krebs als reale Möglichkeit, als eine Aufgabe, die einer Lösung harrt, als eine Frage, die nach einer Antwort verlangt, war zwar da. Doch mehr schwarz auf weiß als im bunten Alltag. Man las von ihm, spürte ihn aber nicht. So schien er mehr eine andere, eine dritte Person zu betreffen, als einen selbst. Man hätte ihn vergessen können…

Nun aber kehrt der Krebs in den Alltag zurück. Die Zeit, in der ich Verstand und Herz disziplinieren musste, um für eine Entscheidung, mit der ich mein restliches Leben würde leben können, den nötigen Abstand zu gewinnen, ist vorbei. Keine Dritte Person mehr. Kein Überlegen, informieren, abwägen. Ab jetzt ist nicht mehr Urteilsvermögen gefragt, sondern Durchhaltewillen. Ich.

Und ich will eine positive Einstellung an den Tag legen. Alles ist gut. Das Misstrauen, dass sich seit dem Tag der Hoden-OP vor allem gegenüber Ärzten aufgebaut hatte, will ich vergessen. Mein Gang in die Klinik soll ein Sprung ins Vertrauen sein. Für mich ist gut gesorgt. Und ich sorge gut für mich. Ich habe gelesen, dass Rauchen die Wirkung der Zytostatika behindert, ja verringert, also nehme ich mir fest vor, während der Chemo keine Zigaretten anzupacken.

Und so geht es in die Klinik. Cisplatin (P), Etoposid (E) und Bleomycin (B) – dies sollen nun meine besten Verbündeten gegen ein erneutes Tumorwachstum sein. Ein wahrlich wirkungsvolles Trio aus der pharmazeutischen Giftküche – und in ihrem Zusammenwirken dafür verantwortlich, dass die Sterblichkeitsrate bei Hodenkrebs seit Jahren so beruhigend stark gesunken ist. My deadly Friends.(per E-Mail)

Ich hatte ihn während seiner Chemo nur zweimal kurz am Telefon gesprochen, dann hatte er aufgelegt. „Zu anstrengend!“ Besuche wollte er überhaupt nicht erhalten. Am Abend des ersten Tages seiner Chemo postete er einen kryptischen, nur für Eingeweihte verständlichen Statusbericht auf Facebook. Dann und wann verschickte er eine sms an seine Freunde mit einem Kürzestbericht zum Stand der Dinge. Angesichts dessen, dass sein Kommunikationsbedürfnis so extrem heruntergefahren war, erstaunte mich dann doch die E-Mail, die ich von ihm erhielt: „Ich bin auf deinen Spuren gewandelt.“, schrieb er mir, „Hab mich einfach an den PC gesetzt und geschrieben. Hatte schon das Gefühl zu verblöden, so sehr schlug die Chemo auf meine Konzentration. Da war das Schreiben für mich wie so eine Art „Gehirn-Walking“. Und wenn dir das Ergebnis einigermaßen sinnig erscheint, kannst du auch diesen letzten Teil meiner Krebsgeschichte gern auf deinem Blog posten. Vielleicht ist das für den einen oder anderen ja interessant.“ Hier also der von mir mit Bildmaterial ausgestattete letzte Teil der Hodenkrebsgeschichte meines alten Freundes in seinen eigenen Worten.

Zum Hintergrund:

1 Zyklus adjuvante PEB Chemotherapie

I. Der stationäre Teil meiner PEB Chemo

PEB_Plan_www.urologielehrbuch.de

PEB Chemotherapieplan, Quelle: http://www.urologielehrbuch.de/PEB.html

 

Eröffnungsveranstaltung sehr gut gelaufen!
„Friendly Poison“ – eine Themenwoche, die unter die Haut geht!
Publikum und Veranstalter zeigten sich nach der gestrigen Premiere äußerst zufrieden.
„Der Anfang war ein wenig kribbelig, aber das ist normal. Es gilt erst einmal einen Zugang zum Thema zu finden – und der liegt nun einmal nah am Herzen.“
„Also mir lief das gut rein, weiter so!“

(Facebook Status)

„Hinein damit!“

Montagmorgen um 7.30 Uhr betrat ich das Krankenzimmer. Der Krankenhaus-Urologe, der mich die 5 stationären Tage über (sehr gut!) betreuen und auch jeweils die Zytostatika-Infusionen anhängen würde, begrüßte mich. Er informierte mich, was an diesem Tag alles anstehen würde, beantwortete meine Fragen. Weil die Voruntersuchungen (Bluttests, u.a. Tumormarker, Leber, Niere, Sonographie, Lungenfunktionstest, EKG, Neurokonferenz, Hörtest beim HNO-Arzt) keine Ergebnisse erbracht hatten, die gegen eine Chemotherapie sprachen, ging es dann los, wie geplant.

Häufige Nebenwirkungen einer PEB Chemotherapie

Häufige Nebenwirkungen einer PEB Chemotherapie

Ich händigte dem Doc die von mir unterzeichnete Patientenaufklärung aus, die u.a. über die häufigen Nebenwirkungen einer PEB-Chemotherapie aufklärte, welche auftreten, weil Zytostatika keinen Unterschied zwischen Krebszellen und gesunden Zellen machen. Dann wurde ich auch schon mitsamt Bett auf die Intensivstation gefahren, damit ein Anästhesiearzt mir das Zentrale Venenkatheder (ZVK) legt (ZVK weil dieser schonender sei, als das tägliche Legen einer Viggo und die Zytostatika die kleineren Venen angreifen. Der ZVK verbleibt bis zum Ende der 5 stationären Tage).

Das Legen des ZVK war in den 5 Tagen Krankenhaus die unangenehmste Erfahrung. Während der gut Dreiviertelstunde, die es dauerte, bis das Katheter richtig lag (ultraschallgestützte Anlage, 18cm rein, bis zum Herzvorhof vorschieben, dann ca. 1cm zurückziehen bis EKG wieder normal, dann liegt ZVK richtig), musste ich einige Male ins Bettlaken greifen. Doch als es einmal lag (und an der Haut vernäht und verpflastert war), machte das ZVK keine Probleme mehr. Ich hatte mich, weil ich meist auf der rechten Seite schlafe, für die linke Halsbeuge entschieden. Das war die richtige Entscheidung. Das ZVK störte insgesamt weniger als ein venöser Zugang in einer Armvene.

Zurück auf Station ging es dann mit der Chemo los. Oral erhielt ich Emend 125mg, eine Kotzbremse erster Güte, bzw. um es mit einem Fachwort auszudrücken: Ein sehr wirksames Antiemetikum. Dann kam mein Doc und bald hing mein Galgen voll mit Beuteln. Dies lief am Tag 1 in mich hinein: Infusion Granisetron („Antikotz“) & Dexamethason („Entzündungshemmer“). Dann Infusion NaCl für Spülung. Dann Infusion des ersten Zytostatika Bleomycin und gleichzeitig Infusion Mannitol (osmotisches Diuretikum, soll Nierenschädigungen durch Zytostatika vorbeugen, „Nephrotoxizitätsprophylaxe“, und deren Ausscheidung über die Nieren fördern, „renale Elimination“). Wieder NaCl. Dann das erste Mal Infusion Cisplatin. NaCl. Dann Infusion Etoposid. Wieder NaCl-Lösung und wieder (bis zur nächsten Runde Chemo wird Flüssigkeit zugeführt).

Ich hatte gelesen, 2-3 Stunden nach der ersten Cisplatin-Infusion würde (wenn man denn zu diesen unglücklichen Menschen gehört) die Übelkeit beginnen. Ich verschlief diesen Zeitpunkt. Konnte ihn verschlafen, weil nach 2-3 Stunden nichts passierte.

Es passierte auch den Rest der stationären Woche nichts Gravierendes: Keine Übelkeitsattacken, keine gravierenden Nebenwirkungen. Halleluja! Ein Hoch auf die Antikotz-Medikamente. Ein Hoch auf was auch immer, dass ich zu den Patienten gehörte, die die Chemo gut vertrugen. Ja, Friendly Poison…

So verging meine stationäre Woche: Medizinischer Höhepunkt jeden Tages war die vom Doc in die Wege geleitete Chemotherapie. Die Infusionen liefen jeden Tag wie auch Tag 1 ab, mit dem Unterschied, dass an den Tagen 2-5 keine Bleomycin-Infusion stattfindet (und dass statt Emend 125mg oral Emend 80mg gegeben wird). Dauer der Chemo circa 3 Stunden.

Hinein damit! Die Tage in der Klinik waren ein einziges langes Gefüllt- und Gespültwerden. Irgendeine Flüssigkeit lief immer in mich hinein. Zusätzlich trank ich mindestens 3 Liter Wasser am Tag. Die Folge: Bereits am zweiten Tag brachte ich 6 Kilo mehr auf die Waage – und das obwohl ich alle halbe Stunde meine Blase entleeren musste. Ich las, hörte Musik über meine Kopfhörer oder schlief abwechselnd. Dann ging es wieder auf die Toilette, pinkeln. Mehrmals am Tag schob ich den Galgen zum Wasserkasten neben dem Schwesternzimmer, um mich mit Nachschub zu versorgen. Ich versuchte, mich zu bewegen. Wobei ich spürte, dass ich langsam machen sollte. Die Zytostatika zerrten an meinen Kräften (wobei ich einfach nur „schlapp“ war, von wirklicher Erschöpfung konnte keine Rede sein). Also ab ins Bett. Wieder schlafen. Auf Toilette usw.

Viele Chemopatienten haben Probleme mit ihrem Appetit, können Lebensmittel nicht riechen: Bei mir davon keine Spur. Zwar hatte ich manchmal einen metallischen Geschmack im Mund oder meinte, etwas Metallisches zu riechen, aber das wirkte sich nicht auf meinen Appetit aus. Ich aß die ganz normale Vollkost (leckeres Krankenhausessen übrigens), selbst auf meinen Kaffee musste ich nicht verzichten, verhielten sich meine Schleimhäute doch robust, so dass ich in der ersten Chemowoche keinerlei Verträglichkeitsprobleme hatte.

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Randbemerkung zum Thema „Vertrauen / gut versorgt“

Zweimal wurden in dieser stationären Woche die Blutwerte bestimmt (Mittwoch und Freitag am letzten Tag), meine Blutwerte waren je im normalen Bereich. Ich bekam kein Fieber, mein Blutdruck war normal. Selbst mein Stuhlgang pendelte sich mit Hilfe von Macrogol ein. Bis zum Ende der Woche ging mein Gewicht herunter, am Freitag wog ich 4 Kilo weniger als noch den Dienstag zuvor. Ich hatte mehr Flüssigkeit ausgeschieden als aufgenommen (aufgenommen hatte ich mindestens 6 Liter jeden Tag).

Nachdem mir eine Krankenschwester ohne Probleme am Freitagnachmittag das ZVK („tief Luft holen, tief ausatmen…“) gezogen hatte, konnte ich heim. Ich war geschafft, aber sehr froh, wie die Woche verlaufen war. Meine erste Woche mit „Friendly Poison“ war doch sehr freundlich abgelaufen – und ich hatte es tatsächlich geschafft, nicht zu rauchen.

 

II. Der ambulante Teil meiner PEB Chemo

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Der „ambulante Teil“ – das klingt doch gegenüber „stationärem Teil“ vergleichsweise harmlos. „5 Tage jeden Tag eine mehrstündige Chemositzung“ klingt gewichtiger als an den Tagen 8 und 15 innerhalb von nicht einmal einer halben Stunden noch einen Bolus von je 1x Bleomycin zu erhalten…

„Bis in die Haarspitzen“

Die Tage in der Klinik zuvor waren ein einziges langes Gefüllt- und Gespültwerden. Beides fand nun nicht mehr statt. Die einzigen Medikamente, die ich an den Tagen 6 & 7 nehmen sollte, waren das Mittel gegen Übelkeit Emend 80mg und der Entzündungshemmer Dexamethason. An Tag 8 stand als Bolus die Bleomycin-Infusion an.

Da ich nach wie vor sehr häufig Wasserlassen musste (mindestens alle halbe Stunde), sah ich es weiterhin als wichtig an, viel zu trinken. Mindestens 3 Liter Wasser am Tag, das hatte ich mir vorgenommen (was in diesen Tagen kein Problem war, weil ich ständig Durst hatte).

Ich fühlte mich gut. Wobei ich im Verlauf der Tage spürte, dass die Schlappheit, die mich immer wieder überkam, eine andere Qualität annahm. In der Klinik war mein Körper, so erschien es mir, passiv gewesen. Ein Gefäß, dass es zu füllen galt. Jetzt war mein Körper gefüllt, ich fühlte mich „bis in die Haarspitzen voll“ – und er wurde Hand in Hand mit den Friendly Poison sehr aktiv.

In mir arbeitete es auf Hochtouren, die Zytostatika hatten ihr Werk aufgenommen – und so war meine Schlappheit in den Tagen 6 bis 9 immer weniger von der Art „müde“, sondern nahm Formen der Erschöpfung an.

Die Infusion von Bleomycin am Tag 8 verstärkte den Wirkprozess. Meine Sorge, dass die erneute Zytostatika-Gabe (Dauer der Infusion eine halbe Stunde) mein gutes Gefühl ändern würde, bewahrheitete sich nicht. Als sehr beruhigend empfand ich es, dass laut Labor alle meine Blutwerte normal waren. Ich erhielt auch keine unterstützenden Mittel wie einen Übelkeitshemmer, weil der Onkologe nicht mit Nebenwirkungen rechnete. So kam es auch. Keine Übelkeit. Ich fühlte mich gut. Vielleicht noch etwas erschöpfter als zuvor, aber gut.

Gleichwohl ging mit der Erschöpfung eine Art geistiger Schwäche einher. Ich hatte den Eindruck, mich weniger gut konzentrieren zu können. Ein Buch lesen empfand ich nun als zu anstrengend. Tippte ich ein paar Zeilen auf dem Computer, so merkte ich, wie schwer es mir fiel, die richtigen Tasten zu treffen und mich an Rechtschreiberegeln zu halten.

Kommunizieren empfand ich im zunehmenden Maße als anstrengend, vor allem in Form von Telefonaten. Hier wird auch eine Rolle gespielt haben, dass sich zwischenzeitlich ein beidseitiges leises Ohrengeräusch bei mir bemerkbar machte, nicht so schlimm, dass ich von Tinnitus sprechen würde, nicht so schlimm, dass ich nicht hätte darüber hinweg hören können (vor allem mit dem Wissen, dass es nach der Chemo auch wieder weggehen wird), aber dennoch da.

Aber, wie gesagt, mein Grundempfinden war, dass es mir gut ging. Ich war halt ein Organismus unter Hochlast. Dies zeigte sich auch an meinem Gewicht: Von Tag 6 bis zum Tag 10 der Chemo nahm ich fast 4 Kilo ab. Dabei aß ich gut (und dank meiner Liebsten auch gesund). Zwar waren von Tag zu Tag meine Magen- und auch meine Hals- und Mundschleimhäute empfindlicher geworden (auf meine Tasse Kaffee musste ich verzichten). Aber ich hatte keine Schmerzen. Es traten keine Entzündungen der Schleimhäute auf, sehr schmerzhafte Entzündungen in der Mundhöhle, im Magen, im Darm, die leider viele Chemopatienten quälen. Ich hatte Glück. Hatte Durst und hatte Appetit. Konnte eigentlich essen, auf was ich Lust hatte. Es gab einige Momente, in denen ich mir erlaubte zu denken: Vielleicht gehörst Du ja wirklich zu den Glücklichen, die eine Chemo über die ganze Distanz ganz gut vertragen.

Ach ja, ich ging jeden Tag ein wenig spazieren (hatte mir Nordic Walking Stöcke gekauft) und – ich war natürlich stolz wie Oskar – ich hatte nach wie vor keine Zigarette angepackt. Da musste es doch einfach weiter gut laufen…

„System down“

30 Mio.E.0,5ml Filgrastim
Es passiert nicht bei allen PEB Chemopatienten, aber bei vielen, und wenn es passiert, dann um den Tag 10 herum – wie bei mir: Die Zahl meiner weißen Blutkörperchen ging in den Keller. Somit fuhr mein Immunsystem nahezu komplett herunter.

Es geschah, schien mir, von jetzt auf gleich. Ohne Vorwarnzeit. Plötzlich fühlte ich mich nicht mehr nur erschöpft, sondern total ausgelaugt, bis ins Mark ausgesaugt. Ich hatte das Gefühl „immer weniger“ zu werden – und dass obwohl ich plötzlich begann, wieder an Gewicht zuzulegen.

Was den Eindruck der Schwäche verstärkte, war, dass zudem meine Oberschenkel zu schmerzen begannen. Sie schienen mein Gewicht nicht mehr zu tragen, meine Beine knickten manchmal weg. Auf einem Bein stehen, um in eine Hose zu schlüpfen, ging nicht mehr. Laufen fiel schließlich schwer.

Ich war bedient – und nur froh, dass ich an Tag 11 einen Termin beim Onko-Doc zwecks Bestimmung der Blutwerte vereinbart hatte. Ich machte mir große Sorgen, dass die Schmerzen und meine Gehschwäche etwas mit den Nerven zu tun haben könnten (eine der Nebenwirkungen einer PEB Chemo, die gerne irreversibel ist).

Was meine Beine anging, konnte mich der Doc nach einigen Test beruhigen, keine Nervenangelegenheit, sondern Muskelschmerzen und -schwäche als eine späte Nebenwirkung des Cisplatin.

Beunruhigend entgegen waren meine Blutwerte, denn seit dem letzten Labor 4 Tage zuvor war die Anzahl meiner Leukozyten so stark gesunken, dass meine Immunabwehr quasi nicht mehr vorhanden war.

Das bedeutete: Prophylaktisch ein Antibiotikum schlucken (Ciprofloxacin 500mg, 2x täglich) und 1x täglich einen Wachstumsfaktor für weiße Blutkörperchen subkutan spritzen (30 Mio.E./0,5ml Filgrastim, dass das Knochenmark anregt, weiße Blutkörperchen zu produzieren). Kontrolle der Laborwerte am Morgen des Tages 15, einem Montag, dem Tag, an dem die nächste und letzte Chemo-Infusion stattfinden soll. Dann schickte mich der Onkologe mit der Auflage, Menschenansammlungen zu meiden, und dem Rat, 30 Minuten am Tag spazieren zu gehen (wenn es denn die Muskelschmerzen zulassen), heim. Infektionen vermeiden, Immunabwehr stärken, die Devise für die kommenden Tage, das kommende Wochenende. Sollte ich allerdings Fieber bekommen, dann müsse ich in die Notaufnahme…

Zwischenbemerkung_stationär_ambulant

Randbemerkung zum Thema „stationär / ambulant“

Das folgende Wochenende war ich nicht wirklich entspannt, um nicht so sagen nervös. Dieses Kratzen im Hals… Kommt das jetzt von der Chemo, die meine Schleimhäute angreift? Oder ist das Kratzen ein Anzeichen einer Erkältung? Apropos Erkältung… Wie sind denn diese plötzlichen Hitzewallungen zu werten? Die Nachtschweißattacken? Und das meine Temperatur von sonst durchschnittlich 36,4° nun auf 37,5° gestiegen ist? Ist das bereits als Fieber zu werten?

Sehr froh war ich aber, dass die Muskelschmerzen in den Oberschenkeln und damit die Muskelschwäche verschwanden (kaum in die Badewanne hineinzukommen, um zu duschen – ich habe keine separate Dusche -, war bedrückend). Somit konnte ich spazieren gehen (das Wetter war ja auch noch herrlich), und etwas für meine Immunabwehr tun.

Dann kam der Montagmorgen. Nach einer sehr unruhigen, verschwitzten Nacht war ich ziemlich geschafft, aber dennoch guter Dinge: Ich hatte kein Fieber bekommen (die 37,5° hatte ich als einmaligen Ausrutscher nach oben gewertet), hatte mir keine Infektionen eingehandelt. Das Wochenende hatte ich überstanden.

Meine Liebste brachte mich zum Onkologen. Tag 15 meiner Chemo. Laut Therapieplan sollte ich an diesem Morgen meine letzte Dosis erhalten, eine letzte Infusion Bleomycin. Und so schlapp ich mich auch fühlte (und so blass wie ein Vampir auf Diät ich auch war), ich war mir sicher, dass meine Blutwerte besser sein würden als den Donnerstag zuvor. Friendly Poison. Kinders, so sind die Kleinen halt, wenn sie einmal losgelassen werden… Schießen einfach gerne mal übers Ziel hinaus… Ich freute mich, auf die Zielgerade meiner Chemo einzubiegen.

Die Laborwerte verzögerten meinen Schlussspurt. Die Anzahl meiner Thrombozyten war so weit abgesackt, dass mit einer erhöhten Blutungsneigung zu rechnen war. Die Zahl meiner Leukozyten war nach wie vor unterirdisch. Mir Bleomycin in die Vene zu jagen, war dem Onko-Doc zu riskant. Ich war enttäuscht. Jetzt hieß es: Weiter spritzen, weiter Antibiotikum schlucken, Kontrolle den Mittwoch darauf. Jetzt hieß es: Keimen, Bakterien, Viren aus dem Weg gehen, Infektionen vermeiden, Immunabwehr stärken, auf eventuelle Blutungen achten, durchhalten. Und es lief so weit auch alles ganz gut. Die Muskelschmerzen, die als Nebenwirkung des Filgrastim auftraten (erst in den Kiefermuskeln, dann auch im Rücken) empfand ich als weniger belastend als die Schmerzen in den Oberschenkeln die Tage zuvor, wusste ich doch, sie werden abklingen, wenn ich nicht mehr spritzen muss. Dennoch, die Kieferschmerzen waren nicht ohne, bereiteten mir zusammen mit den Nachtschweißattacken schlaflose Nächte. Aber zumindest die Rückenschmerzen sprachen recht gut auf Ibuprofen an.

Dann die Kontrolle am Mittwoch, dem Tag 17: Werte besser, aber noch nicht gut genug. Weiter spritzen, weiter Antibiotikum schlucken, mich mit keinem Keim, keiner Bakterie, keinem Virus infizieren. Kontrolle am Freitag, dem Tag 19, an meinem Geburtstag.

Bad Hair Days & Happy Birthday
Happy_Birthday_Bad_Hair_Day1

Waren sich die Herren und Damen Doctores auch bei den sonstigen Nebenwirkungen der Chemo nicht einig gewesen, bei einer Sache hatten sie übereingestimmt: Meine Haare werden ausfallen.

Ab Tag 16 war es soweit. Meine Kopfhaare begann auszufallen. Zuerst an den Schläfen, dann an den Seiten. Die Haare am Hinterkopf hielten sich zunächst noch standhaft an Ort und Stelle. Aber auch das sah bald anders aus. Ich musste nur mit der Hand über meinen Kopf streichen und meine Finger waren voll mit Haaren.

Auch meine Barthaare fielen aus. Es war ein ganz eigentümliches Gefühl zu bemerken, dass ich mir meine Barthaare, während ich mir mit kalten Wasser mein Gesicht abwusch, einfach mit der Hand abrubbeln konnte. Rasieren mit der Handkante, voll Kung Fu.

Ich hatte mir meine Haare nicht im Vorfeld abrasiert, weil ich wissen wollte, wie das vor sich geht und wie sich das anfühlt, wenn sie ausfallen. Als ich schließlich wie ein gerupftes Huhn aussah, war aber die Zeit des Rasierers gekommen. Tag 19 meiner Chemo. An meinem Geburtstag sollte es geschehen. Ganz passend fand ich. Eine besondere Rasur an einem besonderen Tag. Zwar trug ich meine – vor allem auf dem Oberkopf – eher in geringerer Zahl vorhandenen Haare seit etlichen Jahren kurz geschnitten. Aber mir eine Glatze zuschneiden, fühlte sich doch ungewöhnlich an. Wie gesagt, für meinen Geburtstag in meinem Krebsjahr ganz passend.

Aber zuvor hoffte ich, ein weiteres Event an meinem Geburtstag über die Bühne bringen zu können: meine letzte Dosis Friendly Poison, die Bleomycin Infusion. Dafür mussten sich natürlich meine Blutwerte, insbesondere die Anzahl der Leukozyten, normalisiert haben – und endlich war es soweit. 2 Stunden nachdem mir beim Onko-Doc das vierte Mal innerhalb von 10 Tagen Blut abgenommen worden war, erstrahlten die entscheidenden Werte auf dem Laborbericht in schönster Normalität.

„Womit habe ich nach der Infusion zu rechnen?“, fragte ich. „Mit nichts Besonderem!“, antwortete mein Onko-Doc – und ich in meiner Freude, endlich wieder mit einem funktionierendem Immunsystem ausgestattet zu sein (und vielleicht sogar meinen Geburtstag nun doch mit Freunden feiern zu können) und nun bald meine Chemo hinter mir zu haben, hörte: „Nichts!“ Schließlich war die erste ambulante Bleo-Infusion am Tag 8 meiner Chemo unspektakulär verlaufen. Also Bleomycin vorbereiten, Viggo legen – und hinein damit.

Und zunächst passierte auch nichts. Ich fuhr heim. Spürte eine gewisse Müdigkeit. Aber das war ja auch kein Wunder, nichts Besonderes. Schließlich war ich früh aufgestanden, hatte 3 Stunden mit meinem Arztbesuch verbracht und mir innerhalb einer halben Stunde eine satte Dosis Zellgift in die Vene jagen lassen. Da kann man schon müde werden… Also legte ich mich – für ein Stündchen, so der Plan – aufs Ohr. Kaum lag ich einige Minuten, ging es los.

Als hätte jemand gigantische Kühlaggregate aufs Bett gerichtet. Als würde draußen ein Eisblizzard toben und die schützenden Wände samt Fenster wären eingerissen worden, so dass ich plötzlich inmitten des Kältesturmes liegen würde. So einen Schüttelfrost, wie der, der mich da plötzlich überkam, hatte ich noch nie erlebt. Was war mir kalt. Glücklicherweise war ich ja nicht allein und bald mit zwei Wärmflaschen und heißem Tee versorgt.

Nach einer halben Stunden Zähneklappern war es mit dem Kältesturm genauso schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Und die Temperatur begann zu steigen – jedenfalls die von mir gefühlte und meine Körpertemperatur. Ich bekam Fieber, 38°, 38,7°, 39,5° zeigte das Fieberthermometer, Tendenz also steigend. Und mit steigendem Fieber wuchs – obwohl laut Labor wenige Stunden zuvor mein Immunsystem ok war und auch nichts auf eine Infektion hindeutete – meine Besorgnis. Zwar gaben die ersten Treffer bei Google zur Anfrage „Bleomycin Schüttelfrost Fieber“ Entwarnung in dem Sinn, dass dies nach einer Infusion Bleomycin typisch sei und nur bedenklich, wenn die Temperatur nicht bald wieder hinuntergeht (unterstützt durch etwa fiebersenkende Tabletten – oder wenn jemand nicht schlucken könne – Zäpfen und durch Hausmittel wie Wadenwickel). Aber ich wollte zur Sicherheit noch einen ärztlichen Rat.

Ich versuchte also meinen Onko-Doc zu erreichen – vielleicht war er an diesem Tag zufällig ja länger als bis um 12 Uhr in der Praxis geblieben. Nur der AB. Dann rief ich im Krankenhaus an, um den Urologen, der mich an den stationären Chemotagen betreut hatte, um Rat zu fragen. Leider konnte ich nicht mit ihm persönlich reden, die Sekretärin schirmte ihn an, sie überbrachte aber meine Anfrage – und übermittelte mir seine Einschätzung: Ich solle ins Krankenhaus kommen, mich an der Inneren melden. Happy Birthday! Toll. Ich hatte gehofft, der Urologe beruhigt mich. „Hey, ganz typisch nach einer Bleomycin Infusion. Das geht vorbei, keine Panik. Hausmittel anwenden. Fiebersenkende Tablette schlucken. Die Temperatur im Blick behalten. Nur ins Krankenhaus, wenn sie nicht bald wieder sinkt…“

Ich gab meiner Körpertemperatur eine Stunde, bis ich mich entscheide: Ist sie nach Ablauf der Stunde gesunken, bleibe ich daheim. Ist sie weiter gestiegen, dann geht es ins Krankenhaus. Und mein Körper tat mir den Gefallen, mit dem Fieber klarzukommen und mir den erneuten Klinikaufenthalt zu ersparen. 39,2°, 38,6°, 37,5°, Tendenz: die Temperatur normalisiert sich. Mein Körper schwitzte das Fieber weg. Ich war klatschnass, aber froh. 36,9° Die Notwendigkeit, ins Krankenhaus zu gehen, sah ich nicht mehr. Fühlte mich über dem Berg.

Gestern wurden noch einmal die Blutwerte bestimmt, und die Werte gaben meiner Entscheidung recht. Dies bestätigte mir auch der Urologe, der mich während der stationären Phase des Zyklus betreut hatte und der (mein Onkologe hatte zwischenzeitlich, wie ich erfahren musste, seinen Urlaub angetreten) meine aktuellen Laborwerte für mich interpretierte. Alle Werte normal. Alles bestens. „Sie haben es geschafft – und wenn ich das sagen darf: Die Glatze steht Ihnen sehr gut!“

Meine Liebste hatte mir einen Tag nach meinem Geburtstag den Kopf rasiert. Und ich war wirklich erstaunt gewesen, wie fremd mir mein Anblick im Spiegel wurde – und dass obwohl meine normale Haarpracht, wie gesagt, eh bereits eine deutliche Tendenz Richtung Glatze hatte. Aber so glatt geschoren, das war doch etwas anderes (hoffe nur, dass meine Wimpern und Augenbrauen nicht ausfallen). Und kühl war mir plötzlich am Kopf. Auch das war erstaunlich: selbst kurze Haare wärmen.

Zum Glück hatte meine Liebste mir zum Geburtstag eine coole britische Schiebermütze geschenkt, damit war ich sowohl wärmetechnisch wie auch stylisch auf der richtigen Seite. Zum Glück brauchte ich nur ein paar Tage, um mich an die Glatze zu gewöhnen. Ja, schließlich begann sich in mir sogar das Gefühl zu regen, dass mir die Glatze eigentlich ganz gut steht, so dass ich jetzt die Mütze nur wegen der Kühle brauche oder sie anziehe, weil ich sie cool finde, und nicht, um mich zu verstecken.

Ich war und bin sehr froh. Sehr froh, dass die Chemo vorbei ist. Dass ich die Chemotherapie so gut vertragen habe. Ja, my Deadly Friends Cisplatin, Etoposid und Bleomycin waren wirklich freundlich zu mir gewesen. Werden weiter freundlich zu mir sein, denke ich hinsichtlich eventueller Spätfolgen (z.B. Lungenprobleme aufgrund des Bleomycin). Wie Anfangs gesagt: Ich will eine positive Einstellung an den Tag legen… Die Nebenwirkungen, die sich derzeit noch bemerkbar machen, sind jedenfalls nicht schlimm: Der Haarausfall (das sichtbarste Zeichen meiner Chemozeit, glücklicherweise immer noch nicht meine Augenbrauen und Wimpern betreffend), die Ohrengeräusche (werden schon leiser), die veränderte, flüssigere Konsistenz und blassere Farbe meines Spermas und eine sehr starke Erschöpfung, die mich mindestens einmal am Tag überkommt und dann für mehrere Stunden in ihrem Griff behält.

Letzteres könnte jene starke, unter Umständen gar Monate dauernde Müdigkeit sein, die mit dem Begriff „Fatique“ bezeichnet wird (vgl. Blauer_Ratgeber_Hodenkrebs_Krebshilfe, S. 69). Muss es aber nicht sein. Ich gehe davon aus, dass es eine stinknormale Erschöpfung ist, weil die Chemo anstrengend für Körper und Seele war, immer noch ist und sein wird, bis sich mein Zell- und mein seelischer Haushalt komplett normalisiert haben. Ja, normalisieren… Jetzt heißt es, mich erholen. Stress vermeiden. Und gelassen in die Normalität, in einen Alltag ohne Krebs, zurückkehren. In zwei Monaten dann die erste Nachsorgeuntersuchung. Aber hier verlasse ich mich ganz auf meine Deadly Friends.

Und nun werde ich eine Runde spazieren gehen, bzw. Nordic Walken… Gerade bricht die Nachmittagssonne durch die Wolken. Ideal, um ein wenig an die frische Luft zu gehen. Denn frische Luft ist gut, um sich zu erholen, die Phase der Müdigkeit zu überwinden. Die Stöcke zu schwingen ist gut, um mich abzulenken. Denn während ich diese letzten Zeilen zu meiner PEB Chemotherapie schreibe, habe ich wieder einmal große Lust, mir eine Zigarette anzuzünden. Toi toi toi: Bisher bin ich stark geblieben, habe keine geraucht. Bald feiere ich meinen Geburtstag nach. Ja, wenn ich stark bleibe, wird dies der erste Geburtstag seit rund 25 Jahren sein, von dem es kein Foto von mir mit einer Kippe in der Hand oder im Mundwinkel geben wird. Der Gedanke gefällt mir.

 


 

Links und Quellen zur PEB Chemotherapie


 

Die ganze Geschichte in 4 Akten:

  1. Patient 3. Klasse? Von der Kommunikation im Krankenhaus (rund um die OP nach Diagnose Hodenkrebs)
  2. Alles fit im Schritt? Diagnose Hodenkrebs etc. pp., OP und PEB… (histologischer Befund und die Empfehlung des Tumorboards)
  3. Sind die denn alle bekifft? Hodenkrebs, PEB etc. pp (die Entscheidungsfindung, active surveillance oder Chemo?)
  4. Friendly Poison… 1 Zyklus adjuvante PEB Chemotherapie – Hodenkrebs, Erfahrungen und Informationen (die Chemotherapie)

 

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Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftstellerin Nadja Losbohm

Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

Ralf Boscher

Nadja_Losbohm
Heute zu Gast auf Boschers Blog: Nadja Losbohm

Hallo Nadja, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf!

Ich danke dir, dass du mich eingeladen hast!

Um gleich einzusteigen: Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

Ich glaube, drei Teile einer zusammenhängenden Buchreihe zu schreiben, bei der der Leser auch noch nach dem ersten Buch wissen möchte, wie es weitergeht, kann man als schriftstellerischen Erfolg bezeichnen. Dann weiß ich, dass ich irgendetwas richtig gemacht haben muss. Und wenn mir jemand sagt, dass er beim Lesen zu Tränen gerührt war, die gewählten Worte bei ihm wahre Emotionen entlockt haben – auch das ist für mich ein schriftstellerischer Erfolg.

Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?

Losbohm_Jaegerin_1
Das ist schwer zu sagen. Irgendwie sind sie mir alle ans Herz gewachsen. Man verbringt so viel Zeit mit ihnen, lebt mit ihnen und lernt sich kennen. Jede hat Eigenschaften, die ich bewundere und vielleicht auch gerne selbst hätte.

Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

Eindeutig „Faramir“ aus „Der Herr der Ringe“. Mit ihm konnte ich von Anfang mitfühlen.

Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

Es ist nicht der erste Satz, aber einer oder auch mehrere, von denen ich denke, dass sie gut gelungen sind und die ich persönlich mit am schönsten finde: „In jeder seiner Berührungen lag so viel Bewunderung und Liebe, wie ich es noch nie zuvor gespürt hatte. Ich war es nicht gewöhnt, dass mich jemand so sehr liebte. Es war neu für mich. Schon immer gewesen.“ (aus „Die Jägerin – Blutrausch“, Teil 2)

Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?

Vermutlich Rockmusik. Das ist absolut meine Musikrichtung.

Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

Ich würde sagen, das Schreiben selbst. Wenn man gelesen wird, macht das einen zu einem erfolgreichen Schriftsteller. 😉

Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit der schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

Da dieses Geschäft doch recht unbeständig ist, ist es besser, wenn man einem „normalen“ Beruf nachgeht und das Schreiben in die Freizeit legt. Man kann auch produktiv sein und sich tolle Geschichten ausdenken, wenn man einen Brotberuf ausübt.

Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerade Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

Ich habe eine etwas sehr chaotische Arbeitsweise: einfach drauflos schreiben. Ich lege mir vorher kein Konzept an und weiß auch nicht, wo mich eine Geschichte hinführt. Es gibt zunächst eine Grundidee, dann fange ich an und sehe einfach weiter, wie sich das Ganze entwickelt. Manch einer schlägt jetzt die Hände über dem Kopf zusammen, aber bisher bin ich damit sehr gut zurechtgekommen.

Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

Kampfszenen. Alles, was mit Action zu tun hat. Da brauche ich lange für, bis ich zufrieden bin.

Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

Alles am Schreiben gefällt mir! Ich denke mir gerne neue Welten aus, spiele gern mit Worten. Ich möchte, dass die Leser bei meinen Geschichten mitfühlen, mitlachen und mitleiden.

Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

Auf den warte ich noch. 😉

Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

Ich arbeite mit beidem. Zuhause schreibe ich viel am Rechner. Aber wenn mich plötzlich beim Fernsehen die Muse küsst und der PC aus ist, dann kommt Papier zum Einsatz. Auf dem Arbeitsweg dann auch schon mal das Handy, wo ich kurze Gedanken abspeichere.

Welches Schreibprogramm nutzt Du?

Ich verwende Word. Anfangs habe ich noch mit Works gearbeitet und mir fiel die Umstellung schwer, aber nun mag ich Word sehr gerne und komme gut damit klar.

Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

Ich schreibe gerne morgens, wenn es im Haus noch ruhig ist. Aber eine feste Schreibzeit habe ich nicht wirklich. Ich nehme mir auch nie vor, eine bestimmte Anzahl an Wörtern zu schreiben. Ich schreibe so, wie ich inspiriert bin und nicht unter Druck.

Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

Teilweise gehen dafür schon ein oder zwei Stunden am Tag drauf. Aber ich mache das nicht jeden Tag. Sonst würde ich wohl bald mit meinem PC verwachsen sein. 😉 Hauptsächlich verwende ich dafür Social Media Netzwerke, sprich Twitter und Facebook. Mit „herkömmlichen“ Methoden habe ich es auch schon versucht (Flyer, Postkarten etc.). Aber meiner Erfahrung nach bringt das nur sehr wenig.

Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

Definitv! Ich finde Ebooks großartig, auch wenn ich weiterhin „richtige“ Bücher lese und kaufe und selbst auch beide Möglichkeiten anbiete. Selfpublishing ist eine tolle Gelegenheit für alle, die schreiben und davon träumen, ihr eigenes Buch zu veröffentlichen und ihre Geschichten einfach mit anderen teilen wollen. Ich bin jedenfalls sehr dankbar für diese Chance!

Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

Wenn ich weiß, dass ich am Samstagmorgen schreiben möchte, dann wird alles verrammelt und verriegelt und abgestellt, was abzustellen geht: Handy, Telefon, Türklingel. Unterbrechungen dürfen nicht sein! Sonst vergesse ich ja meine genialen Ideen. 😉

Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

Ganz bestimmt nicht! Da ich ohnehin nur wenig und selten trinke, stellt sich bei mir diese Frage auch gar nicht. Ich setze da lieber auf Cappuccino.

Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

Auf jeden Fall! Ich bin eine (Nach-)Denkerin, und wenn ich so etwas nicht sofort aufschreibe, kreist es mir die ganze Nacht im Kopf herum, und ich kann dann sowieso nicht einschlafen. Also lieber gleich aufspringen und alles notieren, auch wenn es bedeutet, dass ich zwei oder drei weitere Stunden wachbleibe.

Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

Das kommt darauf an. Mit „Alaspis“ konnte ich abschließen, weil es ein definitives Ende hat. Da gibt es keine Möglichkeit mehr, dass die Geschichte weitergehen könnte. Mit „Die Jägerin“ habe ich und kann ich derzeit noch nicht abschließen, weil es nach den ersten drei Teilen ja noch weitergeht. Teil 4. Teil 5. Vielleicht Teil 6…

Vielen Dank Nadja, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

Ich danke dir, Ralf, für die Einladung und die tollen Fragen!

Losbohm_Jaegerin_4
Die 1982 in Hennigsdorf geborene Autorin fand dank ihrer Eltern schon früh ihre Heimat in Berlin. Von dort aus geht sie noch heute auf die Jagd nach spannenden Geschichten.

Ihren ersten schriftstellerischen Stoff fand sie im Alter von 19 Jahren, das Ergebnis „Alaspis – Die Suche nach der Ewigkeit“. 2012 erschien die märchenhafte Saga im novum Verlag (Quelle).

Dann ging es Schlag auf Schlag: Es entstand der erste Band der mehrteiligen Buchreihe ,,Die Jägerin – Die Anfänge“, eine Mischung aus Sci-Fi und Fantasy-Romance mit einem Spritzer Humor. Es folgten ,,Die Jägerin – Blutrausch“ (Teil 2) und ,,Die Jägerin – Vergangenheit und Gegenwart“ (Teil 3), wie Teil 1 ebenfalls als Ebook und Taschenbuch erhältlich. Und jetzt (17. Oktober 2014) ist der vierte Teil der Fantasy-Romance-Buchreihe „Die Jägerin 4 – Unter der Erde“ erschienen.

Amazon-Autorenprofil von Nadja Losbohm
Facebook-Profil der Schriftstellerin zu ihren Jägerin-Romanen
Twitter-Account von Nadja Losbohm
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  • Demnächst zu Gast auf Boschers Blog: das Schriftstellerpaar B.C. Schiller
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    Das Jojo-Herz – Leseprobe aus Boschers Roman über Liebe, Tod und Teufel


    Leseprobe aus dem Roman „Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel“ von Ralf Boscher (aus dem Kapitel „Das Jojo-Herz“).

     

    Das Jojo-Herz

    I.

     

    Etwa zur selben Zeit, da Krish schreiend erwachte, wurde Tanja beerdigt. Der Pfarrer, der sie getauft hatte, bei dem sie die erste heilige Kommunion empfangen und der sie zur Firmung begleitet hatte, begrub sie auch.

    Den Sonntag zuvor hatte er aus gegebenem Anlass über ein, bei vielen seiner Schäfchen seiner Meinung nach in Vergessenheit geratenes Jesuswort gepredigt: Wer ohne Sünde sei, werfe den ersten Stein! Denn es war bekannt geworden, was mit der kleinen Stewens geschehen war, und vor allem unter welchen Umständen. Daraufhin waren einige Gemeindemitglieder an den Pfarrer herangetreten und hatten es als seine Pflicht bezeichnet, hier eindeutig und unmissverständlich, unmissverständlich! Stellung gegen Abtreibung zu beziehen. Es sei geradezu eine moralische Notwendigkeit, der kleinen Stewens das kirchliche Begräbnis zu verweigern, habe sich ihre Familie auch noch so verdient um die Gemeinde gemacht, und sei das alles auch noch so tragisch, denn solcherlei Frauen seien wegen ihrer sündigen Tat unweigerlich, unweigerlich! aus dem Schoß der Kirche zu entfernen.

     

    II.

     

    Der Himmel lächelte blau und klar aus einem Gesicht mit zwei strahlenden Augen und atmete eisig frischen Wind, als der Pfarrer Tanja dann doch nach katholischem Ritus in geweihter Erde beerdigte. Alex kam erst, als der Leichenzug bereits am offenem Grab stand. Zu spät! Aber eigentlich hatte er sich die Beerdigung eh sparen wollen. Denn er fürchtete sich vor den Gedanken, die ein so klares und befreiendes Gefühl wie Kummer nicht aufkommen lassen, Gedanken, die lähmen, indem sie alle Gefühle mit grauen Schleiern überziehen, alles dumpf verwischen und keine Tränen aus dem Herz lösen: einen nicht weinen, nicht mehr lachen lassen und depressiv machen. Kreisende Schlussfolgerungen, Spekulationen, Zurechtweisungen, Ausflüchte. Gequält schleuderndes Innenleben um eine quälende Klarheit: Ich habe nichts davon gewusst!

    Er fürchtete sich vor seinem schlechten Gewissen, und am liebsten hätte er Tanja vergessen, seinen Laden geöffnet und einfach weitergearbeitet. Aber schließlich zog er sich doch einen schwarzen Anzug an und fuhr zum Friedhof, Tanja war immerhin mal seine Freundin gewesen.

    Alex blieb unter einem kahlen Baum abseits von den anderen stehen, aber der Wind wehte ihm die Stimme des Pfarrers an die geröteten Ohren:

    Wir haben uns hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Tanja Stewens, die so unerwartet aus unserer Mitte gerissen wurde…“

    Verabschiedet habe ich mich schon lange, dachte Alex bitter: Tschüß! habe ich gesagt, als sie beim letzten, und zum letzten Mal von mir wegging. Dann erinnerte er sich an den ersten Abend, den er bei Tanja verbracht hatte. Sie hatten in ihrer Küche gesessen inmitten von Kerzen und dem Duft von Räucherstäbchen, Gras geraucht und Tee getrunken. Sie hatten sich angeregt unterhalten und waren vom Höcksken aufs Stöcksken gekommen, und Tanja hatte das: Was kommt nach dem Tod? aufs Tapet gebracht. Sie hatte gesagt, sie glaube daran, dass es nach diesem Körper irgendwie weitergehe, und Alex hatte erwidert, ihn interessiere diese Frage nicht sonderlich:

    Was danach kommt, kommt danach!“ hatte er gesagt, und wichtiger wäre doch, jetzt zu leben und mit sich und den Menschen um einen herum in Einklang zu sein. Der Gedanke an den eigenen Tod würde in ihm auch keine besonderen Emotionen auslösen, hatte er behauptet, und genauso egal sei ihm auch, was mit seinem Leichnam geschehe:

    Wenn ich tot bin, und es existiert kein Danach, dann existiere Ich nicht mehr, dann gibt es für mich nicht MEINEN Leichnam, denn dann gibt es kein Für Mich mehr. Es gibt kein Ich mehr, nur noch auseinanderfallende Materie ohne Erinnerung, und was all die anderen mit meinen Überresten zu ihrer Erinnerung an das Alex war anstellen, wird mir dann egal sein. Und sollte doch etwas den Tod überleben, dann…“

    Tanja hatte ihn unterbrochen:

    Ist das deine Vorstellung vom Paradies?“

    Was?“

    Ja, dass dir das Alex war egal wird. Ist das dein Paradies?“

    Alex hatte daraufhin den Stuhl zurechtgerückt, Holzbeine auf PVC schleifend, Kratzer, dumpfer Laut vom energisch sich aufrecht Hinsetzenden, und:

    Paradies ist so ein christlich besetzter Begriff!“ hatte er sich ereifert, „Vor dem Paradies wacht der Richtergott, welcher alles sieht und all das Gesehene dann abwägt. Und je nachdem wie schwer deine Sünden in seinen Augen wiegen, lässt er dich ein ins Wahre Leben, oder aber er verfrachtet dich direkt in die Hölle, wo es allein in seiner Gnade liegt, ob du jemals wieder aus dem Ofen herauskommst.“

    Plötzlich war die Stimmung war sehr angespannt gewesen, Tanja hatte die erste Kostprobe von Alex‘ Kirchenfeindlichkeit bekommen.

    Paradies!“ hatte Alex noch verächtlich geschnaubt und beißend hinzugesetzt:

    Benutz’ Pille oder Kondom, und du bist abgetrieben aus dem Schoß des Herrn!“

    Aber beinahe traurig hatte es dann geklungen, als er meinte:

    Wer kann heute noch wagen, auf ein Paradies zu hoffen.“

    In die darauffolgende Stille hinein hatte Tanja gesagt, und das, was sie sagte, war das Eigentliche, woran Alex sich hier auf dem Friedhof erinnerte. Sie hatte gesagt, die Vorstellung beerdigt zu werden, löse Beklemmung, ja Angst, aber vor allem Ekel in ihr aus.

    Daran erinnerte Alex sich nun in aller Deutlichkeit, während der Pfarrer Schäufelchen voll Erde auf den Sarg poltern ließ, und ihm fielen auch genau Tanjas Worte ein:

    Auf keinen Fall ein Sarg. In massivem Holz konserviert für die langsame Verfäulnis.“

    Und dann sah er auch ihren Gesichtsausdruck, sie war angewidert gewesen, denn: auf keinen Fall ein Sarg! und: „…eingebettet in Seide noch möglichst lange lebendig aussehend der Ewigkeit entgegenstinken. Dann schon lieber direkt in die Erde eingebuddelt werden, den Würmern gleich zum Fraß.“

    AUF KEINEN FALL EIN SARG! Tanja hatte verbrannt werden wollen. Jetzt fiel es ihm wieder ein, jetzt, wo ihm der schneidende Wind das Poltern der Erde auf Tanjas Sarg zutrug, schwerer Eichensarg, Bewährte Qualität!, vier starke Männer notwendig, um Tanja, die immer so gerne gelaufen war und leicht über die Wege sprang, auf ihrem letzten Gang zum Erdloch zu schleppen. Aber Tanja wollte verbrannt werden, nicht konserviert, nicht von schwitzenden, traurigen Gestalten in Bewährter Qualität! über den Schotter geschleppt werden. Sie wollte nicht zugeschüttet unter einem Haufen Dreck langsam, sehr langsam ihren leiblichen Zusammenhalt verlieren und verfügbar bleiben für irgendwelche Ansprüche an ihren Körper. Die Materie, die sich zu Tanja zusammengefunden hatte, sollte möglichst schnell auseinanderfallen, um den Teil freizugeben, der aus der Materie herausfällt. Denn Tanja hatte einmal gehört, dass die Seele eines Toten so lange in seiner letzten Materieform gefangen bliebe, bis diese Form, der Körper, aufgehört habe, zu existieren: dann erst sei Wiedergeburt möglich. Und das hatte Tanja sich vorstellen können. Sie hatte verbrannt werden wollen, damit ihre Seele, falls es ein Danach gibt, nicht in Bewährter Qualität! konserviert und eingebuddelt würde und so gefangen bliebe. SIE WOLLTE VERBRANNT WERDEN!

    Amen!“ schallte es von den Abschied nehmenden Christen herüber, und im selben Moment tippte ihn Susanne an. Tanjas Schwester hatte ihn unter dem Baum entdeckt.

    Hallo, Alex!“ Er war so in Gedanken, dass er zusammenzuckte. Susanne lächelte, dachte, dass sie momentan wohl alle ein wenig überreizt waren. In ihren Armen schlummerte endlich ihre Tochter, die sie den ganzen Tag in Atem gehalten hatte. Nur Piep zu sagen brauchte jemand, schon flossen die Tränen. Als Anne auch während der Andacht zu weinen begann und spazieren gehen wollte, mit ihr und Tante Tanja, da konnte Susanne sie nicht mehr beruhigen, war sie doch selbst den Tränen nah, mürbe gemacht durch Alptraumnächte, in denen sie wieder und wieder aus der Krankenhaushalle zurückkam, vorsichtig, um Tanja nicht zu wecken, die Tür zu ihrem Zimmer aufmachte, und…

    Mürbe gemacht auch durch den Streit in der Gemeinde, wie denn Tanja nun beerdigt werden sollte, als Christin oder als Gottlose. Während der Andacht zitterte Susanne dermaßen am ganzen Körper, dass sie sich nicht getraute, aufzustehen und durch die kleine Kapelle nach draußen zu gehen. So ließ sie Anne weiter weinen, wiegte sie nur in ihren Armen und summte leise ein Lied, was Anne zwar nicht beruhigte, Susanne selbst aber in eine wohltuende Apathie versetzte. Köstliche Gleichgültigkeit, die sie die Andacht überstehen ließ.

    Draußen, bei dem schönen Wetter, ging es ihr dann besser, die Sonne beruhigte auch ihre Tochter. Die Luft war klar und kalt, und tief einatmend füllte sich Susanne wieder mit Energie. Sie ging nicht mit den anderen hinter dem Sarg her, sondern setzte sich auf eine Bank und spielte mit der Kleinen Tsching Tschang Tschong, bis der Kummer Susanne plötzlich wieder überwältigte, und Anne daraufhin ihre kleinen Ärmchen um den Hals ihrer Mutter schlang, die rosige Wange an ihr tränennasses Gesicht drückend, um sie zu trösten.

    Das Wetter würde Tanja gefallen“, meinte Susanne nun zu Alex, „Meinst du nicht auch?“

    Die Beerdigung war vorbei. Ein Schlurfen von schweren Winterschuhen auf Schotter schwoll an, und die ersten Trauergäste gingen Susanne zunickend, Alex musternd vorüber. Am offenen Grab machte ein Reporter die letzten Fotos, noch einmal die Eltern in Trauer, und Herr und Frau Stewens wehrten sich nicht mehr, warfen auf des Reporters Zuruf gar noch einen letzten Blick auf das noch offene Grab, ein rührendes Bild in Bewährter Qualität!

    TANJA WOLLTE VERBRANNT WERDEN! ging derweil Alex nicht aus dem Kopf, und er war nahe daran, Susanne zu fragen, ob sie das denn nicht gewusst hätte; mehr noch, ihr vorzuwerfen: HABT IHR DAS DENN NICHT GEWUSST! Aber das verkniff er sich. Susanne sah so kaputt aus, wie er sich fühlte. Und was, wenn sie sagen würde: Nein, nichts haben wir gewusst! Nichts! Und er wäre plötzlich der Einzige, der gewusst hatte, dass Tanja… Und: WARUM HAST DU NICHTS GESAGT?

    Da sagte sich Alex, dass irgendwann Schluss sein musste mit der Auseinandersetzung.

    Wiedersehen, Susanne!“, man muss ja schließlich weiterleben, darf sich nicht von der Vergangenheit beherrschen lassen. Weitere Erinnerungen kann man sich ersparen. Helfen ja doch keinem, behindern einen nur bei dem, was wirklich wichtig zu tun ist.

    Ich hab’ jetzt keine Zeit mehr. Ich hab’ noch in meinem Laden zu tun. Ruf mich doch mal an!“ verabschiedete sich Alex von Tanjas Schwester, fuhr nach Hause und legte sich, obwohl es noch früh am Tag war, wieder schlafen…

     

    III.

     

    Sie haben Tanja begraben. Hand in Hand, schweigend, durchnässt frierend, waten Susanne und Alex nun durch den zähen Matsch des menschenleeren Gottesackers. Hinter den grauen Wolken geht die Sonne unter, und nun fasst der Wind mit noch frostigeren Fingern in die Mäntel der beiden traurigen Gestalten, die den Sonnenuntergang mehr spürten, als dass sie ihn sehen.

    Plötzlich ist es dunkel. Laut weht da das Läuten der nahen Friedhofskapelle durch die kahlen Bäume, und mit jedem Mal dröhnender, durchdringender, furchtbarer klingt diese Glocke, schlägt Bronze gegen Eisen die nächste Stunde, die Nacht herbei. Und Susanne presst die Hände auf ihre Ohren, sie sinkt in die Knie, bricht in sich zusammen und stürzt von Schmerz überwältigt in den kalten Matsch. Die Glocke verstummt.

    Tanja!“ schreit Susanne hinauf in den sternlosen Nachthimmel, streckt die eine Hand, mit welcher sie Tanjas, vom Skalpell des Mörders sauber entzwei geschnittenes, Nachthemd festhielt, verzweifelt hoch, damit der ehemals reinweiße Stoff nicht noch mehr beschmutzt wird.

    Alex sieht auf Susanne hinunter, streckt ihr schließlich seine Hände entgegen, um sie aufzuheben. Er hat sie in den Schmutz fallen sehen und sie aufschreien hören, als geschehe dies in weiter Ferne. Zu spät ist ihm eingefallen, zuzufassen und sie vor dem Sturz zu bewahren. Quälend langsam nähern sich seine Hände nun Susanne, strecken sich ihr entgegen, als wäre die Luft zähflüssig wie der Matsch, in dem sie liegt, und trotz der Dunkelheit sieht Alex deutlich, sehr deutlich!, das getrocknete Blut auf Tanjas ehemals reinweißem Nachthemd. Wie in Zeitlupe fixieren seine Augen die dunklen Flecken, und sinnlos erscheint ihm da, was für Susanne offenbar so wichtig ist: das sauber entzwei geschnittene Nachthemd aus dem Matsch herauszuhalten. Sinnlos, weil der Matsch ja doch dieselbe Farbe wie das Blut zu haben scheint. Sie stehen ja regelrecht in Tanjas Blut. Der ganze Friedhof ist durchtränkt damit, und Tanjas Blut regnet vom Himmel herab, und der Blutregen rinnt Alex durchs Haar und über die Kopfhaut ins Gesicht, in seine Augen. Er riecht es und schmeckt es und atmet Tanjas von feiger Mörderhand vergossenes Blut tröpfchenweise ein, und…

    Plötzlich sind sie in Licht getaucht. Eine große Gestalt, und das Licht geht von ihr aus, schwebt über die Gräber auf Susanne und Alex zu, die sich sofort beide wie durch ein Wunder beruhigen und gebannt das Licht erwarten. Susanne erhebt sich aus dem Dreck, und ihre Augen nicht von dem Licht nehmend, ein Engel!, Alex ist überzeugt, einen Engel vor sich zu haben, greift sie mit einer Hand nach Alex, mit der anderen presst sie Tanjas Nachthemd an ihre Brust. Alex schlägt ein Kreuzzeichen. Die Lichtgestalt kommt näher, bleibt dann wenige Meter vor Susanne und Alex schwebend stehen und blickt die beiden aus tiefnichtirdischen Augen in einem gütig, allwissend strahlenden Antlitz an. Ein weißer Bart umrahmt einen wahr und sinnvoll lächelnden Mund. Die Lichtgestalt hält Tanja, die erlöst lächelt, an der Hand. Tanja wirft mit der freien Hand verträumt ihr Herz in die Luft, um es anschließend mit einer spielerisch und anmutig, aber keinesfalls obszön wirkenden Vorwärtsbewegung ihres Beckens in der offenen Bauchhöhle aufzufangen. Die Lichtgestalt lächelt darüber, und also spricht sie mit tiefer Stimme, während Tanja weiter mit ihrem Herzen spielt:

    Nichts für ungut. Wir haben alles im Griff. Es macht schon einen Sinn, auch wenn ihr ihn nicht versteht, also grämt euch nicht zu sehr.“

    Alex spürt, wie er sich vor Aufregung in die Hose macht. Die Lichtgestalt und Tanja drehen sich um und entfernen sich langsam wieder. Alex sieht noch, dass Tanja ihr Herz, nun mit einer Arterie an einen Finger gebunden, wie ein Jojo zu Boden glitschen lässt, und als das Herz beinahe den Schlamm berührt, erinnert er sich wieder an die Gedankenkette Schlamm Regen Blut, und nun, Tanja rollt ihr Herz fröhlich lachend wieder auf, überkommt ihn der große Wunsch, sich zu übergeben. Aber bevor er dies in die Tat umsetzen, und den Gedanken, dies sei aber in Gegenwart eines Engels unpassend, zu Ende denken kann, dreht Tanja sich noch einmal um und winkt Alex zu:

    Lass es dir nicht so zu Herzen gehen! Du hast es nicht gewusst, na und! Weißt du, selbst wenn du mir zur Seite gestanden hättest, irgendwann muss jeder mal gehen, so oder so“, sind ihre letzten Worte, bevor sie und das Licht verschwinden, und…

    …und Alex aufwachte, weil die warme Nässe seiner Hose bis in sein Bewusstsein gedrungen war. Er stand auf, warf die eingenässte Hose in den Mülleimer, wechselte das Bettlaken, legte sich wieder hin und nach einigem Rumwälzen in quälenden Augenblicken und Gedanken schlief er erneut ein.

     

    […]

     

    Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel - Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage

    Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel – Cover der für das eBook bearbeiteten 2. Auflage


    Zum Roman:

    Ein überzeugend komponierter Roman, der seine Leser einer außergewöhnlich breiten Palette an Emotionen aussetzt. Ein guter Unterhaltungsroman!“ (Hermann Kinder).

    Engel spucken nicht in Büsche: Roman über Liebe, Tod und Teufel: Ein Krimi. Ein Roman über den Verlust der Unschuld. Erotisch. Hart. Zärtlich. Schonungslos. Ein spannendes Buch über Hoffnung und Schmerz, über Liebe, Leid und Lust.

    Der Roman ist über Amazon als eBook und Taschenbuch erhältlich.

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    Ein Blick hinter die Buchstaben… Fragen an die Schriftstellerin Hedy Loewe

    Spannende Romane, faszinierende Geschichten, Figuren, die sich den Leserinnen und Lesern einprägen – ohne die Möglichkeiten des Self-Publishing wären vielleicht viele literarische Schätze nach wie vor verborgen geblieben. Aber seit einigen Jahren ist die Auswahl jenseits der Verlagswerke größer geworden – und das interessante, breit gefächerte Angebot in Eigenregie publizierender Autoren wird, wie z.B. die Bestsellerlisten bei Amazon zeigen, mit Begeisterung angenommen. Einigen dieser Autorinnen und Autoren aus der Self-Publisher-Szene habe ich einen Fragenkatalog vorgelegt. Ich fragte, was mich als Leser oder als Kollege interessierte. Diese so entstandenen „Interviews“ werde ich in loser Folge auf meinem Blog veröffentlichen.

    Ich danke allen, die sich meinen Fragen gestellt haben und so allen Interessierten einen Blick hinter die Buchstaben ihrer Bücher gewähren.

    Ralf Boscher

    Hedy_Loewe
    Heute zu Gast auf Boschers Blog: Hedy Loewe

    Hallo Hedy, schön, dass ich Dich auf meinem Blog begrüßen darf!

    Hallo Ralf! Ich freue mich über Dein Interesse!

    Um gleich einzusteigen: Was siehst Du als Deinen bisher größten schriftstellerischen Erfolg an?

    Nun, noch ist mein Werk überschaubar. Es besteht, da ich erst 2012 mit dem Schreiben begonnen habe, aus einer Spacefantasy-Serie, der ich den englischen Titel „Dignity Rising“ gegeben habe. Zwei Bände wurden bisher veröffentlicht, Band 3 und 4 sind in Vorbereitung. Es ist faszinierend, das eigene Buch in den Top 100 der Amazonranglisten zu sehen!

    Wer ist Dir die liebste Figur in einem Deiner Romane oder in einer Deiner Geschichten?
    Dignity_1_Loewe
    Ich würde hier gerne ein Päärchen nennen, die die größtmöglichen Pole abbilden. Sein Name ist Hawk Windsong. Er ist nicht nur ein Bild von einem Mann – das müssen Helden schließlich sein -, sondern er strotzt auch vor Selbstbewusstsein und ist bei jeder kritischen Situation ein Fels in der Brandung. Dennoch – kratzen seine Freunde an der Oberfläche – ist er empfindsam und verletzlich. Seine Gefährtin, die schöne Botenkriegerin Hanout, ist das Gegenteil. Unsicherheit beherrscht ihr Leben, sie hält sich an anderen Charakteren fest und besteht aus Selbstzweifeln. Doch im Laufe der Geschichte schwimmt sie sich frei. Es gelingt ihr, sich selbst zu lieben, da sie die Anerkennung der anderen endlich wahr- und ernst nimmt. Sie entwickelt sich zu einer starken Persönlichkeit.

    Wer ist Dir die liebste von Dir nicht erschaffene Figur in einem Roman oder einer Geschichte?

    Es gibt so viele wunderbare, witzige und tragische Charaktere! Nach einigem Nachdenken landen meine Gedanken beim römischen Dichter Petronius. Der lebte tatsächlich und einen kleinen Teil seiner Geschichte beschrieb Henrik Sienkiewicz im Roman „Quo vadis“. Petronius ist ein Lebemann. Er genießt sein Leben im Reichtum und an der Schaltzentrale der Macht. Und doch läßt er sich von dieser Macht nicht instrumentalisieren. Er ist ein Freigeist und entschließt sich zum Selbstmord, als er schließlich seine Ideale verraten sieht. Er ist für mich ein tragischer Held. Und schrieb noch dazu wunderbare Gedichte.

    Der für Dich gelungenste erste Satz einer Deiner Geschichten?

    Als Selfpublisher kann man besonders die E-Books ja glücklicherweise immer besser machen. So habe ich den Anfang von Band 1 schon mehrmals geändert. Doch am gelungenen finde ich die ersten Worte von Band 3, die in ein spannungsgeladenes Abenteuer führen sollen. Commander Matthews hat in allen Bänden „sozusagen“ das erste Wort. Band 3 – Gezeichnete Krieger wird beginnen mit den Worten: „Was zum Teufel ist da unten los?“.

    Wenn Du nicht Schriftstellerin, sondern Musikerin wärst – welche Musik würdest Du machen?

    Ganz klar: Rock-Balladen. Oder nein, halt! Mittelalterliche Minnelieder haben auch was! Oder der bayerische Dreigesang! Oder, oder, hach, Musik ist etwas Großartiges!

    Was macht einen Menschen zum Schriftsteller? Das Schreiben oder das Gelesen werden? Oder…?

    Das Bedürfnis, seine Gedanken der Welt mitzuteilen. Das beginnt für mich damit, das Schreiben als ein Instrument zu benutzen, sich über seine eigenen Gedanken, seine persönliche Geschichte und seine Entwicklung als Mensch überhaupt klar zu werden.

    Deine Einschätzung: Ist es förderlicher für eine gute Schreibe, mit der schriftstellerischen Arbeit seine Brötchen zu verdienen oder einem anderen Brotberuf nachzugehen?

    Eine gute Schreibe entsteht mit der Übung. Und nicht alles, was man übt, ist druckreif. Und nicht alles, was druckreif ist, findet viele Leser. Schreiben ist kein Brotberuf für mich. Unter Druck einfach irgendwas zu „produzieren“ wäre nichts für mich. Die Schemata wiederholen sich, man käme in das Hamsterrad wie in allen anderen Berufen. Beim Schreiben will ich frei und unabhängig sein. Deshalb muss ich mich zwangsweise im Brotberuf um andere Dinge kümmern…

    Von der Grundidee zur fertigen Geschichte: Ist das bei Dir ein gerade Weg oder passiert es Dir, dass Du Dich weit von der Grundidee entfernst?

    Die Grundidee ist eher eine idealisierte „Grundhaltung“, um die sich die Geschichte spinnt. Ich plotte nicht von Anfang bis Ende. Die Geschichte entwickelt eine Eigendynamik. Deshalb empfinde ich das Schreiben auch als so aufregend. Der gerade Weg – planen, plotten, niederschreiben – ist mir zu nah am Hamsterrad und führt in Versuchung, sich für den vermeintlichen Erfolg am Mainstream zu orientieren. Freiheit macht kreativ.

    Welcher Art sind die Szenen, die für Dich die größten Herausforderungen stellen?

    Die Kampf- und Technikszenen, die im Sciencefiction zumindest ab und zu mal vorkommen, fordern mich heraus. Ich gebe zu, ich schiebe diese Szenen gerne mal…

    Was bereitet Dir die größte Freude beim Schreiben?

    Helden durch eine überraschende Wendung glücklich zu machen. Und Leser, die einem manchmal unglaublich emotionale feedbacks geben. Wenn ich sehe, dass meine Geschichten in den Leuten Emotionen auslösen, Knoten öffnen, dann macht mich das glücklich.

    Der für Dich wertvollste Schreibtipp, den Du erhalten hast?

    Sich die Sätze bei der Überarbeitung laut vorzulesen. Man hört die Fehler eher, als dass man sie sieht.

    Manchmal noch Papier und Stift? Oder nur noch Schreiben am Rechner?

    Papier und Chinakladde begleiten mich in den Urlaub. Von Band 1 habe ich eine Menge Szenen handschriftlich. Doch am liebsten ist mir mein kleines Macbook mit der beleuchteten Tastatur. Nachts, ohne Licht, schreibe ich am liebsten.

    Welches Schreibprogramm nutzt Du?

    Derzeit noch scrivener. Doch da es die Macversion nur in englisch gibt und es hier in der Tiefe der Möglichkeiten einfach „Verständigungslücken“ gibt, liebäugle ich derzeit mit Papyrus.

    Schreibzeiten: Wann schreibst Du? Schreibst Du an festgelegten Uhrzeiten oder setzt Du Dir zum Beispiel pro Tag eine Zeichenmenge?

    Das ist unterschiedlich. Zurzeit habe ich wieder Schlafstörungen. Die nutze ich – wie für dieses Interview – und setze mich mitten in der Nacht an den Rechner. In den Hochphasen der „Romanproduktion“ setze ich mir in der Projektstatistik Schreibziele, z.B. 2000 Wörter pro Tag. Und freu mich wie ein Schnitzel, wenn der Balken auf grün springt und ich mehr schaffe.

    Wie viel Zeit verwendest Du am Tag für das Marketing? Und welche Kanäle nutzt Du für die Werbung?

    Für das, was rauskommt, zuviel. (lacht) Im Moment bin ich hauptsächlich auf twitter und facebook unterwegs.

    Bereitet Dir das Schreiben größere Freude, seitdem es mehr Möglichkeiten der Veröffentlichung gibt (E-Books, Selfpublishing…)?

    Vorher hab ich noch nicht geschrieben…

    Die „Thomas Mann“-Frage: Du schreibst, Dein Mann kommt herein oder ein guter Freund ruft an oder Dein Kind möchte etwas von Dir wissen – verbittest Du Dir die Störung, weil Du schreibst, oder lässt Du Dich auf die „Planänderung“ ein?

    Der Mensch, der vor mir steht, ist mir immer noch näher und wichtiger als die Helden. Er hat die Aufmerksamkeit verdient.

    Die „Charles Bukowski“-Frage: Hältst Du Alkohol für eine sinnvolle Stimulanz beim Schreiben?

    Hab ich noch nicht ausprobiert. Ich trinke kaum Alkohol.

    Du gehst schlafen, liegst bereits im Bett, das Licht ist aus – da kommt Dir eine Schreibidee in den Kopf: Stehst Du auf und notierst Dir die Idee?

    Klar. Deshalb sitze ich gerade hier. Beim Blick auf den Timer meines Rechners ist es gerade 04:45 Uhr.

    Hast Du mit einer Geschichte abgeschlossen, wenn Du unter sie ein „Ende“ gesetzt hast?

    Dignity Rising ist eine Serien geworden. Noch spuken die Helden weiter in meinem Kopf herum. Doch ich glaube, das „Ende“ ist in Sicht.

    Vielen Dank Hedy, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diesen „Blick hinter die Buchstaben“ zu ermöglichen!

    Dignity_2_Loewe
    „Schreiben hat mir schon immer Spaß gemacht. Das Schicksal von Shay, Jon und der ganzen Crew ist fest in meinem Kopf verankert und wartet darauf, zu den Lesern zu gelangen. Ich bin gespannt, ob sie mit mir mitfiebern können! Viel Spaß mit meinen Helden!“ (Quelle)

    Die unter dem Pseudonym Hedy Loewe schreibende Schriftstellerin ist Jahrgang 1965 und studierte Betriebswirtin. Unter ihrem Geburtsnamen arbeitet sie als selbstständige Marketingspezialistin und Businesscoach, zuvor war sie 15 Jahre im Marketing und Vertrieb eines großen Versandhandels tätig.
    Sie verfasste und redigierte zahlreiche Werbe- und medizinische Texte für Presse, Werbemittel und Internet. Da diese meist trocken und sachlich sind, wurde es Zeit, Phantasie und Gefühlen in eigenen Texten einen Raum zu geben – die Romanautorin Hedy Loewe wurde geboren.

    Hedy Loewe ist glücklich verheiratet und lebt mit ihrem Mann und zwei Katzen in der Metropolregion Nürnberg (Quelle).

    Homepage von Hedy Loewe
    Amazon-Autorenprofil von Hedy Loewe
    Facebook-Profil der Schriftstellerin
    Twitterprofil der Schriftstellerin

     

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    Veröffentlicht unter Boscher fragt | Verschlagwortet mit , , , , | Schreib einen Kommentar

    Apropos „Ein Blick hinter die Buchstaben“: Was gibt es Neues bei den Autorinnen und Autoren, die zu Gast auf Boschers Blog waren – eine Momentaufnahme

    Neue Bestseller von Béla Bolten, Nika Lubitsch und B.C. Schiller, spannende Neuerscheinungen – Bei den Autorinnen und Autoren, die ich bisher auf meinem Blog bei „Ein Blick hinter die Buchstaben“ begrüßen durfte, gibt es interessante News zu vermelden.

    Ein Blick hinter die Buchstaben: Was gibt es Neues bei den Autorinnen und Autoren, die zu Gast auf Boschers Blog waren – eine Momentaufnahme

    Tote_Mädchen_Bolten
    Béla Boltens neuer Thriller „Tote Mädchen weinen nicht“ stürmte in die Amazon-Charts (aktuell Platz 36 Bezahlt in Kindle-Shop, Nr. 1 in Bücher > Horror und in Kindle-Shop > eBooks > Horror).
    „Mehrere Mädchen verschwanden in den letzten Monaten spurlos aus Konstanz. Als die grausam zugerichtete Leiche der fünfzehnjährigen Annika Wilms aufgefunden wird, beginnt für die Kommissare Bettina Berg und Alexander Thal eine fieberhafte Ermittlung. Eine Profilerin bringt sie auf die Fährte eines internationalen Drogen- und Menschenhändlerrings.
    Während die beiden Polizisten eine Spur nach Amsterdam verfolgen, macht Annikas Mutter eine verstörende Entdeckung.

    Nach den Bestsellern »Leahs Vermächtnis«, »Sünders Fall«, »Bankers Tod« und »Claras Schatten« ist »Tote Mädchen weinen nicht« der fünfte Fall für das Ermittlerduo vom Bodensee.“

    Sommernachtsmord_Lubitsch
    Auch Nika Lubitschs neuer Roman „Sommernachtsmord: Ein Kudamm 216-Krimi“ findet sich kurz nach Veröffentlichung auf den vorderen Rängen wieder (derzeit Nr. 332 Bezahlt in Kindle-Shop)
    Ein heikler Auftrag für „Lady Kaa“ und ihr Team vom Kudamm 216. In Berlin Wannsee werden zwei Leichen gefunden. Die Ermordeten hatten sich 1968 während einer Klassenfahrt abgesetzt, angeblich in das Heiratsparadies Gretna Green. Seitdem fehlte von ihnen jede Spur. Jetzt steht Konstantin von Kaldenberg unter Mordverdacht, denn die Ermordeten waren seine Geliebte und sein bester Freund. Kaldenberg gerät in Panik und bittet seine Exfrau, die Krimiautorin Alice, um Hilfe. Die Suche nach dem wahren Täter führt Alice und ihre Mitarbeiter nicht nur zurück in den „Sommer der Liebe“, sondern auch in eine geheimnisvolle und lebensgefährliche Welt aus Tausendundeinem Albtraum.“

    Vampire_Practice_Guide
    Auf den vorderen Rängen der Vampir-Romane tummelt sich Kay Noas neuer Teil der Vampire Guides: Vampire Practice Guide: Auf den Werwolf gekommen – Urban Fantasy (The Vampire Guides 2)
    „Er machte sie zu einem Vampir. Er ist tot. Aber nun erheben sich Kräfte, die noch weit gefährlicher sind.
    Ein Roman aus der SCHATTENWELT Nachdem der mörderische Vampir, der sie gegen ihren Willen verwandelt hat, endlich bezwungen ist, möchte Lexa ihr neues Leben an Daves Seite genießen. Doch der Antrittsbesuch bei seiner Familie gerät zur Katastrophe. Daves einflussreiche Großmutter ist entsetzt von der Partnerwahl ihres Enkels und hat nichts Eiligeres zu tun, als öffentlich seine Verlobung mit einer bekannten Moderatorin zu verkünden. Lexa ist außer sich, doch sie ahnt nicht, dass Eifersucht bald ihr geringstes Problem sein wird! Etwas hat begonnen, das die Schattenwelt Münchens auf den Kopf stellen wird.“

    Ein Kalenderthriller, eine Reiseerzählung, eine Familiengeschichte, Neues von Lord Magnus Seymour, ein Self-Publishing Ratgeber, eine Neuauflage und Erotica – weitere interessante Neuigkeiten:

    Leise_lauert_Böckli
    Birgit Böckli: Leise lauert der Tod: Kalender-Thriller: Oktober
    „Eigentlich sollte der 18. Oktober, der Geburtstag des Vaters, ein Tag der Freude für Melanie und ihre Familie sein. Doch er ist zu einem Datum des Schreckens geworden: Seit vor drei Jahren Melanies Schwester spurlos verschwand, sind in den darauffolgenden Jahren Melanies Mutter und dann ihre Schwägerin gestorben. Ein dummer Zufall, dass es immer an diesem Tag geschah? Ein Fluch? Oder hat es jemand auf die Frauen der Familie abgesehen und will sie eine nach der anderen, Jahr für Jahr ausschalten? Für Melanie, die letzte der noch lebenden Frauen, beginnt ein furchtbarer Countdown, denn schon naht er wieder, der 18. Oktober …

    »Leise lauert der Tod« ist eine Geschichte aus der großen Serie »Kalender-Thriller« von Knaur, bei der einem im Monat Oktober der Atem stockt.“

    Stürmers_Reise_Schmidt
    Jürgen Schmidt: Stürmers Reise nach Euskirchen
    „Nach 25 Jahren kehrt Robert Sturm für ein Wochenende in seine Heimatstadt Euskirchen zurück, um an einem Klassentreffen teilzunehmen. In dieser Stadt lagen die Anfänge seiner nicht geplanten Karriere als Autor und Schriftsteller. Einige Literaturzeitschriften begannen schon damals ihn den „Stürmer“ zu nennen. Den Namen behielt er, sein Erfolg wuchs mit den Jahren. Dabei hatte der einst so unscheinbare Schüler nur für Sonja aus dem benachbarten Arloff mit dem Schreiben angefangen.

    Eine kurzweilige Erzählung – zum Beispiel für eine Bahnfahrt von Köln nach Euskirchen.“

    Kleiner_Bär_Rieger
    Elsa Rieger: Nur ein kleiner Bär
    „Eine vergnügliche Familiengeschichte. Wie reagiert die Familie, wenn der Vater, ein Professor der Astronomie plötzlich von einem Lottogewinn spricht? Lassen Sie sich überraschen.“

    Chinesische_Mysterium_Gerdom
    Susanne: Gerdom: Das Chinesische Mysterium: Clockwork Cologne (Magnus 2)
    „Lord Magnus Seymour, vorläufig dem Blauen Tod entkommen, muss der nächsten Herausforderung ins Auge sehen. Sein diabolischer Bruder, Linus St. Maur, entführt ihn und Ji Hang in seinem Luftschiff.
    Unterdessen flieht die Magistra Paulina Rosenzweig vor den Kopfgeldjägern der Kraken-Gesellschaft in den Untergrund. Tief unter den Fundamenten des Cölner Doms verbirgt sich der geheimnisvolle Orden Lux e Tenebris. Hier findet sie Zuflucht und begegnet einem Mann, der von der ganzen Welt gehasst wird.
    Ihre Schwester Strix verstrickt sich unwissentlich in die Netze eines gesuchten Verbrechers – des berüchtigten Luftpiraten und Kapitäns des »Schwarzen Zyklopen«.
    Magnus begibt sich auf die Suche nach den verschwundenen Schwestern.“

    Digital_Publishing_Czarnetzki
    Matthias Czarnetzki: Digital Publishing: Der „KEINE PANIK“ Leitfaden für Selfpublisher und alle, die es werden wollen.: Vom Manuskript zum Leser – ohne Verlag
    ENDE – Mit diesem Wort unter dem Manuskript endet für einen Autor im besten Fall die Arbeit. Die Arbeit eines Selfpublishers fängt an diesem Punkt erst an.

    Ein Selfpublisher ist Autor und Verleger in einem – und muss über ein paar Dinge mehr Bescheid wissen: Überarbeitung, Lektorat, Coverdesign, Print- und eBook-Konvertierung, Preisgestaltung, Buchmarketing online und offline, Networking, Kontaktpflege, Organisation und die Sache mit dem Finanzamt.

    Wenn du also mit deinem Manuskript den Schritt wagen und es in Eigenregie an den Leser bringen willst, dann liegt eine Menge Arbeit vor dir. Aber keine Angst. Diese Arbeit ist nicht schwer und sie macht unglaublich viel Spaß.

    Dieses Buch ist die Zusammenfassung meiner Erfahrungen aus fast zehn Jahren Selfpublishing, aller Do’s und Dont’s, der kleinen Tricks und Tipps, die man so im Lauf der Zeit aufschnappt – und die in keinem Schreibratgeber stehen.“

    Auf_einen_Schlag_Tietgen
    Florian Tietgen veröffentlicht die zweite Auflage seines Erstlings „Auf einen Schlag
    „Warum jetzt? Ich bin doch viel zu jung zum Sterben. Der 15-jährige Benjamin ist stinksauer. Gerade hat er seinen ersten Kuss bekommen, als er sich plötzlich in einen Adler verwandelt. Er soll dem gleichaltrigen Pavle helfen, sich nach einem beim Fußballspiel erlittenen Schlaganfall zurück ins Leben zu kämpfen. Gleichzeitig soll sich Benjamin um Pavles schizophrene Mutter und den überlasteten Großvater kümmern. Der Adler fühlt sich hoffnungslos überfordert.“

    Wild_Emotions_Trapp
    Sabine Trapp hat eine neue Buchreihe ins Leben gerufen – die One Moment Edition. Unter verschiedenen Namen werden Titel unterschiedlicher Genres erscheinen. Demnächst z.B. der erste Band der Serie „Wild Emotions“. Mehr dazu erfahrt Ihr hier
    „Diese Serie steht für unerwartete Sinnlichkeit, wilde und überschäumende Emotionen und kraftvolle Leidenschaft. Hier finden Charaktere zusammen, die sich rein zufällig über den Weg laufen, oder aber eine Person wird als Mittelpunkt verschiedener Szenen dargestellt und erzählt selbst über ihre wilden Momente und alles, was sie damit in Verbindung setzt. Das Umfeld wird wie üblich miteinbezogen, wechselnde Städte, Inseln oder Landschaften werden beschrieben. Trotz hochkochender und sexuell anregender Beschreibung, stehen wir auch hier für das ONE MOMENT-Motto und bleiben auf der stilvollen Seite. Freuen Sie sich auf unverhoffte, unverhohlene Momente der Wildheit und kraftvoll-emotionale Beschreibungen mit WILD EMOTIONS!“

    Dignity_3_Loewe
    Hedy Loewe teilt auf Facebook mit, dass sich der Erscheinungstermin des dritten Bandes von Dignity Rising verzögern wird. Der Grund: „Die Betaleser haben unisono behauptet, SOOOO könne ich die Geschichte nicht enden lassen…. Was bedeutet das nun? Hier kommt die Stelle zum Freuen: Es wird einen vierten Band geben. AAABER nicht zu laut jubeln, denn: Band 3 wird erst veröffentlicht, wenn Band 4 auch fertig ist, so dass ich beide Bände in einem kurzen Abstand herausbringen kann.“ (Quelle)

    Losbohm_Jaegerin_4
    Am 17. Oktober 2014 ist der vierte Teil von Nadja Losbohms Fantasy-Romance-Buchreihe “Die Jägerin 4 – Unter der Erde” erschienen. „Warum verschweigt man manche Dinge ausgerechnet vor demjenigen, dem man sein Herz geschenkt hat? Um ihn zu schützen oder sich selbst?

    Pater Michael erhält eine zweite Chance, und diese nutzt er, um sich Ada zu öffnen und endlich die Geheimnisse um sein Leben zu lüften. Doch seine Vergangenheit holt ihn und auch die Jägerin auf schmerzliche Weise ein…

    Dies ist die Geschichte eines unvorstellbaren Lebens voller Mysterien und Wunder.
    Dies ist Pater Michaels Geschichte…

    …und mehr. “

    B_C_Schiller_Schwester
    Bereits kurz nach der Veröffentlichung ganz an der Spitze der Amazoon Charts: B.C. Schillers neuer Thriller „Die Schwester. Tödliche Erinnerung“.

    „Die Anwältin Louisa Schönberg wird 30 Jahre nach dem dramatischen Tod ihrer Schwester Anna von der Vergangenheit eingeholt. Alles beginnt mit der Verteidigung des wegen Mordes angeklagten Malers Tom Berger. Was zunächst wie ein Routinefall aussieht, wird nach und nach zu einem raffinierten Psychospiel. Als die Künstlerin Betty Dee in dem Prozess auftaucht, die Louisa auf erschreckende Weise an ihre tote Schwester erinnert, muss sie sich der grausamen Wahrheit stellen: Ist Louisa schuld am Tod ihrer Schwester?

    Nach dem Nr. 1 Hit „Die Fotografin“, der neue packende Psychothriller der Bestseller-Autoren B.C. Schiller.“

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    Von Sexy Facebook, einer haarigen Tante und erotischen Mails – Mixed Pickles #6

    In den „Mixed Pickles“-Beiträgen auf Boschers Blog findet Ihr ein buntes Gemisch diverser Fundstücke aus dem Netz und aus der noch realeren Welt.

    Sexy_Facebook
    Sexy Facebook

    Seitdem ich der Facebook-Gruppe „Werbung und Verkauf von A-Z“ beigetreten bin, ist das Panorama der mich täglich erreichenden Postings noch bunter geworden.

    Da haben wir die sympathischen Selbststricker, die Kredithaie, die Gesundheitstipps-Experten, die Filzer, aktuell die Weihnachtskeksebäcker und -bäckerinnen, die „Mit dieser Idee können Sie ohne viel Aufwand viel Geld verdienen und Ihr Glück machen“-Spezialisten – und natürlich die Autoren, die ihre Bücher bewerben (und aufgrund deren Postings ich auf diese Gruppe überhaupt erst aufmerksam geworden bin).

    Sehen und Gesehen werden – Facebook. Kurz: Werbung. Werbung für dies und das, für Besonderes und Alltägliches (seht her, das habe ich gegessen…), immer aber Werben um Aufmerksamkeit. Selbst die, die nach Ganzheitlichkeit streben, erhoffen sich ein „Teilen“.

    „Ich denke, als bin ich (so die Vernunftoptimisten). Ich lenke, also bin ich (die Automobilisten). Ich fühle, also bin ich (die Innerlichsten) – ich poste, also bin ich (die Social-Medialisten)…“ (Quelle)

    „Gefällt mir“ – der Nabel der Facebook-Welt.

    Und hier sind wir beim Thema „Sexy Facebook“ angelangt: Nackte Nabel, knapp bedeckte Brüste, gereckte Pos – die Erotikbranche lässt auf Facebook Testballons steigen. Eigentlich nicht verwunderlich und auch keine Meldung wert.

    Aber dies fand ich verwunderlich: Sie tun dies bildlich vergleichsweise dezent (und bei „Werben und Verkaufen von A-Z“ auch an der richtigen Stelle).

    Dezenter jedenfalls als einen so manches andere Bild in der Timeline anspringt – Plattencover etwa (von meinen gelikten Heavy Metal-Seiten), oder z.B. das Vorschaubild jenes eine Zeitlang umlaufenden Videos, das eine Lehrstunde für Ärzte in Ausbildung am lebenden Objekt (eine junge, nackte Dame, die den jungen Ärzten ihren Po entgegenstreckt) zum Thema hat. Eine Lehrstunde die in einer rektal-fäkalen Version der berühmten Pfefferminzplättchen-Szene aus Monty Python’s „Sinn des Lebens“ endet.

    Und was ich wirklich interessant fand: Die textliche Auslobung der Sexy Facebook-Fraktion ist ebenfalls eher zurückhaltend, weniger knallig als vielmehr diskursiv auf das Umfeld der sozialen Medien bezugnehmend:

    „So ich habe mich mal getraut mich bei so einer Seite anzumelden und muss sagen es ist echt geil. In meinem neusten Beitrag geht es um Sexy Facebook für Erwachsene. Lies mehr drüber auf meinem neuen Blog: http//raphaela123456.blogdiesunddaszumir.komm Dort sind auch meine geilen Bilder, denn Facebook ist ja verklemmt, also schaut sie euch an!“

    Leider wiederholen sich die in Bezug auf „Sexy Facebook“ geposteten Texte, nur die jeweilige Dame und ihr Appetizer-Bild wird ausgetauscht – aber dies stört wahrscheinlich nur jemanden, dem Texte wichtig sind. Zudem glaube ich nicht, dass diese Art von Werbung auf Facebook eine große Zukunft haben wird. Allein schon, weil sich der eine oder andere Interessierte nicht trauen wird, auf den angepriesenen Link zu klicken, da er Angst hat, dass dieser Klick in seiner Timeline auftaucht („XY sieht sich gerade Raphaela123456 an“).

    Apropos anschauen:

    Haarige Tante

    Es ist immer wieder interessant, aufgrund welcher Suchanfragen, jemand auf meinen Blog findet und sich einen Beitrag anschaut.

    Quelle: http://www.lightlybraisedturnip.com/giant-squid-in-california/

    Quelle: http://www.lightlybraisedturnip.com/giant-squid-in-california/

    Heute zum Beispiel gehen die Suchanfragen sehr einseitig in Richtung einer meiner Rezensionen, deren Titel lautet: „Architeuthis oder der verstrahlte 48 Meter Riesentintenfisch – Rezension: „Der Rote“ von Bernhard Kegel“. Die Suchanfragen lauten: koloss kalmar,  koloss-kalmar,  koloss kalmar vs pottwal,  kalmare,  kolosskalmar.

    Immer wieder aber taucht eine Suchanfrage auf, die ich recht skurril finde. Diese Anfrage lautet „Haarige Tante“. Warum jemand auf meinem Blog mit dieser Anfrage landet, ist mir klar, ich sage nur „Haariger Heiligabend“.

    Aber aus welchen Beweggründen wird wohl nach diesem Begriffspaar gesucht? Welche Geschichten stecken hinter dieser Anfrage (bzw. Anfragen, weil eine einzelne Eingabe in eine Suchmaschine nicht in meiner Statistik auftauchen würde). Sind es Jugendtraumata (wie in meiner oben verlinkten Geschichte), sind es Anfragen aus kosmetischen Beweggründen (etwa um einer Tante bei ihrem als Problem empfundenen Haarwuchs zu helfen) oder stecken dahinter eher Motive aus dem erotischen Fetisch-Bereich?

    Apropos erotisch:

    Erotische Mails schreiben

    Erotische_Mails
    Eine andere, immer wieder auftauchende Suchanfrage, die auf meinen Blog führt, ist: erotische mail schreiben. Gefunden wird dann vor allem mein Beitrag „Erotik und Schreiben“, eher eine literarische Reflexion als eine Schreib-Anleitung. Gefunden wird auch die Kurzgeschichte „Der Liebesbrief“ – wobei der Suchende sicherlich erwartet hat, etwas anderes zu finden als eine Erotik-Psycho-Story über einen Stalker.

    Aber vielleicht kann ich hier Abhilfe schaffen. Lesen Sie hier den Leitfaden zum Thema „Erotische Mails schreiben“.

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